Schwaben-Power – auf grosser Rundreise mit Kissin‘ Dynamite
Kissin’ Dynamite befinden sich auf einem Höhenflug. Mitte des letzten Jahres erschien ihr wohl bestes Album „Ecstasy“ (Review/Reinhören), im Herbst eröffneten sie auf der „Wolfsnächte-Tour“ für Powerwolf und konnten da garantiert neue Fans gewinnen – und nun ist der Fünfer selbst auf einer ausgedehnten Headliner-Tour.
21 Shows in fünf Wochen sieht der Tour-Plan vor. Neben Deutschland geht die Reise auch durch die Niederlande, Italien, Österreich, zum ersten Mal in die Slowakei und nach Ungarn. Ah ja – und natürlich darf auch die Schweiz nicht fehlen! Meine Frau Nicky und ich erhalten für einmal eine aussergewöhnliche Behandlung: Für einen ausführlichen Tour-Report dürfen wir im Z7 sowie bei den beiden folgenden Shows in München und Stuttgart einen ausführlichen Blick hinter die Kulissen werfen. Auf geht’s nach Pratteln!
Donnerstag, 11. April 2019 – Z7, Pratteln
Noch ist nicht viel los vor dem Konzerttempel. Ein Kleinbus steht da, aus dem wird Equipment ausgeladen und schon taucht auch Kissin’ Dynamite Fronter Hannes Braun auf, der uns herzlich begrüsst. Kurz darauf folgt Kleinbus Nummer 2. Da folgt noch mehr Equipment, die Merch und der Rest der Band. Jim Müller, Ande Braun, Steffen Haile und Andi Schnitzer sind bester Laune, wenn auch etwas Müdigkeit nicht komplett kaschiert werden kann… Irgendwie schon etwas überraschend, dass die Truppe nicht mit einem Nightliner unterwegs ist! Hat das am Ende gar etwas mit dem Klischee der «sparsamen Schwaben» zu tun…? Irgendwie ist’s aber auch egal – es funktioniert so ja auch bestens!
Nachdem wir von Tour-Manager Jomi mit unseren Pässen versorgt sind, nehmen wir einen ersten Augenschein in der noch leeren Halle. Der Aufbau ist in vollem Gange, Jim hilft da auch tatkräftig mit. Dazwischen bleibt zudem immer noch Zeit für ein paar Spässchen, auf Instagram & Co darf etwas Werbung für Kurzentschlossene nicht fehlen. Der Gitarrist und Drummer Andi demonstrieren dann auf der Plattform hinter dem Schlagzeug, dass sie wohl auch als Chippendales ihre Kohle verdienen könnten…
Fotos Kissin‘ Dynamite – Aufbau Z7 Pratteln 2019 (Kaufi/Nicky)
Soundcheck
Zeit für den Soundcheck. Ich durfte schon bei anderen Bands diese Prozedur beobachten, aber so ausführlich wie bei Kissin’ Dynamite hab ich das noch nicht erlebt. Da wird an den verschiedenen Parts des Schlagzeugs nochmals etwas herumgeschraubt – als Laie höre ich schlicht keinen Unterschied. Im Gegensatz zu Andi und dem Tontechniker. Ganz offensichtlich haben die ein deutlich besseres Gehör für diese Dinge als meine Wenigkeit… Der Bass wird gecheckt, die Gitarren werden geprüft (Jim merkt plötzlich grinsend, dass er ein falsches In Ear Monitoring dabei hat…), Hannes testet das Piano und natürlich auch seine Stimme, schlussendlich ist auch Gastsängerin Anna Brunner noch an der Reihe. Und wir kommen in den (fast exklusiven) Genuss von „Flying Colours“ und „Ecstasy“. Das macht Spass… Die Schwaben zeigen sich bezüglich Sound jedenfalls als absolute Perfektionisten und überziehen die eigentlich vorgegebene Zeit wie früher Thomas Gottschalk bei „Wetten, dass…?“.
