Metalinside.ch - Opeth - Martin Mendez Interview 2019
So, 10. November 2019

Opeth – Interview mit Martin Mendez

Death Metal, Progressive Metal
16.12.2019
Metalinside.ch - Opeth - Martin Mendez Interview 2019

Ab nach Schweden für die Musik

Seit Opeth 2011 das Album „Heritage“ veröffentlicht haben, nehmen die Diskussionen um die Entwicklung der Band nicht ab. Das macht mich ein wenig müde. Warum um Himmelswillen kein Growling mehr? Heisst es da. Es gibt eben Musikhöhrer, die sich für eine Entwicklung nicht öffnen können oder auch nicht wollen. Da gibt es einfach Grenzen und das muss man akzeptieren.

Opeth haben mich persönlich gelehrt, offen zu sein und neugierig Veränderungen zu erkunden. Dafür bin ich ihnen dankbar, denn jetzt höre ich auch Musik, zu der hauptsächlich Growling eingesetzt wird. Das war vor Opeth nicht der Fall. Die Liebe für die Musik kennt für mich keine Grenzen. Opeth verkörpert eine musikalische Bandbreite, wie es nicht besser sein könnte. Dass das auch noch live perfekt inszeniert werden kann, ist die Spitze des Eisberges.

 Es hat mich gefreut, mit dem Langzeit-Bassisten Martin Mendez über seine Leidenschaft, die Musik, zu plaudern. Schüchtern war er ein wenig. Hätte ich ihm gar nicht gegeben…

Metalinside (Liane): Ihr habt nun schon ein paar Shows hinter euch. Wie ist die Resonanz zum neuen Material?

Martin Mendez (MM): Sehr gut. Viele Leute kamen an die Shows, was echt super ist. Das Feedback ist sehr gut.

MI Liane: Ich war heute beim Soundcheck dabei. Das was ich sehen konnte, hat mich regelrecht weggeblasen. Echt unglaublich. Tolle Visuals.

 MM: Wir haben an diesem Setup ein paar Monate gearbeitet. Unser Lichtverantwortlicher kümmert sich um das Ganze. Entwickelt wurde es von ihm und mir. Fredrik (Gitarre) hatte auch ein paar coole Inputs dazu.

MI Liane: Die Setlist der aktuellen Tour habe ich schon mal angeschaut. Ein toller Mix aus eurem Repertoire.

MM: Ja, wir haben eine fixe Setlist. Drei Songs spielen wir vom neuen Album.

MI Liane: Wer entscheidet, was auf die Setlist kommt?

MM: Wenn jemand unbedingt einen Song spielen will, besprechen wir das zusammen und setzen es dann auch um. Wir bereiten ein paar Lieder vor und wählen aus, was am besten passt. Es klingt oft anders, wenn man die Songs Zuhause probt oder wenn man es live spielt. Wir mussten ein paar Shows spielen und ein bisschen ausprobieren, bis wir herausgefunden hatten, wie wir die Setlist zusammenstellen wollen. Wir wählen die Reihenfolge nach der Dynamik der Lieder aus. Für den ersten Gig wählten wir zuerst einen Song vom Album „Still Life“, aber das passte dann nicht wirklich ins Gesamtbild und so mussten wir ihn auswechseln oder wir ändern manchmal einfach die Reihenfolge. Es ist nicht immer ganz einfach. (lacht)

MI Liane: Diese drei Songs vom neuen Album spielt ihr mit schwedischem Gesang. Kannst du uns ein bisschen mehr darüber erzählen? Wie kam es, dass ihr zwei Versionen des neuen Album aufgenommen habt?

MM: Mikael schrieb die Texte zunächst auf Schwedisch. Das war die Ur-Version des neuen Albums. Als wir uns vorbereiteten, um das Album aufzunehmen, hatte ich erst die schwedische Version zur Verfügung. Ich bekam die englische Version erst viel später, als alles schon aufgenommen war.

MI Liane: Gibt es inhaltlich grosse Unterschiede zwischen den beiden Test-Versionen?

MM: Sie sind ziemlich ähnlich. Es ist natürlich nicht Wort für Wort gleich. Aber die Idee bleibt. Mikael ist ziemlich gut darin, es sprachlich so umzusetzen, dass es passt und die Bedeutung nicht gross abweicht.

