Metalinside.ch - Dream Theater - Z7 Summer Nights Pratteln 2019 - Foto Liane
So, 23. Juni 2019

Z7 Summer Nights Open Air 2019 – Dream Theater, Andy McKee, Jason Richardson

Z7 (Pratteln, CH)

Kaufe zwei – bezahle zwei!

Wer sich dazu entschliesst ein Dream Theater Konzert zu besuchen, tut dies sicherlich aus unterschiedlichen aber nachvollziehbaren Gründen. Zum einen ist es dieses teilweise unfassbar hohe spielerische Niveau. Zum anderen sind es ebenfalls auch die komplexen Kompositionen, die charakteristisch für die Band sind. Jedes einzelne Mitglied spielt in einer Liga, wo sich nicht mehr all zu Viele tummeln.

Zeigen Dream Theater auf ihren Studio-Alben was Sache ist, so tun sie dies live erst recht. Mit anderen Worten bekommt man genau das, was man von dieser Band erwarten darf: Präzision, Spielfreude und eine Professionalität, die ihresgleichen sucht.

Drums & Guitars – Jason Richardson

Doch bevor man das Traumtheater geniessen konnte, gab es einen eher ungewöhnlichen Auftritt von Jason Richardson. Es braucht schon eine gehörige Portion Selbstbewusstsein, alleine mit einem Schlagzeuger im Vorprogramm von Dream Theater aufzutreten. In edelster Djent bzw. Math-Metal-Manier zeigte Richardson wie unglaublich schnell seine Finger über das Griffbrett fliegen können. Das war schon eindrücklich, was der Amerikaner bot und das hat wohl die anwesenden Gitarristen am meisten beeindruckt. Eine wirklich tolle Leistung, wenn man denn nur das Technische berücksichtig. Es hatte aber auch was Selbstdarstellerisches in Form von „schaut mal wie schnell ich bin“ an sich. Es würde sich  garantiert ein 12 jähriger Chinese finden, der genauso schnell ist. So gesehen relativiert sich der Auftritt ein wenig. Respekt für sein spielerisches Können, aber Geschwindigkeit alleine heisst gar nichts.

Akustik-Session – Andy McKee

Der zweite Act im Vorprogramm, Andy McKee, versuchte sich in einer anderen Sparte. Er trat solo auf und griff nach seiner akustischen Gitarre. McKee zeigte eine interessante Technik. Er kombinierte Tapping mit percussionistischen Elementen, in dem er den Body seiner Gitarre als Schlaginstrument benutzte. Nicht unbedingt neu, aber auf jeden Fall spannend zuzusehen und zuzuhören. Der Applaus war sicherlich gerechtfertigt und die Aufmerksamkeit des Publikums war ihm Gewiss. Der zweite Song klang auch ein wenig wie der Erste und der Dritte klang irgendwie wie der Zweite und der Vierte hatte Ähnlichkeit mit den Dritten. Irgendwie liess die Spannung einfach nach. Ich will den Auftritt von McKee keinesfalls schmälern, aber einheizen geht meiner Meinung nach anders. Die Menge an Applaus schien mein Empfinden zu bestätigen, aber dennoch war der Auftritt eigentlich ganz ok.

Es trennt sich die Spreu vom Weizen – Dream Theater

Auf dem Weg vom Bahnhof zum Z7, bot sich die Gelegenheit, mit einem „neuen“ Fan zu sprechen, der Dream Theater zum zweiten Mal sehen wollte. Interessant, wie sich die Sichtweisen unterscheiden und doch trifft man sich letztendlich zu einem gemeinsamen Statement: Man, sind die Typen gut! Ja, das sind sie ohne Zweifel. Ich habe Dream Theater jedenfalls noch nie richtig „abloosen“ gesehen. Ok, abgesehen von der vocalistischen Sollbruchstelle James LaBrie, der leider seit Jahren immer wieder als Prügelknabe hinhalten muss (manchmal zurecht). Aber diesen Sonntag lief alles glatt für den Kanadier und ob es nun gefällt oder nicht, dieser Sänger gehört einfach zur Band. Tja, dies tut er jetzt schon seit 1991 – noch Fragen?

Mit ihrem neuen Album „Distance Over Time“, ist Dream Theater wieder einmal ein guter Wurf gelungen, der sich deutlich vom Vorgänger „The Astonishing“ abhebt. Durchs ganze Band gab es berechtigt gute Kritiken und klar wollte man dieses Album auch live vorstellen. Noch bei bestem Tageslicht begaben sich die Protagonisten ohne grosses Tam Tam auf die Bühne und positionierten sich für den Opener „Untethered Angel“.

