Metalinside.ch - Avantasia - Tag 2 - Z7 Pratteln 2019 - Foto Nicky
Sa, 20. April 2019

Avantasia (Show 2)

Z7 (Pratteln, CH)
/ 05.05.2019

Aller guten Dinge sind drei

Wenn es um Tobias Sammet und seine Metal Oper Avantasia geht, dann sind aller guten Dinge wirklich drei! Ein Triple im Z7 – DAS hat bislang wohl kaum eine Band gewagt und geschafft… Aber was will man machen, wenn die ersten zwei Shows innert kurzer Zeit ausverkauft sind? Richtig – nochmals eine anhängen…

Nachdem ich am Karfreitag als Knipser im Einsatz war und Kollege Domi den schriftlichen Part überlassen durfte (siehe Review und Fotos Show 1), berichte ich nun über die Show Nummer 2, während meine Frau Nicky mit der Kamera unterwegs ist. Es ist ein Spektakel – wie es auch nicht anders zu erwarten war!

Die Band – Avantasia

Doch werfen wir zuerst einmal einen Blick auf die Protagonisten des Tages. Mastermind Tobi Sammet hat einmal mehr seine Avantasia Stammcrew mit dabei. Als da wären: Sascha Paeth und Oli Hartmann an den Gitarren, Felix Bohnke an den Drums, Miro Rodenberg am Keyboard und Andre Neygenfind am Bass. Für die Backing Vocals (mit kleinen Lead Einlagen) verantwortlich sind der altbekannte Herbie Langhans und da Amanda Sommerville fehlt, gibt’s dafür gleich doppelte weibliche Verstärkung in Form von Ina Morgan und Adrienne Cowan. Bleiben noch die Gastsänger… Zwar ist Helloween- / Unisonic – Fronter Michael Kiske leider abwesend, doch die Besetzung kann mit Ronnie Atkins (Pretty Maids), Eric Martin (Mr. Big), Bob Catley (Magnum), Jorn Lande und Geoff Tate (ex-Queensrÿche) dennoch nur als absolut hochkarätig bezeichnet werden. Und genau eine solche Show darf man heute im erneut ausverkauften Z7 erwarten!

Die Show

Es ist kurz nach 20 Uhr, als nach Beethovens «Ode to Joy» unter lautem Jubel der grosse Vorhang fällt. Wenig überraschend ist es «Ghost In The Moon», bekanntlich auch der Opener des aktuellen Albums «Moonglow», welches den Abend einläutet. Einmal mehr: Es gibt nicht viele Bands, die es sich leisten können, gleich zu Beginn einen Song mit über 10 Minuten Spielzeit rauszuhauen. Avantasia gehören zu diesem illustren Kreis – und die können zudem noch ganz viel mehr… Zwar ist Main Man Sammet natürlich Dreh- und Angelpunkt der ganzen Show. Jedoch zeigt er einmal mehr, dass er keine Mühe hat, das Scheinwerferlicht zu teilen. Der Opener ist nämlich einer von gerade mal zwei Songs, die er alleine singt…

Das heisst im Umkehrschluss, dass bereits beim zweiten Track «Starlight» der erste Gast die Bühne betritt. Es ist dies Ronnie Atkins, welcher einmal mehr mit totalem Einsatz glänzt. Irgendwie ein Wunder, dass er nicht unter das Sauerstoffzelt muss… Für Lacher sorgt der sympathische Däne, als er den nächsten Song «vom Album Moonlight» ankündigt, was natürlich eine «Schelte» von Tobi nach sich zieht. Atkins quittiert das lachend mit «Der dumme Däne – das bin ich!» Apropos nächster Song: Das ist «Book of Shallows» – und das entpuppt sich zum ersten ganz grossen Highlight!

