Metalinside.ch - Steel Panther - Komplex 457 Zürich 2020 - Foto Nicky
Sa, 1. Februar 2020

Steel Panther, Wayward Sons

Komplex 457 (Zürich, CH)
/ 25.02.2020

Die Glam Metal-Sprücheklopfer aus Hollywood 

Farbenfrohe Leggins, Stirnbänder, von Haarspray durchtränkte Perücken und verspiegelte Sonnenbrillen – ohne diese Accessoires musste man am Samstagabend gar nicht im Komplex aufkreuzen. Grund dafür waren die stets für gespaltene Meinungen sorgenden Steel Panther. Die einen würden sich am liebsten von ihnen durchnudeln lassen, während andere den vier Protzsäcken ohne Probleme pausenlos mit einem Nudelholz die Visagen polieren könnten. Ein Mittelding liegt bei diesen Herrschaften schlichtweg nicht drin. Jugendschutzwarnung: In den nachfolgenden Zeilen kommen Perversionen aller Arten, entblösste Brüste und unter der Gürtellinie angesiedelte Wortspiele zur Sprache. 

Liebe Zürcher, sperrt eure Töchter, Mütter und Grossmütter (Anm. der Red.: Echt, die auch? Krass.) ein. Die liebestollen, unermüdlichen und nur so von Manneskraft strotzenden stählernen Panther gehen wieder auf die Jagd! Die lüsternen Texte ihrer Stücke machen vor keinem Höschen halt. Mit «Heavy Metal Rules» haben die Amis Ende September dieses Jahres ihr fünftes Studioalbum veröffentlicht. Weil ich mich im Vorfeld nicht sonderlich intensiv mit dem neuen Material beschäftigen konnte, bin ich ziemlich gespannt, wie sich das frische Liedgut in der Setlist integrieren wird. Die wichtigste Frage des ganzen Abends lautet folgendermassen: Werden die Jungs den herausfordernden Balanceakt zwischen dem Witzereissen und dem Spielen von Songs hinbekommen? Diese schmale Gratwanderung entscheidet nämlich jedes Mal über den Erfolg oder Misserfolg einer Steel Panther-Show.

Obacht, meine Wenigkeit trägt sogar Raubkatzen-Leggins. Bei der Anreise mit Bus und Zug halten mich dabei witzigerweise viele für einen «Fasnächtler». Ha! Alles Narren… Aber hey, wenn man eine Band zum zehnten Mal sieht, kann man sich ruhig einmal in Schale werfen, oder? In meinem Freundeskreis dürften nun einige Personen schockiert sein, dass ich diese Shows schon so oft freiwillig über mich habe ergehen lassen. Tja, der Humor von Michael, Lexxi, Satchel und Stix deckt sich eben exakt mit dem meinigen. Ihr souveräner Verzicht auf politische Korrektheit übt in der heutigen Zeit schlichtweg eine unglaubliche Faszination aus. Doch ehe der Headliner alle Anwesenden feuchtfröhlich beglücken darf, gehört die Bühne der mir unbekannten Vorgruppe Wayward Sons. Im Sinne einer Weiterbildung kann man da sicherlich reinhören.

Wayward Sons

Eventuell ist den älteren Besuchern die englische Hard Rock Kapelle Little Angels noch ein Begriff. Weshalb ich das erwähne? Nun, deren ehemaliger Frontmann Toby Jepson hat vor drei Jahren ein neues Projekt ins Leben gerufen – und dieses steht just in diesem Augenblick auf der Komplex-Bühne. In solider Manier rocken die fünf Herren die Bude. Neben Standard-Instrumenten mischt zusätzlich Dave Kemp am Keyboard mit. Doch, vom Sound her ist das freilich ein passender Opening-Act für Hauptattraktion. Toby ist mit einem rockigen Stimmorgan gesegnet und ist sich in einer Szene keinesfalls zu schade, den Angus Young-Entengang auszupacken. Als er in die Runde fragt, wer die Wayward Sons kenne, melden sich bloss etwa 12 Nasen. Aber das sei völlig okay, denn aus diesem genau diesem Grund würden sie ja auf Tour gehen. Am Ende des Gigs lässt der Sänger plötzlich seine Gitarre fliegen. Ein weitere Beweis dafür, dass man als Roadie am Seitenrand allzeit einsatzbereit und hellwach sein muss.

