Metalinside.ch - Symphony X - Z7 Pratteln 2019 - Foto Liane
Mi, 8. Mai 2019

Symphony X, Savage Messiah

Z7 (Pratteln, CH)
/ 18.05.2019

Prog Power-Performance der Extraklasse 

Nach einer kurzen, aber insbesondere für Sänger Russell Allen verständlicherweise benötigten Auszeit meldeten sich Symphony X am Mittwochabend auf helvetischem Grund zurück. Während der Show der Amis hatte wohl nicht nur mein Kiefer beinahe durchgehend Bodenkontakt. Leider ging mir aus ÖV-technischen Gründen der Zugaben-Block durch die Lappen. Nichtsdestotrotz brachte die Veranstaltung auch so genügend berichtenswertes Material mit sich. 

Als mich vor rund einem halbe Jahr beim Durchstöbern von Facebook plötzlich ein Event mit Symphony X anlächelte, sorgte dies direkt für Jubelorgien. Nach ihrer grandiosen Darbietung im März 2016 beehren uns die Herrschaften aus New Jersey abermals mit einem Gastspiel in der Prattelner Konzertfabrik. An ihren letzten Gig denke ich immer wieder gerne zurück. Gemeinsam mit den beiden Vorgruppen Myrath und Melted Space sorgten Progressive Power Metal für beste Unterhaltung. Für meinen Kollegen und mich stand ziemlich rasch fest, dass die damalige Rückreise via Nachtzug erfolgen wird. Ob die Besucher heute Abend mit einer ähnlichen Machtdemonstration rechnen dürfen? Die Chancen dazu stehen sicherlich nicht allzu schlecht.

Wer mir jetzt unterstellt, dass ich eh nur an der Bar rumhänge, um mir literweise Hopfentee reinzuschütten, irrt sich – denn von hier aus hat man nämlich auch einen optimalen Beobachtungsposten. Bei der Analyse des Publikums fällt mir bald einmal auf, dass auffällig viele Schweizer Metal-Musiker den Weg in den Kanton Baselland auf sich genommen haben. Offenbar scheinen Maestro Michael Romeo und seine Kollegen für manche eine Inspirationsquelle oder Idole zu sein. Meiner Einschätzung nach ist die Halle halb voll – für einen Mittwochabend durchaus akzeptabel.

Savage Messiah

Alleinunterhalter sind Symphony X allerdings nicht. Sie haben sich Verstärkung aus Grossbritannien mit ins Boot geholt. Die Truppe heisst Savage Messiah und serviert uns soundtechnisch eine eher ungewöhnliche Mischung von Power und Thrash Metal. Doch der erste Eindruck täuscht – die beiden Stilrichtungen können durchaus zusammenpassen. Jetzt müsste eigentlich lediglich noch die Soundqualität passen. Dies tut sie jedoch erst nach ein paar Startschwierigkeiten.

Die seit 2007 aktiven Briten haben bisher vier Studioalben veröffentlicht. Der fünfte Streich ist ebenfalls bereits vollendet und sollte ab Mitte Mai in den Plattenläden erhältlich sein. Das Z7-Publikum bekommt das Teil heute beinahe komplett zu hören. Zwischen den einzelnen Tracks punktet Fronter Dave Silver mit unterhaltsamen Sprüchen. Wir sollen ihm nach dem Gig am Merchandise-Stand beweisen, dass alle Schweizer Multimillionäre sind. Die Mehrheit der Zuhörerschaft macht  während der dreiviertelstündigen Darbietung brav mit. Über mangelnden Einsatz kann sich hier also keiner beschweren.

Symphony X

Um 21.20 Uhr richten sich erneut alle Blicke gespannt in Richtung Bühne. Ohne zu zögern schickt der Headliner mit «Iconoclast» direkt zu Beginn ein erstes Monster ins Rennen. Der Song knackt nämlich die Zehn-Minuten-Marke und steckt voller epischer Elemente. Der Einstieg wird primär durch Jason Rullos Fell-Prüglereien, Michael Romeos Riffs und Michael Pinnellas Geklimpere dominiert. Gespielt wird auf verdammt hohem Niveau. Erneute Jubelrufe brechen aus, als schliesslich Frontmann Russell Allen (mit stylischer Sonnenbrille) die Szenerie betritt. Sofort hat er die Massen gekonnt im Griff. Die Worte «We are strong. We will stand and fight» werden aus vollen Kehlen mitgesungen. Freunde, das ist einfach nur geil! Ich habe Hühnerhaut am ganzen Körper.

