Total Annihilation lassen die Ketten des Untergangs rasseln
Die Basler Drescher Total Annihilation haben ihr drittes Studioalbum unters Volk gebracht. Das Teil hört auf den Namen «…On Chains Of Doom» und wurde am Samstag im Sommercasino standesgemäss getauft. Das gelungene Aufwärmprogramm wurde von den Kapellen Teutonic Slaughter und Mind Patrol durchgeführt. Der Erlebnisbericht eines schweisstreibenden Konzertabends.
Eigentlich hätten die Basilisk Deströyers jede Menge vielversprechende Veranstaltungen in petto – nur habe ich es bisher leider nie geschafft, einem solchen Event beizuwohnen. Das ändert sich heute. Endlich! Zudem geht das Ganze obendrein Hand in Hand mit dem Kennenlernen einer für mich neuen Location: Dem Sommercasino in Basel. Die im Stadtteil St. Alban angesiedelte Villa liegt in einem schönen Park, der sich in der wärmeren Jahreszeit durchaus für gemütliche Grill-Sessionen empfehlen würde. Just als mir dieser Gedanke durch den Kopf geht, holt mich eine bitterkalte Brise schwuppdiwupp in die Realität zurück. Ja lieber Dutti, wir haben erst Anfang Februar…
Nach dem Betreten des Kulturhauses fühle ich mich ein bisschen wie in einem Labyrinth. Glücklicherweise verfliegt die anfängliche Orientierungslosigkeit ziemlich rasch. Offenbar finden die Festivitäten hier immer entweder in den Räumen «Club» oder «Saal» statt. Für die anstehende Plattentaufe hat letztgenannter den Vorzug erhalten. Ich genehmige mir einen ersten Hopfentrunk und lasse den Blick noch ein wenig durch die Gegend schweifen. Die drei Bar-Mädels arbeiten äusserst fleissig. Lange Wartezeiten sind freilich kein Thema. Unter den Besuchern entdecke ich unter anderem Mary Dale (Ørefik), André Grieder (Poltergeist) und Manu Gagneux (Zeal & Ardor). Schön zu sehen, dass sie ihre Musikerkollegen unterstützen.
Wie? Ihr habt genug von diesem Vorgeplänkel? Na dann. Richten wir den Fokus auf die drei Gruppen, welche bald für viel Lärm sorgen werden. Act numero uno steht nämlich bereits in den Startlöchern. Lasse das muntere Metallisieren (nein, Maxxwell sind nicht mit von der Partie) beginnen.
Mind Patrol
Huch, die ersten Klänge wollen uns wohl auf eine falsche Fährte führen. Dieser «Techno-House-Heidi-Remix» hat mit unserer favorisierten Musikrichtung kaum etwas gemeinsam. Aber keine Angst, Mind Patrol haben in der Vergangenheit auch schon zu «Stayin‘ Alive» von den Bee Gees die Bühne betreten. Solche Intros sind bei ihnen also absolut an der Tagesordnung. Ausserdem wird direkt anschliessend mit «Welcome To Hell» der herbeigesehnte Thrash-Hammer ausgepackt. Das Quartett gibt richtig Gas!
Neben der Mucke bieten die Ansagen von Fronter Yves verdammt hohen Unterhaltungswert. Alleine die Anrede «Mini sehr verehrte Dame und Herre» ist stets Gold wert. Immerhin schafft er es damit, dass die Leute den altbekannten Sicherheitsabstand zur «Spielwiese» schnell minimieren. Den Track «All In» sagt der Fronter prompt zu früh an und gibt anschliessend zu Protokoll, dass ja eh alle wissen, dass er ein Depp sei. Gewagte These: Mutieren Mind Patrol etwa zu den Steel Panther des Thrash Metal? Nicht ganz, denn trotz der zahlreichen Sprüche vergessen sie – im Gegensatz zu den Herrschaften aus Hollywood – nicht, zwischendurch wieder ein paar Songs zu spielen. Eine Prise Glam kommt allerdings trotzdem noch ins Spiel. Bei der Vorstellung des neuen Bassers Fäbu wird dieser gleich zum Tragen eines Prinzessinnenkrönchens und einer hübschen Halskette verdonnert. Er scheint jedenfalls Gefallen an diesen Accessoires zu finden. Aber selbst mit diesem Outfit kann er den legendären Beinkleidern seines Vorgängers Emil niemals das Wasser reichen.
