Das Ende ist nah – die EAV wird zu Grabe getragen!
Die Erste Allgemeine Verunsicherung ist zurück. Ein letztes Mal! Nachdem ihr Konzert im Z7 im Februar (siehe Review) restlos ausverkauft war, wurde recht schnell ein Zusatztermin gebucht. Doch auch hier war die Nachfrage enorm, sodass man kurzerhand ein Open Air daraus machte. Wenige Tage vor der Show dann die Meldung: Auch dieses Konzert ist ausverkauft! Scheint so, als ob die ganze Schweiz der EAV die letzte Ehre erweisen will…
Der Wettergott spielt mit am heutigen Tag. Perfekte äussere Bedingungen sorgen für prächtige Laune bei den Besuchern. Allerdings ist es bei diesen Menschenmassen halt immer mühsam, an die Tränke zu kommen – das Label „ausverkauft“ mag ich daher einfach nicht. Doch das soll die Vorfreude auf die Show nicht trüben! Fotograf pam ist mittlerweile zudem auch da und er hat den Vorteil, dass er (im Gegensatz zu mir im Februar) sogar Bilder bei Tageslicht (ok, Dämmerung) schiessen kann. Auf geht’s zur letzten Runde!
Eines habe ich mir vorgenommen: Heute will ich einen Platz, an dem ich die GANZE Action auf der Bühne sehen kann – das war mir im Februar ja verwehrt. Dieses Ziel ist erreicht und somit darf ich mich heute an vielen Details erfreuen, die mir damals entgangen sind…
Zu den Klängen von „Vorbei“ lässt sich Fronter Klaus Eberhartinger im Sarg auf die Bühne tragen. Und er erklärt gleich im Anschluss, dass sie heute die EAV zu Grabe tragen werden… Das Programm respektive die Setliste ist verständlicherweise identisch mit der letzten an dieser Stätte. Insofern ähneln sich auch die Ansagen. Es folgt die Klärung der Altersgruppen, von der Kreativität an Geld zu kommen („Banküberfall“) und von den Anfangstagen, als sie „weltberühmt – also in Österreich!“ waren. Diese ersten Erwähnungen im heimischen Radio werden im Medley „Tanz Tanz Tanz“, „Alpenrap“ und „Schweinefunk“ zusammengefasst, während es die volle Version von „Go Karli Go“ gibt.
Wie bereits angetönt werden viele Songs optisch durch kleine „Theateraufführungen“ (wenn man das so nennen will) ergänzt. Der Sketch „Johnny – Fahrscheine“ bildet ein kurzes Intermezzo, bevor die Hymne „Heisse Nächte in Palermo“ (inklusive einem „Oh Kohle Mio“ Einschub) für Stimmung sorgt. Dann erscheint Eberhartinger als Magier auf der Bühne. Politische Ansagen (Stichwort „Glyphosat“) deuten bereits auf den nächsten Song hin: „Trick der Politik“ vom letztjährigen Album „Alles ist erlaubt“ rechnet gnadenlos mit den unzähligen politischen Machenschaften ab. Die Österreicher zeigen hiermit zudem, dass auch neuere Tracks problemlos ins Programm passen.
Und weil man schon grad bei der Politik ist („Wir haben keine Regierung – jemand muss es jetzt also machen!“), kriegt auch wieder der aktuelle US-Präsident sein Fett ab. „Demokratisch gewählter Präsident – mit den Stimmen aus Entenhausen.“ „God Bless America“ brilliert in der Country-Version und der aktualisierte Text ist an Zynismus kaum zu überbieten: „I grab your pussy, I wash your brain – I make America great again!“ Mit „Am rechten Ort“ folgt im Anschluss nochmals ein neuer Song, der mit seinem Text sehr, sehr nachdenklich stimmt.
