Metalinside.ch - Visions of Atlantis - 70'000 Tons of Metal 2019 - Tag 4 - Foto pam
Di, 24. März 2020

Visions Of Atlantis – Interview mit Clémentine Delauney

Symphonic Metal
28.03.2020
Metalinside.ch - Visions of Atlantis - 70'000 Tons of Metal 2019 - Tag 4 - Foto pam

Wir standen vor dem Aus!

Die Corona-Pandemie lässt auch die Musikwelt den Atem anhalten. Shows werden abgesagt oder verschoben, ganze Tourneen fallen dem heimtückischen Virus zum Opfer. Mitten drin: Visions Of Atlantis. Was ursprünglich als grandiose Nordamerika-Tournee im Vorprogramm von Dragonforce geplant war, endete für die in Österreich beheimateten Symphonic Metaller beinahe im finanziellen Desaster.  Am 13. März 2020 erfolgte über die sozialen Medien ein emotionaler Hilferuf an die Fangemeinde mit der Bitte um finanzielle Unterstützung – VoA standen vor dem Aus. Metalinside wollte aus erster Hand erfahren, wie die Band die wahrlich nicht einfachen Tage durchlebt hat. 

Ich erreiche die sympathische Sängerin, die von allen liebevoll „Clemi“ genannt wird, telefonisch zu Hause auf dem Anwesen ihrer Mutter in Lyon, Frankreich. Als erstes möchte ich natürlich wissen, wie es ihr nach den aufwühlenden Tagen der letzten Zeit geht.

Clemi: Gut, danke. Es ist sehr schön, in diesen Zeiten mit der Familie zusammen zu sein. Hier habe ich auch das Privileg, hinaus gehen zu können ohne meinen Wohnsitz zu verlassen (lacht). Wir haben einen Garten, ich kann in der Natur sein. Mein Appartement zu Hause ist ziemlich klein, hier ist es schon viel angenehmer.

Metalinside.ch (Sandro): Eure US-Tour als Supporting Act der Londoner Power-Metalband Dragonforce startete ja am 5. März in Phoenix, musste dann aber aus bekannten Gründen abgebrochen werden. Wie habt ihr diese Zeit erlebt, wie intensiv konntet ihr die Entwicklung mitverfolgen, und wann wurde euch bewusst, dass das Ganze gecancelt würde?

Clemi: Michele (Guaitoli) stammt ja aus Italien, und er hat – noch intensiver als wir – die News mitverfolgt. Dieses Virus hat sich ja zuerst in China ausgebreitet, bevor es in Europa zu wüten begann. Zunächst wussten wir nicht so genau, was wir davon halten sollten. Danach traf es als erstes europäisches Land Italien, und die Situation dort eskalierte ziemlich schnell. Da dies Micheles Heimatland ist, hat er das Ganze natürlich sehr genau beobachtet, schliesslich leben seine Familie, all seine Freunde wie auch seine Freundin Alessia (Scolletti) dort. Eigentlich hatte sie geplant, mit einem anderen Projekt noch ein paar Shows in Russland zu spielen, aber das wurde bereits abgesagt, noch lange bevor hier alles heruntergefahren wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurde uns so richtig bewusst, wie rasch sich Corona ausbreitete und dass dies sogar die Absage unserer Europa-Konzerte im April bedeuten könnte.

Aber als wir mit unserer US-Tour begannen, war das alles noch nicht so wirklich absehbar – bis dann Präsident Trump eine Ansprache hielt und verkündete, dass alle Veranstaltungen mit mehr als 100 Besuchern abgesagt werden müssen. Da wurde uns allen so richtig bewusst, dass wir die Tour nicht würden zu Ende spielen können, da wir mit Dragonforce jeweils vor über 1’000 Zuschauern auftreten. Es waren also nicht wir, die die Tour gecancelt haben, es war die US-Regierung (lacht trocken). Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir mit unseren Vans relativ früh am Vormittag vor der Halle in Minneapolis ankamen und bis nach dem Mittag warten mussten, um zu erfahren, ob wir hier nun spielen können oder nicht. Um halb zwei wurde uns dann mitgeteilt, dass alles geschlossen sei und aufgrund der neuen Vorschriften auch nicht geöffnet werden würde, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Also musste Minneapolis gecancelt werden, wie auch alle restlichen Shows. Wir hatten noch einen Auftritt bei einem Festival in Mexiko, der schon seit längerer Zeit geplant war. Daher beschlossen wir, da hin zu fahren, zu spielen und dann von dort aus zurück nach Europa zu fliegen.