Mittlerweile ist auch die Supportband eingetroffen. John Diva and the Rockets of Love heisst die Truppe, mehr zu ihnen dann später. Sie beginnen ihren Aufbau auf der Bühne und liefern ihre Merch bei Saskia Horländer, der Lady am Merchstand, ab. Apropos Merch: Ich sehe schnell – das wird teuer! Nein, nicht wegen den Preisen. Denn die sind mit 25.- SFr. (20 Euro) für die T-Shirts und 50.- SFr. (40 Euro) für die Zipper äusserst fair! Aber die Schwaben haben eine Auswahl, bei der man (resp. ich..) sich schwer entscheiden kann. Und wenn das so ist, dann kauft man halt (fast) alles, was einem gefällt. Nach dem Motto „man kann nie genug T-Shirts haben“. Drei von fünf verschiedenen Shirts sollten später in mein Gepäck wandern, und ein neuer Zipper ist eigentlich auch nicht verkehrt. Das ist nur MEIN Einkauf – meine Frau will auch noch Geld loswerden…
Fotos Kissin‘ Dynamite – Soundcheck Z7 Pratteln 2019 (Kaufi/Nicky)
Meet & Greet
Für Aufregung hat im Vorfeld die Ankündigung der „Meet & Greet“ Tickets gesorgt. Interessierte Fans können sich – wie bei den ganz, GANZ Grossen des Genres mittlerweile üblich – für einen mehr oder weniger hohen Aufpreis ein Treffen mit der Band kaufen. Persönlich bin ich diesen Dingen eigentlich eher negativ eingestellt, weil dies vielfach einen recht direkten Zusammenhang mit dem Wort „Abzocke“ hat. Und dies will so gar nicht zu den fünf sympathischen Schwaben passen! Denn ich habe sie in den letzten Jahren als absolut bodenständige, nette und fanfreundliche Menschen kennengelernt. So war es denn auch wenig überraschend, dass die Band prompt auch eine Erklärung dazu abgeben „musste“, welche die ganze Aktion dann auch etwas relativiert hat. Dennoch bin ich nun neugierig, wie das ablaufen wird… In München haben wir dann noch die Gelegenheit, beim Interview dieser Geschichte nochmals etwas auf den Grund zu gehen.
Sieben Fans haben hier in Pratteln von diesem Angebot Gebrauch gemacht, und sie treffen nun in einem schlussendlich stressfreien Umfeld auf die ganze Band. Smalltalk, CD’s unterschreiben lassen und zum Schluss ein Erinnerungsfoto mit entsprechendem Hintergrund – Tour-Manager Jomi als Fotograf dürfte mittlerweile ein Profi bei Smartphone Kameras sein…
Die ersten Konzerte
Während nun John Diva und seine Truppe den Soundcheck durchführen, zieht sich die KD-Mannschaft zum Essen zurück. Wir machen das gleiche und hören dabei dem Support-Act zu – hui! Ja, das könnte passen, die Mucke tönt schwer nach „CD kaufen“… Mal schauen, wie es dann später ist, wenn es ernst gilt! Doch zuvor heisst es auch für sie noch „Essen fassen“ und wir verschwinden dann mal in die Halle. Da sind die Pforten mittlerweile geöffnet und man trifft bereits erste bekannte Gesichter. Und so vertreibt man sich die Zeit mit allerlei Stumpfsinn quasseln, fachsimpeln und Hopfentee vernichten. Dann gilt’s Ernst: Pünktlich um 20h startet das musikalische Programm. Ich gehe hier nicht auf irgendwelche Details ein – das macht Dutti mit seinem ausführlichen Konzertbericht. Für etwas ist der Herr ja schliesslich auch da… 😉 . Nicky und ich wuseln derweil mit unseren Kameras rum (also Nicky mehr als ich – ich mische mich immer mal wieder unter die Fans und feiere da etwas…), damit wir euch ein paar anständige Bilder zeigen können.
Zur Show des Headliners muss man noch erwähnen, dass sie auf dem letzten Teil ihrer Tour leider ohne ihre Pyroshow unterwegs sind. Im Z7 wäre die wohl problemlos gewesen, aber die nächsten Venues lassen den Einsatz der Flammenwerfer leider nicht zu. Bring back Stadium Rock – dann geht’s!
