Metalinside.ch - Delain - Z7 Pratteln 2019 - Foto Kaufi
Sa, 23. November 2019

Delain, Arkona

Z7 (Pratteln, CH)
/ 01.01.2020

Ungleiches Duo gastiert im Schweizer Metal-Tempel 

Delain und Arkona haben strenggenommen genau zwei Dinge gemeinsam: Bei beiden Truppen gibt am Mikrofon eine Dame den Ton an und beide Kapellen stehen beim Label Napalm Records unter Vertrag. Das wär’s dann aber auch mit den Berührungspunkten. Nichtsdestotrotz sind die Niederländer und die Russen zurzeit zusammen auf Tour. Wie ihre Darbietungen beim Prattelner Publikum angekommen sind, könnt ihr den nachfolgenden Zeilen entnehmen. 

Dutti: Metalinside hat für den heutigen Event gleich mehrere Journalisten auf Impressionen-Jagd in die Nordwestschweiz geschickt. Allerdings scheint die Veranstaltung generell äussert gut besucht zu sein, denn ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass sich bereits kurz nach 18.00 Uhr so viele Leute in der Halle tummeln. Das gebuchte Package muss also eine gewisse Anziehungskraft ausstrahlen. Die verhältnismässig frühe Türöffnung ist übrigens darauf zurückzuführen, dass der Tross nach getaner Arbeit ins rund 1000 Kilometer entfernte Budapest düsen muss. Da wundert man sich zurecht ein bisschen über die Routenplanung. Andererseits kommen wir Besucher aufgrund dieser Umstände voraussichtlich für einmal zu einer einigermassen humanen Zeit nach Hause. Wie ihr seht, lassen sich selbst aus solchen Situationen stets irgendwelche Vorteile eruieren.

Das Programm des heutigen Abends hat sogar bei meiner Wenigkeit dezentes Stirnrunzeln ausgelöst – und das, obwohl ich vielerorts als «Alles-Hörer» verschrien bin. Versteht mich nicht falsch, ich freue mich sehr darauf, diese beiden Bands bald in Aktion erleben zu dürfen. Aber zwischen symphonischen Klängen und Pagan/Folk Metal liegen einfach Welten. Insbesondere beim Auftritt des ersten Akteurs prophezeie ich einige irritierte Gesichter in den Publikumsreihen. Zudem darf man gespannt sein, wie lange es unser Knipser Kaufi im Graben aushalten wird. (Anm. Kaufi: Drei Songs – das ist mein Auftrag!)

Holla die Waldfee, das Merch-Angebot ist wahrhaftig imposant. Der Headliner hat eine ganze Armada an Shirt-Designs ins Z7 gebracht. Da dürfte definitiv für alle kauffreudigen Nasen irgendetwas brauchbares dabei sein. Eventuell ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk – wer weiss?

Arkona

Dutti: Russland obliegt die Ehre, den Konzertreigen eröffnen zu dürfen. Seit stolzen 17 Jahren treiben die slawischen Musiker rund um Frontfrau Masha bereits ihr Unwesen in der Szene. Bedauerlicherweise haben mich die Shows in Zusammenhang mit der aktuellen Platte «Khram» bisher eher gelangweilt. Zum Glück steht dieses Mal aber ein anderer Silberling im Fokus – und das lässt bei mir viel Hoffnung aufkommen. Die Rede ist von «Goi, Rode, Goi!». Besagtes Werk existiert seit einer Dekade und soll nun würdevoll gefeiert werden.

Bravo, genau so kennen und lieben viele Fans Arkona. Endlich fokussieren sie sich wieder auf ihre Wurzeln: Viel Dudelsack und Geflöte und eine stimmlich facettenreiche Masha, die problemlos zwischen klarem Gesang und Screams hin und her wechselt. (Anm. Kaufi: Ach, da war Klargesang??)  Heute hält sie sich mit ihren Flummiball-Allüren dagegen etwas zurück. Aufgrund dessen haben die Fotografen die Möglichkeit, die Waldhexe – sofern die Lichtverhältnisse mitspielen – in Ruhe vor die Linse zu bekommen.

