Der letzte Schritt an die Spitze
Sabaton feiern Jubiläum. 20 Jahre ist’s her, seit die schwedische Kriegsmaschine von Pär Sundström und Joakim Brodén zum Leben erweckt wurde. Es sollte einige Jahre dauern, bis die Truppe von den Metalfans wahrgenommen wurde. Doch seit der Tour mit Edguy im Jahr 2006 gibt es nur noch eine Richtung: Aufwärts! Nun erscheint das neunte Studioalbum – und dies könnte das letzte Puzzleteil sein, um die Band an die absolute Spitze zu bringen. Haters aufgepasst: Es gibt kaum eine Band, die sich diesen Erfolg so hart erarbeitet und verdient hat! Learn to live with it…
Nun ja, es ist bekannt, dass ich seit Jahren (genauer gesagt seit 2006…) ein riesengrosser Sabaton-Anhänger bin. Bis heute ist es die Band, die ich mit Abstand am häufigsten live gesehen habe – von Clubshows mit weniger als 100 Leuten bis hin zu Headliner Shows auf Open Airs. Logisch, dass es dann nicht ganz einfach für mich ist, ein Review zu einer neuen CD zu schreiben. Die Neutralität könnte da vielleicht etwas leiden. Aber egal – es sind Sabaton! Und oftmals brauche ich die Fanbrille nicht mal, weil das Album ja sowieso bockstark ist…
The Great War
Die Kriegsthematik – welche Überraschung! – beherrscht die Lyrics des neuen Silberlings. „The Great War“ ist ein Konzeptalbum über den ersten Weltkrieg. Es gibt zwar keine zusammenhängende Story, jeder Song ist so gesehen eine kleine Geschichte für sich. Geschichtsinteressierte Fans (und davon gibt es dank Sabaton mittlerweile verdammt viel!) sollten sich vertieft mit den Texten auseinander setzen. Auch wenn das Grundthema sicher eine heikle Sache ist: Die Umsetzung durch die Schweden lässt keine Kritik zu, das ist hochprofessionell und neutral. Wer hier Sabaton „Kriegsverherrlichung“ vorwirft, hat es schlicht nicht verstanden (siehe dazu auch das Video-Interview mit Joakim).
Doch nun zur Musik – die ist schliesslich das Wichtigste! Auch diesbezüglich bleibt die Band sich selber treu und zieht ihren Stil unbeirrt durch. Das heisst allerdings nicht, dass sie sich selbst kopieren, auch wenn es ab und zu mal kleine „Déjà-Vu“-Momente gibt. Dennoch versucht der Fünfer, sich auch etwas weiterzuentwickeln. Und da nun auch die Gitarristen Einfluss auf die Songs haben, ist „The Great War“ erneut ein rundes, abwechslungsreiches und starkes Album geworden. Überraschungen inklusive!
Ohne grosses Intro-Gedöns startet das Album mit dem überraschend düsteren „The Future Of Warfare“, das sich dann zu einem typischen Sabaton-Stampfer entwickelt und mit einem bockstarken Gitarrensolo trumpft.
„Seven Pillars Of Wisdom“ entwickelt sich danach sehr schnell zu einem Highlight. So kennt und liebt man die Schweden! Der gesprochene Mittelteil gibt der ganzen Nummer eine überraschende Wendung, die in ein erneut starkes Gitarrensolo mündet. Der Start in das Album darf man somit als „geglückt“ ansehen.
Wer jetzt aber das Gefühl hat, dass die schwedische Kriegsmaschine hier ihr Pulver bereits verschossen hat – nope. „82nd All The Way“ erinnert zwar entfernt etwas an „Last Dying Breath“, bevor sich der Refrain in die Gehörgänge frisst. Erneut sorgt ein fast epischer Zwischenteil für Abwechslung. „The Attack Of The Dead Man“ – hier zeigen die Schweden eindrücklich, dass sie versuchen etwas aus ihrem Fahrwasser auszubrechen. Düster, fast Industrial-mässige Einflüsse, auch Joakim’s Gesang ist aussergewöhnlich. Keine Frage: Die Grundstimmung dieser Nummer passt zur textlichen Thematik. Sicher gewöhnungsbedürftig, dennoch saustark!
Das pure Gegenteil ist „Devil Dogs“. Ein Song, bei dem die Hater ihre Munition (…) bekommen: Das ist schon fast Happy Metal à la Freedom Call. Ok ok – nur fast… Aber zweifellos der „positivste“ Track, ein ziemlicher Kontrast zum Rest. Als nächstes ist mit „The Red Baron“ die zweite Singleauskopplung dran. Die Eröffnung mit der Hammond Orgel ist sehr speziell, und dass bei diesem Uptempo-Song dieses Instrument durchgehend den Klangteppich bildet, macht ihn einzigartig. Auch das Duell mit den Gitarren überzeugt restlos. Ganz klar einer der besten Tracks auf „The Great War“!
Der Titeltrack. Nach unzähligen Durchgängen ist es klar: Hier handelt es sich um nichts anderes als den besten Song des ganzen Albums. Der dynamische und ultratypische Beginn, stampfend, Chöre, der fast sanfte und sehr düstere Gesang, der bombastische Refrain und beim Gitarrensolo wird danach doch noch an der Geschwindigkeitsschraube gedreht. Von der Machart her erinnert „The Great War“ insgesamt durchaus etwas an „The Price Of A Mile“. Einfach geil! Da mag „A Ghost In The Trenches“ nicht mehr ganz mithalten. Schlicht und einfach typisch Sabaton von A bis Z, auch wieder etwas „fröhlicher“ getrimmt.
„Fields Of Verdun“ dürfte den Fans natürlich längstens bekannt sein, die erste Auskopplung ist bereits vor Wochen als Teaser fürs Album erschienen. Mit „The End Of War To End All Wars“ packen die Schweden dann nochmals alles raus, was sie haben. Unbestritten ein Spektakel! Mit sanften Piano-Klängen geht’s los, dann driften Sabaton fast in die Symphonic Metal Ecke ab! Bombast, Chöre, klassische Instrumentierung, und alles erneut auf eine sehr düstere Art. Und Joakim hat man selten so singen hören. Auch die Gitarrensolos sind tempomässig etwas reduziert. Ein ganz grosses Ausrufezeichen zum Abschluss von „The Great War“ – und neben dem Titeltrack DAS Highlight!
Das Ende? Nicht ganz! „In Flanders Fields“ ist die ultimative Überraschung. Hier handelt es sich um ein Gedicht, welches von Lieutenant Colonel John Alexander McCrae, der damals an der Westfront diente, geschrieben wurde. Sabaton vertonen dieses traurige Werk mit einer knapp zweiminütigen lupenreinen Chor-Nummer. Man kann es als Outro des Albums sehen – ein Outro, welches allerdings unheimlich unter die Haut geht!
Fanzit Sabaton – The Great War
Sabaton sind Sabaton. Das ist so und soll auch so bleiben! Heisst: Fans können und werden bedenkenlos zugreifen! Dennoch ist „The Great War“ mehr als „nur“ ein gewöhnliches Album. Die Schweden wollen nicht auf einer festgefahrenen Schiene unterwegs sein und präsentieren uns viele überraschende Momente. Im direkten Vergleich würde ich zwar „The Last Stand“ noch einen Tick stärker einschätzen. Allerdings könnte ich nicht mal sagen, woran das genau liegt. Nichtsdestotrotz ist „The Great War“ ein ganz starkes Werk, welches problemlos 9 von 10 Punkten erreicht! Fans können und werden bedenkenlos zugreifen!
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