Kurz vor 23 Uhr ist das Spektakel dann zu Ende. Die etwa 400 Fans (erschreckend wenig, wenn man sich das genau anschaut!) sind restlos zufrieden. Die Band ebenso – durchgeschwitzt mit grinsenden Gesichtern wird gleich mal ein Wodka weggestellt. Und erste „Manöverkritik“ durchgeführt. Es ist in der Tat spannend, die teilweise komplett unterschiedliche Sichtweise von Bands und Fans zu hören. Jedenfalls war’s eine saugeile Show! Und Jim meint schlicht, dass er „in seinem Leben nie wieder was anderes machen will!“. Das passt – und Karrieren als Rockstar dürften zudem generell langlebiger sein als die der Chippendales…
Während sich nun alle langsam bereit machen für den Transfer ins Hotel, machen wir auch einen Abgang. Früh raus ist angesagt, eine lange Fahrt nach München steht bevor…
Fotos Kissin‘ Dynamite – Konzert (Auswahl*) Z7 Pratteln 2019 (Nicky/Kaufi)
*mehr Konzert-Fotos siehe Review vom KonzertFreitag, 12. April 2019 – Backstage Halle, München
Zugfahren macht mir ja eigentlich Spass. Aber wenn man Umwege fahren muss, weil im Allgäu (endlich) gebaut wird, dann ist’s etwas blöd. Also dann halt zuerst nach Stuttgart und ab da in die Bayern-Metropole. Dort gibt’s das zweite Problem. Genau jetzt ist eine Baumaschinen-Messe in der Stadt, welche die Hotelpreise völlig explodieren liess. Da zahlt man teilweise das drei- oder vierfache des ansonsten normalen Betrags. Nun ja – auch das nehmen wir auf uns. Also einchecken und dann ab ins Backstage!
Heute spielen Kissin’ Dynamite in der ausverkauften Backstage Halle. 1’200 Zuschauer werden im gemütlichen Club erwartet. Dreimal mehr als am Vortag – das wird sich zweifellos auch auf die Stimmung übertragen. Doch im Moment merkt man davon noch nicht viel. Der Soundcheck hat bereits begonnen und heute geht das deutlich zügiger als noch im Z7. Ansonsten wirbelt Tour-Manager Jomi überall und im Dienste für alle herum. Heute sind denn auch deutlich mehr Leute, welche beim „Meet & Greet“ teilnehmen. Da hat’s auch Fans dabei, welche dieses Angebot vier-, fünf- oder sechsmal gebucht haben… Autogramme geben, für Fotos posen und dann geniessen sowohl Anhänger wie Band den ungezwungenen Rahmen für ausgedehnten Smalltalk. Und selbstredend gibt’s nun auch noch dutzendweise Selfies mit den einzelnen Musikern… Steffen geht später dann beim Interview noch etwas detailliert auf diese Geschichte ein.
Während nun der Headliner noch zu einem offiziellen Termin muss, beginnen John Diva und seine Liebesraketen mit dem Soundcheck. Ich werde derweil noch ein paar Euro los – hab ja gesagt: Das wird teuer mit der Merch…
Fotos Kissin‘ Dynamite – Meet & Greet Backstage München 2019 (Kaufi/Nicky)
Warten
Ansonsten ist nun wieder viel tote Zeit angesagt. Die Bands verpflegen sich, die Tore öffnen sich und wir warten auf unseren Interviewpartner. Jomi hat uns Drummer Andi Schnitzer „zugeteilt“. Irgendwann taucht er auf uns meint, dass sie getauscht haben und Saitenhexer Ande kommen werde. Der ist dann aber irgendwie verschwunden. Am Vortag hat der Tour-Manager auf meine Frage grinsend geantwortet, dass ein Sack Flöhe einfacher zu hüten sei wie eine Band… was hier offenbar grad bewiesen wird! Jomi macht nun kurzen Prozess: „Ihr kriegt den Steffen!“ Sagt’s und treibt den Basser gleich noch zum schnelleren Rauchen an… Ist aber natürlich alles halb so wild. Wir haben Zeit – allerdings ist’s zugegebenermassen ziemlich frisch. Von daher sind wir schon froh, als wir im Produktionsbüro das Interview machen können (siehe Interview).
John Diva and the Rockets of Love
Die Halle ist etwa halb voll, als John Diva and the Rockets of Love ihre Show beginnen. Während ich mich husch zum Merchstand durchkämpfe, sehe ich dass da draussen noch sehr viele Leute auf Einlass warten! Eigentlich erstaunlich, denn in einem solchen Club müsste man es doch schon im Griff haben mit dem Zutritt in die Halle, so dass jeder in den Genuss der Vorband kommen kann… Und ein Genuss ist es in der Tat! Während ich im Z7 den Auftritt nur mit einem Auge und einem Ohr verfolgt habe, gebe ich mir nun die ganzen gut 35 Minuten. Es lohnt sich! Denn die fünf Herren liefern Glam Metal der unterhaltsamen Sorte. Nicht nur die Outfits sind direkt aus den 80ern, auch die Mucke ist tief darin verwurzelt. Genau meine Baustelle! „Blinded“ geht mir ins Ohr, und „Rock’n’Roll Heaven“ wird wohl ein neuer Lieblingssong von mir… Spass ist ebenfalls massenhaft vorhanden. Fronter und Namensgeber John Diva klettert auch mal auf die Absperrung und lässt sich von den Fans umarmen, auf der Bühne liefert er in bester David Coverdale-Manier Anzüglichkeiten mit seinem Ständer. Also Mikrofonständer.
