Metalinside.ch - All Star Jam - Swiss Glam Rock Fest 2019 - Foto Nicky
Fr, 1. November 2019

Swiss Glam Rock Fest II – Too Fast For Love

Kofmehl (Solothurn, CH)
/ 20.11.2019

Haare schön!

An einem komplett verregneten Freitag wird Solothurn zum Pilgerort der hiesigen Glam Metal Gefolgschaft. Das zweite Swiss Glam Rock Fest bittet unter dem Motto «Too Fast For Love» im Kofmehl mit sechs Bands zum Tanz. Es heisst die alten Outfits raus zu kramen, Haare (sofern noch vorhanden) mit massig Spray zu bearbeiten – oder zur Not hilft auch eine Perücke… Auf geht’s zurück in die 80er!

Wenn es um Schweizer Hardrock geht, gibt es deutlich mehr als nur Gotthard oder Shakra. Neben den Grössen des Genre treiben sich noch massig andere Bands herum, die qualitativ einiges zu bieten haben, selbst wenn sich das nicht unbedingt in CD-Verkäufen oder so bemerkbar macht. Das zweite Swiss Glam Rock Fest bietet nun genau solchen Truppen eine tolle Plattform. Und um es vorweg zu nehmen: Keine einzige Band enttäuscht an diesem Abend, im Gegenteil…

Hysteria

Als Hysteria pünktlich um 19 Uhr die Bühne betreten, ist es noch recht überschaubar im Saal. Fronter Hoochy (im obligaten Metal-Cowboy Outfit) und seine Jungs starten mit «Running 4 Freedom» äusserst furios in den Abend, was auch sofort erste Publikumsreaktionen nach sich zieht. Apropos «Outfit»: Gitarrist Luca Frei fällt mit seiner Kappe und Weste komplett aus dem Rahmen – DAS sind wahrlich keine 80er Klamotten…! Doch selbstverständlich hat das glücklicherweise keinen Einfluss auf seine musikalischen Fertigkeiten…

Die Winterthurer geben weiter Gas und beim von Basser Manu gesungenen «Man Of Steel» geht Hoochy mit einer Flasche Jack (also nicht normaler Jack, sondern so Zimt Zeugs, ähnlich wie «Fireball»… wääck!) auf Rundreise durchs Publikum und manch einer genehmigt sich einen frühen Schluck. Das musikalische Highlight folgt anschliessend mit «Devil’s Little Helper», der macht so richtig Spass!

Dass sich auch die Musiker der diversen Bands untereinander bestens verstehen, zeigt sich beispielsweise beim Poison-Cover «Nothing But A Good Time», bei dem Andi Barrels von den Black Diamonds am Gesang aushilft. Coole Sache, bevor kurz darauf mit «Rock Police» die 45 Minuten Spielzeit bereits erreicht sind. Ein gelungener Auftakt in den Abend!

Setliste Hysteria

  1. Running 4 Freedom
  2. Dead Man’s Walking
  3. Good ol’ Times
  4. Man Of Steel
  5. Devil’s Little Helper
  6. Nothin’ But A Good Time (Poison Cover, feat. Andi Barrels)
  7. Overloaded
  8. Rock Police

Fotos Hysteria – Swiss Glam Rock Fest 2019

Black Diamonds

Über die Rheintaler kann ich heutzutage kaum mehr neutral berichten, das ist immer irgendwie auch ein Blick durch die Fanbrille. Die vier sympathischen Jungs machen einfach immer Laune. Im Publikum befinden sich zudem auch wieder bayrische Abgesandte des Fanclubs… So startet die Party mit – «We Want To Party»! Das Motto ist klar… Da die Diamonds heute fast doppelt so lange spielen können wie damals in Hinwil, als ich sie das letzte Mal sah, finden nun Tracks wie «Judgement Day» oder «Vampires In The Night» wieder den Weg ins Programm. Und zu meiner grenzenlosen Freude trifft das auch auf «Not Going Home» zu – meine Nackenmuskeln werden mich morgen hassen. Kollege Dutti würde wohl wieder von «Eskalationen» berichten…

Ansonsten ist es schlicht und einfach eine erneut gute Show von Mich und Co., die alles beinhaltet, was man kennt und liebt. Drummer Manu, der beim ruhigen Part von «I’ll Be Ok» nach vorne eilt, Basser Andi singt «Thrillride» und Gitarrist Dee post mit seinem pink-plüschigen Gitarrengurt mit den anderen um die Wette. Nach dem geilen «Hands Of Destiny» setzt mit «Rock And Roll Music» ein Cover den Schlusspunkt unter einen vielumjubelten und saustarken Auftritt. Der einzige Wehrmutstropfen: Die Lichtmannschaft hat die Ostschweizer mehrheitlich in rotem Dunkel gelassen, was kaum förderlich ist für gute Bilder. Nicky kann ein Lied davon singen… Doch dafür kann die Band ja nichts. Und anschliessend hat ein Gespräch mit den Verantwortlichen auch Erfolg, die nachfolgenden Bands werden deutlich besser ins Licht gerückt. Herzlichen Dank dafür!

