Napalm Death - KiFF Aarau 2019 (Flyer)
Di, 16. April 2019

Napalm Death, Nostromo

KiFF (Aarau, CH)
06.05.2019
Napalm Death - KiFF Aarau 2019 (Flyer)

Intensives Fitnessprogramm auf und vor der Bühne 

Am Dienstagabend besuchte ich zum ersten Mal in meinem Leben das KIFF in Aarau. Grund dafür war ein Konzert der Extreme Metal-Legenden und Grindcore-Pioniere Napalm Death. Fronter Barney Greenway mimte wieder wie gewohnt das unermüdliche Duracell-Häschen. Keine Ahnung, wie viele Kilometer der Kerl am Ende des Gigs «gefressen» hat. Als Support-Act durften die aus Genf stammenden Nostromo für Furore sorgen. 

Endlich hat es mit einem Besuch der Aargauer Konzertlokalität KIFF geklappt. Eigentlich stand die Futterfabrik schon länger auf meiner Liste, denn das Angebot von dort stattfindenden Metal- und Rock-Events ist stets vielversprechend und interessant. Wie so oft ist die Geschichte in einem Industriegebiet angesiedelt. Parkplatzmöglichkeiten sind glücklicherweise ausreichend vorhanden. Vor dem erreichen des Bühnenraums gilt es zuerst einige Stufen zu erklimmen. An der Abendkasse gibt’s dann einen UV-Lichtstempel aufs Handgelenk – ähnlich wie in der Luzerner Schüür. Selbstverständlich bleiben bei mir auch in neuen Locations gewisse Traditionen bestehen. Aufgrund dessen folgt nun die Sichtung des Merchandise-Standes. Viel sieht anders aus. Es sind gerade einmal vier Napalm Death-Shirts vorhanden – that’s it. Nichtsdestotrotz wird eines davon wegen seines ansprechenden Aufdrucks zum Kaufkandidaten. Die Holzverkleidung des Bodens hat durchaus ihren Charme. Und es kommt noch besser – in der Nähe der Bühne werde ich sogar in Sachen Säule fündig. Fühlt sich beinahe so an, wie der populäre «Dutti-Pfosten» im Z7. Dass der Bartresen nur ein paar Schritte entfernt liegt, rundet die ganze Sache optimal ab.

Veranstaltet wird der heutige Abend von Metalmayhem. Über diesen Organisator habe ich bisher ausschliesslich Positives gelesen. Und wer eine Grösse wie Napalm Death in den «Rüeblikanton» locken kann, scheint sein Handwerk zu verstehen. Zugebenermassen ist Grindcore eigentlich alles andere als mein favorisiertes Genre. Im Falle der seit 38 Jahren aktiven Briten mache ich jedoch gerne eine Ausnahme. Auftritte von Barney Greenway und seinen drei Kumpels sind stets energiegeladen und unterhaltsam. Zudem imponiert mir die ehrliche, direkte Art des Schreihalses, die immer wieder in den Pausen zwischen den einzelnen Songs durchschimmert. Über den Support-Act Nostromo weiss ich hingegen kaum etwas. Allerdings dürfte es für die Genfer zweifelsohne eine Ehre sein, den Abend für ihre persönlichen Idole eröffnen zu können.

Nostromo

Die Melodien von Nostromo sind ein Gemisch von Metal, Hardcore und Grindcore – also eindeutig nix für faule Stubenhocker. Hier wird von Beginn an ordentlich Dampf gemacht. Fronter Javier scheint sich bezüglich des Energiebündel-Daseins einiges von Barney abgekupfert zu haben. Da das Drumset von Kollege Max in der Bühnenmitte steht, müssen die Westschweizer allerdings mit engen Platzverhältnissen klarkommen. Der Trommler ballert uns lächelnd seine Maschinengewehr-Salven um die Lauscher. Leider scheint das Mikrofon-Equipment nicht für die wilde Art von Javier geeignet zu sein. Gerade in der Anfangsphase des Gigs hat er regelmässig mit technischen Problemen zu kämpfen. Glücklicherweise kann dies mit der Zeit korrigiert werden. Sowohl Band als auch Publikum werden konstant besser beziehungsweise aktiver. Die Setliste wird unter anderem dazu genutzt, der Zuhörerschaft die kürzlich veröffentlichte EP «Narrenschiff» schmackhaft zu machen. Nach diesen 50 Minuten sind wir definitiv alle bestens aufgewärmt für die Darbietung des Headliners.

Napalm Death

Punkt 21 Uhr übernehmen die Chefs das Kommando. Neben Brüll-Biest Barney sind dies Bassist Shane Embury, Live-Gitarrist John Cooke und Schlagzeuger Danny Herrera. Zehnminütige Monster-Tracks wird man während dieser Performance vergebens suchen, denn wie für das Grindcore-Genre typisch setzen Napalm Death primär auf kurze und heftige Nadelstiche. Das führt oftmals dazu, dass man beim Mähne schütteln schon einmal ruckartig einen Stopp einlegen muss. Die Fans sind jedoch sowieso viel eher im Mosh-Modus. Vor der Bühne bildet sich rasch ein intensiver Pit, in welchem es ordentlich zur Sache geht.