MI: Am 13. März habt ihr über die Social-Media-Kanäle wie Facebook oder Instagram einen Crowdfunding Aufruf gemacht und eure Fans um Hilfe gebeten. Wie kritisch war die Situation zu diesem Zeitpunkt?

Clemi: Für uns war es eine Katastrophe, wir standen vor dem Aus! Deshalb haben wir uns auch sehr schnell dazu durchgerungen, um Hilfe zu bitten. Uns fiel einfach keine Lösung ein, wie wir auf die Schnelle die immensen Kosten, die durch den Abbruch der Tour entstanden sind, hätten zurückzahlen sollen. In die USA zu gehen ist eine sehr teure Angelegenheit, all die Visa, alle Flüge, die Fahrzeuge, die wir benötigen, um herum zu reisen, unser Fahrer… Und dann benötigen wir mindestens noch eine Person, die uns mit der Ausrüstung und allem hilft. Die USA ist ein sehr schwierig zu bearbeitender Markt, auch essenstechnisch erhältst du vom Promoter kaum Unterstützung. Uns wurden zehn Dollar pro Tag und Person ausbezahlt, was definitiv nicht genug ist, wenn du zwei oder drei Mahlzeiten machen möchtest (lacht). So kamen dann halt auch noch persönliche Ausgaben fürs Essen dazu.

Wenn man das alles zusammenrechnet, so kommt man auf einen ausstehenden Betrag, der 20’000 Dollar übersteigt. Und diese Kosten deckt man normalerweise ja einerseits aus den Einnahmen der Shows, andererseits aber speziell auch mit dem Verkauf von Merchandising. Logischerweise hatten wir entsprechende Fanartikel bestellt, die wir an den Konzerten an die Frau resp. den Mann bringen wollten. Aber stattdessen blieben wir auf Kisten voller T-Shirts sitzen. Und diese kannst du kaum mehr verkaufen, da bei allen auf der Rückseite das Datum der jeweiligen Locations aufgedruckt ist. Wenn die Tour vorbei ist, verliert sowas enorm an Wert, da die Fans logischerweise etwas von Konzerten haben möchten, die sie auch besuchen. So sassen wir am Ende auf 200 Shirts, und das war einfach katastrophal. Unser Budget ist sehr, sehr knapp bemessen, und so haben wir an unserem letzten Abend in den USA, bevor wir nach Mexiko übergewechselt sind, das besagte Video aufgenommen und die Kampagne losgetreten, um diese Mittel doch noch aufbringen zu können.

MI: Und das habt ihr dann auch geschafft, oder?

Clemi: Ja, dies geschah alles innerhalb rund einer Woche und ist einfach unglaublich. Ich meine, wir hatten keine Vorstellung davon, was wir erwarten dürfen, aber wir hätten in unseren kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt, diesen Betrag in so kurzer Zeit zusammen zu bekommen. Wir haben einfach eine unglaublich grossartige Fangemeinde, tolle Leute, die bereit sind, uns unter die Arme zugreifen und die verstanden haben, in welch prekärer Situation wir uns befanden.

MI: Rückblickend, wenn du nun das Wort „Fan“ hörst, was assoziierst du damit?

