Metalinside.ch - Illumishade - Interview März 2020 - Foto Sandro
Do, 12. März 2020

Illumishade – Interview mit Fabienne Erni, Mirjam Schnedl und Jonas Wolf

Progressive Metal, Symphonic Metal
/ 12.04.2020
Metalinside.ch - Illumishade - Interview März 2020 - Foto Sandro

Auf zu neuen Welten!

Kann es sein, dass Fabienne Erni und Jonas Wolf von Eluveitie langweilig ist? Diese Frage drängt sich angesichts des enormen Arbeitspensums der beiden einfach auf. Als wenn es nicht genug wäre, mit der erfolgreichsten Live-Band Helvetiens unterwegs zu sein, nein, man gründet so mir nichts dir nichts kurzerhand eine neue  Formation mit Illumishade – Masterarbeit von Fabi sei Dank – und erfindet als Zuckerguss obendrauf noch eine eigene Parallelwelt – Herr der Ringe lässt grüssen. Ob der Tag bei ihnen wohl mehr als 24 Stunden hat?

Wir (aka pam und Sandro) trafen das supersympathische designierte Triumvirat von Illumishade – Komponistin Mirijam Schnedl komplettierte die illustre Runde – in Zürich, um einen ersten Blick auf das zu erhaschen, was die Schweizer Metal-Szene unter Umständen nachhaltig prägen könnte. Dabei wurde wie bei Fabienne üblich und in der ganzen Runde noch mehr viel gelacht und die Leidenschaft der drei jungen Musiker war richtiggehend im Raum* zu spüren. Doch beginnen wir ganz von vorne – bei der Idee, quasi dem Urknall dieses neuen Universums…

*Übrigens, ganz passend zu Illumishade und deren Fantasy-Welt im Virtual Reality-Raum der HEGIAS AG in Zürich.

Illumishade – das Interview

Metalinside (Sandro): Wann kam euch die Idee, ein so riesiges Projekt selbst aufziehen zu wollen. Ich meine, ihr seid mit Eluveitie ja nicht gerade unterbeschäftigt.

Fabienne: Der Ursprung des Ganzen war, dass ich an der ZHDK (Zürcher Hochschule der Künste) meine Masterarbeit machen musste, was beinhaltet, 40 Minuten zusammen mit einer Band Musik zu schreiben. Wir waren damals aber so viel mit Eluveitie unterwegs, dass ich mir dachte, wieso wollen wir das nicht zusammen angehen.

MI (pam): (zu Jonas) Mach mir doch bitte rasch meine Masterarbeit (alle lachen).

Fabienne: Nein, im Ernst, so nahm die Geschichte ihren Lauf, und mit der Zeit stiessen noch weitere Mitglieder hinzu. Am Anfang war es eigentlich nur ein Schulprojekt, aber nach und nach wuchs der Aufwand dermassen an, dass wir uns dachten, hey, das müssen wir weiter ziehen – zumal wir auch ein so cooles Team zusammen haben.

Jonas: Zu Beginn hatten wir sicher nicht die Absicht, Illumishade dermassen gross aufzuziehen, das kam erst in einem etwas späteren Schritt, und zwar zusammen mit Tamara, die quasi zu einem Teil der Familie geworden ist.

MI (Sandro): Und Tamara ist…?

Fabienne: Sie ist meine beste Freundin, und wie es der Zufall so will, ist sie auch im Musikbusiness tätig, nämlich bei Good News. Sie war von Anfang an mit an Bord, und mit ihr habe ich auch meine ersten Ideen als Vorarbeit zum Masterprojekt besprochen. Das Ganze hat im Verlauf dann eine solche Dynamik entwickelt, dass wir dachten, da müssen wir einfach dranbleiben. Sie war stets mit dabei, auch bei den Songwritingwochen, und hat noch viele andere Dinge für uns erledigt – sie ist halt der Profi. Sie steht zwar nicht auf der Bühne, zieht im Hintergrund aber viele Fäden und ist, wenn du so willst, die treibende Kraft hinter allem – the kick ass (lacht).

MI (Sandro): Nebst Tamara als guter Geist im Hintergrund arbeitet ihr ja auch noch mit internationalen Konzeptautoren, Geschichtenerzählern und Illustratoren zusammen. Wie kam es dazu?