Es ist immer wieder faszinierend, mit welcher Leichtigkeit jeder einzelne Musiker sein Instrument spielt und komplizierte Passagen werden mühelos dargeboten. Nun, in meinem Beruf wird auch stets gute Leistung erwartet, für die ich auch bezahlt werde. In diesem Sinne machen Dream Theater genau das wofür sie bezahlt werden. Ein Dream Theater Konzert ist immer eine gute Sache, aber auch stets überraschungsfrei. Keine pompösen Pyros oder keine wahnwitzige Bühnenshow. Aber deswegen ging wohl niemand ins Z7.

Man weiss jedenfalls genau was man bekommt und der Effekt nach dem Konzert ist zumindest bei mir immer derselbe. Ich bin hochbeeindruckt, habe den einen oder anderen Song gehört, der schon lange nicht mehr gespielt wurde und bin grundsätzlich zufrieden mit allem. Aber dieses überwältigende Gefühl, etwas Besonderes erlebt zu haben, bleibt auch dieses Mal aus. Anders war es 1993, als Dream Theater zum ersten Mal die Schweiz besuchten. Katastrophaler Sound aber die Band walzte alles nieder und setzte, bei mir zumindest, ein Denkmal.

Bigger ist better

Inzwischen sind die Herren alle über 50 (Jordan Rudess sogar schon 63) und alle dürfen auf eine erfolgreiche Karriere als Ausnahmemusiker zurückblicken. Die Band muss niemandem beweisen, was sie draufhat – man weiss es ja seit Jahrzehnten und so belässt man es beim Wesentlichen, also dem Spielen der Songs. In Sachen Hardware ist Dream Theater auch eher bescheiden unterwegs. Ausgenommen Mike Mangini, welcher das Prinzip „bigger is better“ zu verfolgen scheint. Auch sein Vorgänger, Mike Portnoy, übte sich nicht in Bescheidenheit, was das Drum-Set anbelangt. Spielerisch sind die beiden nicht weit auseinander, wenn überhaupt. Mangini sticht durch die eher unkonventionelle Anordnung der Becken hervor. Egal, wer in dieser Liga mitspielt, hat es eh schon geschafft und darf gerne auch noch mit Material glänzen.

Über eine Setlist lässt sich immer streiten und bei 14 Studio-Alben hätte man sicher den einen oder anderen Song ins Programm nehmen können. Vergleicht man die Setlist der Distance Over Time-Tour in Europa mit der in den USA, so muss man mit Bedauern feststellen, dass man die Europäer tatsächlich mit einer verhältnismässig bescheidenen Songauswahl bedachte. Die US-Fans kamen nebst dem herkömmlichen Programm auch noch in den Genuss des kompletten Albums „Metropolis, Part 2: Scenes From A Memory“. Schade, dass man Europa mit nur 10 Songs bediente. Aber vielleicht will man mit „A Evening With“ bald wiederkommen?

Das Fanzit – Dream Theater

Es ist eigentlich schon lange in Stein gemeisselt. Dream Theater gehört seit Jahrzehnten zur progressiven Speerspitze und beweist es mit wunderbarer, aber schon fast vorhersehbarer Gleichmässigkeit immer wieder. Gerne verwende ich ein zweites Mal den Begriff überraschungsfrei, was den Auftritt aber in keiner Art und Weise minderwertig macht. Vielleicht liegt es auch an mir, dass sich bei mir keine wirkliche Euphorie bemerkbar machte. 21 Auftritte in der Schweiz, davon 16 gesehen – vielleicht ist es schon fast normal geworden, diese Band zu sehen. Schön aber zu sehen, dass sie es immer noch schaffen, junge Musik-Fans zu begeistern.

Setlist Dream Theater

  1. Untethered Angel
  2. A Nightmare To Remember
  3. Fall Into The Light
  4. Peruvian Skies
  5. Barstool Warrior
  6. In The Presence Of Enemies, Part I
  7. The Dance Of Eternity
  8. Lie
  9. Pale Blue Dot
  10. As I Am

Fotos Dream Theater, Andy McKee – Z7 Summer Nights Open Air 2019 (Liane)


Wie fandet ihr das Konzert?

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