Setliste Black Diamonds

  1. We Want To Party
  2. Judgement Day
  3. I’ll Be Ok
  4. Pieces Of A Broken Dream
  5. Thrillride
  6. Vampires Of The Night
  7. Not Going Home
  8. Hands Of Destiny
  9. Rock And Roll Music (Chuck Berry Cover)

Fotos Black Diamonds – Swiss Glam Rock Fest 2019

Smoke n‘ Flame

Es folgt eine Band, von der ich eigentlich nichts weiss. Ich hab noch keinen Ton gehört und meine Kenntnisse über Smoke n‘ Flame enden bei der Tatsache, dass Fronter Harry auch der Organisator dieses Festivals ist.

Klar, dass hier natürlich auch kein stilistischer Ausreisser zu erwarten ist. Und ebenso klar, dass die Outfits der vier Herren perfekt zum Sound passen. Harry ist zudem der ultimative Dreh- und Angelpunkt der Band, er führt absolut souverän und unterhaltsam durch den 45-minütigen Auftritt.

Ein Auftritt, der zudem mit einigen Überraschungen aufwartet. Musikalisch setzt «Up an’ Down» ein frühes Ausrufezeichen. Beim darauffolgenden «Why Should I» wird es heiss: Der Feuerkünstler Zarkun sorgt dafür, dass vor allem die Fans am Bühnenrand ins Schwitzen kommen. Also frieren muss hier niemand…

Bei «All Night Long» rast Harry auf den Balkon und animiert die Fans mal von oben, bei «Call Me Crazy» präsentiert er sich stilecht im T-Shirt mit dem verrückten Animal aus der Muppet Show! Hier werden die 80er richtiggehend zelebriert und man überlässt nichts dem Zufall. So ist es dann auch kein Wunder, als Smoke n‘ Flame ebenfalls ein Cover aus dem Hut zaubern und natürlich stammt es aus der grossen Ära des Glam: Van Halens «Panama» wird verständlicherweise auch mächtig gefeiert.

Die Spielzeit neigt sich dem Ende zu. Und nochmals betritt Zarkun die Bühne und lässt mit teuflischem Blick beeindruckende Feuerschlangen haarscharf über die Köpfe in den ersten Reihen zischen. Auch ich kriege die Hitze hautnah zu spüren bei den Versuchen, dieses Spektakel mit der Kamera festzuhalten… Das geile «You Rock My Heart» gerät dabei fast etwas in den Hintergrund – ein wahrlich heisser Abschluss der Show. Crazy Harry, seine Jungs und auch der feurige Zarkun werden verdientermassen mit mächtig Applaus verabschiedet. Ich muss mich da jetzt mal nach CDs umschauen…

Setliste Smoke n‘ Flame

  1. Smoke ‘n’ Flame
  2. Dirty & Sweet
  3. Up an’ Down
  4. Why Should I
  5. All Night Long
  6. Call Me Crazy
  7. Panama (Van Halen Cover)
  8. You Rock My Heart

Fotos Smoke n‘ Flame – Swiss Glam Rock Fest 2019

Van Arx

Halbzeit. Als nächstes folgen Van Arx, die sind ebenfalls komplettes musikalisches Neuland für mich. Optisch ist klar zu sagen: MEHR 80er geht nicht! In Sachen Outfit haben die Baselbieter heute die Nase klar vorne! Da macht es auch nichts, dass zwischendurch sogar mal die eine oder andere Perücke etwas verrutscht…

Als die Show anfängt, bin ich grade noch in musikalische Diskussionen mit der Saitenfraktion von Fighter V verwickelt. Doch die ersten Töne lassen mich sehr rasch vor die Bühne gehen. Denn als Opener spielen Van Arx «It’s A Long Way To The Top» von Paganini! Meine Herren – das hat richtig Stil! Auch der stille Gruss an den Anfang dieses Jahres verstorbenen Bündner Rocker…

Weiter geht’s im Programm nun mit den eigenen Songs. Die vermögen allesamt durchaus zu gefallen, wobei ich in diesem Fall zwar kein wirkliches Highlight entdecke. Spass macht’s trotzdem! Denn die Show ist auch gespickt mit Gimmicks. Die Schnitzelkanone zu Beginn hab ich zwar verpasst, aber dafür gibt’s mehrmals ein paar CO2 Ladungen. Und wenn man der Setliste glauben darf, dann würden Van Arx noch viel mehr Effekte haben: Da stehen Dinge wie «Blitz», «Flamer im Mittelteil» oder «Vulkan zum Schluss» drauf… Die 80er leben halt doch!