So, doch nun genug der ernsten Themen. Irgendwie wollen wir uns ja auch etwas unterhalten! Die EAV beschäftigt sich nun mit der Partnerwahl. Schnelle Autos, Muckis und Ferien in Fernost – die Fans wissen natürlich, was jetzt folgt. „300 PS“, einer der grössten Hits „An der Copacabana“ und mit Kimono verkleidete Musiker bei „Samurai“ werden von den Zuschauern gefeiert. Der Fronter erzählt dann, dass sie schon vor über 30 Jahren den Atom-Ausstieg propagiert haben – und dafür vom Radio nicht gespielt wurden. Mit gelben Helmen bewaffnet folgt „Burli“, wiederum aufgemotzt mit „Radio hör‘n“ – und gefilmt von dutzenden und aberdutzenden Smartphones… Der Brüller ist jedoch die TV Ansage: Der Sensemann hält den Bildschirm, und der fällt beinahe auseinander, während Klaus als „Moderator“ versucht, im Bild zu bleiben und gleichzeitig zu moderieren… Kleine Pannen passieren und machen das ganze Spektakel einfach noch sympathischer!
Nach Atom-Kritik geht’s gegen die diversen Weltreligionen. Das starke „Teufels-Medley“ (die Bühne passend in blutrotes Licht getaucht – da hätten die Fotografen Freude….) ist ein Highlight. Schade nur, dass hier ein Zusammenschnitt gemacht wird. „Im Himmel ist die Hölle los“ und „Liebe, Tod & Teufel“ würde man gerne auch in voller Version nehmen… So wie die folgende Ballade „S’Muaterl“, welche auch heute ein Highlight ist. Dieser Text…
Ah, dafür könnte ich jetzt noch etwas an der Setliste rumnörgeln: „Nostradamus“ hätte eigentlich auch noch gepasst! Und wäre das perfekte Bindeglied zum nächsten Thema gewesen…
Denn nun wird es nochmals politisch. Die EAV hat sich seit jeher sehr kritisch der braunen Gesinnung entgegengestellt. Somit eigentlich erstaunlich, dass der gefallene Politiker H.C. Strache und „Ibiza-Gate“ da nur ganz kurz Erwähnung finden. Ansonsten gibt’s die volle Breitseite (leider ohne den Eierkopf-Rudi) mit dem Highlight „Toleranz“ (mit geändertem Text an Ende – Strache wird hier nicht mehr erwähnt!) – hier sitzen Eberhartinger und Thomas Spitzer am Tisch und hauen sich die Schinkenhäger im Minutentakt hinter die Binde. Oder vielleicht ist es doch nur Wasser…? Leider ist dies zudem der einzige Track des starken 2010er Werks „Neue Helden braucht das Land“. Aber klar – bei der Abschiedstour haben andere Dinge dann wohl halt Priorität…
Märchenstunde. Beim „Froschkönig“ und dem anschliessenden „Only Du“ wird mächtig Theater gespielt. Hier wird mir nun wirklich klar, wieviel ich beim letzten Konzert verpasst habe… Da rennt der Frosch erst mit Pistole rum, bevor er die Bordsteinschwalbe (Fronter Klaus) findet. Was die beiden dann machen wird hinter einem grossen Vorhang „Zensur“ verdeckt – jedenfalls trägt zum Schluss der Sänger das Froschgesicht…
Hier ist keine Ansage nötig: „Küss die Hand, schöne Frau“ – möglicherweise der bekannteste Song überhaupt. Und um die 3‘000 Leute singen enthusiastisch mit. Gleiches gilt für einen weiteren Publikumsfavoriten. „Sandlerkönig Eberhard“. Auch einer meiner absoluten Lieblingssongs der Band!
Klaus fragt sich nun, wo all die Jahre hingekommen sind. Er erinnert sich an seinen 10., 20., 30., 40., 50. und 60. Geburtstag. Bei 30 beginnt‘s zu modern, bei 40 wird’s dunkel (dabei sieht man nur schlechter), ab 50 werden die Geburtstage nur noch zur Kenntnis genommen… Und mit 57 hat er gemerkt, dass ihm „der Kopf zur Frisur rauswächst“! Und nach dem 60. sind alle Spiegel entfernt worden. Wo ist nur die Zeit hin? „Die Zeit“ ist nochmals eine äähm: Zeitreise zurück ins 1994. Stark!
