Wochenstart auf die harte Tour in der Met Bar
Montagskonzerte sind immer so eine Sache. Je nach Wochenende das hinter einem liegt braucht es manchmal fast etwas Überwindung am Montagabend das Zuhause schon wieder zu verlassen. Das vorliegende Package angeführt von Cryptopsy in meiner Lieblingslocation Met-Bar in Lenzburg war dann aber doch Grund genug sich aufzuraffen. Ob es sich gelohnt hat erfahrt ihr hier.
Als ich pünktlich kurz vor 20 Uhr in der Met-Bar eintreffe ist ein Grossteil der paar Besucher die schon hier sind noch draussen beim Rauchen. Es ist natürlich auch noch etwas früh, besonders für einen Montag… Als aber die erste Show ansteht sieht das doch schon gar nicht so schlecht aus. Klar, der Laden ist noch nicht voll, aber es sind doch schon eine beachtliche Anzahl Leute hier.
Für mich sind ganz klar Cryptopsy der Grund ans Konzert zu kommen, da ich die Kanadier auch schon Live erleben durfte und sie mich da überzeugt hatten. Für einmal musste ich aufgrund fehlender Zeit darauf verzichten die anderen Bands in Vornherein schon intensiv abzuchecken und mich quer durch YouTube zu hören, eine Kurz-Recherche musste reichen. Umso gespannter bin ich nun was mich da genau erwartet, also ohne grosse Umschweife zur ersten Band.
Gloryhole Guillotine
Den Auftakt macht die Grindcore-Truppe Gloryhole Guillotine aus Chicago. Eine der Bands, bei der man aufgrund des Namens auch ohne aufwändige Recherche zumindest eine Vermutung hat, was einen erwartet… Das Ganze ist musikalisch aber einiges spannender als andere Grindcore-Bands, auch absolut kein reines Geknüppel. Mir gefällt das musikalisch überraschend gut. Trotzdem will irgendwie noch nicht so richtig Stimmung aufkommen. Einerseits hält das Publikum noch lange die klassische Opener-Distanz zur Bühne, andererseits scheint sich auch die Band irgendwie nicht so richtig wohl zu fühlen. Könnte natürlich daran liegen, dass das Support-Schlagzeug halt mitten auf der Bühne steht und die Bewegungsfreiheit dadurch ziemlich eingeschränkt ist. Nur der eine Gitarrist hüpft zwischendurch auf und ab, der Rest der Band bleibt ziemlich statisch.
Sänger Carl wirkt irgendwie nicht besonders gut gelaunt und ehrlich gesagt auch nicht wirklich sympathisch… Wenn er vom Publikum mehr Bewegung fordert wirkt er nicht motivierend, sondern eher ziemlich angepisst und agressiv. Dieser Eindruck wird sich zum Glück im Laufe des Abends aber verflüchtigen, bei praktisch allen nachfolgenden Bands ist er in den vorderen Reihen im Publikum anzutreffen und wirkt dabei sehr gut gelaunt. Eventuell also auch einfach die Aufregung beim eigenen Auftritt, die Band existiert erst seit 2016 und wird wohl noch nicht tausende von Konzerten gespielt haben. Somit bleibt für mich ein etwas zwiespältiges Fazit der ersten Band: musikalisch gut, von der ganzen Performance her definitiv noch Verbesserungswürdig.
Setliste Gloryhole Guillotine
- Fucked
- Where’s Carl
- Stardew
- Animal Crossing
- El Desmadre
- MDF
- Viper
- Pristiger
- Moonflower
- Crippling Debt
- Gucci
- Just Guillotine
- Infected Asshole
- Orphan
- Papa Slam
- Codename: Dominate
Incite
Als nächstes folgen Incite aus Phoenix, Arizona. Ich nutze die Umbaupause für eine Zigarette und als ich wieder reinkomme fällt mir gleich auf, dass es unterdessen nochmals einige Besucher mehr hat. Zudem stechen auch die Band-Shirts und Hoodies mit dem Logo der Gruppe, die ganz offensichtlich schon einige Fans in der Schweiz hat, ins Auge. Kein Wunder, schliesslich sind die Jungs um Frontmann und Sänger Richie Cavalera (Stiefsohn von Max Cavalera) nicht zum ersten Mal im Land und generell eine ziemlich fleissig tourende Band. Ich habe es bisher noch nie an ein Konzert der Band geschafft und bin umso gespannter. Die Band legt sogleich los wie die Feuerwehr! Richie ist ein unglaublich charismatischer Frontmann und animiert die Menge sofort zum Mitmachen. Das ganze Konzert durch ist die Stimmung sehr gut, es gibt einiges an Bewegung vor der Bühne und Cavalera wagt auch mehrere Stagedives.
Musikalisch sind die Jungs im modernen Groove/Thrash-Metal anzusiedeln, der Hardcore-Einfluss der Truppe ist aber unüberhörbar. Diese Mischung gefällt mir sehr gut und scheint fast ein bisschen ein Trend zu sein in letzter Zeit. Mir solls Recht sein, solange dadurch so gute Gruppen wie Power Trip oder eben Incite ins Rampenlicht und vor allem auf Tour kommen… Die Setlist heute besteht aus 6 Songs des erst im Januar 2019 erschienen Album «Built To Destroy», dazwischen gibt es einen Block mit 3 älteren Stücken. Der Grossteil des Publikums feiert die Show genauso ab wie ich, man merkt aber auch, dass die Super Stimmung vorne bei der Bühne nicht ganz bis hinten reicht. Einige Cryptopsy-Fans schütteln ab dem Sound der Band eher die Köpfe – diese Gefahr besteht halt immer bei einem so vielfältigen Line-up. Aufgrund der grossen Schlange am Merch-Stand direkt nach der Show nehme ich aber an, dass es doch den Meisten gefallen haben muss. Ich warte jedenfalls mit meinem CD-Kauf noch ein bisschen bis weniger Volk ansteht… Starker Auftritt!
