Unsanfte Nackenmassage in der Schüür
Eine bluesige Drescher-Kapelle aus der Schweiz, heissblütige Spanien-Knüppler und ein holländisches Doppel – dieses krachende Package konnte angeführt von Legion Of The Damned am Sonntagabend in der Luzerner Schüür bestaunt werden. Die Metal Storm Concerts-Crew sorgte damit für den gelungenen Abschluss einer intensiven Konzertwoche.
Präsident Atze und seine Vorstandmitglieder leisten stets einen lobenswerten Beitrag für die metallische Szene in der Zentralschweiz – sei es in der Zuger Chollerhalle oder in der Schüür. Insbesondere letztgenannte Location wurde dank dem Verein in der Vergangenheit regelmässig zu einem Austragungsort von erfolgreichen Events. Da war sogar auch die eine oder andere exklusive Show dabei. Man denke diesbezüglich beispielsweise an das packende Insomnium-Gastspiel vor rund einem Jahr.
Für den Abschluss des kräftezehrenden November-Auftakt-Wochenendes ist es den Beteiligten gelungen, Legion Of The Damned aus den Niederlanden zu verpflichten. Vor fünf Jahren haben die Todes-Thrasher den Laden hier schon einmal auseinandergenommen – und wahrscheinlich könnten nach der heutigen Darbietung abermals Renovationsarbeiten anfallen. Mit im Gepäck sind zudem drei Support-Acts: Angelus Apatrida aus Albacete, der Crisix-Ersatz Izegrim und unsere «lokalen Helden» Final Cut. Prügel für die Gehörgänge der Besucher ist bei diesen Namen eindeutig vorprogrammiert.
Mein Prozedere bei der Ankunft dürfte inzwischen bekannt sein – oder? Ankommen, Blase leeren, Tank wieder mit Gerstensaft auffüllen, ein bisschen Plaudern und anschliessend (bevorzugt neben einem Pfosten) irgendwo in der Nähe der Bühne platzieren. Den fakultativen Erstbesuch des Merchandise-Standes habe ich jetzt einmal ausgeklammert. Erfahrungsgemäss werden die hart erarbeiteten Rappen trotzdem sicherlich noch im Verlaufe des Abends in die dortige «Band-Kässeli-Wirtschaft» hineingepumpt.
Ehe die erste Gruppe das Zepter übernimmt, kommen wir alle in den Genuss einer durch Metal Storm Concerts bereits im Vorfeld angekündigten Neuerung: Von nun an werden die Akteure jeweils mittels Moderation angesagt. So etwa im Stile von «Let’s get ready to ruuuuuuuuuuuumble!» bei Box-Kämpfen. Für diese Aufgabe hat man niemand Geringeres als Mary Dale von Ørefik auserkoren. Der in Zürich beheimatete, weibliche Lemmy hat für diesen Job meines Erachtens freilich das passende Stimmorgan und die benötigte Power. Ausserdem erfahren die Zuhörer dadurch noch ein paar interessante Fakten zu den Bands – tolle Sache.
Final Cut
«Violent Blues Thrash» – so bezeichnet das Quintett aus dem Kanton Aargau sein musikalisches Schaffen. Die Jungs verschwenden keine Zeit und handeln ab dem ersten Ton getreu nach dem Motto «volle Kraft voraus!». Zuletzt waren Final Cut auf unsere Homepage prominent vertreten. Metalinside-Kollege Luke hat unter anderem ein ausführliches Interview mit der kompletten Band geführt (zum Interview) und sich zudem um die Analyse des aktuellen Silberlings «Jackhammer» gekümmert (siehe Review). Die Hälfte der heute gespielten Tracks stammt von dieser Platte. Dieses Material macht effektiv Lust auf mehr und es ist anzunehmen, dass man künftig in Tat und Wahrheit wieder mit Final Cut rechnen muss.
Bemerkenswert ist zweifelsohne die «Schnörre-Giige» von Lukas Bühler, die ab und an zum Einsatz kommt. Wer würde dieses Instrument im ersten Moment mit metallischen Melodien assoziieren? Wohl kaum jemand. Ungeachtet dessen ist die Mundharmonika in den Stücken der Thrasher alles andere als ein störendes Element. An der Bass-Position erhält der Fünfer übrigens Unterstützung von Heinz Gysin (Kissin’ Black).
Nach diesen 40 Minuten ist die headbangende und feierwütige Meute vor der Bühne unwiderruflich aufgewärmt und bereit für die kommenden Akteure. Chapeau, Final Cut. Das war bockstark. Ich muss unbedingt im Handumdrehen ein Exemplar von «Jackhammer» käuflich erwerben. Merch-Personal aufgepasst, ich eile herbei!
Izegrim
Zugebenermassen war ich im Vorfeld enttäuscht, dass Crisix aus Barcelona ihr «Scheunen-Rendez-vous» bedauerlicherweise absagen mussten. Im Dresch-Sektor sind die heissblütigen Südländer momentan nämlich ein verdammt heisses Eisen. Allerdings ist eine Auftrittsmöglichkeit am «Japanese Assault Fest» ein vertretbarerer Absenz-Grund.
Erfreulicherweise konnte die Metal Storm-Crew in Form von Izegrim einen durchaus würdevollen Ersatz auftreiben. Angeführt wird die Truppe von der blonden Walküre Marloes. Dort wo ihre aggressiven Growls wüten, wächst mit grosser Wahrscheinlichkeit kein Gras mehr. Für mich ist sie eine weitaus jüngere und deutlich attraktivere Version des Memoriam-Frontmanns Karl Willetts. Trotz ihres hasserfüllten Gekeifes trägt die Niederländerin zwischendurch ein breites Grinsen im Gesicht – was ihr fraglos Sympathiepunkte verleiht.