Der russischen Sprache bin ich überhaupt nicht mächtig. Daran vermögen auch diese 55 Minuten nix zu ändern. Trotzdem fühlt man sich wegen der coolen Setliste bestens unterhalten. Es wäre wünschenswert, wenn Arkona bei künftigen Gigs vermehrt auf Material dieser Art setzen würden.

Kaufi: Dass man eine Truppe wie Arkona mit Delain auf Tour schickt, verstehe wer will. Dutti hat’s ja schon angedeutet – und ja, es hat einige Fragezeichen im Publikum. Zugegeben: Die Russen haben durchaus ihre Fans. Doch bei allem Respekt: Für mich persönlich sind das jedoch mit die schlimmsten 55 Minuten, die ich je im Z7 über mich ergehen lassen musste. Ich erinnere mich an die erste Begegnung auf der Cruise 2013 – da bin ich nach 30 Sekunden geflüchtet. Heute ist das leider nicht möglich. Nein, diese Art Musik überlasse ich auch weiterhin anderen Leuten…

Delain

Dutti: Mit dem Headliner kommt der erwartete Stilbruch – aber Symphonic Metal geht bekanntermassen immer, oder? Beim diesjährigen W:O:A war ich mit der Delain-Performance leider überhaupt nicht zufrieden. Unglücklicherweise erwischen die Holländer – zumindest aus meiner Sicht – ebenfalls einen Kaltstart. Bei den ersten beiden Songs trällert Charlotte Wessels gekonnt an den richtigen Tönen vorbei – hoppla… Doch beim darauffolgenden «The Glory And The Scum» (eines meiner Lieblingsstücke) wird’s schwuppdiwupp besser. Der hübsche Sonnenschein am Mikrofon scheint die Kurve nochmals gekriegt zu haben – Fortuna sei Dank! Der Mann am Tieftöner mit dem kilometerlangen Nachnamen – Otto Schimmelpenninck van der Oije – darf ausserdem ein paar grobe Growls zu dieser Nummer beisteuern. Personell hat sich nix getan, obwohl die zierliche Klampferin Merel Bechtold nach wie vor von vielen schmerzlich vermisst wird. So muss Timo Somers den Ego-Klampfer mimen, was ihm mit seinem achtsaitigen (!) Monstrum jedoch nicht allzu schwer fallen dürfte.

In der Setliste ist die Scheibe «Moonbathers» (2016) prominent vertreten. Gleiches gilt aber auch für das allerneuste Eisen, welches im Februar des kommenden Jahres erscheinen soll. Der Silberling hört auf den Namen «Apocalypse & Chill». Die Lieder «Burning Bridges» und «One Second» hinterlassen schon einmal fantastische Eindrücke. Bei letztgenanntem Track unterstützt Timo seine Kollegin am Mikrofon – und er macht wirklich einen tollen Job, chapeau! Das spricht sicherlich für die Weiterentwicklung der Gruppe. Ihre Landsleute von Within Temptation haben sie mittlerweile hinter sich gelassen. Um mit dem niederländischen Ligakrösus Epica mithalten zu können, reicht’s hingegen immer noch nicht. (Anm. Kaufi: Einspruch! Delain haben die Konkurrenz längstens abgehängt – nur noch die grossen Nightwish stehen ihnen vor der Sonne…) Charlottes Stimme hat nämlich zwischendurch die Tendenz ein bisschen zu poppig daherzukommen – zumindest nach meinem Empfinden.