Fabienne: Irgendwann kam der Zeitpunkt als wir realisierten, dass wir das nicht alles selber stemmen können. Das Konzept, das dahintersteht, die Welt, die wir erschaffen möchten – es wurde einfach zu viel, um das alleine durchzuziehen. Es kamen so viele Elemente zusammen, (zu Mirjam) du noch mit der Filmmusik… Dann lernten wir einen weiblichen Metal-Fan kennen, die Fantasy-Storys schreibt und Auftragsarbeiten erledigt. Die Zusammenarbeit mit ihr ist echt cool, auch wenn das hauptsächlich über Tamara läuft. Und es hilft uns auch, mehr von unserer Welt zu zeigen. Gestern (11.03.2020) haben zum Beispiel eine spontane Aktion gestartet (gemeint ist die World – Collective Intro Sequence).

Jonas: Da wir ja sonst nichts zu tun haben (alle lachen).

MI (Sandro): Was mich zur Frage verleitet, ob euch langweilig ist, dass ihr noch so Side-Projekte stemmen könnt?

Jonas: Langweilig sicher nicht. Ursprünglich war es ja eigentlich „nur“ Fabis Master-Projekt. Aber dass wir das Ganze nun weiterziehen, hat sicher auch damit zu tun, dass Eluveitie eine Marke ist, bei der wir zwar Ideen beisteuern können, aber keine freie Hand haben, wie es nun bei Illu der Fall ist. Grundsätzlich schreibt man bei Elu für eine Welt, die es bereits gibt, und das ist die von Chrigel. Zurecht, das ist ein Fakt und definitiv nicht als Kritik gemeint. Aber ich denke, in uns beiden ist mit der Zeit der Wunsch gereift, etwas Eigenes zu haben, bei dem man sich nicht unterordnen muss und sich ausleben kann. Bei dem man zumindest in der Anfangsphase nicht nach links und rechts schauen muss, und auch nicht in ein Korsett eingeschnürt ist.

MI (pam): Eluveitie ist ja wahrscheinlich die Schweizer Band, die weltweit am meisten auf Tournee ist. Wie gut bringt ihr das aneinander vorbei, und habt ihr irgendwelche vertraglichen Auflagen, wie viel Zeit ihr für so ein Side-Projekt aufwenden dürft?

Fabienne: Es ist klar definiert, dass wir Lücken bei Eluveitie für Illumishade nutzen können, wenn wir das möchten. Und wie das alles aneinander vorbei gehen wird, werden wir sehen. Eigentlich ist es ganz einfach: Was geht, das geht, und was nicht…

Jonas: Vertraglich ist nichts geregelt. Und es ist auch kein Problem daraus entstanden, dass wir jetzt nebenbei noch ein eigenes Projekt hochziehen. Aus dem Eluveitie-Lager spüren wir viel Goodwill, und gerade auch Chrigel findet es cool.

MI (Sandro): Könntet ihr bitte die Band vorstellen, gerne auch gegenseitig…

Fabienne: (zeigt auf Mirjam): Also das ist Mirjam (beide lachen), hallo Mirjam…

Mirjam: Wir beide kennen uns vom Studium her, wir haben bereits bei Fabiennes Bachelor-Projekt zusammengearbeitet. Ich bin Filmkomponistin, und komme eigentlich nicht so von der Popschiene, sondern eher vom Klassisch-Orchestralen. Aber ich empfinde es als sehr  spannend, in diesem Bandkontext mitzuarbeiten. Fabienne kam vor rund eineinhalb Jahren auf mich zu und hat mir von diesem Projekt mit dem ganzen Universum, der märchenhaften Geschichte sowie den verschiedenen Figuren erzählt. Ich finde das total spannend, da mit meinen Mitteln etwas beisteuern zu können.

Fabienne: Die Arbeit mit ihr (Mirjam) ist genial, es passt einfach. Und bei meinem Bachelor hast du ja auch schon Tin Whistle gespielt. Es ist wirklich spannend, eine Filmkomponistin mit dabei zu haben. Wen haben wir sonst noch? Genau… Marc, unseren Drummer. Erzähl du (zu Jonas).

Jonas: Marc… was soll ich sagen… Er ist im positivsten Sinn der Supernerd der Band, der klassische Prog-Drummer, der das ein Leben lang gefressen und die Musikalität einfach im Blut hat. Er ist glaube ich Halbbrasilianer, das Temperament dazu hat er auf alle Fälle, auch mit einem gewissen Hang zum Drama, wenn es sein muss. Er ist extrem musikalisch, und hat auch schon seit längerer Zeit eigene Bands, die im Progressiv Metal – Bereich unterwegs sind. Er ist so eine Art Oktopus am Schlagzeug, einfach der Typ Drummer, den man sich für so ein progressives Projekt wie das unsere wünscht.

