Wo Männer noch Männer sein dürfen!
Live-Alben sind so eine Sache… Die langjährigen, eingefleischten Fans kennen so ziemlich jeden Song und möchten zu den Klängen ihrer Helden einfach nur abfeiern. Neulenker… öhm, Neuzugänger wünschen sich einen repräsentativen Überblick über das bisherige Schaffen der Band, möglichst authentisch rübergebracht, aber dennoch sauber abgemischt. Also quasi eine Hybrid-Aufgabe – ob der im Overdrive röhrende Achtzylindersound von Motorjesus dem gewachsen ist?
„Live Ressurection“ heisst die Scheibe, welche die aus Mönchengladbach stammende Combo auf die im Saale wartende Meute loslässt (virtuell gesprochen, versteht sich). Aufgenommen wurde das Werk an den letzten beidem Konzertabenden der 2018/2019-Tour zu ihrem letzten Album „Race To Ressurection“.
Geboten werden 16 Songs (plus Intro/Outro sowie eine etwas längere Ansage zu „Fist Of The Dragon“, welche eine eigene Tracknummer trägt), welche alle fünf bisher erschienenen Studioalben umspannen und so einen guten Überblick über das bisherige 15-jährige Schaffen der Vollgasmusiker bieten. Die Spielzeit von etwas über 72 Minuten kann sich ebenfalls sehen lassen. Spannend finde ich, dass es sich einem nicht sofort erschliesst, welches Stücke nun aus welcher Schaffensperiode stammt – zu homogen reihen sich die Tracks aneinander.
Geboten wird einem – was aufgrund von Bandnamen und Plattencover jetzt nicht so wahnsinnig überraschen mag – groovender, knurrender Hardrock mit Stoner- und Metaleinschlägen, bei welchem einem der Geruch von Benzin und verbranntem Asphalt förmlich in die Nase zu steigen scheint. Oder anders ausgedrückt: Motorjesus spielen Männerrock! Punkt! Born To Be Wild auf vier Rädern eben. Der Sound ist durchs Band weg satt und sprüht vor Energie, die Riffs sind aggressiv und hart, wenn vielleicht auch hier und da etwas gar simpel gestrickt. Was man sicherlich auch von den Songtexten sagen kann – aber hey, wen störts? Wer auf (deutschen) Autobahnen mit 180 Sachen dahin brettert, der braucht eh keine lyrischen Ergüsse – da ist Bleifuss angesagt, durchgedrückt bis auf den Boden, und so kommen Motorjesus auf ihrem ersten Live-Opus auch rüber.
Von den 16 Titeln fällt aus meiner Sicht keiner merklich ab, was sicher für ein gutes Händchen bei der Songauswahl spricht. Handkehrum sticht aber auch keiner wirklich heraus, was wohl damit zusammenhängen dürfte, dass Motorjesus in Sachen Songwriting sicher nicht zu den experimentierfreudigsten Bands vor dem Herrn zählen und ihr Ding einfach gnadenlos durchziehen. So ist denn auch keine Schmusenummer vertreten, obschon sie mit „Rust“ oder „The Infernal“ durchaus balladeske Titel im Repertoire hätten (der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass im Outro das auf dem Longplayer „Wheels Of Purgatory“ vertretene Neil-Young-Cover „Old Man“ zu hören ist). Sanftere Klänge sind halt nun mal nicht all zu tief in der DNA von Motorjesus verankert, auch wenn sie’s durchaus draufhätten. Allenfalls heben sich „Fuel The Warmachine“ oder „Re-Ignite“ etwas vom Rest ab, diese beiden Titel jedoch speziell heraus zu streichen wäre gegenüber den restlichen Tracks wiederum unfair, da – und das möchte ich betonen – alle Songs mit ihrer direkten Art zu gefallen wissen, so man denn auf diese Art Metal steht.
Die Ansagen zwischen den einzelnen Stücken werden im Pressetext zwar als „unverkennbar“ dar gepriesen, kommen für meinen Geschmack aber etwas zu hemdsärmelig und unausgegoren daher (und ist Sänger Chris „Howling“ Birx bei einigen Tracks wirklich mit dem Publikum per „Sie“? – „Karate Interlude“: „Kennen Sie Martial Arts?“). Zudem hätte ich mir beim Abmischen gewünscht, dass die sicher geile Livestimmung etwas besser eingefangen worden wäre.
Wie’s mit Motorjesus im Zeitalter von BEV-Fahrzeugen und flüsterleisen Elektromotoren weiter gehen wird? Für mich hat zumindest aus musikalischer Sicht der röhrende V8-Motor noch lange seine Daseinsberechtigung!
Und irgendwie wünscht man sich fast, dass dieses Album auch als MC veröffentlicht wird – einfach der guten alten Zeiten willen, als die fetten, frisierten Karren noch so richtig durch die Gegend bretterten und eine geile Kassette einfach irgendwie dazu gehörte!
Das Fanzit Motorjesus – Live Ressurection
Was soll ich sagen… „Live Ressurection“ ist nicht unbedingt ein Album um allerhöchste Ansprüche zu befriedigen, dafür ist der Sound von Motorjesus zumindest für mich einfach ein bisschen zu einfach gestrickt. Und wie bereits weiter oben erwähnt, gibt es von mir Abzüge in der B-Note wegen der nicht ganz so originellen Ansagen von Frontman Chris sowie dem für meinem Geschmack etwas fehlenden Live-Flair. Aber hey, die Scheibe macht einfach Spass, hat nen mächtigen Drive und ist kompromisslos straightforward – und dank der alle Alben umspannenden Songauswahl auch ne prima Möglichkeit, das Schaffen der Mönchengladbacher Combo auf breiter Front kennen zu lernen. Wer auf ehrlichen Hardrock mit einer Prise Metal steht, sollte sich das Teil mal anhören. Fans werden ohnehin zugreifen!
Trackliste Motorjesus – Live Ressurection
- Intro (Live)
- Tales From The Wrecking Ball (Live)
- Motor Discipline (Live)
- King Collider (Live)
- The Dead Army (Live)
- Karate Interlude (Live)
- Fist Of The Dragon (Live)
- Fuel The Warmachine (Live)
- Re-Ignite (Live)
- King Of The Dead End Road (Live)
- Back In The Action Car (Live)
- Destroyer (Live)
- The Damage (Live)
- The Howling (Live)
- Return Of The Demons (Live)
- A New War (Live)
- Motorjesus (Live)
- Dirty Pounding Gasoline (Live)
- Outro (Live)
Line Up – Motorjesus
- Chris „Howling“ Birx (Vocals)
- Andy Peters (Guitars)
- Patrick Wassenberg (Guitars)
- Dominik Kwasny (Bass)
- Philipp Kohout (Drums)