Marko Hietala - Z7 Pratteln 2020
Fr, 14. Februar 2020

Marko Hietala, Oceanhoarse

Z7 (Pratteln, CH)
02.03.2020
Marko Hietala - Z7 Pratteln 2020

Der Meister des Gesangs und des Tieftöners beehrt den Metal-Tempel 

Wer mich besser kennt, weiss, dass ich ein grosser Bewunderer von Marko Hietala (jep, neuerdings schreibt er seinen Vornamen wieder mit «k») bin. Den meisten Metallschädeln dürfte der Finne als Bassist von Nightwish ein Begriff sein. Er hat allerdings nebenher diverse andere Projekte am Laufen und ist ausserdem ebenfalls als Produzent tätig.

Am 24. Januar 2020 hat der Mann mit dem gespaltenen Teufelsbart seine Solo-Scheibe «Pyre Of The Black Heart» veröffentlicht (meine ausführliche Analyse dazu findet ihr hier). Am Valentinstag erhielten die Schweizer Fans die exklusive Gelegenheit, den Künstler und seine neuen Hymnen im Live-Gewand zu erleben. Selbstverständlich habe ich Metalinside würdevoll vor Ort vertreten. 

Marko Hietala, DragonForce und HammerFall – eigentlich könnte man an diesem Wochenende direkt im Z7 seine Zelte aufschlagen (oder einfach im nahegelegenen Ibis-Hotel nächtigen). Für mich gibt’s jedoch bloss zwei dieser drei fantastischen Events: Den Nightwish-Basser und die Hammer schwingenden Schweden. Am Samstag geht’s nämlich zu Bloodred Hourglass und dem Wacken Metal Battle in die Schüür. Nach einer verdammt mühsamen und stressigen Arbeitswoche kommt das musikalische Auslüften absolut gelegen. Also, Computer herunterfahren und nix wie hin in die Nordwestschweiz.

Vor Ort wird rasch klar, dass im Vorfeld wohl nicht sonderlich viele Tickets an den Mann (oder die Frau) gebracht werden konnten. Der Event findet im «3/4-Z7» statt. Vielleicht wäre sogar die Mini-Variante eine Idee gewesen, aber ich verstehe völlig, dass die Crew angesichts des anstehenden Wochenendprogramms nicht gefühlte hundert Mal die Bühne umbauen möchte. Zudem ist der Abend ja noch jung – da werden sicherlich ein paar zusätzliche Musikbegeisterte den Weg nach Pratteln finden.

Im Innern der Halle bleibe ich wie so oft direkt am Merchandise-Stand im Eingangsbereich hängen. Zack! Schon befindet sich ein Hoodie des Headliners in meinem Besitz. Die Artikel der mir unbekannten Support-Truppe Oceanhoarse sehen ebenfalls interessant aus. Geschätzte Geldbörse, am heutigen Abend könntest du möglicherweise eine intensive Abspeck-Kur durchlaufen. Zuerst will jetzt aber der liebe Durst gestellt werden. Zum Glück sind die charmanten Mädels hinter dem Bartresen stets einsatzbereit und lassen keinen ihrer Gäste mit trockener Kehle zurück.

Oceanhoarse

Marko wird auf dieser Europarundreise von seinen Landsleuten aus Helsinki begleitet. Oceanhoarse haben sich – wie man allenfalls bereits dem Logo entnehmen kann – dem klassischen Heavy Metal verschrieben. Keine Ahnung, was man diesen Nordmännern immer in ihre Drinks mischt, aber das Resultat kann sich eigentlich beinahe jedes Mal sehen lassen. Die haben die rasante Gitarren-Musik einfach im Blut! Schnörkellos und mit Spielfreude braust der Vierer durch sein Set. Zu diesem Sound schütteln die Besucher nur allzu gerne ihre Häupter.