Mirjam: Und spannend ist ja auch die Konstellation mit dir (Fabienne), Marc und Yannick, da ihr ja recht lange zusammen in ein einer Klasse gewesen seid. Man merkt, dass ihr euch gut kennt.

Fabienne: Wir haben fünf Jahre lang im selben Jahrgang studiert. Yannick, unser Bassist, Marc und ich. Da hast du jede Woche zusammen Workshops, gehst gemeinsam in den Unterricht, da kennst du dich mit der Zeit musikalisch wirklich gut (lacht).

Jonas: Ich habe mit Marc bereits bei seinem Bachelor gespielt, Yannick auch, und wir haben bereits früher schon gemeinsam Musik gemacht. Ich bin ja Dozent an der Schule, Marc und Yannick waren an all meinen Workshops – (zu Fabienne) du leider etwas weniger (alle lachen). Die Rhythmus Sektion hat schon viel zusammen gemacht, sie bildet eine Einheit. Und Yannick ist im Vergleich zu Marc auch eher der Ruhepol der Band.

Fabienne: Ich denke, es war für uns ziemlich offensichtlich, wen wir fragen wollten. Wir kennen einander sehr gut, sind eingespielt – und es stimmt halt auch zwischenmenschlich, was auch sehr wichtig ist.

MI (pam): Es hätten ja auch ein Alain oder Kai aus den Reihen von Eluveitie sein können… Oder wolltet ihr euch da bewusst abgrenzen?

Jonas: Ich denke, gerade im Falle des Drummers ist die Wahl schnell gefallen. Marc ist halt auch extrem affin auf den ganzen Überbau dieser Welt, die ganze Geschichte, die dahintersteht. Und er ist einfach ein Wahnsinnsdrummer. Und auch bei Yannick…. Es ist musikalisch ohnehin etwas Anderes als Elu. Aber den Gedanken bezüglich Vermischung hatten wir wahrscheinlich schon etwas im Hinterkopf.

Fabienne: Für uns war aber auch klar, dass es mein Masterprojekt ist, und dafür nehmen wir ZHDKler. Wir sind alle aus der Umgebung von Zürich, was zum Beispiel auch das Proben einfacher gestaltet.

Jonas: Was man vielleicht noch zu Yannick sagen kann… Er war lange Zeit der unsicherste Faktor. Es war zwar klar, dass er so lange dabei sein wird, bis das Masterprojekt abgeschlossen ist, aber das Danach war etwas in der Schwebe, da wir nicht einschätzen konnten, ob er das Ganze auch cool findet. Es ist ja quasi ein Fantasy-Projekt, und da gehört halt auch eine grosse Prise Nerdism dazu – will ich mich darauf einlassen? Bei den anderen haben wir das gewusst, bei ihm waren wir etwas unsicher. Aber dann kam auch von ihm das volle Commitment.

Mirjam: Und er ist auch ein sehr gefragter Musiker, er spielt in sehr vielen Projekten mit.

MI (pam): Ihr drei bildet im Prinzip so etwas wie das Grundgerüst von Illumishade. Sind Marc und Yannick eher als Session-Musiker zu sehen oder gehören sie auch zum harten Kern der Band? Respektive seid ihr drei die Band, und werdet bei den Aufnahmen sowie später noch bei den Konzerten durch sie verstärkt?

Jonas: Ich denke, gegen aussen ist es schon ein wenig als Doppelfront konzipiert, also Fabi und ich. Das muss aber nicht heissen, dass die anderen Session-Musiker sind.

Mirjam: Und es gibt ja auch verschiedene Verantwortungsbereiche, bei denen man sicher mehr oder weniger einbringt, resp. einbringen kann, je nach Erfahrung eben. Jonas und unser Mischer Claudio sind gerade viel im Studio, da fällt momentan auch eine Menge Arbeit an.

Jonas: Den Letzten beissen die Hunde (lacht). Aber es ist auf jeden Fall eine Band, man wird sowohl Marc als auch Yannick klar heraushören können. Sie sind auf keinen Fall austauschbar, einfach auch schon wegen ihrer Musikalität. Man muss zuerst mal jemanden wie die beide finden – wir kennen mittlerweile recht viele Musiker, auch nicht nur aus der Schweiz, und die beiden bewegen sich halt auf einem extrem hohen Level.