Kaum ist die Show zu Ende und die Musiker haben sich vom jubelnden Publikum verabschiedet, wird ein grosser Vorhang mit dem «KD»-Logo raufgezogen. Ein Hauch von Stadium Rock, zweifellos! Während sich nun also die Fans langsam auf den Headliner einstimmen, herrscht auf der Bühne ein wohl gut organisiertes Gewusel. Beim Ab- resp. Umbau legen auch die Musiker selbst mit Hand an, bis dann alles für Kissin’ Dynamite bereit ist. Hannes, Jim, Ande, Steffen und Andi sind heiss und bereit auf diesen Gig! Die Truppe steht am Bühnenrand und während speziell der Sänger extrem fokussiert ist, würden die anderen am liebsten gleich auf die Stage rausrennen…
Fotos John Diva and the Rockets of Love – Backstage München 2019 (Kaufi/Nicky)
Der Abriss in München
Ja, die Show im Z7 war schon bockstark. Doch was nun hier in München abgeht, ist zweifellos eine komplett andere Geschichte! „I’ve Got The Fire“ – und wie! Der Jubel, als der Vorhang fällt, ist ohrenbetäubend. Ein Empfang, der einer Stadium Rock Band würdig ist! Kissin’ Dynamite nehmen in den nun folgenden etwa 110 Minuten den Laden komplett auseinander. Jim fällt auf durch sein schon ziemlich extremes Nackenmuskeltraining – und durch sein Synchron-Headbangen mit Steffen. Und einmal mehr wundert’s mich, dass die beiden sich ihre Schädel nicht gegenseitig einschlagen… Aber gelernt ist dann wohl gelernt! Ande, sonst oftmals etwas der ruhende Pol, geht auch wesentlich mehr aus sich heraus und Andi schaut sehr zufrieden hinter seiner Schiessbude hervor. Und Hannes? Der Blondschopf und Mädchenschwarm führt absolut souverän durch die Vorstellung, das ist wirklich ein fantastischer Fronter geworden!
„Money, Sex And Power“ wird abgefeiert, Hannes’ Aufforderung zum Springen wird bei „She Came, She Saw“ hundertfach Folge geleistet und „DNA“ ist nicht nur für mich ein absoluter Favorit. Der Fokus des Programms liegt natürlich auf „Ecstasy“. Da kommt der geneigte Hörer bekanntlich in den Genuss einer Gastsängerin: Anna Brunner von Exit Eden veredelte den Titeltrack. Und eben diese Anna ist nun auch auf Tour mit den Schwaben und singt „ihren“ Track. Hannes’ Ansage, dass die Schwaben nicht „geizig“, sondern „sparsam“ seien, sorgt in Bayern verständlich für einige Lacher. Aufgrund dieser „Sparsamkeit“ und weil „Anna nicht billig ist“ (autsch…), darf die Lady auch bei dem ausgegrabenen „Sleaze Deluxe“ mithelfen. Tosender Applaus der Fans ist die Folge, der Sänger geht da grad stilecht aufs Knie vor der Dame – grossartige Bilder!
Ein Klavier wird auf die Bühne gebracht. Ein „sehr teures Klavier“! Und jetzt werden Lichter gefordert. Die grosse Mehrheit macht das natürlich mit ihren Smartphones, aber es gibt doch auch einige, die das Old School mässig mit Feuerzeug machen. Hannes spöttelt da schon mal, dass die das keine 30 Sekunden aushalten… Während Ande an der Akustikklampfe nun den Sänger am Klavier begleitet, wird das Backstage zu „Heart Of Stone“ von den Fans taghell erleuchtet. Bis nach ganz hinten werden die Lichter geschwenkt – sehr eindrücklich!