Im Original, also auf CD, besticht «Book Of Shallows” mit dem Einsatz von einer ganzen Batterie an Gastsängern, unter anderem sind Hansi Kürsch (Blind Guardian) und Mille (Kreator) zu hören.  Dessen Part übernimmt Adrienne Cowan, welche mit ihrem aggressiven Gesang für mächtiges Staunen im Publikum sorgt. Jesses, was für eine Röhre! Die schwarzhaarige Texanerin schreit sich hier regelrecht in die Herzen der Fans und kriegt verdientermassen tosenden Szenenapplaus! (Anm. der Red: Siehe auch Album-Review ihrer Hauptband Seven Spires).

Tobias Sammet steht bei einigen Fans immer etwas in der Kritik, dass er zu viel labbert. Nun, zumindest am Vortag war das nicht der Fall. Leider. Denn wenn einer das tun darf, dann ist es Tobi! Und schlussendlich spielt er deswegen ja nicht weniger Songs… Jetzt ist jedenfalls der erste ausführlichere Speech an der Reihe. Er erklärt, dass man der Plattenfirma eine «Single» liefern musste und die fanden, dass zwölf Minuten etwas lang seien, um im Radio gespielt zu werden. Aber in welchem Radio wird denn überhaupt gitarrenverzerrte Musik gespielt?? Genau – nirgends! Also kann eine Single problemlos 3, 6, 9 oder 12 Minuten dauern – «The Raven Child»! Die Fans toben und als mit Jorn Lande der nächste Gastsänger seinen ersten Auftritt hat, wird auch der frenetisch begrüsst.

Dass nicht nur Tobi eine Plaudertasche ist, beweist nun der blonde Norweger. Seiner Ansage zu «Lucifer» geht eine Lobeshymne auf den Avantasia-Mastermind voraus, die Tobi irgendwie fast peinlich scheint. Beim Song selbst überzeugt die Videoanimation, eine brennende Sonne passt perfekt. Die diversen Projektionen, die einem fast vorgaukeln, dass dauernd die Backdrops gewechselt werden, sind im Übrigen ebenfalls ein absoluter Hingucker! Allerdings sind sie für die eher kleine Halle vielleicht nicht so geeignet – dies wäre denn auch der einzige Punkt, wo man sich Avantasia in einer richtigen Arena wünschen würde.

Zeit für Gast Nummer 3. Zeit für Geoff Tate! Nun, wenn es um den ehemaligen Queensrÿche-Fronter geht, bin ich zwiegespalten. Seine aktuellen musikalischen Outputs sind definitiv nicht von dem Format, welches man von ihm kennt. Wenn’s um die Gesangleistungen geht, dann kann man dem Herrn aus Seattle hingegen wenig vorwerfen. Allerdings hapert’s dafür offenbar etwas an der Motivation. Diesbezüglich kann man ihm hier allerdings keine Vorwürfe machen! Bereits am Vortag sprühte Tate nur so von Spielfreude, heute ist es nicht anders. Stets zufrieden lächelnd singt er das grossartige «Alchemy» und gleich im Anschluss die Ballade «Invincible». Dies ist übrigens nun die einzige Pause, die dem Tier an den Drums, Felix Bohnke, gegönnt wird.

Da wie eingangs erwähnt Michi Kiske nicht dabei ist, übernimmt Gitarrist Oli Hartmann nun seinen Part beim fantastischen «Reach Out For The Light». Und immerhin gibt’s frisurentechnisch keine Unterschiede. Gesanglich hingegen sind’s schon zwei verschiedene Geschichten, wobei Oli zweifellos einen prima Job macht, keine Frage! Einen solchen macht nun erneut Adrienne Cowan. Dass sie nicht nur schreien, sondern auch wunderbar singen kann, zeigt sie im Duett mit Tobi beim Titeltrack des aktuellen Albums. Äusserst beeindruckend, dass die Dame hier abliefert – eine Leistung, die erneut mit ganz viel Applaus belohnt wird.

