Dreifachbeschallung für die Gehörgänge
Die St. Galler Drescher von Angry Again lockten mich am Samstagabend in die Met-Bar. Es war ihr erster Auftritt im Lenzburger Konzertlokal. Sie lieferten zwar eine tadellose Performance ab, mussten allerdings mit einer überschaubaren Besuchertraube vorliebnehmen. Support gab’s von The Artifice und Mad Sox.
Wenig überraschend verschlägt es mich also bereits im ersten Monat des neuen Jahres in die gemütliche Honigweinstube. Ausruhen kennt der hier ansässige Verein nämlich nicht. Der 2020er-Eventkalender hält schon einige spannende Shows bereit. Beispiele gefällig? Excelsis, Synlakross, Chaoseum, Mechanical God Creation, Maxxwell und Dust In Mind werden allesamt in den kommenden Monaten im Kanton Aargau vorbeischauen. Und das ist notabene lediglich das Programm des ersten Halbjahres. Man darf also zurecht gespannt sein, was da noch alles kommen wird.
Der heutige Abend gehört jedoch Angy Again aus der Ostschweiz. Dieses Mal stehen die Chancen äusserst gut, dass sie nicht erst um 1 Uhr morgens auf der Bühne antraben müssen. Am #1 Swiss Rock&Metal Festival war blöderweise genau dies der Fall. Deshalb konnten meine Freundin und ich uns bloss einen Bruchteil des Gigs zu Gemüte führen. Das soll bei diesem Aufeinandertreffen freilich anders laufen. Eine musikalische Horizonterweiterung springt dabei ebenfalls heraus, denn die Vorgruppen Mad Sox und The Artifice sagen mir überhaupt nix.
Mad Sox
Die Herrschaften aus Solothurn machen den Anfang. Sie stellen sich der Zuhörerschaft als Sängerknaben vor, die allerdings zahlreiche «F-Wort-Songs» im Repertoire hätten. Die seit 1992 aktive Gruppe hat sich komplett dem Crossover verschrieben. Wer Body Count mag, dürfte auch locker mit dem Sound der Mad Sox klarkommen. Hellvetica-Fronter Roman müsste an den diversen «Bounce-Momenten» seine wahre Freude haben. Apropos Freude, die gesamte Equipe hat mordmässig Spass und keiner ist sich für irgendwelche Blödeleien zu schade. Die vorgetragenen Riffs sind definitiv nicht von schlechten Eltern.
Gegen Ende hat Fribis Saitenkönigin leider einen kurzen Aussetzer (immer diese Kabel…). Glücklicherweise kann er das Malheur rasch bereinigen. Die Besucher vermögen derweil durch den altbekannten «Sicherheitsabstand» zur Bühne aufzufallen. Ein grundsolider Auftritt, der bei mir wahrhaftig Lust auf die bereits zuvor erwähnten Body Count macht. Ice-T und seine Homies schauen ja Anfang Juli im Komplex 457 vorbei.
The Artifice
Interessantes Logo der nächsten Truppe. Ist das eine Kreuzung aus Einhorn und Nashorn? Sieht jedenfalls amüsant aus. Aber wollen wir den Fokus lieber wieder auf die Mucke legen, da sich das absolut lohnt. Vom ersten Augenblick an ballert das wuchtige Gemisch aus Thrash und Death Metal (verfeinert mit einer Prise Metalcore) schlichtweg alles weg. Die Jungs stammen zwar aus Bern, aber der Hombre am Mikrofon scheint in Österreich (Vorarlberg – sofern ich es korrekt verstanden habe) beheimatet zu sein. Er ist eine waschechte Rampensau, muss jedoch mit Spickzetteln arbeiten. Ein Blick ins «Fratzenbuch» verrät, dass Chris erst seit kurzem Teil der The Artifice-Mannschaft ist.
Doof ist die Tatsache, dass der Vierer seinen tollen Schwung nicht bis zum Ende durchziehen kann. Das Ganze flacht sogar ziemlich ab. Daran kann selbst der Auftritt einer Gastsängerin nix ändern (es sei übrigens ihr erster Gig überhaupt). Beim nächsten Mal sollte man vielleicht die progressiven und Technical Death-Elemente weglassen, denn diese stören irgendwie die ansonsten vielversprechende Songstruktur und wirken beim Zuhören eher irritierend. Potenzial ist unbestreitbar vorhanden.
Angry Again
Bleibt noch der Headliner übrig, der um 22.50 Uhr zur Tat schreiten darf. Simon Gehring (Gesang/Gitarre), Sandro Rüegg (Drums), Juwal Penner (Bass) und Dominic Arnold (Gitarre) können 2020 auf eine Dekade der Existenz zurückblicken. Ordentlich zelebriert wird dieses Ereignis dann am 8. Februar in der St. Galler Grabenhalle (gemeinsam mit Shotgun, Arcaine und Broken Fate). Aber zuerst will jetzt einmal das Met-Bar-Publikum bespasst werden.
Die ihnen zur Verfügung gestellte Stunde füllen die Jungs mit packendem Thrash und Groove Metal. «Divide And Conquer» ist beispielsweise ein fieser Nackenbrecher. An dieser Darbietung gibt’s kaum etwas auszusetzen. Simons Gesang ist am Anfang zwar zu leise, aber der Tontechniker erkennt das Problem und nimmt rasant die notwendigen Korrekturen vor. Abermals faszinieren einen die unzähligen Tätowierungen des Frontmanns. Er ist wahrlich ein wandelndes Kunstwerk, welches nicht müde wird, uns konstant zum Mitmachen zu animieren. Dominc und Juwal spielen derweil gerne gegenseitig an sich herum… also an ihren Instrumenten! Hach, ihr wisst schon wie ich es meine… Ausserdem ist es wunderbar zu beobachten, wie Fellklopfer Sandro jeden einzelnen Song fühlt und abfeiert. Das ist Engagement und Leidenschaft!
Zum Glück haben die Fans bereits bei The Artifice den Sicherheitsabstand ausgemerzt und stehen seither brav direkt vor der Bühne. Dadurch kann man eine Herzdame kurz vor Ende der Show sogar den umzustürzenden Mikrofonständer auffangen. Tja, die Vereinsmitglieder der Met-Bar sind eben immer zur Stelle.
Das Fanzit – Angry Again, The Artifice, Mad Sox
Ein gelungener Abend in Lenzburg, an welchem alle drei Gruppen ihre guten Momente hatten. Angry Again räumten schliesslich dann schon am deutlichsten ab. Da wäre Potenzial für grössere Taten absolut vorhanden. Ein paar Zuschauer mehr hätte man den Künstlern durchaus gewünscht. An ihrer Jubiläumssause wird der Ansturm dann sicherlich passen.
Setlist – Mad Sox
- Breakdown
- Mathafacka
- Silly Fuck
- Your Nightmare
- Strike Back
- Feel My Pain
- Who’s Inside
- Trust Destroyer
- Mr. Lumberjack
- Talk Shit, Get Shot (Body Count-Cover)
- M.O.E.F.F
Setlist – The Artifice
- Intro
- Hypocrisy Exposed
- Nuclear Winter
- Sidereal
- Philistine Paradise
- Staring Into The Abyss
- Urns Of The Innocent
- Extralegal Execution
- Wicked Usurper
Setlist – Angry Again
- Condemnation
- Born To Win
- Calamity
- Divide And Conquer
- 08-15 Hate
- Hate-Love
- AA’s Hell
- Destruction
- Never Back Down
- 13