Das Z7 wird zur Wolfshöhle
Alle Jahre wieder führen die Raubtiere aus dem deutschen Coburg ihren Streifzug durch hiesige Gefilde durch. Am Freitagabend gingen sie dann auch in Pratteln auf die Jagd. Unverwundbar wie die Nacht ballerten Varg der Zuhörerschaft eine hübsche Oldschool-Setliste um die Lauscher.
Ausserdem wurde das Rudel mit Nachtblut, Ektomorf und Thormesis zusätzlich erweitert. Die Schilderungen eines Überlebenden des wilden Angriffs der zähnefletschenden Biester entnehmt ihr den nachfolgenden Zeilen. (Hinweis: Das Wort «Wolf» wird in diesem Bericht in irgendwelchen Formen wohl noch des Öfteren auftauchen – also lasst den Zähler doch bitte beiseite).
Ehrlich gesagt habe ich den bisherigen Ausgaben dieser Event-Reihe bisher kaum Beachtung geschenkt. Doch das Jahr 2019 hat mich wieder deutlich näher mit Varg zusammengebacht. Zuerst war da Ende April die bockstarke Album-Release-Show am Ragnarök Festival in Lichtenfels und ein paar Monate später folgte schliesslich an der eigens veranstalteten Wolfszeit-Sause im Ferienland Crispendorf der ultimative Abriss. Mein lieber Herr Gesangsverein, bei dieser Performance von Fenrier, Freki, Garm und Morkai handelte es sich schlichtweg um eine Machtdemonstration! Da wurden freilich zahlreiche Stücke aus der Mottenkiste hervorgekramt. Für den heutigen Abend würde ich mir abermals genau ein solches Programm voller Uralt-Hymen wünschen. Das würde irgendwie hervorragend zur komplett neu aufgenommenen Version des Debütsilberlings passen. Lassen wir uns überraschen.
Kenner wissen, dass die Wölfe ihre Rundreise selten alleine antreten. Standardmässig sind drei Support-Acts mit von der Partie – so auch dieses Mal. Mir persönlich sind einzig Nachtblut kein Begriff. Erneut ist es äusserst ärgerlich, dass im Vorfeld der Veranstaltung nirgends eine Running Order auffindbar ist. Es ist mir effektiv ein Rätsel, weshalb sich das sonst in allen Belangen souveräne Z7 ausgerechnet in diesem Kommunikationsbereich extrem schwer tut. Immerhin bleibt der Zeitpunkt der Pfortenöffnung kein Geheimnis. Um 17.00 Uhr darf die Halle betreten werden. Trotz Freitag ist das schon eine verdammt frühe Angelegenheit. Solche Geschichten würden samstags und sonntags viel mehr Sinn ergeben. Mit Hopfentee-Dose ausgerüstet warten wir gespannt auf den Gig der ersten Gruppe.
Thormesis
Was sagt die Uhr? Zehn vor sechs. Also kann ich mir den Anfangszeitpunkt der Thormesis-Show gleich notieren. Den Pagan Schwarzmetallern sind meine Kumpels und ich in diesem Jahr bereits am Dark Easter Metal Meeting und dann nochmals am Wolfszeit-Festival begegnet. Vor allem das Aufeinandertreffen am erstgenannten Event hinterliess bei uns bleibende Eindrücke. Ob die Herrschaften heute in ähnlichem Masse abliefern werden?
Die Ohren der Besucher bekommen es mit fünf Songs zu tun. Wirkt auf den ersten Blick nicht gerade nach sonderlich viel, aber die Stücke knacken ja allesamt locker die fünf Minuten Grenze. Die Gesangsarbeit teilen sich die beiden Saitenhexer Travos und Velsir. Das Gekrächze sitzt, aber bei den raren Ansagen zwischen den jeweiligen Liedern wirken die beiden beinahe etwas scheu. Nichtsdestotrotz legt der Vierer einen soliden Auftritt aufs Parkett und empfiehlt sich zweifelsohne für weitere Aufgaben. Untermauert wird die Performance durch gelegentliche Rauchfontänen. Bedauerlicherweise können Thormesis ihr Können bloss vor einer überschaubaren Menschentraube zeigen. Nach einer halben Stunde verlassen sie wortlos – sprich in altbekannter Black Metal-Manier – die Bühne.
Ektomorf
Der einzige nicht deutsche Vertreter im Billing darf als nächstes darauf los dreschen. Die Rede ist von Ektomorf aus Ungarn. Hoffentlich spielt die Soundqualität dieses Mal mit. Am Bang Your Head!!! war das nämlich ein ziemliches Fiasko… Glücklicherweise befinden wir uns im Z7 – und das merkt man sofort. Der Krach dröhnt ungebremst und ohne Einschränkungen aus den Boxen. Richtig so! Fronter Zoltán Farkas wird nicht müde, die Besucher mit ständigen «Jump, Jump»-Rufen anzustacheln. Die «Mano cornuta» soll ebenfalls regelmässig gezeigt werden.
In diesem Line-Up sind Ektomorf definitiv die härteste Band. Ihr musikalisches Schaffen erinnert an einen Mix aus Machine Head und Sepultura. Eine absolut mitreissende Sache. Zoltán könnte phasenweise echt als Robb Flynn-Imitator durchgehen. Mit Dampfhämmern wie «AK 47» oder «Holocaust» donnert der Vierer durch die Konzertfabrik. Die anwesenden Mähnenschüttler und Freunde des intensiven Nackenmucki-Trainings kommen während diesen 45 Minuten total auf ihre Kosten.