Unerfahren sind die Herrschaften freilich nicht. Klampfer Ben Varon (dessen bester Freunde der Ventilator zu sein scheint) war beispielsweise schon für Amoral tätig. Er sei der «Guitar-Hero» der Kapelle. Jede Band brauche so einen – und sie seien diesbezüglich keine Ausnahme. Jyri Helko (mit auffallend langer «Spaghetti-Rasta»-Frisur) sorgt auch bei Warmen für die tiefen Töne. Wenn der seine Haarpracht herumwirbelt, sollten die Fotografen besser in Deckung gehen. Sonst werden sie im Graben plötzlich noch ausgepeitscht. Die beiden erwähnten Akteure erhalten während er Performance die Möglichkeit, ihr Können im Rahmen von Solo-Einlagen ausführlich zu demonstrieren.

Ein Debütalbum der 2016 gegründeten Oceanhoarse lässt bisher auf sich warten. Die Diskographie umfasst lediglich ein paar Singles und seit November des vergangenen Jahres eine EP. Nichtsdestotrotz ist das Material absolut hörenswert. Joonas Kosonen darf ein mitreissendes Stimmorgan sein eigene nennen. Des Weiteren hat sich eine Cover-Version des Slipknot-Hits «Duality» in die Setlist geschlichen. Die Nu Metaller aus den USA haben erst vor zwei Tagen im Zürcher Hallenstadion ihr Unwesen getrieben und scheinen mich seither zu verfolgen. Am Ende hat schliesslich das Band-Maskottchen seinen grossen Auftritt: Der Protagonist, der dahintersteckt, trägt eine Art «Tintenfisch-Monster-Maske». Das Ungetüm darf die finalen Zupfereien an Bens Saitenkönigin übernehmen.

Marko Hietala

Für die kommenden 95 Minuten gehört die Bühne vier Männern: Vili Ollila (Keyboards), Anssi Nykänen (Schlaginstrumente), Tuomas Wäinölä (Gitarre) und Marko Hietala (Bass/Gesang). Sie werden versuchen, die anwesende Gehörgänge umgehend mit ihrem Hard Prog (so lautet die selbst gewählte Stilbezeichnung) zu verzaubern. Alleine schon der Fakt, dass der Mann des Abends barfuss agiert, deutet auf eine recht lockere Angelegenheit hin. Das Ziel scheint wohl ein Konzert mit Wohnzimmeratmosphäre zu sein. Na dann, lauschen wir den bevorstehenden Melodien im tiefentspannten Modus.

Jep, es geht fürwahr äussert progressiv los, denn beim Intro von «Star, Sand And Shadow» darf Vili mit vollem Elan in die Tasten hauen. Als Marko dann zu singen beginnt, geht ein Raunen durch die Halle. Dieser Typ ist einfach mit einem hammermässigen Stimmorgan gesegnet. Ich hab’s bereits in der Plattenkritik erwähnt; er könnte einem problemlos irgendwelche AGBs oder Hausordnungen vorträllern und würde selbst das auf eine unglaublich mitreissende Art und Weise tun. Der Mitmach-Part im Refrain des Songs entfaltet zudem live tatsächlich die erwartete Wirkung. Das Tempo ist gemächlich – und das wird auch meistens so bleiben.

Mit «The Voice Of My Father» folgt einer der Tracks, zu welchem man bereits einen Videoclip auf YouTube bestaunen kann. Hier wird meine Meinung aus der Song-Analyse abermals bestärkt: In der finnischen Version klingt speziell diese Komposition deutlich besser. Irgendwie kann die angestrebte Melancholie mit dieser Sprache viel besser zum Ausdruck bringen. Hä? Weshalb finnische Version? Nun, der Basser hat sein Debütwerk zuerst in seiner Landessprache veröffentlicht. Damals hatte ich gar noch nicht auf dem Schirm, dass da irgendwann noch eine englische Variante folgen würde und war aufgrund dessen ehrlich gesagt ein bisschen irritiert. Schliesslich habe ich mir «Mustan Sydämen Rovio» (so der originale Albumname) extra aus dem hohen Norden in die heimischen vier Wände liefern lassen. Tja, das internationale Publikum erreichst du zugegebenermassen kaum mit «Suomi-Texten», deswegen ist diese Zweitveröffentlichung durchaus nachvollziehbar. Ihr seid herzlich eingeladen, gerne einmal selbst den Vergleich zwischen «The Voice Of My Father» und «Isäni Ääni» anzustellen.

