Eine persönliche Hölle!
Infinitas, die Melodic Metaller aus dem Muotathal sind zurück und schreiben das nächste Kapitel ihrer Geschichte. Dies im wahrsten Sinne des Wortes, ist ihre neue Veröffentlichung, die auf den Namen Infernum hört doch ein Konzeptalbum, welches inhaltlich nahtlos am Debut Civitas Interitus von 2017 anschliesst.
Die Geschichte führt uns in die Hölle und stellt einen von drei möglichen Wegen dar, die der Protagonist der Erzählung einschlagen kann. Die anderen beiden sollen Gegenstand zukünftiger Alben sein. Besagte Hölle setzt sich zusammen aus verschiedenen Dämonen, welche für verschiedene dunkle Aspekte stehen und den einzelnen Songs ihre Namen als Titel leihen. Die Grundzüge dieser dunklen Wesenheiten werden durch Texte ausgedrückt, die sich um persönliche Themen und Geschichten drehen. Soviel zum lyrischen Inhalt, doch wie ist nun die Musik auf dem neuesten Werk von Infinitas?
Gemäss Aussage von Gitarrist Selv Martone und Schlagzeuger Piri Betschart am PreListening-Anlass (siehe Bericht) wird die Musik am besten als Melodic Metal beschrieben. Tatsächlich umfasst Infernum ein grosses Klangspektrum und ist schwierig zu kategorisieren. Tragendes Melodieinstrument ist neben der Gitarre die Violine von Savannah Childers beziehungsweise Gastviolinistin Hanna Landolt, doch trotz dieses Instruments würde eine Klassierung als Folk oder Symphonic Metal am Ziel vorbeischiessen. Bleiben wir also bei Melodic Metal. Der Ansatz, den Infinitas wählen, ist dabei durchaus mit einem Schuss Progressivität versehen, ohne selber Progressive Metal zu sein. Die Folge davon ist, dass die Songs sehr viel zu entdecken bieten. Das beginnt bereits beim ersten Stück „Afanc“, das immer wieder mit überraschenden Wendungen aufwartet und von getragenen Abschnitten über stark rhythmusbetonte Teile bis hin zu treibenden Riffs alles bietet, was Infinitas im Jahr 2019 ausmacht. Dazu beschränkt sich auch Sängerin Andrea Böll nicht auf einen Gesangsstil, sondern wechselt zwischen Klargesang und dämonischem Gekeife ab und rundet damit die initiale Landung auf der Hölleninsel passend ab.
Doch dabei bleibt es nicht, Infinitas zeigen sich auch im weiteren Verlauf von Infernum wandelbar. So sticht „Avnas“ mit einem hymnischen Refrain heraus, während „Utukki“ mit schaurig-schönen Gesangslinien aufwartet oder „Tiamat“ durch einen Gastauftritt von Chrigel Glanzmann ergänzt wird. Das führt nicht nur dazu, dass die einzelnen Lieder in sich abwechslungsreich sind, sondern auch, dass jeder Song eine ganz eigene Identität besitzt, die ihn von den anderen klar unterscheidet. Für Auflockerung sorgen Zwischenspiele, die von Piri in Mundart vorgetragen werden. Obwohl die spezifischen Dialektausdrücke im ersten Moment ungewohnt klingen, transportieren sie die angestrebte Dramatik sehr schön. Das grosse Highlight der Scheibe ist jedoch das in der Mitte des Albums platzierte „Lilith“, bei dem Infinitas alle Register ziehen. Das Stück ist über neun Minuten lang und verfügt sogar noch über ein kurzes instrumentales Intro, das als eigenständiger Track vorangestellt ist. Neben der Gitarrenarbeit, die vermutlich so ziemlich die härteste Seite der Band zeigen, gilt es hier vor allem, Andreas Gesangleistung zu verfolgen. Von Screams und Growls über sanften Klargesang bis hin zum Einsatz ihrer Opernstimme reizt sie ihre gesanglichen Möglichkeiten aus bis an die Grenzen – aber nie darüber hinaus. Unterstützt wird diese Leistung von einer einwandfreien Produktion aus den New Sound Studios.
Also ein perfektes Album? Nein, Infernum muss sich durchaus Kritikpunkte gefallen lassen. Am stärksten fällt dabei die Rhythmisierung der Texte ins Gewicht. Damit ist nicht gemeint, wie diese gesungen werden, sondern wie das Zusammenspiel zwischen Lyrics und Musik funktioniert. Sehr häufig kommt nämlich das Gefühl auf, dass Infinitas zu viel Text in zu wenig Melodie verpacken. Das stört den Fluss der Lieder bei genauerem Hinhören leider immer wieder mal. Ausserdem ist auf Infernum mit der Ballade „Rahu“ ein eher blasser Song enthalten, der es nicht schafft, richtig zu zünden. Zu guter Letzt ist die eine oder andere Sektion einzelner Lieder bei allem Abwechslungsreichtum einen Tick zu lang ausgefallen, aber das ist dann schon ein untergeordneter Punkt.
Präsentiert wird die Musik unter einem stimmigen Artwork von Franz Föhn und die von Selv selbst gezeichnete Karte im schön gestalteten Booklet trägt ebenfalls ihren Beitrag zur Stimmung des neusten und übrigens in Eigenregie veröffentlichten Albums von Infinitas bei.
Das Fanzit zu Infinitas – Infernum
Mit Infernum liefern die Muotathaler Infinitas ein abwechslungsreiches Album mit einer eigenen Identität, das viele tolle Momente bereithält. Die Band schöpft ihr Potential auf musikalischer Ebene aus und hat nochmals eine grosse Entwicklung seit ihrem Debut gemacht. Abzüge gibt es für die Holperer im Textfluss, wo noch Verbesserungsmöglichkeiten bestehen. Über alles betrachtet kann ich hier mit gutem Gewissen saubere 8 Punkte vergeben.
PS: Am 7.12.2019 ist die Plattentaufe im Hall of Fame Wetzikon (mehr Infos)
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