Von den Musikern glänzt erwartungsgemäss insbesondere einer mit unermüdlicher Energie: Barney himself! Der Kerl ist schlichtweg ein Phänomen. Wie ein epileptisches Duracell-Häschen stolpert er unermüdlich in der Gegend herum. Keiner kann die Redewendung «Hummeln im Hintern haben» besser veranschaulichen als der Herr aus Birmingham. Kontrastprogramm gibt’s dafür in den Pausen zwischen den Songs. Mit markant britischem Akzent erklärt Barney gelassen und sachlich, was aus seiner Sicht auf unserem Planeten momentan falsch läuft und erntet dafür frenetischen Applaus von den Fans. Aus seiner politisch linksorientierten Haltung macht er dabei keinen Hehl. Für mich persönlich wirkt er eher ein bisschen wie ein nerdiger Vater. Doch sobald das nächste Stück gespielt wird, verwandelt sich Barney wieder in die hyperaktive Rampensau. Stimmlich klingt’s vielleicht nicht mehr ganz so brutal wie in den Anfängen, aber da steckt trotzdem nach wie vor ausreichend Aggression drin. Selbstverständlich leisten auch John, Shane und Danny tolle Arbeit. Mit der Bewegungskadenz ihres Frontmannes konnten sie allerdings sowieso noch nie mithalten. Señor Herrera sitzt durchgehend mit einem süffisanten Grinsen hinter seiner Schiessbude und strahlt eine unglaubliche Zufriedenheit aus. Da scheint jemand seinen Job absolut zu mögen.

Bei bisher 15 veröffentlichten Studioalben hat man gezwungenermassen in Sachen Setlisten-Zusammenstellung die Qual der Wahl. Die Briten schaffen es jedoch, die Mehrheit ihrer Scheiben heute Abend zu berücksichtigen. Äusserst prominent ist das Debütalbum «Scum» aus dem Jahre 1987 vertreten. Deshalb gibt’s auch den Guinness-Rekord Mini-Song «You Suffer» zu hören. Wenn man Wikipedia glauben schenken darf, dauert das Ding ganz präzise 1,316 Sekunden. Das darauffolgende «Dead» ist nicht viel länger. Barney betont anschliessend, dass es sich hierbei um zwei total verschiedene Lieder handelt – was wohl nur den pingeligen Zuhörern auffallen dürfte. Aber keine Angst, Napalm Death haben nicht bloss ausschliesslich Schnellschüsse in ihrem Repertoire. «On The Brink Of Extinction» oder «Continuing War On Stupidity» sind beispielsweise im für Grindcore-Verhältnisse fast schon langen drei respektive vier Minuten-Bereich angesiedelt.

Nach 70 Minuten ist Schicht im Schacht. Das inzwischen schweissdurchtränkte Shirt von Barney spricht Bände. Auch in den Publikumsreihen wirken einige ziemlich erschöpft. Müsste man den Headliner jetzt aufgrund einer eher kurzen Spielzeit in die Pfanne hauen? Kann man machen, aber im Falle von Napalm Death wäre es schlichtweg nicht gerechtfertigt. Der Frontmann hätte sein kräftezehrendes Fitnessprogramm wohl kaum noch viel länger durchgehalten. Nichtsdestotrotz haben er und seine Mannen eine bärenstarke und energiegeladene Performance abgeliefert.

Das Fanzit – Nostromo, Napalm Death

Das KIFF vermochte als Location zu überzeugen. Ich werde hier definitiv wieder einmal vorbeischauen. Beide Bands sorgten für einen waschechten Abriss. Nostromo hatten zwar teilweise mit Mikrofon-Problemen zu kämpfen, aber glücklicherweise bekamen sie diese noch in den Griff. An der Darbietung von Napalm Death gab’s nix zu rütteln. Sie haben deutlich gezeigt, wer die Herren im Haus sind. Metalmayhem hat da effektiv ein gelungenes Metal-Paket aus dem Hut gezaubert. Anhänger von Technical Death Metal, Progressive Metal und Metalcore sollten diesen Veranstalter definitiv im Auge behalten, denn bis Ende des Jahres stehen noch einige, vielversprechende Shows auf dem Programm.

Setliste – Nostromo

  1. Epitomize
  2. Stillborn Prophet
  3. As Quasars Collide
  4. Sunset Motel
  5. Unwillingly And Slow
  6. Pull The Pin
  7. Rude Awakening
  8. Septentrion
  9. Uraeus
  10. The Drift
  11. Taciturn
  12. Superbia
  13. Corrosion
  14. Selfish Blues

Setliste – Napalm Death

  1. Multinational Corporations
  2. It’s A M.A.N.S. World!
  3. Smash A Single Digit
  4. On The Brink Of Extinction
  5. Practice What You Preach
  6. Narcoleptic
  7. Continuing War On Stupidity
  8. Call That An Option
  9. Greed Killing
  10. Suffer The Children
  11. The Code Is Red… Long Live The Code
  12. Unchallenged Hate
  13. Cesspits
  14. Inside The Torn Apart
  15. Standardization
  16. Scum
  17. Life
  18. Deceiver
  19. The Kill
  20. You Suffer
  21. Dead
  22. Victims Of A Bomb Raid (Anti Cimex-Cover)
  23. Nazi Punks Fuck Off (Dead Kennedys-Cover)
  24. Persona Non Grata
  25. Smear Campaign

Wie fandet ihr das Konzert?

06.05.2019
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