Steel Panther

Wie man als Neuling oder unwissende Person die nächsten 105 Minuten übersteht? Am besten die vier schrillen Vögel auf der Bühne einfach nicht ernst nehmen. Komplettes Ausschalten der Hirnmasse ist jedoch keine Ideallösung, denn insbesondere die Sprüche des Quartetts erfordern sowohl gute Englischkenntnisse als auch ein akzeptables Wissen in Sachen Rock und Metal-Musik. Fehlen diese Eigenschaften, langweilt man sich bei dieser Show rasch zu Tode und der maximale Unterhaltungswert rückt in eine unerreichbare Ferne.

Locker und selbstsicher legt der flotte, glamourösen Hollywood-Vierer direkt mit einem seiner bekanntesten Hits los: «Eyes Of A Panther» (vom 2009er-Debütwerk «Feel The Steel»). Die Mehrheit des Komplex-Publikums gibt sich verdammt textsicher. Mir bleibt lediglich das anerkennende Nicken übrig. Zugleich zeigt diese Feststellung, dass die Grosskatzen mittlerweile eine beträchtliche Fan-Base hinter sich haben und einen achtbaren Popularitätsstatus vorweisen können. Selbstverständlich bringt der Erfolg auch Hater mit sich. Aber davon können genug andere Bands ebenfalls ein Liedchen singen (man nehme beispielsweise Sabaton oder Powerwolf).

Nach dem zweiten Track «Let Me Cum In» werden die Geduldsfäden der Zuhörerschaft erstmals ausgereizt. In einer ausdehnten Vorstellungsrunde, die problemlos die zehn-Minuten-Marke knackt, gibt’s zu jedem Mitglied ein paar Anekdoten. Mir dauert das persönlich auch eine Spur zu lange. Manchmal mutieren die Herren eben zu echten «Schnorri-Huebers». Fairerweise sei erwähnt, dass es gänzlich ohne Comedy-Einlagen keine richtige Steel Panther-Show wäre. Lexxis Dauer-Schmollmund sorgt immer wieder für Lacher und auch die Liebeserklärung von Satchel an die Stadt Zürich (zuletzt sei es hingegen noch London gewesen) ist auch witzig. Ein weiteres Novum stellt das «Hair Solo» der Tieftöner-Diva dar. Dafür wissen die Kenner langsam auswendig, dass Mister Starr schon als kleiner Knirps seinen ersten Dreier gemeinsam mit seiner Tante und seinem Onkel hatte. Hier wäre wieder einmal ein Update nötig… Stix’ kurze Darbietung als einarmiger Rick Allen (Drummer von Def Leppard) kann als Paradebeispiel für den grenzwertigen Humor der Truppe interpretiert werden. Immerhin lässt Michael seine eigentlich geniale Ozzy Osbourne-Imitation heute ganz weg, was ich angesichts des momentan scheinbar wirklich äussert kritischen Gesundheitszustandes des «Prince Of Darkness» völlig legitim finde. Dass sie anschliessend den verstorbenen Rush-Trommelmann Neil Peart ehren, muss man den Jungs dann definitiv wieder zugute halten.

Die heutige Wetterprognose? Wolkig mit Aussicht auf weibliche Rundungen. In anderen Berichten habe ich unsere Mädels für ihr passives Verhalten teilweise heftig gescholten. Dieses Mal gibt’s nix zu meckern. Verhältnismässig früh wird bereits eine Besucherin auf die Bühne geholt, die offenbar schon hunderte Gigs der Jungs miterlebt hat. Respekt! Nach einer kleinen Tanzanlage zieht sie obenrum tatsächlich komplett blank. Da staunen sowohl das Publikum als auch die Band nicht schlecht. Spätestens jetzt sind hoffentlich keine Kinder mehr im Raum anwesend. Ich habe zuerst noch vermutet, dass die «Brüste-Zeigerin» zur Steel Panther-Crew gehört, aber es handelt sich angeblich wirklich um eine (einigermassen) «normale» Konzertteilnehmerin.

