Metalinside.ch - Tarja - Z7 Summer Nights Pratteln 2019 - Foto pam
Fr, 19. Juli 2019

Z7 Summer Nights Open Air 2019 – Tarja, Rage & Lingua Mortis Orchestra, Serious Black

Z7 (Pratteln, CH)
10.09.2019

Die fleissige Drama-Königin

Wenn Opera-Metal-Königin Tarja ruft, dann ist Arbeiterbiene pam nicht weit. Auch wenn ich dafür auf das gemütlichste Festival weit und breit, dem Rüchä Rock, welches nur alle zwei Jahre stattfindet (siehe Review 2019), verzichten muss. Umso mehr, wenn mit Rage und ihrem Lingua Mortis Projekt gleich noch die Symphonic Metal Pioniere im Schlepptau sind.

Der jährliche Besuch Ihrer Hoheit in unseren Landen findet in diesem Jahr nach zwei Abstechern ins Kofmehl in den Vorjahren im Z7 statt. Oder genauer geschrieben anlässlich der Z7 Summer Nights Open Air-Tage vor dem Metal-Tempel der Schweiz. Die Z7 Summer Nights sind im Gegensatz zum Beispiel zum Rüchä Rock nicht grad in schönster Landschaft eingebetet, dafür äusserst praktisch und beliebt. Weil eine noch grössere Bühne, die auf dem Vorplatz des Z7 aufgebaut ist, für alle etwas mehr Platz bietet (drauf und davor) und grad im Sommer wird’s draussen nicht so stickig-heiss wie in der Halle.

Wer ab und zu meine Tarja- und Rage-Reviews liest, kennt was jetzt kommt … genau, ich bin zwar nicht mehr überrascht, dass eine Tarja und eine Band wie Rage das Z7 nicht füllen (für mich nach wie vor gänzlich unverständlich) und somit geh ich davon aus, dass der noch grössere Platz ausserhalb der Halle wohl im Gegensatz zur EAV vor ein paar Wochen nur halb so gut besucht sein wird. Zu meiner jetzt aber positiven Überraschung ist es heute aber doch zu mehr als 3/4 gefüllt (hehe, der Trick hat funktioniert, ich hab wenig Leute erwartet und bin jetzt statt negativ positiv überrascht … Psychologie-Studium letztes Semester ;-)).

Serious Black

Die internationale Power Metal Band Serious Black hat die Ehre, die Bühne für die zwei nachfolgenden Symphonic Metal-Legenden zu eröffnen und die Menge bei perfekten äusserlichen Bedingungen auf Betriebstemperatur zu bringen. Es haut mich jetzt nicht grad aus den Latschen, aber es gelingt ihnen ganz gut die Masse abzuholen und man sieht eigentlich fast nur zufriedene Gesichter. Sie bieten auch gutes Stage-Acting und solides musikalisches Handwerk. Somit würde ich sagen, sie haben erfüllt und da kann ich nicht viel mehr beizufügen als ein Haken zu setzen. Next.

Rage & Lingua Mortis Orchestra

Rage-Urgestein und optischer Schwinger Peavy und seine beiden aktuellen Mitmusiker – Lucky an den Kübeln und Marcos an der Klampfe – betreten als nächstes die Bühne. Die wäre natürlich für drei Nasen völlig überdimensioniert und drum nehmen sie grad noch ein ganzes Streicher-Orchester mit. Natürlich ist das keine Überraschung. Es wurde ja als Rage feat. Lingua Mortis Orchestra (LMO) angekündigt. Genau wie auf der 70’000 Tons of Metal Cruise 2019 (siehe Review und Fotos) spielen sie auch heute wieder die zweite Scheibe aus der LMO-Reihe – «13» – in ihrer ganzen Länge. Als Fan der ersten Stunde für mich natürlich ein absolutes Highlight im Konzertkalender. Nur hab ich diese Show schon zwei Mal in diesem Jahr auf der Cruise gesehen und ich find «13» auch grad das schwächste Album von LMO und auch eines der Schwächeren von Rage im Allgemeinen.

Drum bleib ich auch beim zweiten Act heute Abend beschuht. Auch wenn das jetzt Jammern auf sehr, sehr hohem Niveau ist. Mit dem 2013er LMO-Album (siehe Review) haben Rage halt die Messlatte selber sehr hoch gesetzt und ich würde jetzt fliegend meine Tretter von weit oben sehen, wenn sie (auch) Songs aus diesem oder auch vom ersten LMO-Album spielen würden. So bleibt’s eine gute, tolle Geschichte. Es wäre halt einfach mehr möglich mit anderer Setliste und allenfalls dann auch einer zusätzlichen weiblichen Stimme. Auch der Abschluss mit dem Mitsing-Song „Higher Than The Sky“ zieht nicht (mehr) wirklich so. Da dürfte auch mal wieder ein anderer dran, grad wenn man wie ich in den letzten Jahren Rage immer wieder gesehen hat. Denn gute Songs haben Rage ja en masse!