Die balladeske Verschnaufpause ist jedoch nur von kurzer Dauer. Denn es folgen die wohl zwei härtesten Songs der küssenden Dynamitstangen. Zu meinem absoluten Lieblingssong des aktuellen Albums, „Waging War“, betätigt sich Hannes als Fahnenschwinger, während im direkten Anschluss „Steel Of Swabia“ frenetisch gefeiert wird.
Dass Kissin’ Dynamite ihr fantastisches Zugaben-Triple („Six Feet Under“, „I Will Be King“, „Flying Colours“) gekillt haben, durfte ich mit Schrecken am Vorabend ja schon feststellen. Denn die ersten beiden erwähnten Nummern bilden nun den Abschluss des regulären Teils. Und hier wird speziell „I Will Be King“ gewaltig auf Stadium Rock getrimmt! Jim und Andi liefern den Takt, während Hannes mit einer sagenhaften königlichen Arroganz auf die Bühne marschiert – inklusive Hofnarr als Roben-Träger! Der Narr soll das Publikum zum Schreien animieren – was er in den Augen und Ohren des Königs nicht gerade erfolgreich macht. Schlussendlich schreitet seine Majestät, König Hannes I. von Schwaben, auf seinen Thron, während nun Jim und Ande die Gitarren kreischen lassen. Die Fans flippen aus…
Neue Zugaben
Wie bereits erwähnt, sieht der Zugaben-Block nun etwas anders aus. Es beginnt ruhig mit der Ballade „Still Around“. Hier schlägt dann wieder der Balladenmuffel bei mir durch… In meinen Ohren der schwächste Moment der Show. Aber mit dem wahnsinnigen „You’re Not Alone“ steigert sich auch meine Laune sofort wieder. Unglaublich, wie das Publikum hier steil geht! Während die Musiker selber wohl kaum fassen können, was da gerade passiert, beginnen hunderte Fans lautstark „Hashtag! Hashtag! Hashtag!“ zu schreien. Nachdem was Steffen im Interview zum Thema Setliste gesagt hat, wäre es eine enorme Überraschung, wenn die Band jetzt in der Tat „Hashtag Your Life“ einbauen würde. Sie tun’s leider nicht. Nichtsdestotrotz ist das Finish schlicht grandios: „Flying Colours“ hat sich zu einem solchen Ohrwurm gemausert, dass man den auch Stunden später immer noch zufrieden vor sich hin pfeift. Fans begeistert, Band begeistert – und Hannes hat dem Publikum schon vorher erklärt, dass sie die „bislang beste Crowd“ auf dieser Tour waren. Ich habe zwar nur das Z7 als Vergleich, aber hier steppt natürlich der Bär, schlicht und einfach weil’s rappelvoll ist… Trotzdem würde ich in diesem Moment noch wetten, dass der nächste Tag NOCH extremer wird…!
Ein kleines Zwischenfazit: Musikalisch war die Show am Vortag in der Schweiz einen Ticken besser – heute hat’s den einen oder andern Moment gehabt, wo ich das Gefühl hatte, das irgendwas nicht hundertprozentig sitzt. Doch das das sind kleine Details, welche das frenetische Publikum problemlos überspielt hat! Während nun die Bühne geleert wird, verziehen sich die Musiker in ihre Garderobe. Ob sie später noch an der Hair Metal Party teilnehmen, welche im Anschluss an das Konzert hier stattfindet, entzieht sich unserer Kenntnis – wir sind K.O. und machen einen Abgang Richtung Hotel. Mit einer enormen Vorfreude auf das Heimspiel morgen in Stuttgart!
Fotos Kissin‘ Dynamite – Konzert Backstage München 2019 (Nicky/Kaufi)
Samstag, 13. April 2019 – Stuttgart, LKA Longhorn
Nach einem ausgedehnten Frühstück haben wir noch etwas Zeit, bis uns die Deutsche Bahn nach Stuttgart bringen wird. Heute dann auch mit der obligaten Verspätung. Ist aber schlussendlich alles halb so wild. In der Schwabenmetropole geht’s wiederum zuerst ins Hotel und dann sofort per Fussmarsch ins LKA. Der Name des Clubs ist mir durchaus geläufig, wenn man sieht, welche Touren da jeweils einen Stopp einlegen, dann scheint das ein guter Laden zu sein. Mal schauen!