Auf sonderlich viele Show-Elemente sind Delain nicht angewiesen. Man setzt hauptsächlich auf Rauchfontänen. Auf ironisch-witzige Art und Weise wird das Publikum dann bei «Let’s Dance» dazu aufgefordert, das Tanzbein zu schwingen. Der Frontdame sei durchaus bewusst, dass dies nicht unbedingt eine Stärke der Metalheads sei. Ungeachtet dessen macht die Zuhörerschaft brav mit – auch wenn’s bei einigen bloss beim Mähne schütteln bleibt. Wer kann denn der süssen Frau Wessels schon eine Bitte abschlagen? Das Fitness-Training geht bei «Don’t Let Go» weiter. Jetzt werden grosse rote Luftballons auf die Meute losgelassen, die natürlich in bester Volleyball-Manier durch die gesamte Konzertfabrik geschleudert werden. Gelegentlich müssen die Bandmitglieder die Spielgeräte wieder von der Bühne kicken – und haben sichtlich Spass dabei. Schliesslich führt Charlotte gar noch eine ungewollte Kopfball-Aktion aus. Nach rund 90 Minuten steuert der Fünfer mit «We Are The Others» dem wohlverdienten Feierabend entgegen.

Das Fanzit

Dutti: Mit dem sehr gut besuchten Schweizer Metal-Tempel dürften sowohl die Veranstalter als auch die Bands äusserst zufrieden gewesen sein. Mir haben beide Darbietungen gefallen, aber das wird fraglos an meinem vielseitigen Geschmack liegen. Ich verstehe trotzdem jeden, dem dieses Stil-Gemisch ein paar Stufen zu extrem gewesen ist. So eine reine «Symphonic Metal Night» wäre im Z7 eigentlich schon wieder einmal fällig, oder?

Kaufi: Seit meiner ersten Begegnung mit Delain auf der Cruise 2013 (ja, auf der gleichen wie auch Arkona – Ironie…), bin ich der Band verfallen. Doch es dauerte lange, bis ich endlich einen überzeugenden Headliner Auftritt erleben durfte. Einen solchen gibt’s auch heute zu bestaunen, keine Frage. Abgesehen von der eher knappen Spielzeit überzeugen Charlotte & Co. mit einer sehr geilen Setlist, vor allem im Vergleich mit den gekürzten Sets auf der diesjährigen Kreuzfahrt. Meine Faves «Get The Devil Out Of Me» und «The Gathering» sind beide wieder vertreten, während man andererseits einen recht intensiven Vorgeschmack auf das kommende Studioalbum erhält. Einzig die Soliererei wäre nicht nötig. Ah – und das Outfit von der Frontdame ist heute wieder einmal eher «zweifelhaft», um es nett auszudrücken. Doch das soll uns egal sein – denn an der musikalischen Leistung gibt’s nämlich nichts zu «wäffelen». Und DAS zählt…

pam: Ich gehöre wie Dutti zu der eher selteneren Fraktion, dem beide Stilrichtungen und somit auch beide Bands gefallen. Müsste ich mich jedoch für eine Band entscheiden, dann würde ich Arkona in dieser Form und mit dieser Setliste (endlich wieder mal weniger Blackiges-Schamanenzeugs) Delain um Welten vorziehen. So sympathisch Charlotte und ihre Mitstreiter sind, aber Arkona sind da heute in einer anderen Liga. Das war (endlich mal wieder) sackstark! Da hat der Support den Headliner weggeblasen! Aber eben, wir vergleichen da auch Disco mit einem Husarensturm. Und Delain hab ich definitiv auch schon stärker erlebt. Zum ersten Mal wie Kaufi auf der 2013er Cruise ;-).

Setliste – Delain

  1. Intro
  2. Invidia
  3. April Rain
  4. The Glory And The Scum
  5. Get The Devil Out Of Me
  6. Burning Bridges
  7. The Hurricane
  8. Masters Of Destiny
  9. Here Come The Vultures
  10. Let’s Dance
  11. One Second
  12. Combustion (mit Soli von Timo Somers und Joey de Boer)
  13. The Monarch (Intro-Version)
  14. Hands Of Gold
  15. Not Enough
  16. Don’t Let Go
  17. The Gathering
  18. Fire With Fire
  19. We Are The Others
  20. Outro – The Monarch

Fotos Delain, Arkona – Z7 Pratteln 2019 (Kaufi)


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 01.01.2020
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