Tarja

Auch als Mutter schreibt Tarja fleissig neue Songs und veröffentlicht Alben in den verschiedenen Welten, in denen sie unterwegs ist, am Laufmeter. Darum darf man sie mit gutem Gewissen als Bienenkönigin bezeichnen. Vor wenigen Tagen kam auch schon Soloalbum Nr. 5 – „In The Raw“ (siehe Review) – raus. Und davon gibt es heute mit „Dead Promises“ (der ersten Singleauskopplung) auch ein Müsterchen, welches wunderbar das sackstarke Album repräsentiert. Der Song, aber vor allem Tarja selbst, machen einfach gute Laune. Nebst ihren gewohnt 1’000 Grimassen kommt von der Drama-Queen (das meine ich jetzt respektvoll) immer wieder ein breites Lachen, welches jeweils mit viel Dankbarkeit gegenüber den Fans zelebriert wird. Ihre loyalen Fans der ersten Stunde bezeichnet die Finnin bekanntlich auch als ihren Winterstorm. Und wie gewohnt, wird ihre erste Solo-Single nach dem Rauswurf bei Nightwish – „I Walk Alone“ – immer mit den entsprechenden Worten angekündigt.

Ebenfalls ein Tarja-Live-Klassiker und jeweils Höhepunkt ist der Rausschmeisser „Until My Last Breath“. Gespickt wird die Setliste auch heute mit einem Nightwish Song („Planet Hell“) und indirekt auch mit dem von Nightwish ebenfalls gecoverten Gary Moore Song „Over The Hills And Far Away“. Auch wenn ich gerne wieder mal von Nightwish bzw. eben Tarja „Deep Silent Complete“ oder „Wishmaster“ oder „Nemo“ hören würde, so gibt’s bei der Setliste nichts zu bemängeln. Es gibt ja auch kaum schlechte Tarja-Songs. Da passt jeder irgendwie. Und mit Tarja’s wunderschöner 3-Oktaven-Stimme kommt sowieso immer alles gut.

Wie gewohnt dürfen sich auch die Musiker auf der Bühne austoben; im Speziellen während Tarja’s kurzer Pause im Backstage. Da dürfen sich die Jungs am Cello (Max), Bass (Kevin) und Gitarre (Alex) gegenseitig so richtig herausfordern. Ich bin ja nicht so der Solo-Typ, aber hier in Kombi mit jeweils allen Instrumenten passt es einmal mehr sehr gut. Eine Ohrenweide und Reliefhautbeschleuniger was uns hier geboten wird.

Und ja, Tarja selbst ist schlank wie nie zu vor, präsentiert sich aber nicht nur figurtechnisch in Topform, sondern ist auch sonst allgemein gut drauf. Einzig die Stimme war schon dominanter und souveräner. Das viel ab Band kommt – vor allem grad die Backing Vocals, ist ja klar bei diesen epischen Songs mit vielen Chören – aber so wie heute wurde mir das noch nie bewusst. Vor allem wird auch ihre Einzelstimme gedoppelt. Entweder war das bei früheren Konzerten nicht so oder ihr Live-Stimme schwächelt heute ein bisschen, so dass man ihre Stimme ab Band besser als sonst wahrnimmt. Ist schon verständlich, dass man auf diesem hohen Niveau nicht immer ganz top sein kann, aber von Tarja dennoch ungewohnt. Show, Ausstrahlung, Band, Songs wie gesagt alles Top, aber stimmlich die wohl schlechteste Performance, die ich bisher von dem Stimmwunder erlebt habe. Drum schreib ich die Review grad mit etwas ambivalenten Gefühlen – und lass vor allem viele Bilder sprechen. Damit bin ich halbwegs fein raus und werde nicht wegen Göttinlästerung ausgepeitscht und gevierteilt.

Das Fanzit

Ausstrahlung, optisch Top wie eh und je, stimmlich für einmal nicht ganz auf ihren eigenen Höhen, aber damit ist Tarja immer noch meilenweit über dem Durchschnitt. Alles in allem ein gemütlicher Konzert-Abend bei perfekten Bedingungen vor den Toren des Z7 mit guter Musik und Freunden. Rein nominell hat der Abend aber etwas mehr versprochen und somit wird er es nicht ganz auf die vordersten Ränge in meiner persönlichen Konzert-Rangliste 2019 schaffen.

Fotos Tarja, Rage & Lingua Mortis Orchestra, Serious Black – Z7 Summer Nights 2019 (pam)


Wie fandet ihr das Konzert?

10.09.2019
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