Fabienne: Wir hatten im letzten Sommer ja auch noch so eine Songwritingwoche, in der mit den Songs noch viel passiert ist. Sicher kamen wir mit klaren Vorstellungen oder sogar schon fast fertigen Demos an, aber jeder hat noch eigene Ideen beigesteuert, so dass so einiges noch neu geformt wurde. Gemeinsam ist da wirklich viel entstanden.

MI (Sandro): Wie Jonas vorhin erwähnt hat, geistert die Idee dieser Welt bereits seit rund eineinhalb Jahren in euren Köpfen herum.

Fabienne: Ich habe mir damals einfach überlegt, was ich als Masterarbeit machen möchte. Ich hatte irgend so eine Geschichte im Kopf, sass deswegen mit Tamara zusammen, habe es auch Jonas erzählt, als wir im Elu-Studio zusammen die Wände gestrichen haben …

MI (pam): … unter dem Einfluss der ganzen Farbdämpfe (alle lachen).

Fabienne: Das war im Herbst 2018, und im November ’18 haben Tamara und ich uns hingesetzt und die ganzen Ideen mal zu Papier gebracht. Da war für mich klar, das wird mein Masterprojekt sein. Mir gefällt es einfach. Ich liebe auch Musicals, da geht es auch um Geschichten, die Songs kommen quasi oben drauf. Die Handlung hilft mir beim Songwriting enorm. Jonas, bei dir läuft das eher mit Bildern, oder?

Jonas: Genau… Ich bin so der Game-Nerd – Play Station, Final Fantasy; ich habe das sozusagen gefressen, hunderte Stunden lang…

Mirjam: Mich hat das auch extrem angesprochen, das Universum, die Filmmusik… Fantasy gefällt mir einfach, die Klangwelt, dass es auch mal episch werden darf…

MI (Sandro): Ihr habt das Ganze als Crowdfunding-Projekt gestartet und auch ein tolles Video dazu gemacht. Wie kamt ihr auf diese Idee?

Jonas: Dass Bands sich über eine solche Plattform Geld beschaffen, ist ja nicht wirklich neu. Ich habe so um 2012/13 in einer Basler Popband namens „The Bianca Story“ gespielt, und das war dazumal eines der ersten Projekte, welches es über „We Make It Deutschland“ versucht hat. Es kam ein recht hoher Betrag zusammen, die Geschichte ging auch etwas durch die Presse. Neu ist die Idee also nicht, und wir haben uns am Anfang schon gefragt, ob das wohl gut kommt oder ob es heisst, ou, jetzt machen die das auch noch…

Fabienne: Aber es war notwendig. Die CD-Produktion ist ja nicht gratis, wie vieles andere auch nicht.

Jonas: Und eben, wenn wir zu einem Label gegangen wäre und um einen Plattenvorschuss gebeten hätten… Wer weiss, wie viel das gewesen wäre.

Mirjam: Es ist auch eine tolle Art, um mit der Community eine schöne Verbindung aufzubauen. Mit den Goodies wie gemeinsam Sushi essen, einem Wohnzimmerkonzert… So kann man die Leute auch gut auf sich aufmerksam machen. Und es lief wirklich super.

MI (pam): Sind die Plattenfirmen nicht bereits etwas hellhörig geworden? Ich meine, wenn man mit der Marke Eluveitie auf dem Rücken herumläuft, dann könnte das schon ein Türöffner sein, oder? Man sah das ja damals auch bei Anna (Murphy), als sie mit Cellar Darling bei Nuclear Blast unter Vertrag kam.

Jonas: Es wäre wahrscheinlich nicht so schwierig. Aber wir machen es ja bewusst nicht, von uns aus gibt es keinen bewussten Move auf jemanden zu. Und so, wie wir das Ganze jetzt hochfahren, ist es glaube ich auch ein recht klares Statement: Wir machen es selbst, und wenn ihr etwas von uns möchtet, dann klopft bitte an.

Fabienne: Tamara macht das alles sensationell, sie ist ein riesen Schatz! Die Resonanz ist aktuell massiv, und wir möchten die Fäden in den eigenen Händen behalten, solange es irgendwie geht.

Jonas: Oder wenn andere Bands uns fragen, wer uns managed – das ist dann eigentlich nochmals ein anderes Level und zeigt, was für einen sensationellen Job Tamara macht!

