Schreie aus der Hölle
Glatte sechs Jahre ist es her, seit das vielversprechende Erstlingswerk des Hellscream-Trupps rund um Sänger Norman Skinner und Cage-Gitarrist David «Conan» Garcia (wer wirklich wissen will, was es mit Garcias Übernamen auf sich hat, darf seinen Namen gerne mal bei der Internetsuchmaschine seiner Wahl eintippen) namens Made Immortal den Pforten der Hölle entwichen ist. Nun steht nach einer maidenmässigen Wartezeit Output Nummer 2 mit der klangvollen Bezeichnung Hate Machine in den Startlöchern.
Gemeinhin setzt der Mensch einen Schrei ein, um gehört zu werden oder schlicht und einfach, um andere Menschen einzuschüchtern. Im Falle auditiver Unterhaltung können Schreie aber ein von der Band gewolltes und vom Zuhörer bevorzugtes Stilmittel sein. So besonders auch im Bereich des Heavy Metals aka Echtstahls. Na dann – mal sehen, wie sich Hate Machine gegenüber der Konkurrenz aus dem Hause Cage selbst, den drei Tremoren oder auch frühem Iced Earth-Material zu behaupten vermag.
Hate Machine – oder: There Will Be Blood
Grundsätzlich kennt dieses Album nur eine Marschrichtung, und das ist die nach vorne. Vollgas. Und ohne Rücksicht auf Verluste. Wer hier also auf der Such nach ein paar Mid-Tempo-Nummern oder gar einer Ballade ist, um seine Eier mal wieder durchzuschaukeln, dürfte von treibenden Riffs, hämmernden Drums und wütenden Vocals nur so erschlagen werden. Was bei der Vorgeschichte der Band selbstredend wenig verwunderlich ist und gleichermassen bedeutet, dass mehrheitlich Fans von Cage oder der Conklin-Peck-Owens-Powerkombo The Three Tremors auf ihre Kosten kommen.
Was nun allerdings nicht bedeutet, dass es keine gemächlichen Passagen gibt. Es gibt sie – nur dienen sie einzig und allein einem Gebot, dem beispielsweise auch Rennwagen unterliegen: Fahrt muss erst aufgenommen werden. Und ab und zu wird etwas abgebremst, um die nächste Kurve zu kriegen. Ansonsten aber hält man sich an das andere Gebot – und das heisst Stempel runter! Wer aber nun ein extrem abwechslungsreiches Album erwartet, dürfte ebenfalls etwas enttäuscht werden. Denn obwohl auf Hate Machine durchwegs die Peitsche geschwungen wird und einige der Songs (There Will Be Blood, Zero Recall) bei Live-Darbietungen für tollste Stimmung sorgen dürften, so lässt das Album im Gesamtkontext einerseits etwas die Eigenständigkeit missen, während andererseits die Songs selbst sehr ähnlich aufgebaut sind. Selbst nach mehreren Durchgängen dürfte man etwas Mühe damit haben, die einzelnen Songs klar auseinanderzuhalten. Da helfen auch die über weite Teile monoton röhrenden Gesangslinien von Skinner nicht.
Dennoch markiert There Will Be Blood einen fulminanten Einstieg in das Album und man kann dem Song einen gewissen Wiedererkennungswert nicht aberkennen. Ein stampfender Einstieg mit melodiösen Strophen und ganz und gar typischem Cage-Riffing der Marke Garcia. Darauf folgt mit Fire Starter ein Song, der zwar durchaus feurig startet, sich aber recht schnell in uninspirierte Gefilde verliert und irgendwie nicht so richtig in Fahrt kommen möchte. Den Einstieg in Weight Of The World zelebriert Garcia mit seinem Fähigkeiten an der Klampfe – bei der restlichen Spieldauer hält man jedoch plus minus am Niveau von Fire Starter fest. Oubliette dagegen ist einer der Songs, die den geneigten Hörer erst sanft aus dem Schlaf zu erwecken versuchen, dann aber eine Kehrtwende hinlegen, die sich gewaschen hat. Ein aggressiver, schön treibender Track, der die Stimmung wieder mächtig anhebt.