Es folgt eine Nummer, die beim Release von «Moonglow» für einige Aufreger gesorgt hat. Offenbar sogar bei der Plattenfirma – erzählt zumindest Tobi. Eine Coverversion? Von Avantasia? Aber warum?? Ganz einfach – weil sie’s können! Mr. Big-Vorturner Eric Martin kommt zu seinem ersten Einsatz und darf nun bei «Maniac» ran, und auch das nachfolgende «Dying For An Angel» darf der Kalifornier mit Tobi singen. Auch Eric entpuppt sich übrigens als jemand, der gerne mal etwas längere Ansagen macht. Jorn und er scheinen sich da einiges abgeschaut zu haben beim Chef…

Ein Blick auf die Uhr – noch nicht mal Halbzeit! Schlicht grandios, was Avantasia da zeigen, ohne dass es eine Sekunde langweilig wird. Und einer fehlt noch – laut eigener Aussage der Lieblings-Avantasia-Sänger von Tobi: Bob Catley. Mit dem über 70-jährigen Briten gibt’s nun «Lavender» und «The Story Ain’t Over» auf die Lauscher. Der Magnum-Sänger zeigt hierbei keinerlei Schwächen, strahlt übers ganze Gesicht und geniesst den wohlverdienten Applaus.

So, die Pflicht ist vorbei, alle Gastsänger durften schon mal ihr Können zeigen und sich vom ausverkauften Z7 feiern lassen. Neun von den bisherigen dreizehn gespielten Nummern waren übrigens von «Moonglow» – ein deutliches Zeichen, wie gut das Ding ist. Tobi ist denn auch begeistert, dass sie es auch in der Schweiz bis fast an die Spitze der Charts geschafft haben. Und das ohne Unterstützung durch’s Radio… Und während andere Bands sich nun langsam auf die Zugaben einstellen, beginnt bei Avantasia die Kür. Das heisst im Klartext, dass man sich nun auf ein wahres Best Of einstellen kann. Tobi hat ganz recht, als er behauptet, dass wir den nächsten Song beim ersten Ton erkennen – «The Scarecrow»! Und somit wiederum ein Track, der die 10-Minuten Marke problemlos knackt. Danach gönnt sich der Chef das allererste Mal eine Pause…

«Promised Land» und «Twisted Mind» kommen nun vollständig ohne Tobi aus. Jorn Lande, Eric Martin und Geoff Tate übernehmen hier das Zepter. Dass sie das grossartig machen, muss ich wohl nicht extra erwähnen, oder? Tate bleibt dann auf der Bühne und singt mit Tobi den Song, mit dem wohl alles begann: «Avantasia». Ermüdungserscheinungen im Publikum? Keine Spur! Die Fans bringen den db-Meter immer mal wieder auf über 110 – was gemäss dem schadenfroh grinsenden Fronter dem Tonmann Achim immer 50 Euro aus der Kasse nimmt… Am Tag darauf sollte es dann schon ab 105db kosten. Weniger Publikum, weniger db oder was? Egal – Spass ist da! Und die Energie auch – also verdauen wir problemlos den längsten Song des Abends: «Let The Storm Descend Upon You»! Jorn Lande und Ronnie Atkins kehren hier zurück, der Däne überzeugt dann zudem beim nachfolgenden «Master Of The Pendulum».

Und nun dürfen auch jene in den Vordergrund, welche sonst eher wenig Platz im Rampenlicht erhalten. Zusammen mit Bob Catley singen Herbie Langhans und Ina Morgan «Shelter From The Rain», unterstützt werden sie zudem von Gitarrist Oli Hartmann. Tobi bekommt derweil nochmals eine kleine Auszeit. Mit seiner Rückkehr zeichnet sich nach weit über zweieinhalb Stunden Spielzeit langsam das Ende der Show ab. Magnum-Blondschopf Catley hilft noch bei «Mystery Of A Blood Red Rose», der letzte Song des Abends gehört dann allerdings nochmals nur dem grossen Macher von Avantasia. «Lost In Space» beendet nach zwei Stunden und 52 Minuten ein Spektakel, welches seinesgleichen sucht.