Die meisten Titel in der heutigen Setliste stammen von den beiden Silberlingen «Paradise Lost» (2007 – nicht mit der gleichnamigen Band zu verwechseln) und «Underworld» (2015). Letztgenanntes Album ist einer meiner Favoriten. Schlichtweg eine bärenstarke Veröffentlichung. Auf diesem ist auch der Song «Nevermore» zu finden, der jetzt gespielt wird. Elemente des Prog-Sektors und aus der Power Metal-Ecke verschmelzen hier zu einem fantastischen Ganzen. Im Anschluss wird’s mit «Without You» äusserst emotional. Davor erklärt Russell (inzwischen ohne Sonnenbrille) der Zuhörerschaft, weshalb es 2017 vorrübergehend still um Symphony X geworden ist. Der Sänger wurde mit seiner anderen Band Andrenaline Mob auf dem Weg zu einem Auftritt in einen fatalen Verkehrsunfall verwickelt. Dieses tragische Ereignis führte zum Tod von Bassist David Zablidowsky und der Tourmanagerin Jane Train. Die restlichen Bandmitglieder kamen mit schweren Verletzungen. Verständlicherweise gönnte sich Russell anschliessend eine Auszeit, um die Geschehnisse verarbeiten und in Ruhe trauern zu können. Vergessen werde er diese allerdings wohl nie können. Aufgrund dessen widmet der Sänger «Without You» seinen verstorbenen Freunden.

Danach wird wieder vermehrt aufs Gaspedal gedrückt. Sämtliche Musiker erhalten zwischendurch ebenfalls Zeit für Solo-Einlagen. Auch der Herr am Tieftöner – Mike LePond. Ihn durfte ich zuletzt einige Male im Dienste von Ross The Boss in Aktion erleben. Lobende Worte verdienen an dieser Stelle auch einmal die Besucher. Obwohl das Z7 nur zur Hälfte gefüllt ist, herrscht trotzdem eine tolle Stimmung. Symphony X werden regelrecht abgefeiert. Ich habe die Truppe ebenfalls schon an Festivals erlebt, aber für mich sind sie definitiv eine Hallen-Band. Hier kommen sie irgendwie einfach deutlich besser zur Geltung.

Bei «Set The World On Fire (The Lie Of Lies)» häufen sich meine nervösen Blicke auf die Uhr. Blöderweise muss ich demnächst abdampfen. Als Russell sich dann von den Fans verabschiedet bin ich ein bisschen irritiert. Sind wir tatsächlich bereits beim Zugaben-Block angekommen? So lange haben die Herren ja eigentlich noch nicht gespielt. Wie ich der Setliste entnehmen kann, haben sich die Amis das allergrösste Spektakel für das Finale aufgehoben: Die 24-minütige Giganten-Nummer «The Odyssey». Die ersten Klänge lasse ich noch auf mich einwirken, aber danach wird’s leider Zeit, in Richtung Bahnhof zu sprinten.

Das Fanzit

Savage Messiah kamen nach anfänglichen Startschwierigkeiten immer besser in die Gänge. Mit dem überragenden Metal-Blockbuster-Kino von Symphony X konnten sie am Ende trotzdem nicht mithalten. Die Amis sind live einfach eine Wucht! Alle Daheimgebliebenen haben definitiv etwas verpasst. Ich kann das nächste Wiedersehen mit den Prog-Power-Meistern jetzt schon kaum erwarten.

Setliste – Savage Messiah

  1. Virtue Signal
  2. Heretic In The Modern World
  3. The Bitter Truth
  4. The Lights Are Going Out
  5. Under No Illusions
  6. What Dreams May Come
  7. Parachute
  8. The Fateful Dark
  9. Down And Out

Setliste – Symphony X

  1. Iconoclast
  2. Evolution (The Grand Design)
  3. Serpent’s Kiss
  4. Nevermore
  5. Without You
  6. Domination
  7. Run With The Devil
  8. Sea Of Lies
  9. Set The World On Fire (The Lie Of Lies)
  10. The Odyssey*

*Zugabe

Fotos Symphony X, Savage Messiah – Z7 Pratteln 2019 (Liane)


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 18.05.2019
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