Nachtblut
Horizonterweiterung für Dutti. Ich bin gespannt, was diese Nachtblut-Dinger alles auf dem Kasten haben. Die Dark Metaller aus Osnabrück sind seit 14 Jahren im Geschäft. Wegen ihrer oftmals gesellschaftskritischen Texte ecken die Herren nur allzu oft an. Wobei…, heutzutage ist auf dieser Kugel leider eh fast jeder übelst empfindlich und schnell beleidigt. Und exakt in diese Wunde bohren Nachtblut den Finger. Jedoch entdeckt man in ihrem Liedgut auch immer wieder humorvolle Abschnitte. Seitens Klang und Melodie erinnert das Ganze durchaus an eine deutsche Version von Avatar, Carach Angren und Cradle Of Filth. Askeroth und Co. setzen ausserdem ebenfalls auf Corpsepaint.
Ich bin positiv überrascht, denn diese Darbietung ist deutlich stärker als erwartet. Des Weiteren dürfen sich die Osnabrücker an einem konstanten Publikumszuwachs erfreuen. Der Fronter agiert ziemlich bald ohne Shirt und präsentiert seinen rabenschwarz bemalten Oberkörper – was primär bei den Besucherinnen Freude auslösen dürfte. Wir Männer haben (selbstverständlich abgesehen von unseren Begleiterinnen) sowieso den lieben langen Abend nix zu begutachten und können uns aufgrund dessen komplett auf die Musik fokussieren.
Varg
Was fehlt noch? Genau, die Hauptattraktion! Der Grund, weshalb diese Veranstaltungsreihe überhaupt existiert und den Fans seit einer Weile viel Vergnügen bereitet. Unzählige Kapellen haben irgendwo in ihrem Namen oder ihren Texten die Wolfsthematik verankert – aber meines Erachtens prescht nun das Original auf die Bühne. Varg haben im Vorfeld angekündigt, dass sie für die diesjährigen Shows zu ihren Wurzeln zurückkehren werden. Es wird somit teils längst vergessene Hymnen zu hören geben. Eine solche Aussage lässt natürlich jedes Herz eines Wolfsrudel-Sympathisanten höher schlagen. Das alte Feuer wird erneut lodern. Auf in die Schlacht! Lasst uns gemeinsam die glorreichen Tage zelebrieren!
Freki und seine Mitstreiter lassen sich nicht lange bitten. Von Beginn weg wird der Fuss auf dem Gaspedal platziert – und dort bleibt er auch. Die «Spielwiese» wurde ansehnlich dekoriert. Da findet man beispielsweise Wikingerschilde, Totenschädel und Runenzeichen. Wenn die Musiker auf den Podesten stehen, sind sie sogar für die kleingewachsenen Gäste in der Halle sichtbar. Ich bin trotzdem überrascht, dass der Metal-Tempel lediglich mittelmässig besucht ist. Zum Glücken machen die Metalheads ordentlich Stimmung. Ein Exemplar schiesst allerdings übers Ziel hinaus und pöbelt offenbar Frauen und Kinder an. Die unschönen Aktionen dieses aggressiven Trottels bleiben vom Alpha-Varg nicht unbemerkt. Deswegen wird der Gast in Zusammenarbeit mit der Security nach draussen befördert. Freki brüllt ihm hinterher, dass er sein Shirt ausziehen soll und eine Schande sei. Bravo!
Nach diesem Intermezzo können sich erfreulicherweise alle wieder auf den Gig konzentrieren. Die Wölfe halten ihr Versprechen und verwöhnen uns hauptsächlich mit Nummern von den älteren Platten. «Blutdienst», «Viel Feind, viel Ehr», «Skål» – da werden Erinnerungen wach. Vereinzelt kommt dann doch aktuelleres Material zum Handkuss. Der Refrain von «Streyfzug» wird aus hunderten Kehlen mitgegrölt. «Das Ende aller Lügen» ist stets eine packende Geschichte, aber leider verzichtet man dieses Mal auf das dazugehörige, Hühnerhaut auslösende Intro «Der grosse Diktator». Die Finalissima wird schliesslich mit «Schildfront» eingeläutet, welches extra für uns Schweizer auf «Schildfront Helvetia» abgeändert wird. Danke Varg für 90 Minuten Wolfsgeheul, die sich von der ersten bis zur letzten Sekunde einhundertprozentig gelohnt haben.
Das Fanzit
Wir wurden Zeugen eines gelungenen Wolfsfestes angeführt von Varg, bei welchem alle involvierten Gruppen überzeugen konnten. Auch bezüglich der Soundqualität gab’s nix zu meckern. Wie bereits erwähnt tauchten im Verlaufe des Abends zwar immer mehr Besucher aus, aber von einer vollen Hütte waren wir dennoch meilenweit entfernt. Für das Z7 hätte ich abschliessend höchstens den nachfolgenden Reminder nachzureichen: Bitte die Running Order – sofern möglich – bei der nächsten Durchführung im Vorfeld bekanntgeben, merci!
Setliste – Thormesis
- Thy Morbid Drunken Ways
- Nosce Te Ipsum
- Sonnen
- Sterbend Herz
- Mein letztes Lied
Setliste – Nachtblut
- Multikulturell
- Amok
- Kreuzigung
- Töte Mich
- Kreuzritter
- Frauenausbeiner
- Fürchtet Was Geschrieben Steht
- Ich Trinke Blut
- Mein Herz In Ihren Händen
- Lied Für Die Götter
- Apostasie