MI Liane: Um das neue Album „In Cauda Venenum“ 2018 aufzunehmen, habt ihr euch die „Park Studios“ in Schweden ausgesucht und mit Stefan Boman (Zusammenarbeit mit u. a. Def Leppard, Chic, Kent, Backstreet Boys) Ich habe gehört, dass das Studio eher auf das Genre Pop ausgerichtet ist. War das eine Herausforderung für euch und für sie?

MM: Nicht wirklich. Der Besitzer des Studios hat viel Equipment aus den 60er/70er Jahren und auch aus den 50er Jahren. Das ergibt einen natürlichen warmen Sound. Wir mögen diesen Sound sehr. Er ist vor allem bekannt für die Band „Kent“, eine schwedische Pop-Gruppe. Aber er hat auch in den letzten Jahren ein paar Heavy Metal Songs aufgenommen. Er ist also nicht komplett ungeübt mit härteren Klängen. Es war toll, mit ihm zu arbeiten. 

MI Liane: Mikael ist ja der Kopf hinter der Band Opeth. Wie viel Freiheit bleibt euch da?

MM: Ich habe viel Freiheit. Er schickt uns die Demos und fragt nach unserer Meinung. Ich bin ziemlich glücklich darüber, dass ich meinen eigenen Stil einbringen kann. Die Demos zeigen zwar schon ganz klar die Richtung an, aber alle von uns haben genügend Freiheit und Platz, zu experimentieren. Meistens kommen Axe und ich einen Monat vor den Aufnahmen zusammen, um gemeinsam Schlagzeug und Bass zu proben. Wir spielen dann das ganze Demo durch. Das gibt uns viel Freiheit, zu experimentieren. Man hat wirklich viel Freiheit, aber man muss auch die Richtung, die Mikael anstrebt, respektieren.

MI Liane: Es gab während all den Jahren einige Wechsel in der Band. Du bist seit über 20 Jahren bei Opeth dabei. Was ist das Geheimnis deiner Ausdauer?

MM: Ich weiss nicht (lacht). Ich liebe die Band und die Musik. Das ist der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann. Geld ist sicher nicht die Motivation. Es ist hart, auf Tour zu sein. Ich habe Familie und Kinder, die ich dann lange nicht sehen kann. Ich lebe in Spanien, in Barcelona.

 MI Liane: Ah interessant, in Barcelona. Wie klappt das mit den Proben?

MM: Wir proben nicht so viel, nur vor einer Tour oder einer Aufnahme. Dann fliege ich nach Schweden. Das ist gar kein Problem.

MI Liane: Ursprünglich kommst du von Uruguay und bist dann nach Schweden ausgewandert, richtig?

MM: Ja, ich lebte 23 Jahre in Schweden. Dann habe ich meine Freundin kennengelernt und sie ist aus Barcelona. Wir sind dann mit unseren zwei Kindern nach Barcelona gezogen.

MI Liane: Warum hattet du damals dein Heimatland verlassen und bist ausgerechnet ins kalte Schweden gezogen? 

MM: Der einzige Grund war die Musik. Ich wollte es auszuprobieren und schauen, wie es läuft. Ich weiss nicht, was ich mir damals gedacht habe. (lacht) Ich wollte Songs veröffentlichen, denn das macht mich glücklich. Das war alles, was ich mir überlegt hatte. Das hat dann auch sehr gut geklappt. Ich glaube, nach etwa 10 Monaten habe ich dann die Jungs von Opeth getroffen. Ich konnte kaum schwedisch oder englisch sprechen, nur spanisch. Das war zu Beginn etwas schwierig, aber es machte auch Spass.

 MI Liane: Was hat dich zur Musik gebracht?

MM: Mein Vater spielte Bass. Er hörte damit auf, als ich geboren wurde. Als ich 10 Jahre alt war, wurde ich neugierig und versuchte den Bass meinen Vaters zu spielen. Das Instrument stand immer noch bei uns in der Ecke herum. Am Anfang war es sehr schwer, denn ich hatte auch ziemlich kleine Hände. Mein Vater hat mich aber sehr unterstützt. So fing es dann an. Als ich dann immer besser wurde und ich meine Finger richtig geschmeidig bewegen konnte, verliebte ich mich in die Musik.

