Disney Metal!
Die Schweden Twilight Force sind zweifellos eine weiteren Band, die ein rotes Tuch für die selbsternannte Szenepolizei darstellt. Der keyboardlastigen Power Metal, in dessen Texten es nur so von Drachen und anderen Fantasiefiguren wimmelt, bildet dafür natürlich auch massig Angriffsfläche. Nichtsdestotrotz hat sich die Truppe in den letzten Jahren eine treue Fangemeinschaft erspielt. Denn schlecht ist das alles keineswegs!
Nach einer erfolgreichen Tour mit Sabaton und Accept wurde es etwas ruhig im TF-Lager. Dann kam die überraschende Meldung, dass Sänger Christian Eriksson die Band verlassen musste, ersetzt wurde er durch Alessandro Conti. Dessen Live Qualitäten konnte ich bereits auf der 70‘000 Tons in Augenschein nehmen. Und nun folgt der erste Studio Output mit dem neuen Frontmann. „Dawn Of The Dragonstar“ ist der insgesamt dritte Silberling, den die Nordlichter auf die Menschheit loslassen. Und früher hiess es da immer „Make it or break it“. Ein durchaus wichtiges Werk für die sympathischen Jungs… Nachdem der Vorgänger teilweise schon sehr verspielt, kompliziert und nicht so eingängig wie das Debüt daher kam, darf man gespannt sein, in welche Richtung die Reise nun weiter geht.
Der Eröffnungstrack „Dawn Of The Dragonstar“ ist auf jeden Fall schon mal ein starker Beginn. Ein herrlicher Uptempo Song, ganz typisch für Twilight Force – diese Art kennt man vom Erstlingswerk. Contis Gesang tönt vielleicht noch etwas gewöhnungsbedürftig, aber das wird sich mit der Zeit sicherlich legen. Dass er auch die hohen Töne im Griff hat, zeigt er hier jedenfalls ein erstes Mal. Auch wenn er sich (noch) nicht in die Lagen seines Vorgängers getraut…
„Thundersword“ geht dafür eher in Richtung des letzten Albums. Massenhaft Keyboards, Effekte, sogar ein Banjo (!) ist kurzzeitig zu hören. Irgendwie fast etwas zu viel des Guten. Dafür folgt mit „Long Live The King“ eine richtig coole Hymne, die im Mittelteil wieder mit den bekannten soundtrackartigen Elementen angereichert wird. Ein Refrain, der im Ohr kleben bleibt! Doch nun geht die Band wieder recht stark in die Richtung der „Heroes“-Scheibe. Das ist alles nicht wirklich schlecht, aber eingängig ist anders. Da ist stellenweise einfach zu viel Soundtrack, zu viel Spielerei, zu viel Ablenkung drin, so dass die Songs selbst kaum zur Geltung kommen und nicht richtig zünden. „Winds Of Wisdom“ sei hier mal erwähnt. Oder der Beginn von „Lights Of A Thousand Suns“, auch „Hydra“ kann man dazu zählen.
Hingegen ist „Queen Of Eternity“ wieder genau das, was die Band ausmacht. Vollgas voraus und auch wenn natürlich auch hier gekitscht wird ohne Ende, so ist die direktere Machart des Tracks die bessere Wahl. Auch der symphonische Einschub vor dem Gitarrensolo passt prima. Bei „Valley Of The Vale“ – trotz Disney-Film Anleihen ebenfalls einer der stärkeren Tracks – kommt anstelle des „Schwert-Zischens“ ein Peitschenknall drin vor. An überraschenden Elementen fehlt es dem Sechser wirklich nicht!
Einen Brocken hauen Twilight Force zum Ende raus: Das über 12 Minuten lange „Blade Of The Immortal Steel“. Schwer, sehr schwer verdaulich… Ich habe eigentlich nichts gegen überlange Songs. Da gibt’s grossartige Dinge, das ist klar. Aber hier komme ich nicht klar, den Zugang zu dieser Nummer habe ich auch nach mehrmaligem Hören nicht gefunden. Das ist insofern schade, weil somit der Abschluss des ganzen Silberlings etwas leidet.
Das Fanzit Twilight Force – Dawn Of The Dragonstar
Ob mit „Dawn Of The Dragonstar“ Twilight Force den Sprung ganz nach oben schaffen, bleibt wohl unklar. Schlussendlich ist die Art von Musik halt schon nicht so massentauglich. Das Album selbst ist ein Mix zwischen den beiden Vorgängern. Man findet Elemente von beiden Seiten, und damit trifft man natürlich genau ins Nervenzentrum der Fans. Wer schon Freude an den alten Scheiben hatte, darf hier bedenkenlos zugreifen. Hörer von Freedom Call, Rhapsody oder auch Gloryhammer dürften sicher ebenfalls als Zielgruppe dienen. Das Debüt von Alessandro Conti darf man ebenfalls als gelungen bezeichnen, auch wenn er die ganz, ganz hohen Screams seines Vorgängers nicht nachmacht. Zwar hat’s den einen oder anderen nicht so starken Track, aber insgesamt dennoch ein absolut hörenswertes Album. 7.5. von 10 Punkten.
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