Vor «Weenie Ride» kommt ein weiteres Chick mit dem Namen Diana zum Handkuss. Machtlos muss ihr Freund mitansehen, wie sie den vier notgeilen Metallern hilflos ausgeliefert ist. Was lernt man(n) daraus? Nimm deine Freundin NIEMALS an eine Steel Panther-Revue mit. Zumindest schreiben Michael, Satchel, Lexxy und Stix der lieben Diana einen komplett neuen Song und sammeln dabei Bonuspunkte für ihre Improvisationstalente. Daumen hoch!

Das zweifelsohne grösste Highlight stellt allerdings ein männlicher Gast auf der Bühne dar. Die Rede ist von niemand geringerem als Tommy Henriksen (seines Zeichens Gitarrist von Alice Cooper und wohnhaft im Zürcher Oberland). Dass der gute Mann ausserdem über ein hammermässiges Stimmorgan verfügt, beweist er während dem Cover von AC/DCs «Highway To Hell» – tolle Aktion. Mein Gedächtnis gaukelt mir vor, dass Tommy schon einmal zusammen mit Steel Panther das Komplex gerockt hat – dummerweise will mir das genaue Jahr nicht mehr einfallen…

Logischerweise werden heute Abend auch ein paar neue sexuelle Hymnen gespielt. Es wird jedoch noch ein bisschen dauern, bis diese mit an älteren Nummern mithalten. Hervor sticht eindeutig «All I Wanna Do Is Fuck (Myself Tonight)». Also dieses Lied passt freilich wie die Faust aufs Auge zu diesen vier selbstverliebten Proleten, oder? Etwas später wird die «Spielwiese» rappelvoll. «17 Girls In A Row» ist angesagt. Wie gewohnt umgeben sich die Kalifornier mit massenhaft «Groupies». Da ist effektiv alles dabei: eine Riesin, ein steifes Brett und – zum Glück – auch das eine oder andere scharfe Fahrgestell. Michael wird beim Herumtragen einer Dame beinahe erwürgt. Soll nochmal einer behaupten, dass dieser Job völlig risikofrei ist. Als Zugabe wird schliesslich «Gloryhole» nachgereicht und danach können sich die Musiker im Backstage-Bereich freudig um ihre anderen «Pflichten» kümmern (so schreibt es das selbstauferlegte Image nämlich vor).

Das Fanzit

Zuerst legten die Wayward Sons einen soliden Auftritt aufs Parkett und danach gaben sich Steel Panther gewohnt unterhaltsam – auch wenn es nicht die allerbeste Performance der Hollywood Glam-Metaller gewesen ist. Intensiv gestört haben leider die Dauer-Quatscher in den Publikumsreihen. Keine Ahnung, weshalb solche Leute überhaupt teures Geld für ein Konzerttickt ausgeben. Wenn man den Performances eh kaum Beachtung schenkt, wäre das heimische Sofa wahrscheinlich die sinnvollere Option.

Die nächste Gelegenheit, sich das Gemisch aus Komödie und Metal-Show zu Gemüte zu führen, gibt’s für die Schweizer Fans am 18. Juni 2020. Dann werden die Panther am Rock The Ring Festival in Hinwil vorbeischauen und gemeinsam mit Foreigner, Blues Pills und den Dead Daisies  für Furore sorgen.

Setlist – Wayward Sons

  1. Any Other Way
  2. Don’t Wanna Go
  3. As Black As Sin
  4. Ghost
  5. Little White Lies
  6. Alive
  7. The Truth Ain’t What It Used to Be
  8. Small Talk
  9. Joke’s On You
  10. Until the End

Fotos Steel Panther, Wayward Sons – Komplex 457 Zürich 2020 (Nicky)


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/ 25.02.2020
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