Setliste Incite
- Built To Destroy
- Ruthless Ways
- Resistance
- Up In Hell
- Aftermath
- Stagnant
- Human Cancer
- Leech
- Savior Self
Ingested
Nun ist die einzige europäische Band der Tour an der Reihe: Ingested aus Manchester spielen meiner Recherche zufolge je nach Quelle Death Metal, Grindcore, Deathcore oder Slam Metal. Nun, für mich tönt das am ehesten nach Death- bzw. Metalcore. Das Ganze ist jedenfalls ziemlich Breakdown-lastig. Die Gruppe um Sänger Jay Evans mit seinem typischen Manchester-Akzent wirkt durchaus sympathisch und hat grosse Teile des Publikums auch schnell im Sack. Nur: mich packt das Ganze musiklisch nicht wirklich… Wie auch bei vielen anderen Metalcore-Sachen ist mir das irgendwie zu vorhersehbar und zu glatt. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden, grundsätzlich schlecht machen die Jungs ihre Sache definitiv nicht.
Die Setlist besteht ausschliesslich aus Songs vom 2018-Album «The Level Above Human» und der EP «Call Of The Void» aus dem Jahr 2019. Gemäss einem Kollegen, welcher die Band schon länger kennt, würden mir persönlich wohl die älteren Sachen besser gefallen. Werde ich mal auschecken. Bis dahin bleibt für mich festzuhalten: kein Komplett-Ausfall, ich würde aber für ein Konzert der Jungs nicht allzu weit fahren, so sympathisch sie auch sein mögen. Und jetzt erst mal die Incite-CD kaufen.
Setliste Ingested
- Sovereign
- Purveyors Of Truth
- Better Off Dead
- Mouth Of The Abyss
- Transcendance Of Gods
- Invidious
Cryptopsy
Es fehlt nur noch der Headliner: Cryptopsy aus Montreal sind an der Reihe! Und was für einen Auftakt die Jungs erwischen, «Crown Of Horns» ist auch der Einstieg ins wohl beste Album der Band, «None So Vile» aus dem Jahr 1996. Es wird sofort klar, dass die Band technisch nach wie vor auf einem eigenen Level agiert. Gitarrist Chris Donaldson und Basser Olivier Pinard sind beide Meister Ihres Fachs, und vom Stil von Flo Mounier an der Schiessbude bin ich immer wieder aufs Neue begeistert. Der Sänger Matt McGachy hat eine wirklich beeindruckende Growl-Stimme, hält sich mit Ansagen ziemlich zurück und ist eigentlich ununterbrochen am Headbangen und seine Haare am kreisen lassen. Deswegen, und weil er auch noch einen ziemlich beeindruckenden Nacken hat – kein Wunder, bei dem Training – erinnert er mich manchmal ein wenig an George «Copsegrinder» Fisher. Allerdings mehr aufgrund dieser Äusserlichkeiten, die Stimmen sind schon etwas unterschiedlich.
Mehr als die Hälfte der Tracks auf der heutigen Setliste stammen vom schon erwähnten Meisterwerk «None So Vile», 6 der Total 8 Albumtracks kriegt man heute Live zu hören. Aber auch das neuere Material überzeugt, so kommen auch 3 Titel der letzten Releases, der beiden «The Book Of Suffering»-EPs, zum Zug. Das Publikum ist ebenfalls gut gelaunt, immer wieder gibt es Pits vor der Bühne. Von vorne bis hinten sind alle am Headbangen, mittlerweile hat wohl jeder der Anwesenden den üblichen Montags-Blues vergessen. Auch wenn Cryptopsy natürlich nicht eine riesige Show bieten, ist der Auftritt doch sehr unterhaltsam. Wer braucht auch Show-effekte wenn so gute Musiker auf der Bühne stehen? Eventuell könnte man bemängeln, dass das ganze teilweise fast etwas zu Routiniert wirkt. Das wäre aber das berühmte Haar in der Suppe gesucht. Als mit «Orgiastic Disembowelement» der letzte Track sowohl des Albums als auch der Show vorbei ist, sind jedenfalls rundherum zufriedene Gesichter zu sehen. So soll das sein!
Setliste Cryptopsy
- Crown Of Horns
- Detritus
- Slit Your Guts
- Cold Hate, Warm Blood
- Two Pound Torch
- Graves Of The Fathers
- Fear His Displeasure
- Benedictine Convulsions
- Phobophile
- Sire Of Sin
- Orgiastic Disembowelment
Das Fanzit – Cryptopsy
Wochenstart nach Mass! Ein super Tour-Package zum mehr als fairen Preis (Vorverkauf 25.-, Abendkasse 30.-). Vier Bands der härteren Gangart, die sich jedoch stilistisch alle voneinander unterscheiden. Eine gut gefüllte Met-Bar. Tolle Stimmung. Was will man mehr an einem Montagabend? Auch wenn mich nicht alle 4 Bands gleich umgehauen haben, schon Incite und Cryptopsy alleine waren den Besuch definitiv wert. Und ich bin doch sehr froh, mich vom Sofa aufgerafft zu haben. So startet die Woche doch gleich viel Besser!