An anderer Front ist die Band jedoch etwas handicapiert. Sänger Brewster Kickass (Hallo? Solche Pseudonyme gehören selbstredend dazu!) hat seinen rechten Fuss futsch und läuft an Krücken. Zwischenzeitlich sitzt er auch mal auf einem Barhocker am Bühnenrand. Er kriegt dafür fast eine Rundumbetreuung von zwei „Krankenschwestern“, die ihm das Leben deutlich versüssen. Von der grossen Flasche Champagner dürfen dann freundlicherweise auch die Bandkollegen profitieren, die allesamt ein Glas gereicht bekommen…

Der Abschluss bildet «You Like To Party» – passender geht’s kaum und so werden auch Van Arx wohlwollend mit Applaus eingedeckt. Und wieder eine Band mehr, von der ich mich auf CD-Suche begeben werde…

Setliste Van Arx

  1. It’s A Long Way To The Top (Paganini Cover)
  2. Make My Day
  3. Stand together
  4. Stay Tonight
  5. Rock’n’Roll Master
  6. Crazy
  7. Bang Your Head
  8. Send The Devil To Hell
  9. You Like To Party

Fotos Van Arx – Swiss Glam Rock Fest 2019

Fighter V

Bei allem Respekt vor den andern fünf Bands: Persönlich freue ich mich heute am meisten auf Fighter V! Die Innerschweizer fehlen mir noch auf meiner «Live-Liste». Mit «Fighter» haben sie soeben ein richtig gutes Hardrock Album rausgehauen (siehe Review). Und mit etwas Abstand würde ich mittlerweile sogar sagen, dass ich mit den Punkten noch zu tief war, denn das Ding wächst mit jedem Durchlauf. Glasklar ein grosses Highlight aus diesem Jahr!

Fighter V präsentieren sich in der klassischen Hardrock Formation von Grössen wie Bon Jovi, Europe oder aus neuerer Zeit H.E.A.T. – also mit Keyboarder und nur einem Gitarristen. Soundmässig wird schliesslich auch genau das bedient, das wird gleich mit dem Opener «Heat Of The City» bewiesen. Die Jungs haben sichtlich grossen Spass, allerdings frage ich mich, wie es Jon Bon Jovi lookalike Dave Niederberger dermassen lange mit seiner Lederjacke aushält – es ist eigentlich recht warm hier…

Die Spielzeit füllen die Jungs selbstredend mit Material von «Fighter». Hier setzt «Can’t Stop The Rock» ein grosses Ausrufezeichen. Und etwas später sticht ganz speziell «There She Goes» heraus – das ist live eine unglaubliche Hymne. Die wird auch entsprechend von den Fans mitgesungen und gefeiert.

Wer gut aufgepasst hat, hat wohl bemerkt, dass bislang jede Band eine Coverversion gespielt hat. Dies war in der Tat eine «Auflage», welche vom Veranstalter gefordert resp. gewünscht wurde. Auch Fighter V kommen diesem Wunsch nach. Und etwas passenderes als Bon Jovi’s «Runaway» könnten die Jungs hier gar nicht bringen! Die Stimmung im Kofmehl ist grossartig, das steht zudem sicherlich auch im Zusammenhang damit, dass keine andere Band mehr Aufmerksamkeit generierte.

Eine kurze Ansprache – oder sollte ich sagen: Lobeshymne? – auf einen Luzerner Club führt die Fans zum Schlusspunkt. «Turn It Up» beendet den Gig – und wenn es so etwas wie einen «Tagessieger» geben würde: Hier steht er und badet in wohl verdientem Applaus! Die Jungs wollen es in der Tat jetzt richtig wissen… Ich freu mich schon jetzt auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen! Wer übrigens im Januar ans Ice Rock pilgern sollte: Fighter V sind da ebenfalls am Start…

Setliste Fighter V

  1. Heat Of The City
  2. Frontline
  3. Fighter
  4. Can’t Stop The Rock
  5. Runaway (Bon Jovi Cover)
  6. There She Goes
  7. Dangerous
  8. City Of Sinners
  9. Looking For Action
  10. Turn It Up

Fotos Fighter V – Swiss Glam Rock Fest 2019

King Zebra

Der Zeitplan ist längstens über den Haufen geworfen, die 15 Minuten Changeover zwischen allen Bands waren dann wohl doch etwas ZU optimistisch. So ist es weit nach Mitternacht, als mit King Zebra die letzte Truppe des Tages zu Werke geht. Es ist keine leichte Aufgabe für Eric St. Michaels und seine Mannen. Einerseits haben speziell Fighter V das Publikum gefordert und andererseits sorgt die vorgerückte Zeit zusätzlich für Müdigkeit allerorts, und so sind doch einige Fans bereits auf dem Heimweg. Schade, denn auch die Zürcher würden eine volle Hütte verdienen!