Clemi: (überlegt) Engagement, Hingabe… (mit leicht belegter Stimme) Ich assoziiere diesen Begriff mit Leuten, die unsere Band wirklich lieben, uns auch als Musiker schätzen. Wir bereichern ihr Leben, wofür sie dankbar sind, und uns auf diesem Weg auch etwas zurückgeben möchten. Wir sehen das auch in den Kommentaren zu unseren Videos. Sie signalisieren uns dadurch, dass sie zu uns halten und uns unterstützen, dass sie das, was wir machen lieben und  nicht möchten, dass wir damit aufhören. Weil – das ist die Realität – es kann der Punkt kommen, an dem eine Band bankrottgeht, an dem wir nichts mehr haben, was wir in Visions Of Atlantis investieren, und so auch nicht mehr auf Tour gehen könnten. Wir sind als Band zu klein, als dass wir eine Gage bekämen, die all unsere Kosten deckt. Wir müssen immer eigene Wege finden, um für die Unkosten aufkommen zu können. Und wenn eine Tournee wie diese gecancelt wird, und unsere Ausgaben die Einnahmen dermassen übersteigen, so führt dies zu Verlusten, die wir irgendwie decken müssen. Und diese Mittel fehlen uns dann bei anderen Dingen. Aber die Leute möchten uns noch immer auf Tour sehen, sie möchten, dass das Ganze weiterlebt, und dafür sind wir sehr, sehr dankbar!

MI: Nach eurem letzten Konzert in Mexiko seid ihr ja in eure jeweiligen Heimatländer zurückgekehrt. Habt ihr aktuell noch vermehrt Kontakt untereinander oder liegt Visions of Atlantis momentan etwas auf Eis?

Clemi: Nein, wir tauschen uns nach wie vor täglich aus. Wir haben noch immer Projekte am Laufen und diskutieren darüber, wie wir das Ganze weiter führen wollen. Der Kontakt ist nach wie vor sehr eng und wir sind momentan daran etwas vorzubereiten, um uns bei den Leuten zu bedanken, die uns in dieser schwierigen Zeit dermassen toll unterstützt haben.

MI: Habt ihr bereits damit begonnen, neue Songs zu schreiben?

Clemi: Darüber sprechen wir gerade bandintern. Wir beginnen, neue Songs zu schreiben und über die Richtung zu diskutieren, in welche sich Visions of Atlantis bewegen sollte. Wir nutzen die Zeit, um über unsere Zukunft nachzudenken, sowie Visionen zu entwickeln. Wir haben auch tatsächlich bereits konkrete Ideen für neue Songs, und auch das nächste Album ist definitiv etwas, über das wir uns unterhalten. Ursprünglich hatten wir geplant, dies anfangs 2021 zu veröffentlichen, aber ich kann noch nicht versprechen, ob wir den Termin bei all dem, was momentan in der Welt vor sich geht, werden halten können. Aber Visions Of Atlantis liegt sicher nicht auf Eis!

MI: Wird eure ursprünglich auf April geplante Headlinertour quer durch Europa nachgeholt oder fällt sie dem Corona-Virus anheim?

Clemi: Nein, sie wird neu angesetzt, wir werden die Daten so bald als möglich kommunizieren (Anmerkung: Und wir am Ende dieses Artikels nachreichen, sobald sie publik sind).

MI: Wie verbringst du momentan deine Tage?

Clemi: Ich promote nach wie vor Konzerte in Lyon, bin also der CEO meiner eigenen Firma. OK, viele werden nun in nächster Zeit sicher abgesagt werden, aber ich kann von zu Hause aus arbeiten, was toll ist. Mein Arbeitstag verläuft noch immer in geregelten Bahnen. Und ich habe nun auch mehr Zeit, um nachzudenken, wozu ich sonst im Alltag eher weniger komme. Zeit, um meine kreative Ader auszuleben und an meiner persönlichen Weiterentwicklung zu arbeiten. Zudem bietet sich mir so auch die Gelegenheit, mit Freunden zu sprechen, mehr Zeit draussen zu verbringen oder meiner Schwester und meiner Mutter im Haus zu helfen. Aber alles in allem bin ich noch immer ziemlich busy (lacht).

MI: Du hast deine Kreativität erwähnt – die Songtexte von Visions of Atlantis stammen ja fast ausnahmslos aus deiner Feder. Woher nimmst du all die Ideen dazu?