Ein erster Augenschein im Longhorn ergibt: vielleicht eine Spur kleiner als das Z7, doch ansonsten scheinen sich die beiden Lokalitäten recht ähnlich zu sein von der Infrastruktur her. Allerdings ist der Backstage Bereich hier deutlich grösser. Es gibt eine Lounge (inklusive Billardtisch – der allerdings fürs Catering umfunktioniert wird), mehrere Esstische, eine Bar / Theke, eine gemütliche Sitzecke sowie mehrere Garderoben. Von diesem Bereich aus kann man sowohl vorne bei der Bühne wie auch hinten beim Ausgang rauf und runter. Zudem ist der ganze Bereich sackstark dekoriert: An Wänden, Boden und Decke hängen Tour-Plakate, zum grössten Teil aus den 90ern! Und man ist schon schwer beeindruckt, wenn man all die Namen liest, die in früheren Zeiten mal hier gespielt haben. Da hat’s durchaus die eine oder andere heutige Stadion-Band dabei… Und genau da will ja der heutige Headliner dann auch hin!
Friends & Family
Es ist schon etwas später am Nachmittag, als wir eintreffen und so treffen wir die Jungs von Kissin‘ Dynamite auch erst kurz vor dem täglichen „Meet & Greet“, welches bald beginnt. Heute sind’s nochmals ein paar Leute mehr und die eine oder andere Person erkennt man sogar vom Vortag her. Heimspiel ist angesagt, das merkt man schon jetzt! Auch hinter der Bühne hat es heute deutlich mehr Gäste als sonst. Viele Eltern und Freunde der Band wollen sich diesen Abend auch nicht entgehen lassen…
Während unten die Türen geöffnet werden, gibt’s oben noch Business für die Band: Andi, Ande und Jim dürfen nacheinander noch zu Interviews marschieren. Auch hier zeigt sich erneut, dass die Band als Einheit funktioniert und nicht aus einem oder zwei „Aushängeschildern“ besteht.
Fotos Kissin‘ Dynamite – Meet & Grett LKA Longhorn Stuttgart 2019 (Nicky/Kaufi)
Anheizen! – John Diva and the Rockets of Love
Dann wird’s endlich 20 Uhr. Es ist rappelvoll im LKA, als John Diva and the Rockets of Love zu ihrem Auftritt starten. Und wer gedacht hat, dass die Jungs heute einen schweren Stand haben und die Fans sowieso nur wegen des Headliners hier sind, der sieht sich sehr schnell getäuscht! Bereits zum Opener „Get It On“ geht die Meute steil und es ist wahrlich ein leichtes, die Fans hier auf die richtige Betriebstemperatur zu bringen. Auch heute steht John zwischenzeitlich auf die Absperrung und zum Ende geht er runter, klatscht die komplette erste Reihe ab und post auch noch für ein Selfie.
Musikalisch gefällt mir das alles immer besser. Ich geniesse meinen Logenplatz und habe schampar den Plausch an Songs wie „Lolita“, Blinded“, „Wild Wild Life“ und dem überragenden „Rock’n’Roll Heaven“. Keine Frage – die Band wird im Auge behalten! Die CD haben wir vor der Show ebenfalls bereits erworben und Nicky lässt sich das Ding anschliessend auch grad noch unterschreiben. Föteli mit Sänger inklusive… John Diva and the Rockets of Love sind für uns jedenfalls eine äusserst positive Überraschung und sie hinterlassen hier ein Publikum, welches bestens vorbereitet ist auf das was nun kommt: Stadium Rock als Heimspiel!
Fotos John Diva and the Rockets of Love – LKA Longhorn Stuttgart 2019 (Nicky/Kaufi)
Rückkehr in die Heimat – ein Triumphzug!
Oben ist eine gewisse Nervosität spürbar. Es herrscht eine grosse Spannung – kaum einer kann den Beginn noch abwarten! Intro ab – und schon bei den ersten Tönen von „I’ve Got The Fire“ tobt das Publikum. Als der Vorhang fällt wird’s ohrenbetäubend! Was für eine Begrüssung, welche Kissin‘ Dynamite hier erfahren. Gigantisch. Stadium Rock würdig!
Und so beginnt ein über 100-minütiger Triumphzug. Die fünf Jungs aus dem Raum Reutlingen / Tübingen zelebrieren ihr Heimspiel und die 1’500 Fans im restlos ausverkauften LKA feiern, als ob es kein Morgen gäbe. Es herrscht eine wirklich unglaubliche Stimmung in dem Laden. Nicht nur ich staune Bauklötze, auch die Band selbst hält immer mal wieder inne und versucht zu fassen, was hier abgeht. Und falls bei irgendeinem Musiker vor Beginn noch Nervosität vorhanden war – jetzt ist von sowas aber rein gar nichts zu spüren.