Oder doch nicht? Also das Ende? Natürlich gibt’s Zugaben. Wäre ja blöd, wenn nicht! Und hier brilliert zum letzten Mal DIE Entdeckung der Show: Die schwarzhaarige Texanerin Adrienne Cowan! Zusammen mit Tobi singt sie «Farewell» – hundertfach mitgesungen von den Fans. Ich inklusive. Meine Stimme ist danach endgültig futsch, kaputt, zerstört. Mehr als ein Krächzen bringe ich nicht mehr zustande… Es folgt das grosse, endgültige Finale. Zu «Sign Of The Cross» startet Tobi die Vorstellungsrunde der Band. Heute deutlich ausführlicher und länger als noch am Vortag… Es folgen die obligaten Sprüche – jeweils gefolgt von ehrlich gemeinter Hochachtung vor den Musikern. Auch die fünf Gastsänger versammeln sich nun ein letztes Mal auf der Bühne und mit dem endlos geilen Refrain von «The Seven Angels» verabschieden sich Avantasia nach drei Stunden und 20 Minuten von den euphorischen Fans. Hat hier jemand grad «Konzert des Jahres» gerufen?

Das Fanzit

Geht’s noch besser? Schwer vorstellbar! Was Tobias Sammet hier einmal mehr aufgleist, ist kaum zu toppen. Es stimmt einfach alles. Angefangen beim Bühnenbild, die Videoproduktion, Sound, Licht bis zu den musikalischen Leistungen aller Akteure. Hier sollen vor allem nochmals die Musiker speziell erwähnt werden. Allen voran Drummer Felix Bohnke, der jeden Abend drei und mehr Stunden hinter seinen Kesseln dermassen Vollgas gibt – äusserst beeindruckend! Aber auch Oli, Sascha, Miro und Andre machen einen perfekten Job, selbst wenn sie nicht ganz so sehr im Vordergrund sind wie all die Vokalisten.

Man kann die Musik mögen von Avantasia oder halt nicht. Doch eines ist auch völlig neutral betrachtet klar: Es gibt zumindest im deutschsprachigen Raum wohl keinen besseren Songschreiber als Tobias Sammet. Was er mit Avantasia macht, ist unvergleichbar. Keine Samples, nichts ausser purer, handgemachter Musik. Hier wird LIVE wirklich noch gross geschrieben. Und während er in Deutschland die grössten Hallen füllt, kommt er in der Schweiz aus purer Loyalität immer wieder ins vergleichsweise kleine Z7. Ja, richtig gelesen – Loyalität! Etwas, was man für Geld nicht kaufen kann… Und genau für all diese Dinge gebührt Tobias Sammet schlicht und einfach Respekt! Über 4’000 Zuschauer während den drei Shows im Z7 zollen ihm genau dies…

Setliste

  1. Symphony No. 9, Op. 125 (Ode to Joy) (Intro)
  2. Ghost in the Moon
  3. Starlight
  4. Book of Shallows
  5. The Raven Child
  6. Lucifer
  7. Alchemy
  8. Invincible
  9. Reach Out for the Light
  10. Moonglow
  11. Maniac
  12. Dying for an Angel
  13. Lavender
  14. The Story Ain’t Over
  15. The Scarecrow
  16. Promised Land
  17. Twisted Mind
  18. Avantasia
  19. Let The Storm Descend Upon You
  20. Master Of The Pendulum
  21. Shelter From The Rain
  22. Mystery Of A Blood Red Rose
  23. Lost In Space
  24. Farewell*
  25. Sign Of The Cross / The Seven Angels*

*Zugaben

Fotos Avantasia – Show 2 – Z7 Pratteln 2019 (Nicky)


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/ 05.05.2019
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