Mit Izegrim hatte ich bereits am diesjährigen Summer Breeze Open Air das Vergnügen. Der heutige Gig kann mit demjenigen in Dinkelsbühl definitiv mithalten. Einzig am Anfang schlägt einem das heftige Bass-Gedröhne arg auf die Lauscher. Da kann man den Tontechnikern zurecht dankbar sein, dass sie diese «Entgleisung» rasch in den Griff bekommen. Das Publikum erhält konstant Zuwachs. Richtig so, denn für die Bands ist eine ansehnliche Kulisse absolut wünschenswert.
Angelus Apatrida
Okay, komplett ohne spanische Beteiligung kommt der heutige Event dann doch nicht aus. Als nächstes gehen Angelus Apatrida an den Start und sie stammen – wie dem Shirt von José J. Izquierdo am Tieftöner entnommen werden kann – «Straight Outta Albacete». Mary hat die Jungs bei ihrer Ansage mit Megadeth verglichen. Dies muss ich jedoch relativieren, da die heimatlosen Engel meines Erachtens besser daherkommen als Dave Mustaine und Co. Die sackstarke Performance löst gleich mehrere Moshpits aus.
Der Vierer präsentiert der Zuhörerschaft einen netten Querschnitt durch die eigene Diskographie. Einzig vom Debütwerk «Evil Unleashed» (2006) tauchen keine Lieder in der Setliste auf. Kracher sind auf alle Fälle ausreichend vorhanden. Der Psycho-Blick von José bei den Backing Vocals ist ebenfalls nix für schwache Nerven.
Folgender Fakt steht unumstösslich fest: Angelus Apatrida würde ich eines Tages überaus gerne gemeinsam mit Crisix auf einer Tour erleben. Dieses feurige und furiose Dresch-Doppelpack würde unbestritten Mauern niederreissen. Na, welche Booking-Leute trauen sich diese Herausforderung zu?
Legion Of The Damned
Die Legion der Verdammten marschiert um 22.50 Uhr in der Schüür ein. Angesagt wurde der Headliner ausnahmsweise vom Metal Storm-Präsidenten Atze höchstpersönlich. Anlaufzeit? Ha! Lachhaft. Die Männer auf der Bühne schreiten direkt und schonungslos zur Tat. In bester Maschinengewehr-Manier wird ein Nackenbrecher nach dem anderen auf die schwarzgekleidete Masse losgelassen. Verschnaufpausen lässt dieser überragende Abriss schlichtweg keine zu. Ich muss wahrhaftig auf die Zähne beissen, denn dies ist an diesem anstrengenden Wochenende schon die 17. (!) Band, die ich über mich ergehen lasse.
Unaufhaltsam knüppelt sich der Headliner durch sein Programm. «Son Of The Jackal», «Bleed For Me» oder «Werewolf Corpse» – sämtliche Hits sind mit an Bord. In den Publikumsreihen werden unermüdlich Mähnen geschüttelt. Einige Protagonisten könnten dabei glatt als Propeller-Imitatoren durchgehen. Eine Nummer wie «Slaves Of The Southern Cross» beweist allerdings, dass auch neues Liedgut von Legion Of The Damned zu überzeugen vermag. Diese messerscharfen Riffs und der typische Rhythmus brennen sich einem problemlos in die Gehörgänge ein.
Mikrofon-Maestro Maurice Swinkels und seine Kumpels waren in diesem Jahr ebenfalls zu Gast am Summer Breeze. Der dortige Auftritt war jedoch aufgrund der miserablen Soundqualität kein wirkliches Vergnügen. Glücklicherweise muss man sich diesbezüglich in der Luzerner Scheune nur selten Sorgen machen. Kompliment an die Verantwortlichen Nasen, die während dieser fulminanten Darbietung durchgehend die richtigen Knöpfe drücken. Nach rund 65 Minuten setzt das Dampfwalzen-Quintett mit dem namensgebenden «Legion Of The Damned» ein finales Ausrufezeichen.
Das Fanzit
Dank gebührt allen Beteiligten für diesen bösen und reibungslosen Sonntagabend. Alle vier Gruppen konnten bei den anwesenden Metalheads bleibende Eindrücke hinterlassen. Meine persönlichen Highlights waren Angelus Apatrida und Legion Of The Damned. Die Schüür war ungefähr zu zwei Dritteln gefüllt.
Ein unschönes Update folgt zum Schluss: Traurigerweise haben sich mittlerweile sowohl Final Cut als auch Izegrim aufgelöst. Das ist effektiv sehr schade, denn ich hätte beiden Kapellen noch einiges zugetraut. Immerhin konnten wir sie dank Metal Storm Concerts ein letztes Mal in Aktion erleben…
Setliste – Final Cut
- Pre Game
- Full Steam Ahead
- Generation Y
- Bad
- Creature
- Utopia
- Santallion
- Die Or Die, Guaranteed
Setliste – Angelus Apatrida
- Intro
- Sharpen The Guillotine
- One Of Us
- Vomitive
- Of Men And Tyrants
- Downfall Of The Nation
- Violent Dawn
- End Man
- Serpents On Parade
- Give ‘Em War
- You Are Next