Weiter geht es mit Zero Recall, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob er eine (un)bewusste Antwort an Dire Perils Song Total Recall darstellen soll. Einer Band, der Skinner ehemals seine Stimme geliehen hat, bevor er 2015 durch John Yelland ersetzt wurde, der meiner Meinung nach der Band den nötigen Richtungswechsel verschafft hat (The Extraterrestrial Compendium ist eines meiner Top-Alben des Jahres 2018 geworden). Auf Zero Recall jedenfalls folgt mit Slaves Of The Sand ein galoppierender Ritt, der ohne Zweifel zu den besseren Nummern des Langeisens gehört, da einmal mehr überdeutliche Parallelen zu Cage nicht von der Hand zu weisen sind. Hate Machine ist gleichzeitig die titelgebende wie auch kürzeste Nummer des Albums und reserviert sich eine der auf drei Minuten abgerundeten Spielzeit für das Intro – der Rest darf als Zwischenmahlzeit für Another Angel Down angesehen werden, welches wieder deutlich mehr Fleisch am Knochen vorzuweisen hat. Payback gehört wieder zu der Sorte von Überraschungstüten, die gemächlich starten, aber nach 30 Sekunden durch das Ladegeräusch einer Knarre jäh unterbrochen werden und sich in eine waschechte Hochgeschwindigkeitsnummer verwandeln. Eigentlich genau meine Baustelle – und trotzdem mausert sich Payback auch aufgrund des Beinah-Sprechgesangs nicht zu meinen Favoriten.
Blood Rite läutet dann das letzte Viertel der zwölf Songs umspannenden Auskopplung ein und gefällt durch das markante Einstiegsriff, welches mich frappant an Testament und Co. erinnert und vermutlich von dieser oder einer anderen Band auch schon mal genau so eingespielt worden ist. Allerdings habe ich mein Gehirn während des Schreibprozesses lange genug mit der Welche-Band-/Welcher-Song-Frage malträtiert, weshalb ich das jetzt einfach mal so stehen lasse. Zum Schluss hin lassen es Hellscream mit Wake The Demon noch einmal so richtig schön krachen. Ein Song zum Mitgrölen und Headbangen gleichermassen. Den Abschluss markiert Generation Kill, den man dank Lyrics wie…
They say the future’s what you make it
But a safe path is hard to find
It’s all chance when hope’s been taken
By those who’ve left us behind
We’re the product you’ve created
A lack of education
A forgotten obligation
In a no-win situation
Unspoken abominations
We are your generation’s kill
…wohl durchaus als ein Stück gelungener Gesellschaftskritik bezeichnen darf.
Das Fanzit zu Hellscream – Hate Machine
Hellscream können mit Hate Machine wohl kaum ihre Band-DNS verheimlichen und wollen dies auch ganz bestimmt nicht. Auch wird das Album seine Käuferschaft finden – ist es doch genau die Art von Futter, die Fans von Cage und Co. schätzen und brauchen. Hate Machine ist letztlich ein grundsolides Werk geworden, jedoch keines, das aus der Masse hervorstechen oder Preise für Innovation und Eigenständigkeit gewinnen wird. Und auch wenn der Bandname dies eigentlich suggerieren würde: Ein Screaming-Contest à la The Three Tremors ist mit Hate Machine nicht zu erwarten. Diese hohen, und nicht von allen Metal-Fans geschätzten, Screams waren selbst auf dem ersten Album noch etwas prominenter vertreten. Das allerdings ist nichts Schlechtes und kommt der rohen Atmosphäre von Hate Machine durchaus zugute.
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Trackliste Hellscream – Hate Machine
- There Will Be Blood
- Firestarter
- Weight Of The World
- Oubliette
- Zero Recall
- Slaves Of The Sand
- Hate Machine
- Another Angel Down
- Payback!
- Blood Rite
- Wake The Demon
- Generation Kill
Line-up Hellscream
- Norman Skinner – Gesang
- David Garcia – Gitarre
- Alex Pickard – Bass
- Casey Trask – Gitarre
- Sean Elg – Schlagzeug