MI Liane: Es ist ein tolles Instrument, ich liebe es auch. Ich habe einen Bass Zuhause, kann aber nicht wirklich spielen. Ich nutze ihn nur ab und an „just for fun“.

MM: Das ist auch toll. (lacht)

MI Liane: Was machst du, wenn du nicht für Opeth im Einsatz bist?

MM: Ich habe einige Nebenprojekte. Ein Projekt wird nächstes Jahr bei Nuclear Blast erscheinen. Musik ist schon die Priorität bei mir. Wenn ich denn mal Zuhause bin, möchte ich Zeit mit meiner Familie verbringen. Ich möchte unbedingt mit ihnen zusammen sein. Eine weitere Leidenschaft ist das Zeichnen und Malen. Als ich 12 Jahre alt war, habe ich zusammen mit meinem Vater viel geschreinert. Ich mag es auch, mit Holz zu arbeiten. Das sind meine Leidenschaften: Zeichen und mit Holz arbeiten.

MI Liane: Kannst du uns schon etwas mehr über dein Nebenprojekt erzählen, welches nächstes Jahr erscheint?

MM: Es ist ein bisschen geheim (lacht). Ich würde dir sehr gerne mehr darüber erzählen, aber das Label möchte das lieber noch geheim halten.

MI Liane: Vielleicht können wir ja das nächste Mal darüber reden. Ich bleibe dran. Aber in dem Fall arbeitest du auch an Projekten ausserhalb von Opeth?

MM: Es kommt darauf an. Ich mache nichts, was ich nicht mag. Ich mache nicht einfach etwas, nur damit ich da oben bei den Grossen mitspielen kann. Wenn ich etwas mache, muss ich es mögen. Ich habe auch ein paar Aufnahmen für Freunde gemacht. Da helfe ich gerne. 

MI Liane: Wie viele Sachen hast du neben Opeth veröffentlicht?

MM: Viele von diesen Aufnahmen wurden leider gar nicht veröffentlicht. Einige Freunde wollten eine Band gründen. Ich hatte eine Kollaboration mit einer spanischen Band letztes Jahr, mit der ich einen Song aufgenommen hatte. Nebst dem, kann ich mich an nicht so viel erinnern. Ist schon ein paar Jahre her. Vieles wurde nicht veröffentlicht. Meistens waren es eben einfach nur Aufnahmen mit Freunden.

 MI Liane: Was inspiriert dich? Vielleicht andere Bassisten oder Schlagzeuger oder was auch immer?

MM: Musik generell. Es kann ein Pianist sein oder ein Schlagzeuger, was auch immer. Ich liebe Musik. Es muss kein Bassist sein, der mich zum Musik machen inspiriert. Es gibt aber auch Musiker, die ich verehre. Einer meiner grossen Heros ist Jaco Pastorius (Anm. d. Red.: amerikanischer Jazz Bassist) Er war immer einer meiner Helden. Das Leben generell ist das, was mich am meisten inspiriert. Es kann eine Person sein, ein Moment, oder einfach nur ein Baum (lacht).

MI Liane: Ich verstehe, was du meinst. Es geht um diese speziellen Momente. Es gibt Leute, die nehmen so etwas gar nicht wahr.

MM: Ja, einige Menschen sind da tatsächlich empfänglicher dafür als andere.

MI Liane: Leider ist die Zeit schon vorbei. Du hast im Anschluss noch ein weiteres Interview. Möchtest du den Schweizer Fans noch etwas mitteilen?

MM: Es ist immer toll, hier in der Schweiz zu sein. Das letzte Mal waren wir, glaube ich, vor zwei Jahren hier. Ich habe sehr gute Erinnerungen an die Schweiz. Der erste Gig, den wir hier spielten, war irgendwo im Wald in einem kleinen Haus. Ich erinnere mich noch an eine Zughaltestelle dort. Nun, es war ziemlich lustig. Ich glaube, dass wird eine tolle Nacht heute und ich möchte mich bei den Fans für ihre Unterstützung

16.12.2019
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