Ich hab das schon im Februar gesagt: Die Unmenge an Hits in dem Programm unterbringen, ist wahrlich nicht einfach. Medleys sind da halt schon eine gute Variante. Und dass die EAV da sehr kreativ ist, hat sie schon früher beweisen. Man erinnere sich an die legendäre „Alk-Parade“. Aber da das Ende der Band nah ist, geht’s nun ins Sanatorium. Ins Austrorock-Sanatorium, um genau zu sein. Hier werden nochmals einige Klassiker kurz angespielt – Peter Maffay’s „Über sieben Krücken“ inklusive. Und weil aus diesem Sanatorium niemand lebend rausgeht, folgt nun das Ende. Eingeleitet durch Blitz und Donner folgt der unumstrittene Höhepunkt, der beste Song der Band überhaupt, DAS Highlight schlechthin: „Der Tod“! Besser geht’s nicht mehr… Der Kreis schliesst sich hiermit und nach 2 Stunden und 20 Minuten steigt Klaus wieder in den Sarg und wird rausgetragen. Das Ende der EAV – möge sie in Frieden ruhen!
So, das Theater ist fertig, jetzt folgt die Kür – sprich der Zugaben-Teil. Und hier könnte ich nun problemlos „CTRL+C“ und CTRL+V“ machen… „Küss die Hand, Herr Kerkermeister“ und „Märchenprinz“ bilden den ersten Teil, bevor „Fata Morgana“ und das geniale „Morgen“ (inklusive Vorstellung aller Bandmitglieder, Helfern und anderen guten Seelen) den letzten Nagel in den Sarg schlagen. Nach 2 Stunden und 45 Minuten ist das Spektakel zu Ende und die EAV wird noch minutenlang mit frenetischem Applaus verabschiedet. Einfach geil!
Das Fanzit
Was für eine Show! Einmal mehr (besser gesagt: ein letztes Mal) zeigen sich die Österreicher in glänzender Form. Auch vor fast doppelt so vielen Leuten wie im Februar überzeugt die EAV vom ersten bis zum letzten Ton. Beste Unterhaltung aus Musik, Komik und Theater. Die ganze Show dauert sogar 15 Minuten mehr als im Winter – ausführlichere Ansagen des Frontmannes sind da sicher ein Grund (hat da gerade jemand „TOBI“ gerufen??).
Ebenfalls nicht unerwähnt bleiben sollen der fantastische Sound und die coole Lichtshow, welche auf der deutlich grösseren Bühne perfekt zu den Songs passt.
Dies war also der Abschied im Z7. Der Abschied in der Schweiz findet am 29. Juni im Theater 11 in Zürich statt. Wer nun aber denkt, dass er da noch husch hin will – tja, Pech gehabt: Ist ausverkauft! Wen wundert’s… Also: Wer die EAV noch ein letztes Mal sehen will, muss nach Deutschland oder Österreich gehen, da gibt’s noch Konzerte, die NICHT „sold out“ sind. Mitte September ist dann Schluss – stilecht in Wien. Davon wird’s dann auch eine DVD geben. Danach können auch all die Smartphone-Filmchen gelöscht werden…
Vielen Dank, Erste Allgemeine Verunsicherung, für fast 40 Jahre beste Unterhaltung! Ihr werdet eine Lücke hinterlassen, die kaum gefüllt werden kann!
Setliste EAV
- Vorbei
- Ba-Ba-Banküberfall
- Tanz Tanz Tanz / Alpenrap / Schweinefunk
- Go Karli Go
- Johnny 1 – Fahrscheine
- Heisse Nächte (in Palermo)
- Trick der Politik
- Geld oder Leben
- God bless America
- Am rechten Ort
- 300 PS (Auto …) / An der Copacabana
- Samurai
- Burli (Radioaktiv-Mix)
- Im Himmel ist die Hölle los / Der Teufel / Liebe, Tod & Teufel / Im Himmel ist die Hölle los (Reprise)
- S’Muaterl
- Das Wandern
- Toleranz
- Heimatlied / Rechts 2-3
- Neandertal
- Only You (mit Striptease)
- Küss die Hand schöne Frau
- Sandlerkönig Eberhard
- Die Zeit
- Austrorock Sanatorium
- Der Tod
- Küss die Hand, Herr Kerkermeister*
- Märchenprinz*
- Fata Morgana**
- Morgen**
*Zugaben 1
**Zugaben 2