Clemi: Zuallererst muss der Song selbst mich inspirieren, nur so funktioniert das. Als nächstes versuche ich, das mit etwas zu verbinden, was mit meinem Leben, meiner persönlichen Entwicklung verknüpft ist. Es gibt so viele Erfahrungen und Gedanken, die mir im Leben weitergeholfen haben. Ich denke, ich hätte Mühe über etwas zu schreiben, das mir nicht nahe geht. Normalerweise tauche ich in einen Song ein, finde darin eine Idee oder eine Metapher, die mich beschäftigt – sei es nun ein Problem oder ein Gefühl – und möchte dies dann in einer gewissen Weise darstellen. Danach kommen mit der Musik bestimmte Worte, die in diesem Zusammenhang gut tönen, die sich einfach gut anfühlen. Und wenn ich diese Worte habe und sie auch ausdrücken, was ich damit bezwecke, so baue ich den Rest des Liedes um sie herum auf. Normalerweise beginne ich mit dem Chorus, weil dies der Schlüsselteil eines Liedes ist, quasi der Kurs, auf dem man segeln möchte. Dann entfaltet sich eine Geschichte, die von Vers zu Vers wächst. Ich mag es auch, kleine Wendungen in der Bridge oder am Ende einzubauen, so dass alles in sich stimmig ist. Die Lyrics eines Liedes müssen für mich schlussendlich mehr sein als einfach nur Worte, die man singt.

MI: Ganz unabhängig vom aktuell grassierenden Corona-Virus ist es für dich als Sängerin ja sehr wichtig, gesund zu bleiben und ja keine Erkältung einzufangen. Wie schaffst du das, oder anders gefragt, hast du uns da ein paar Tipps?

Clemi: Nun, die Ironie ist, dass ich mich eigentlich nie erkälte, ausser wenn ich auf Tour bin (lacht). Um sich vor Erkältungen zu schützen ist es natürlich sehr wichtig, stets die richtige Kleidung zu tragen, wenn man das Haus verlässt. Zudem ist es aus meiner Sicht unerlässlich, einen gesunden Lebensstil zu pflegen – was ich meiner Meinung nach selbst auch tue. Ich ernähre mich gesund, ich trinke nicht viel, ich treibe Sport und achte auch darauf, genügend Schlaf zu bekommen. Ich denke, wenn du das berücksichtigst, erkältest du dich weniger, weil dein Immunsystem dann auch gut funktioniert. Wieso das bei mir auf Tournee nicht so richtig klappt, hat wohl einerseits mit dem Mangel an Schlaf zu tun, den der ganze Stress unterwegs mit sich bringt, andererseits esse ich halt auch einfach nicht richtig. Ich bin Veganerin und auf Tour ist es nicht immer einfach, sich eine nahrhafte Mahlzeit zuzubereiten. Oft muss am Mittag ein Sandwich mit einem Aufstrich genügen – wenn ich Glück habe, hat es noch nachgemachten Käse oder Gemüse drauf – was als Hauptgericht für eine Hauptmahlzeit aber einfach zu wenig ist. Um 18 Uhr gibt es Nachtessen und nach der Show manchmal noch ein weiteres Sandwich, das aber aus industriell hergestelltem Brot besteht und eine Menge unnützer Kalorien enthält. Daher denke ich schon, dass mein Immunsystem etwas geschwächt ist, wenn wir auf Tour sind. Aber so ist das nun mal, und prinzipiell bin ich zum Glück ja gesund – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper (lacht).

MI: Du hast vorhin Sport erwähnt – was machst du?

Clemi: Ich mag Yoga, ich klettere gerne, und ich mache meine Firnessworkouts.

MI: Lassen wir den Corona Virus sowie den ganzen weiteren Wahnsinn, der die Welt für uns bereithält, mal für einen Moment beiseite. Kannst du dich noch an dein erstes selbst gekauftes Album erinnern?