Unterhaltsame Augenblicke bleiben keinesfalls auf der Strecke. Mister Hietala packt regelmässig witzige Sprüche und Anekdoten aus. In einer Situation rechtfertigt er sich beispielsweise, dass auch Männer mit langen Haaren und Bärten Romantik verspüren können. (Anmerkung meinerseits: Am heutigen Tag sowieso – oder?). Bei der Übersetzung von «Olet Lehdetön Puu» sei der sympathische Musiker kläglich bereits am ersten Vers gescheitert. Deshalb wird das Stück des Liedermachers Hector auf Finnisch vorgetragen. Vor der Wiedergabe von Black Sabbaths «War Pigs» hagelt’s ein paar Seitenhiebe gegen die verschlagenen Politiker unseres Planeten. Letztgenannte Nummer kommt hervorragend an und zeigt auch, dass die Mitmusiker des Bassers einiges auf dem Kasten haben. In ihrer Heimat sind (oder waren) übrigens sämtliche Akteure für das Projekt Raskasta Joulua tätig. Diese «Super-Group» hat sich der Metallisierung von Weihnachts-Hits verschrieben.

Die Hymnen «Runner Of The Railways» und «Stones» bestehen den Live-Test ebenfalls mit Bravour. Somit sind die – zumindest aus meiner Sicht – auf der Scheibe besten Lieder auch während eines Gigs eine Macht. Nach der Aufforderung zum obligaten Zugabe-Applaus (wir wissen ja wie’s läuft) lassen sich die Herrschaften brav nochmals blicken. Den Schlussstrich setzt dann «Truth Shall Set You Free», bei dem Marko sogar zum Cello greift.

Das Fanzit – Marko Hietala, Oceanhorse

Die Vorgruppe Oceanhoarse war definitiv eine lohnenswerte Entdeckung. Ich bin gespannt, was man noch so in Zukunft alles von den Herren aus Helsinki hören wird. Marko Hietala und seine Mitstreiter setzten anschliessend eher auf atmosphärische Klänge. Nichtsdestotrotz war es zweifelsohne eine seltene Gelegenheit, um eine doch eher bekanntere Persönlichkeit der Szene für einmal in einem intimeren Rahmen erleben zu können. Allerdings fiel der Besucheraufmarsch nicht allzu heftig aus. An den ganz grossen Kulissen wird der Mann mit dem gespaltenen Teufelsbart sich dann wieder bei der bevorstehenden Nightwish-Tournee erfreuen können.

Setlist – Oceanhoarse

  1. Feed The Sirens
  2. Fading Neons
  3. Death Row Center
  4. Waves
  5. Bass-Solo
  6. The Damage
  7. Duality (Slipknot-Cover)
  8. Gitarren-Solo
  9. The Intruder
  10. The Oceanhoarse

Setlist – Marko Hietala

  1. Star, Sand And Shadow
  2. Dead God’s Son
  3. The Voice Of My Father
  4. For You
  5. Death March For Freedom
  6. Olet Lehdetön Puu (Hector-Cover)
  7. I Dream
  8. I Am The Way
  9. Runner Of The Railways
  10. Starman (David Bowie-Cover)
  11. Stones
  12. War Pigs (Black Sabbath-Cover)*
  13. Truth Shall Set You Free*

*Zugabe


Wie fandet ihr das Konzert?

02.03.2020
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