Neues Eisen für die Todesschmiede
Die «Erben» der legendären Bolt Thrower sind waschechte Arbeitstiere. Seit 2017 erscheint jährlich ein neues Werk von Memoriam. Munitionsengpässe scheinen die Briten rund um Frontmann Karl Willetts nicht zu kennen.
Mit ihren knallharten Abriss-Hymnen sorgt die Band dafür, dass die Kauleisten ihrer Fans regelmässig Bodenkontakt haben. Ob das auch für den dritten Streich namens «Requiem For Mankind» gelten wird? Die nachfolgende Höranalyse wird zeigen, welche Kracher das Quartett dieses Mal auf die Nackenmuskeln der Menschheit loslassen möchte.
Das Album – «Requiem For Mankind»
Bereits beim ersten Track werden die Granaten abgefeuert, was umgehend zu einem «Shell Shock» führt. Der gnadenlose Rhythmus lädt durchgehend zum munteren Mähnenschwingen ein. Die Nummer trieft richtiggehend vor Oldschool Death Metal. Neben dem Riff-Gewitter von Scott Fairfax gibt einem das bitterböse Stimmorgan von Mister Willetts endgültig den Rest. Das Ding knackt beinahe die sechs-Minuten-Marke. Von halben Sachen kann man somit definitiv nicht sprechen.
«Undefeated» – na gut, wer sollte schon in der Lage sein, diesen brutalen Todespanzer besiegen zu können? Tempomässig geht’s im Vergleich zum vorangehenden Stück deutlich rasanter zur Sache. Drummer Andrew Whale peitscht seine Kollegen regelrecht nach vorne. Zum Glück werde ich beim Schreiben nicht gefilmt. Headbangen und dazu gleichzeitig in die Tasten hauen dürfte für den Beobachter allenfalls etwas komisch aussehen. Ebenfalls nicht verwunderlich ist die Tatsache, dass ich die Mehrheit des niedergeschriebenen im Anschluss korrigieren muss. Multitasking ist nun einmal einfach kein Männer-Ding.
Wird hier effektiv bloss relativ sinnfrei drauflos geknüppelt? Nein, denn beispielsweise auf «Never The Victim» finden durchaus auch gewisse melodiöse Abschnitte ihren Platz. Das spricht wiederum für die Thematik Facettenreichtum. Zweifelsohne kein unwichtiger Aspekt, denn sonst würde die Platte wohl oder übel Gefahr laufen, mit der Zeit ein bisschen öde oder eintönig zu klingen. Dies wissen Memoriam allerdings zu verhindern. Im letzten Drittel mutiert der Song schliesslich zu einem echten Stampfer.
Einer der intensivsten Nackenzerstörer dieses Silberlings hört auf den Namen «Austerity Kills». Abwechslung ist hier ebenfalls Trumpf. Den schleppenden, zermürbenden Todesmetall-Passagen, stehen phasenweise packende Thrash-Einschübe gegenüber. Andrew schickt seine Felle auf direktem Wege in den Hades. Fette Hörempfehlung – aber so was von!
Inmitten der Trostlosigkeit («In The Midst Of Desolation») – selbstredend, dass dieser Titel schwermütig um die Ecke kommen muss. Die raue, heisere Stimme von Karl beisst sich in aggressiver Manier in den Gehörgängen des Zuhörers fest. Die Kopfschüttel-Momente kommen jedoch auch hier keinesfalls zu kurz.
Auf melodiöse Gitarrenarbeit folgt die bitterböse Dampfwalze. In etwa so könnte man die Entwicklung des Tracks «Refuse To Be Led» passend beschreiben. Doch knapp fünfeinhalb Minuten auf der Uhr lassen durchaus einen gewissen Spielraum zu. Aufgrund dessen wird das oben beschrieben Muster in der der zweiten Hälfte des Stücks nochmals wiederholt.
Bei «The Veteran» handelt es sich um denjenigen Song, der bereits auf dem Portal YouTube mit einem Video vertreten ist. Die geschriebene Botschaft zu Beginn des Clips spricht eine deutliche Sprache: «After returning from Iraq in 2007 the war in the Middle East was over for me, but the war inside my head had only just begun.» Über solche posttraumatische Erlebnisse von Soldaten nach ihrer Rückkehr in die Heimat liest man immer wieder Geschichten. Teilweise wurde auch schon Material dazu verfilmt. Memoriam haben sich hier hingegen für die musikalische Untermalung entschieden. Eine äusserst hörenswerte Angelegenheit und definitiv die nächste Hörempfehlung auf «Requiem For Mankind». Der Schlusssatz des Videoclips lautet übrigens folgendermassen: «My fight continues but I am winning, because I am a veteran – never out of the fight.» Die Aussagen stammen von einem Veteranen der britischen Armee, welcher im Irak gedient hat.
Als nächstes dröhnt der Titel-Track des Albums aus den Boxen. Erneut wird der Fuss mehrheitlich auf dem Gaspedal platziert. Scott kitzelt abermals ein paar packende Riffs aus seiner Saitenkönigin heraus. Nach mehrmaligem Durchhören dieser Platte hätte man meines Erachtens die Dienste einer Masseurin absolut verdient.
Für den nächsten Song müssen die Bajonette an den Flinten befestigt werden. Jep, bei «Fixed Bayonets» werden ganz klar keine Gefangenen gemacht. Memoriam lassen erneut ihre böse, düstere Seite sprechen. Darauf folgt zum Abschluss – und auch als kleines Kontrastprogramm – die rein instrumentale Nummer «Interment».
Das Fanzit – Memoriam – Requiem For Mankind
Ich würde behaupten, dass sich Memoriam mit «Requiem For Mankind» langsam gefunden haben. Das Erstlingswerk «For The Fallen» aus dem Jahre 2017 sorgte zwar bereits für ordentlich Furore. Beim Nachfolger «The Silent Vigil» ging die Anfangseuphorie in den meisten Rezensionen allerdings wieder flöten. Nun haben die Briten Album Nummer drei rausgehauen. Und Freunde, diese Scheibe hat es verdammt nochmal in sich. Eure Nackenmuskeln werden beim Durchhören (oder hoffentlich in Bälde auch bei Live-Shows) zweifelsohne an ihre Leistungsgrenze stossen. Druckvoller Sound, Abwechslung an den richtigen Stellen, knallhartes Riff-Gewitter und das apokalyptische Stimmorgan von Karl Willetts – all diese Elemente symbolisieren den Treibstoff für die kriegerische Oldschool-Todesdampfwalze aus Birmingham. Memoriam verfügen definitiv über das Potenzial mehr zu sein, als «bloss» eine simple Bolt Thrower-Tribute-Truppe.
Empfehlenswerte Hörproben: «Shell Shock», «Undefeated», «Austerity Kills», «The Veteran»
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Trackliste Memoriam – «Requiem For Mankind»
- Shell Shock
- Undefeated
- Never The Victim
- Austerity Kills
- In The Midst Of Desolation
- Refuse To Be Led
- The Veteran
- Requiem For Mankind
- Fixed Bayonets
- Interment
Line Up – Memoriam
- Frank Healy – Bass
- Andrew Whale – Drums
- Scott Fairfax – Gitarre
- Karl Willetts – Gesang