Aufgrund ihrer guten Erziehung haben die Jungs selbstverständlich ebenfalls ein Geschenk für die heutigen Gastgeber mitgebracht. Deren Sänger Dani darf eine gigantische, mit Popcorn gefüllte Flasche entgegennehmen. Gerüchten zufolge gelten Total Annihilation als waschechte «Süffel» und ihre Kollegen aus Luzern möchten sie deshalb vom Alkohol losreissen. Hilft alles nix – der Beschenkte gönnt sich sogleich einen «Schluck» aus dem Gefäss und «dekoriert» die Bühne ungewollt mit Puffmais. Dass Mind Patrol nach dieser Aktion ausgerechnet ihren «Drinking Song» zum Besten geben müssen, ist dann schlichtweg Ironie ganz nach meinem Gusto.
Teutonic Slaughter
Die nächste Truppe ist aus dem «grossen Kanton» nach Basel herübergepilgert. Teutonic Slaughter stammen nach eigenen Angaben aus dem Herzen des Ruhrpotts und haben uns feinsten Oldschool Thrash Metal mitgebracht. Auch sie platzieren den Fuss ohne zu zögern auf dem Gaspedal – und lassen diesen brav dort drauf. Die Pit-Intensität nimmt konstant zu. Da der Saal immer voller wird, gilt dasselbe für die Hitze. Das könnte sich in den nächsten Minuten zu einer echten Sauna entwickeln.
Insgesamt kann man sorglos von einer gelungenen Schweizer Premiere des Vierers sprechen. Einzig der Gesang von Philip (respektive sein Mikro) dürfte gerne lauter sein. In diesem Bereich erwischt der werte Tontechniker dummerweise ein paar schwächere Momente. Mit dem lieben Zoll haben die Teutonen übrigens ebenfalls Schwierigkeiten gehabt. Deshalb sei ihr heutiges Merchandise-Angebot eher überschaubar. Sie beenden ihr Set mit dem Violent Force-Cover «Dead City», bei welchem Dani von Total Annihilation als Gastschreihals mitmischen darf.
Nach ihrem Gig sind die Jungs aus Gladbeck tierisch gefragt. Regelmässig werden die einzelnen Mitglieder in Gespräche verwickelt. Bahnt sich da etwa eine Liaison an? Also meinetwegen dürfen Teutonic Slaughter jederzeit wieder bei uns vorbeischauen.
Total Annihilaton
22.30 Uhr – geschätzte Hauptattraktion, übernehmen Sie bitte die Bühne! Ui, die anwesenden Fotografen werden direkt mit anspruchsvollen Bedingungen konfrontiert: Rote, blaue und grüne Lichttöne -kombiniert mit vernebelter Sicht. Ich wünsche jedenfalls viel Erfolg bei der Jagd nach brauchbaren Schnappschüssen. Zum Glück kann ich mich ausschliesslich auf das Finden der passenden Worte für die nun folgende Performance konzentrieren.
Zu Beginn verweilen die Basler kurz auf der 2012er-Scheibe «Extinction» und ballern uns zwei Tracks daraus um die Lauscher. Ihr mit Todesmetall angereichertes Gedresche kommt bei der Menge hervorragend an. Im Pit in der Raummitte geht’s nochmals eine Stufe derber zu und her. Passivität oder mangelnden Einsatz kann man den Fans keinesfalls vorwerfen. Die Musiker sind ebenfalls ausgezeichnet gelaunt (wahrscheinlich dürfte sowieso schon den ganzen Tag lang das eine oder andere Dosenbier gekillt worden sein).