Zur bereits altbekannten Setliste führt Blondschopf Hannes souverän durch den Abend und zeigt sich gesanglich in Höchstform. Jim headbangt sich erneut die Seele aus dem Leib und einmal mehr staune ich, dass er und Steffen sich nicht gegenseitig die Rüben einschlagen. Verdammt, das hätte ich den Steffen eigentlich fragen sollen beim Interview – „hast Du schon mal Kopfweh gehabt vom wortwörtlichen Headbangen mit Jim?“ Na gut – das nächste Mal dann…
Mit „Love Me, Hate Me“, „She Came She Saw“ und „DNA“ werden grad drei absolute Fan Favourites auf die Menge losgelassen, das zackige “Sex Is War” wird ebenfalls hundertfach mitgesungen. Sehr zur Freude der Protagonisten auf der Bühne. Dann ist es an der Zeit für den Ehrengast. Anna Brunner darf auch heute selbstverständlich nicht fehlen und singt mit „Ecstasy“ ein packendes Duett mit Hannes. Kollege Dutti war bei seinem Bericht aus dem Z7 zwar etwas kritisch: Ich bin allerdings durchaus der Meinung, dass die Lady einen verdammt guten Job macht und sie ist fraglos ein weiterer Farbtupfer in der Show. Dass der Fronter danach vor ihr wiederum aufs Knie geht, kommt schon nicht von ungefähr, auch wenn es natürlich auch nochmals eine coole Einlage ist. Die Ansage mit den „sparsamen Schwaben“ und der nicht „ganz billigen Dame“ darf natürlich nicht fehlen… Spass muss sein und so darf Anna selbstverständlich bei «Sleaze Deluxe» ran, welches wohl für manch einen Fan eine tolle Überraschung sein dürfte. Zumindest für diejenigen (mich eingeschlossen), die keine Setlists googeln im Vorfeld…
Nach dem nächsten Hammer – „Breaking The Silence“ – wird wieder „das sehr teure!“ Klavier auf die Bühne geschoben. Im Gegensatz zu den Vortagen wird nun „Heart Of Stone“ deutlich heisser dargeboten. Auf und neben dem Klavier werden Feuerschalen aufgestellt. Zusammen mit dem riesigen Lichtermeer aus Smartphone-Taschenlampen und Feuerzeugen gibt das eine unglaubliche Stimmung. Wir stehen am Bühnenrand und kriegen vor Staunen die Kauleiste kaum mehr hoch. Das ist Stadium Rock im kleinen Club…
Doch danach ist Schluss mit lustig! „Waging War“ ist – natürlich! – wieder mein persönliches Highlight, der Song ballert einfach alles andere weg. Und der einzige Titel von KD, der noch härter ist, nennt sich „Steel Of Swabia“. Muss man noch irgendwas erzählen, was nun abgeht? Im Prinzip ist das ja eigentlich die schwäbische Nationalhymne. Zumindest sollte es so sein. 1’500 Fans drehen komplett am Rad und hinterlassen eine sprachlose Band. Immer wieder „Kissin’ Dynamite“-Gesänge, Hannes muss seine Ansage mehrmals abbrechen, weil man ihn eh nicht hört in diesem Moment. Als er dann endlich zu Wort kommt, lobt er zuerst das fantastische Münchner Publikum des Vortags – was einige Buh-Rufe zur Folge hat. Doch dann sagt er auf eindeutige Weise, was die Stuttgarter Fans heute machen… „Das beste Publikum auf dieser Tour und ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass da noch was Besseres kommt!“ Als „neutraler“ Beobachter kann ich Hannes hier nur zustimmen – selbst wenn ich „nur“ drei Shows gesehen habe. Diese Crowd heute Abend haut in der Tat alles andere in die Pfanne! Und immerhin eine Disziplin, in der Stuttgart vor München ist… Sorry, den konnte ich mir nicht verkneifen. 😊
Das Programm geht dann doch noch weiter, zuerst mit dem ebenfalls viel umjubelten „Six Feet Under“, danach schreitet König Hannes I. von Schwaben mit Robe, Zepter und Hofnarr im Schlepptau auf die Bühne. Seine Majestät zeigt sich heute von der ungnädigen Seite, der Harlekin macht seiner royalen Meinung einen durchzogenen Job bei der Publikumsanimation. Dabei gibt’s streng genommen nichts zu animieren – die Fans schreien, toben und feiern auch so… Dennoch ist diese Einlage auch heute höchst unterhaltsam, musikalisch von Jim und Andi begleitet. „I Will Be King“ ist das nächste Highlight. Besser kann man es kaum machen!