Clemi: Ich denke, das war „Bedtime Stories“ von Madonna. Ich bin ein Madonna Fan. Ich mag zwar nicht alle ihre Alben gleich gerne, aber als ich jünger war, so bis ins Teenageralter oder sogar noch etwas darüber hinaus, bewunderte ich ihre Persönlichkeit und die Botschaften, die sie rüber brachte. Sie hat meiner Meinung nach in den 80er und 90er Jahren auch dazu beigetragen, dass die Gesellschaft sich weiter geöffnet hat und die Leute den Mut fanden, zu sich und dem was sie sind zu stehen. Sie ist ein riesiger Rockstar, und speziell ihre gigantischen Bühnenshows haben mich immer sehr inspiriert. Dasselbe gilt auch für Michael Jackson, das war mein zweiter grosser Einfluss.

MI: Liest du auch gerne, und wenn ja, welches ist dein Lieblingsbuch?

Clemi: Ja, ich lese gerne und habe in der Regel eigentlich auch immer ein Buch zur Hand. Jetzt eines daraus speziell hervor zu heben ist nicht einfach, da alle, die ich gelesen habe und die ich liebe, mir auf die eine oder andere Weise etwas ganz Spezielles gegeben haben… Ich liebe „Herr der Ringe“ und habe so bitterlich geweint, als ich es durchhatte. Und ich erinnere mich, wie ich damals zu mir selbst sagte: „Oh, wie ich all jene beneide, die die Lektüre dieses Buches noch vor sich haben“. (lacht) Es ist eine unglaubliche Geschichte, viel gehaltvoller als die Filme, wobei ich fairerweise erwähnen muss, dass auch die recht gut gemacht sind. Aber wenn du „Herr der Ringe“ gelesen hast, dann fragst du dich einfach, wie zur Hölle man auf die Idee kommen kann, daraus einen Film machen zu wollen (lacht). Dann habe ich in jüngerer Zeit „Der Alchemist“ von Paulo Coelho gelesen und auch sehr gemocht. Generell mag ich Schriftsteller aus Südamerika. Ich denke, es ist die Art und Weise, wie sie mit Worten die Natur beschreiben, den Amazonas, die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Es ist voller Poesie und Magie.

MI: Angenommen, du hättest die Chance, im Remake eines Filmeklassikers mitwirken zu dürfen, für welchen Film würdest du dich entscheiden?

Clemi: (lacht herzhaft): Ein Teil von mir wäre sehr gerne die neue Lara Croft, nicht wegen ihres Aussehens, sondern wegen der ganzen Abenteuer, die sie zu bestehen hat. OK, streich das wegen des Aussehens, sie sieht auch immer sehr heiss aus. Aber wenn ich mir die Frage genauer überlege… Bei einem Remake von „Piraten der Karibik“ wäre ich gerne mit dabei, etwas wirklich Abenteuerliches. Und mit Waffen und schönen Kleidern herumzurennen, das wäre was für mich (lacht).

MI: Ein Sprichwort besagt, dass jeder Erfolg seinen Preis hat. Was war das Kostbarste, dass du für die Musik opfern musstest?

Clemi: Dieser Aussage kann ich persönlich nicht ganz zustimmen. Wenn das, was du tust und nach dem du strebst, das ist, was du wirklich willst, dann sollten die Dinge, die du deswegen aufgeben musst, nicht als Opfer empfunden werden. Es darf sich nicht wie ein Verlust anfühlen, den du deswegen erleidest. Wenn du dabei das Gefühl hast, dass du etwas aufgeben musst, das du zu sehr liebst, dann ist es wahrscheinlich nicht die richtige Entscheidung.

Aber natürlich ist es schon so, dass wir selber auf einiges verzichten müssen. Wir sind viel auf Tour, wir stecken enorm viel Energie in Visions Of Atlantis, Energie, die dann halt auch von meiner beruflichen Karriere abgeht. Denn seien wir ehrlich, mit Visions of Atlantis verdiene ich nichts, und das ist auch der Grund, wieso wir diese Kampagne, diesen Hilferuf lanciert haben. Wir investieren viel Zeit in die Band und erhalten zumindest finanziell gesehen nichts dafür zurück. Zeit, die dann halt an anderen Orten wieder fehlt.

