Piraterie funktioniert auch in der Schweiz
Die freiburgischen Freibeuter von The Privateer gingen am Samstag wohl irgendwo an der Aare vor Anker und machten anschliessend einen Beutezug durch Lenzburg. Gerüchtehalber konnten sie insbesondere aus einer Bar, die primär dem Met-Verkauf frönt, etliche Goldmünzen entwenden, in dem sie die dortigen Gästen mit dem Verkauf von wertlosem Plunder aus ihrem Schiff über den Tisch zogen. Immerhin gaben die Seeräuber während ihres Aufenthalts einige Shantys zum Besten.
The Privateer? Infinitas? Met-Bar Lenzburg? Diese Kombination funktioniert. Allerdings bekundet man beim Vorgang des Zurückerinnerns ein bisschen Mühe. Das dürfte wohl daran liegen, dass beim Gig vor rund zwei Jahren ebenfalls noch die trinkfreudigen Lagerstein aus Down Under mit von der Partie waren. Nüchtern dürfte damals wohl kaum einer in die Nacht hinausspaziert sein. Ich bin gespannt, ob meine Leber heute abermals leiden muss.
Viele Mähnenschüttler aus meinem Freundeskreis sind am heutigen Abend zu Machine Head nach Freiburg gepilgert. Da «Röbi» Flynn im späteren Verlauf dieses Monats sowieso noch im Komplex vorbeischauen wird, habe ich mich dazu entschlossen in der Schweiz zu bleiben und einen lokalen Konzertveranstalter zu unterstützen. Gut, mir fällt witzigerweise gerade auf, dass wir mit The Privateer ja trotzdem auch einen Hauch von Freiburg im Breisgau bei uns haben.
Zuerst ist allerdings das Aufwärmprogramm fällig – und für dieses sind unsere schnupffreudigen Muotathaler Metaller verantwortlich. Vielleicht gewähren uns Infinitas ja bereits heute ein paar Einblicke in ihr kommendes Werk «Infernum». Für dieses Platte wird dann übrigens am 7. Dezember 2019 im Hall Of Fame in Wetzikon eine Release-Party stattfinden (mehr Infos). Kann man sich ruhig einmal in der Agenda eintragen.
Infinitas
Melodic Metal gepaart mit Elementen aus den Bereichen Thrash und Folk Metal – das ist die Zusammenfassung des musikalischen Schaffens der «Infinitösen» aus dem Kanton Schwyz. Der eine oder andere Show-Effekt darf natürlich ebenfalls nicht fehlen. So betritt Sängerin Andrea Böll beim ersten Track «Morrigan» die Bühne mit einer Maske beziehungsweise einem epischen Kriegshelm. «Herr der Ringe»-Fans oder Zocker von Fantasy-Rollenspielen können sich darunter sicher etwas vorstellen. Das Teil ist allerdings nur kurz im Einsatz. Für die restliche Show setzt die Fronterin auf ein unbedecktes Antlitz.
Seit Mitte August hat die Band Zuwachs erhalten. Savannah Childers war zwar schon zuvor als Session-Musikerin bei Infinitas im Einsatz, aber scheinbar hat man sich so gut miteinander verstanden, dass Andrea, Piri und Selv die Violinistin nun in den Festbestand integriert haben. An der Position des Tieftöners agiert Marcel Koller (aka Camel). Er war ebenfalls bereits bei den letzten Gigs mit von der Partie. Offenbar scheint er aber der Rolle des Gastmusikers treu bleiben zu wollen. Somit wäre die Stelle des fixen Bassers also noch zu haben.
Die Schwyzer haben für «Infernum» eine äussert erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne hinter sich. Mit «Avnas» kommen die Zuhörer sogar in den Genuss eines neuen Songs. Infinitas nutzen die ihnen zur Verfügung gestellten 60 Minuten und legen eine starke Performance hin. Da die Met-Bar heute leider etwas schwächer besucht ist, müssen die Musiker gezwungenermassen mit einer überschaubaren Kulisse auskommen.
The Privateer
Während des Soundchecks stimmt Jonas Piraterie (welch passender Nachname), der Anfang dieses Jahres offiziell als neuer Kapitän der Meute vorgestellt wurde, «Valhalla» von Blind Guardian an. Prompt hat er so den einen oder anderen mitsingenden Besucher auf seiner Seite. Um circa 22.45 Uhr machen die Heavy Folk Metaller aus dem «grossen Kanton» dann aber definitiv klar Schiff und segeln gemeinsam mit der Zuhörerschaft neuen Abenteuern entgegen. Unsere Ohrmuscheln werden mit Material der drei Studioalben «Facing The Tempest», «Monolith» und «The Goldsteen Lay» versorgt. Da sind durchaus ansprechende Melodien dabei. Jonas bewegt sich regelmässig zwischen Growls und klar gesungenen Passagen. Gelegentlich hilft auch Violinistin Clara Held am Gesang aus. Sie verfügt ebenfalls über ein fantastisches Stimmorgan.
Eigentlich könnte man den deutschen Freibeutern ungeniert einmal den Schweizer Pass anbieten. Schliesslich streifen die Kameraden und ihre Maid – trotz unseres erheblichen Meer-Mangels – des Öfteren durch unsere Gefilde. Outfittechnisch nimmt man ihnen die Piraten-Crew übrigens zweifelsohne ab. Gemäss eigener Aussage im «Fratzenbuch» hätten sie bereits gefühlte 362 Konzerte auf helvetischem Grund gespielt. Da werden sicherlich noch weitere Folgen. Nach «The Island, It’s Calling» wäre theoretisch Schicht im Schacht. The Privateer lassen sich aber zu einer Zugabe hinreissen. Da sie in dieser Konstellation allerdings längst noch nicht all ihre Songs souverän einstudiert haben, entschliessen sie sich dazu, einfach nochmals den Track «Monolith» zu spielen.
Das Fanzit
Beim Klabautermann! Das waren zwei überzeugende Kapellen, die aber unglücklicherweise nur wenig Publikum nach Lenzburg locken konnten. Tja, die Daheimgebliebenen haben definitiv etwas verpasst. Die Soundqualität hat nur einmal kurz gelitten, als irgendwo ein Mikrofon «herumgequietscht» hat. Ich fand es zudem lobenswert, dass sich Mitglieder beider Bands jeweils die Show der anderen Gruppe reingezogen haben. Das nenn’ ich doch echte Kameradschaft. Bis zum nächsten Mal, ihr Landratten!
Setliste – Infinitas
- Morrigan
- Samael
- Oni
- Indra
- Rudra
- Labartu
- Avnas
- Skylla
- Alastor
- Outro – A New Hope
Setliste – The Privateer
- Intro – Preamble
- Dawn Of A Sailsman
- Track Down And Avenge
- Monolith
- Draft Of The Strange
- In The Nought Of The Wind
- For What Lurks In The Storm
- The Island, It’s Calling
- Monolith*
*Zugabe