Wenn es überhaupt irgendwas zu „motzen“ gibt, dann die Tatsache, dass Kissin’ Dynamite ihr geniales Zugaben-Triple gekillt haben – ich hab das bei der gestrigen Show ja bereits erwähnt. Nun gut, Abwechslung schadet natürlich auch nicht! „Still Around“ ist der ruhige Beginn, dann geniessen wir das grande Finale mit der Hymne „You’re Not Alone“ (Hannes macht nun auch noch einen Ausflug auf die Absperrung und wird von der freundlichen Security vor dem Herunterfallen gesichert) und dem unwiderstehlich gewordenen „Flying Colours“. Anna Brunner darf ebenfalls nochmals mitsingen, die obligate Pyramide bildet dann das Schlussbild für die Fans. Der Jubel ist grenzenlos und hält minutenlang an. Unter den Augen von Freunden und Familien verabschieden sich Hannes, Jim, Ande, Steffen, Ande und natürlich auch Anna nochmals einzeln vom Publikum. Herrschaften – das war schlicht und einfach SPITZE! Stadium Rock…
Komplett verschwitzt und mit strahlenden Gesichtern taucht die Band im Backstage Bereich auf. Dort werden sie überschüttet mit Gratulationen und Lob von ihren Angehörigen und Freunden, wie auch von den Jungs von John Diva and the Rockets of Love. Eine sowieso schon erfolgreiche Tour wurde nun um eine weitere, äusserst spektakuläre Show ergänzt. Das „Heimspiel“ darf man zweifellos als absolutes Highlight verbuchen. Und einmal mehr liefern Kissin’ Dynamite den Beweis, wie sehr sie in den letzten Jahren als Live-Band gewachsen sind! Auch eher „aussergewöhnliche“ Shows werden souverän gemeistert. Eigentlich ist das dann untertrieben – denn es ist zweifellos das Beste der drei Konzerte, die wir miterleben durften! Hannes dürfte recht haben: Beim nächsten Besuch in Stuttgart werden sie wohl in eine grössere Venue umziehen müssen… Schliesslich heisst das Motto ja auch nicht umsonst „Bring Back Stadium Rock“! Kissin’ Dynamite sind dazu in der Lage…
Fotos Kissin‘ Dynamite – Show LKA Longhorn Stuttgart 2019 (Kaufi/Nicky)
Das war’s dann…
In der gemütlichen Lounge, genannt Backstage, werden die Headliner nun natürlich auch von ihren Angehörigen in Beschlag genommen. Das sei ihnen gegönnt – und dafür braucht’s auch keine „nervigen“ Pressemenschen. Die verdiente Feier gehört ihnen – und da der Tour-Plan nun auch eine kleine Pause vorsieht, darf diese Party auch etwas heftiger sein… Wir verabschieden uns von Kissin‘ Dynamite und wünschen weiterhin viel Spass und Erfolg!
Ganz herzlichen Dank an dieser Stelle an Hannes, Ande, Jim, Steffen und Andi, bei John Diva und seinen Rockets of Love, an den Tour-Fotografen Niklas (ich hoffe, wir waren keine allzu grossen Nervensägen…) und natürlich an den Main Man Jomi – es hat enormen Spass gemacht!
Setliste John Diva And The Rockets Of Love
- Get it On
- Whiplash
- Lolita
- Blinded
- Wild Wild Life
- Rock N‘ Roll Heaven
- Toxic
- Dance Dirty
- Rocket of Love
Setliste Kissin‘ Dynamite
- I’ve Got the Fire
- Somebody’s Gotta Do It
- Money, Sex & Power
- Love Me, Hate Me
- She Came She Saw
- DNA
- Sex Is War
- Ecstasy
- Sleaze Deluxe
- Breaking the Silence
- Heart of Stone
- Waging War
- Steel Of Swabia
- Six Feet Under
- I Will Be King
- Still Around*
- You’re Not Alone*
- Flying Colours*
*Zugaben