Nach diesem Abstecher in die Vergangenheit richtet sich die Aufmerksamkeit komplett auf das Hier und Jetzt – oder mit anderen Worten auf «…On Chains Of Doom». Ich hatte leider im Vorfeld kaum Gelegenheit, mir die neuen Kompositionen anzuhören. Andererseits kann ich dadurch die Stücke völlig unvoreingenommen auf mich einwirken lassen. Alter Verwalter, die Nackenmuckis brennen! Bockstark, was die Jungs da so alles mit viel Wucht auf die Bretter knallen. Zwischen «Dead Souls» und dem Titel-Track wird kurz innegehalten, um die Taufzeremonie zu vollziehen. Dazu reckt Sänger Dani passenderweise ein mit Ketten umgewickeltes Vinyl-Exemplar des frisch geborenen Werks in die Höhe. Dieses wird anschliessend mit viel Gerstensaft begossen.
Die ganze Geschichte geht (fast) reibungslos vonstatten. Erst gegen Ende hat Nicolas kurzzeitig Probleme mit seiner Saitenkönigin. Aber nach ein paar Handgriffen läuft’s wieder einwandfrei. Im Zugaben-Block wird unter anderem die ehemalige Band des anderen Klampfers Schmidli geehrt. Die Annihilatoren spielen das Lied «Thrashin‘ With Style» von Septic Christ. Irgendwie wollen sie einfach «ums verroden» nicht aufhören. Den endgültigen Schlusspunkt markiert schliesslich das vehement geforderte «Thrash Metal und Dosenbier». Die durchgeschwitzte Zuhörerschaft wird während dieser Nummer von einem Roadie mit – wie könnte es auch anders sein? – Hopfentee versorgt. Man hat uns zwar eine Blondine mit üppigem Vorbau versprochen, aber der junge Mann, der jetzt im Rampenlicht auftaucht, macht trotz falsch geschürten Erwartungen einen grundsoliden Job bei der Flüssigkeitshaushalt-Stabilisierung.
Wer nach wie vor in Feierlaune ist, könnte nun noch in die Irrsinn Bar an die Aftershow-Party pilgern und weiterbechern. Ich entschliesse mich allerdings für den Heimweg. Bereits der gestrige Z7-Abend mit Thy Art Is Murder und Support ist eben nicht total spurlos an meinen Energiereserven vorbeigegangen.
Das Fanzit – Total Annihilation
Ein geiler, schweisstreibender Thrash Metal-Abend mit abwechslungsreichen Sequenzen. Total Annihilation konnten «…On Chains Of Doom» in einem ansprechenden Rahmen taufen. Das Publikum machte beinahe ununterbrochen Stimmung. Die wilden Pits waren effektiv nix für schwache Nerven. Ich werde sicherlich (wenn möglich) weiteren Events im Basler Sommercasino beiwohnen. Das nächste Mal müssten dann lediglich die Mikrofone der singenden Fraktion ein bisschen sauberer eingestellt sein.
Setlist – Mind Patrol
- Intro
- Welcome To Hell
- Warfare
- Machine Society
- All In
- Drinking Song
- Doomsday
- Till We Die
Setlist – Teutonic Slaughter
- Rise Of Teutonia
- Cheap Food
- Eternal Darkness
- Damnation & Violence
- Eviscerating Surgery
- Puppeteer Of Death
- Teutonic Thrash
- The Slaughter Is Back
- United In Hate
- Ruhrpott Dresching Surprise
- Dead City (Violent Force-Cover)*
*Zugabe
Setlist – Total Annihilation
- Intro
- Alone In The Dark
- Extinction
- Falling Fast
- Reborn In Flesh
- Iron Coffin
- Dead Souls
- – Plattentaufe –
- …On Chains Of Doom
- Experience The Terror
- Tunnelratten
- Black Blood
- Brainless Pigs
- 84
- Thrashin‘ With Style (Septic Christ-Cover)*
- Thrash Is Not Dead*
- Thrash Metal und Dosenbier*
- Outro*
*Zugabe