Polens Melodic Death Metal-Hoffnung?
Behemoth, Vader, Decapitated, Mgła, Crystal Viper und Batushka sind die Namen von polnischen Metal-Truppen, die den meisten Metalheads Begriffe sein sollten. Beinahe all diese aufgezählten Bands bewegen sich primär in den Sektoren Black und Death Metal. Davon abkapseln möchten sich die 2015 gegründeten Aether aus Łódź.
Die fünf Herrschaften haben sich nämlich epischen Melodic Death Metal auf die Fahne geschrieben. Die 2016er-EP «Tale Of Fire» brachte dem Quintett bereits zahlreiche positive Kritiken ein. Für Nachschub ist bereits gesorgt, denn seit dem ersten Juni dieses Jahres ist das Debütalbum «In Embers» (zu Deutsch «in Asche» oder «in Glut») in den Plattenläden eures Vertrauens erhältlich. Was die Scheibe so alles mit euren Gehörgängen anstellt, wird in den nachfolgenden Zeilen ausführlich analysiert.
Das Album – «In Embers»
Der «Golden Eyed Fox», welcher auch das faszinierende Album-Cover ziert, macht den Anfang. Was willst du zu diesem Stück grossartig erzählen? Das ist einfach sauberer Melodic Death Metal, wie er im Buche steht. Etwas mehr Tempo dürfte für meinen Geschmack allerdings ruhig noch sein. Erst im letzten Drittel der Nummer wird das Gaspedal ordentlich nach unten gedrückt. Die Growls von Michał Miluśki erinnern dabei stark an diejenigen von Mikael Stanne (Dark Tranquillity). Für Abwechslung an der Mikrofonfront ist definitiv gesorgt, den zwischenzeitlich ist auch Klargesang zu hören.
Bei «Wildfire Within» stecken durchaus ein bisschen Wintersun und auch ein Hauch Ensiferum drin. Frühere Children Of Bodom-Werke könnten ebenfalls noch als Vergleich herangezogen worden. Michał Miluśki und Krzysztof Grochowski haben ihre Saitenköniginnen jedenfalls bestens im Griff. Im Mittelteil wird die ganze Geschichte kurzzeitig heruntergefahren, so dass man entspannt den Keyboard-Klängen von Krzysztof Wiedeński lauschen kann.
Dominantes Tastengeklimper prägt den Auftakt in die nächste Nummer. Nicht zuletzt Dank der orchestralen Unterstützung wird bei «Elements» mit der grossen Epik-Kehle angerührt. Nach rund zwei Minuten lässt Trommler Maksym Steć ein fulminantes Maschinengewehr-Feuerwerk vom Stapel und kurbelt so das Tempo erneut an. «Epic Melodic Death Metal» angereichert mit jeder Menge Bombast – ungefähr so würde ich das musikalische Schaffen von Aether beschreiben. Wer hier den eigenen Nacken stillhalten kann, hat den Schuss definitiv nicht gehört. Nach mehrmaligem Durchhören fallen einem bei «Elements» immer mehr Details auf. Der Song punktet somit auch durch Facettenreichtum.
Weiter geht’s mit «Valhalla» – dem Ort, an welchen so manch ein Metalhead wohl gerne reisen würde. Wer würde nicht gerne in der goldenen Halle mit Odin und Co. bei Bier und Met ein Pläuschchen halten? Mit dieser Hymne im Ohr würde ich meine finale Reise zum Götterpalast definitiv antreten. Abermals ist die Saitenfraktion mit vollem Elan bei der Sache.
Danach folgt die letzte Schlacht («Last Battle»). Eventuell hätte man hier die Reihenfolge tauschen können, denn nach Walhalla sollte es eigentlich keine Kämpfe im Leben eines Kriegers mehr geben. Aber da spricht lediglich der «Tüpflischisser» in mir. Es handelt sich bei diesem Stück nämlich um eine geniale Hochgeschwindigkeits-Nummer. Ein weiteres Mal sind Einflüsse diverser skandinavischer Melodic Death Metal-Grössen deutlich heraushörbar. Da haben sich die Polen zweifelsohne von den richtigen Bands beeinflussen lassen. Als Sahnehäubchen gibt’s hier ausserdem weiblichen Gesang auf die Lauscher.
Zum nächsten Track «Forest» existiert auf YouTube bereits ein Musikvideo. Wer sich also einmal ein genaues Bild dieser Herrschaften machen möchte, sollte sich diesen Clip unbedingt reinziehen. Thematisch und von den Klangwelten her wandelt dieses Lied stark auf den Spuren von Wintersun. Eintauchen und geniessen ist angesagt. Von mir aus könnten Aether gerne einmal mit den Finnen eine gemeinsame Tour auf die Beine stellen.
«Insomnia» kommt ebenfalls wieder mit einer ordentlichen Dosis Epik um die Ecke gebraust. Offenbar scheint ein Gastsänger mit von der Partie zu sein. Ich dachte im ersten Augenblick an Tommy Karevik von Kamelot. Da die Amis ja einen Song mit exakt demselben Namen haben, hätte das fast schon zu schön gepasst. Wenn man den Infos im Booklet Glauben schenken darf, handelt es sich beim Gast um Artur Rosa Rosiński von den polnischen Power Metallern Lux Perpetua. Er macht jedenfalls einen soliden Job.
Den Schlusspunkt setzt das Stück «Dream». Lasst euch von den gemütlichen Piano-Melodien zu Beginn bloss nicht täuschen, denn die Schlagzahl wird schon bald wieder rasant erhöht. Packende Riffs und weiblicher Gesang machen die ganze Sache erneut zu einem abwechslungsreichen Hörerlebnis.
Das Fanzit zu Aether – In Embers
Grosses Kino! Aether sind wohl zusammen mit den Franzosen von Aephanemer die zurzeit heissesten, neuen Eisen im Melodic Death Metal-Bereich. Die Polen haben mit «In Embers» ein sackstarkes Debütwerk abgeliefert, dass bei vielen Anhängern dieser Stilrichtung sicherlich einige Male rauf und runter laufen wird. Einflüsse aus dem skandinavischen Raum sind zwar deutlich erkennbar, aber um diese kommt man heutzutage als Neulinge im melodiösen Todesmetall-Sektor beinahe nicht herum. Und wie steht es um die Antwort auf meine Frage im Titel dieses Artikels? Jep, ich würde definitiv meinen, dass Aether durchaus das Potenzial haben, in diesem Genre zu Polens Aushängeschild zu werden.
Empfehlenswerte Hörproben: «Elements», «Last Battle», «Forest»
Trackliste Aether – «In Embers»
- Golden Eyed Fox
- Wildfire Within
- Elements
- Tale Of Fire
- Valhalla
- Last Battle
- Forest
- Insomnia
- Dream
Line Up – Aether
- Michał Górski – Bass
- Michał Miluśki – Gitarre, Gesang
- Krzysztof Wiedeński – Keyboards
- Krzysztof Grochowski – Gitarre
- Maksym Steć – Drums