Doch trotz den eher ungünstigen Umständen lassen sich King Zebra nicht lumpen und legen mit «Bad Reputation» furios los. Auch «That’s What I Like und «Firewalker» überzeugen problemlos, als Highlight entpuppt sich heute jedoch «Don’t Stop Me». Aber wer will das Zebra denn schon aufhalten? Zumindest die Fans, die noch hier sind, haben sicher kein Interesse daran… Standvermögen wird gezeigt!

Nach «Everybody Wants To Be Somebody» kündet Gitarrist Roman Lauer das grosse Finale an – und bittet die anderen Bands auf die Bühne. Und wenn ich es richtig gesehen habe, dann sind in der Tat fast alle Musiker zurück on Stage – es ist richtig kuschelig da. Ein leichter Überfluss an Platzmangel ist sichtbar. Doch diese illustre Gesellschaft will nur eines: «Rock And Roll All Nite»! Dieses Kiss Cover sowie Neil Young’s «Rockin’ In The Free World» sind das Schlussbouquet des Swiss Glam Fests 2019 – Too Fast For Love.

Setliste King Zebra

  1. Bad Reputation
  2. King Zebra
  3. That’s What I Like
  4. Firewalker
  5. Man In The Mirror
  6. Bad Idea
  7. Don’t Stop Me
  8. Keep Your Lights On
  9. Everybody Wants To Be Somebody
  10. Rock And Roll All Nite (Kiss Cover, feat. Musiker von allen anderen Bands)
  11. Rockin’ In The Free World (Neil Young Cover, feat. Musiker von allen andern Bands)

Fotos King Zebra & All Star Jam – Swiss Glam Rock Fest 2019

Das Fanzit – Swiss Glam Rock Fest 2019

Sechs Bands haben es heute geschafft, dass ein beschissener Tag im Büro mit anschliessender äusserst nervenaufreibender Autofahrt nach Solothurn einen richtig guten Ausklang erhält! Vom «Opener» Hysteria bis zum «Headliner» King Zebra – es gab keinen einzigen Ausfall. Das Konzept, dass alle Bands gleich viel Spielzeit erhalten, ist absolut cool. Gleiche Chancen für alle! Motivierte Musiker, denen man vor, auf und hinter der Bühne den Spass anmerkt und die richtig Bock haben hier zu spielen. Allen Unkenrufen zum Trotz: Die 80er leben! Glam Metal lebt! Die Schweizer Musikszene lebt…

Etwas enttäuscht bin ich zwar vom Publikumsaufmarsch. Harry und seine Helfer haben die letzten Wochen das Festival nochmals richtig gepusht. Dass dann bei einem Eintrittspreis von nicht mal 40 Stutz das Kofmehl an einem Freitagabend (zumal vielerorts sogar ein Feiertag!)  maximal halb gefüllt ist, ist einfach verdammt schade! Nicht nur für die Veranstalter, sondern auch für die Bands, die sich hier den Allerwertesten abspielen. Und das haben sie auch getan für jene, die da waren! Es wurde ihnen gedankt…

Organisatorisch gibt es nichts zu bemängeln. Alles lief wie am Schnürchen, mir wären jedenfalls keine Ärgernisse aufgefallen und die Geschichte mit dem Licht konnte man auch richten. Doch – einen Punkt würde ich überdenken bei der hoffentlich stattfindenden dritten Ausgabe: Vielleicht wäre eine Band weniger nicht die schlechteste Idee. Gleicher Beginn, gleiche Spielzeiten, gleiche Voraussetzungen – heute wäre so um Mitternacht Schluss gewesen. Vielleicht würden dann einige mehr bis zum Ende durchhalten.

Bleibt Nicky und mir nur noch Danke zu sagen. Danke an Hysteria, die Black Diamonds, Smoke n‘ Flame mit ihrem Feuerkünstler Zarkun, Van Arx, Fighter V und King Zebra für tolle Konzerte und coole Gespräche. Und ein ganz grosses Dankeschön natürlich an Crazy Harry für das Wohlfühlprogramm! Es hat riesig Spass gemacht!


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 20.11.2019
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