Weisst du, früher hatte ich zum Beispiel daheim immer eine Katze um mich. Wenn ich jetzt abends nach Hause komme, so fühlt sich meine Wohnung einfach leer an. Ich würde so gerne eine ältere Katze aus einem Tierheim holen und ihr Geborgenheit und Schutz geben. Aber das geht nicht, da ich zu oft weg bin und ich ihr das nicht zumuten möchte. Und ja, wenn ich nicht so viel Zeit und Energie in die Musik investieren würde, dann wäre ich wohl eine erfolgreicherer Unternehmerin, ich würde mehr Geld verdienen, mehr Komfort geniessen, ich hätte vielleicht dauerhaftere Beziehungen und all das.,. Aber ich empfinde das Ganze nicht so, dass es etwas ist, das ich opfere. Etwas opfern zu müssen ist etwas Negatives, und wenn das, was du aufgeben musst, dich unglücklich macht, dann musst du deine Entscheidung hinterfragen. Es ist die Wahl, dich ich ganz persönlich für mich treffe, und da es mich hier und jetzt glücklich macht, ist es gut so wie es ist.

MI: Clémentine, ganz herzlichen Dank für dieses interessante und persönliche Interview! Ich freue mich schon sehr darauf, euch dann hoffentlich bald schon wieder auf Tour zu sehen und dann mit dir anstelle von Krisen und Corona auch wieder über eure Musik reden zu können.

Clemi: Sehr gerne. Und es war interessant, auch mal über etwas Anderes zu sprechen (lacht).

Just als ich diese Zeilen niederschreibe, erreicht mich eine E-Mail von Visions of Atlantis-Sänger Michele Guaitoli, welcher den Versand der ganzen US-Fanshirts organisiert (ja, auch ich habe eins bestellt). 

„Wir arbeiten derzeit daran, die Ware von der Busgesellschaft an das US-Büro unseres Labels zurückzuholen. Wie ihr euch vorstellen könnt, gibt es für sie viel zu tun, denn sie hatten 30 Busse, die wegen der Absage von Touren gleichzeitig zurückkamen. Es ist im Moment ein logistischer Alptraum, der sich überall abspielt.“

In Zeiten wie diesen ist es gut zu wissen, dass die Metal-Gemeinde zusammenhält, komme was wolle!

… und wie versprochen die neuen Tourdaten:

24.09.20 AT – Graz / Explosiv
25.09.20 DE – Weinheim / Cafe Central
26.09.20 DE – Munich / Backstage Club
27.09.20 IT – Milan / Legend Club
29.09.20 UK – London / The Underworld
30.09.20 FR – Paris / tbc
01.10.20 DE – Cologne / Helios 37
02.10.20 NL – Enschede / Metropol
03.10.20 DE – Leipzig / Hellraiser
04.10.20 DE – Erfurt / From Hell
06.10.20 NL – Utrecht / De Helling
07.10.20 NL – Tillburg / 013
09.10.20 DE – Hamburg / Headcrash
10.10.20 SE – Gothenburg / Valand
11.10.20 SE – Stockholm / Slaktkyran
13.10.20 CZ – Prague / Nova Chmelnice
14.10.20 DE – Dresden / Reithalle
15.10.20 AT – Vienna / Szene
16.10.20 CZ – Zlin / Masteres of Rock Cafe
17.10.20 SK – Zvolen / DK ZSR

12.12.20 CH – Wetzikon / Hall of Fame*
13.12.20 DE – Trier / Mergener Hof*
14.12.20 DE – Aschaffenburg / Colos Saal*
15.12.20 BE – Lens / Titans Club*
17.12.20 UK – Manchester / Rebellion*
18.12.20 BE – Bree / Ragnarock*
19.12.20 DE – Bad Friedrichshall / Lemmy’s*

28.03.2020
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