MI (Sandro): Ihr habt ja auch stets betont, dass ihr eure künstlerischen Freiheiten behalten möchtet, und deshalb alles alleine aufzieht. Anders herum gefragt, inwiefern schränkt ein Label diese denn ein?

Fabienne: Mit Deadlines! (lacht)

Jonas: Deadlines, die wir nicht einhalten.

Fabienne: Ok, die haben wir von Tamara auch (alle lachen).

Jonas: Und wahrscheinlich noch härter als das bei einer Plattenfirma der Fall wäre. Ich denke, das ist auch stark vom jeweiligen Genre abhängig. Aus meiner Erfahrung bei Eluveitie macht Nuclear Blast keine Auflagen, da es sowas schlichtweg nicht braucht. Die Vision kommt von Chrigel, er hegt und pflegt das Ganze und es formt sich wie von alleine. Klar, es kann schon vorkommen, dass wir bei einem Song nicht sicher sind. Aber ich denke, gerade im Pop-Sektor hörst du viel häufiger „Hey, das wird eine Single, das nicht“. Ich glaube, dass das Korsett, in das du geschnürt wirst, schon stark vom Musikgenre beeinflusst wird.

MI (Sandro): Seht ihr dieses Projekt auch als Chance, mehr hinter die Kulissen des Musikbusiness schauen zu können, einen tieferen Einblick zu bekommen, zu lernen, wie alles funktioniert? Bei Elu ist wahrscheinlich schon vieles vorgespurt, wo ihr hingegen bei Illu quasi euer eigener Meister seid.

Jonas: Und müssen es auch lernen (lacht). Klar, das alles ist enorm lehrreich für uns. Bei Eluveitie war es schon etwas so, dass Fabi und ich uns in ein bereits gemachtes Nest setzen konnten.

MI (pam): Einer deiner ersten Auftritte bei Elu war ja in Wacken …

Jonas: Genau, das sind im Prinzip absurde Erlebnisse, da musst du weder den Nightliner buchen noch selbst die Saiten aufziehen. Bei mir wird es wahrscheinlich so sein, dass wir gerade tourmässig Erfahrungen werden sammeln können, die über das hinaus gehen, was ich zuvor mit lokalen Bands gemacht habe bzw. noch immer mache. Aber das ist Do-It-Yourself, die Strasse, die wir befahren, wird härter sein.

MI (Sandro): Wie entstehen die Songs von Illumishade? Wer hat da den Lead bei euch?

Fabienne: Es ist mein Master-Projekt, also kam der Grundstock von mir. Danach sind Jonas und ich ein paar Tage zusammen gesessen und haben an den Demos gearbeitet. Und wir drei ergänzen uns wirklich gut: Ich mit meinen etwas kitschigen Melodien, Jonas mit seinen Riffs und dem ganzen Drumzeugs (lacht) – einige Songs hat er auch selbst geschrieben. Und am Schluss kommt dann noch Mirjam mit all den Noten und so.

MI (pam): Mirjam, was ist für dich einfacher, wenn du mit dem Orchester quasi das Fundament legst oder wie in diesem Fall, wenn die Songs im Prinzip schon da sind und du machst sozusagen das Kleid rund herum, den ganzen Bombast?

Mirjam: Mir gefällt diese Art so zu arbeiten sehr. Es existiert bereits etwas Tolles, und ich kann einfach noch meine Soundwelt dazu legen – ich muss nicht von Anfang an alles neu erfinden. Ich empfinde das eigentlich als spannender, die Zusammenarbeit ist auch viel interaktiver. Wir sind am Anfang oft zusammen gesessen, waren auch einen ganzen Tag im Studio und haben Sounds heraus gesucht und eine Klangwelt erschaffen. Das finde ich mega schön, es ist ein echtes Miteinander. Die Songs haben sich nach der Songwritingwoche, aber auch nach unserem ersten Konzert, nochmals recht stark verändert, wie sich auch unser ganzes Universum weiter entwickelt hat. Ich finde das einfach spannender, als in der Rolle der Filmmusikkomponistin einen Film alleine zu vertonen. Da erhält man vielleicht ein paar Inputs vom Regisseur, ich mache die Komposition, das Ganze wird aufgenommen und das war’s. Hier ist eigentlich stets alles etwas im Wandel. Auch von unserem Mixer Claudio kommen immer wieder Ideen. Das Endprodukt unterscheidet sich dadurch sehr von der Skizze, die wir am Anfang von den Songs hatten – was ich als sehr spannenden Prozess erlebe.

Jonas: So, wie Illumishade momentan daher kommt, ist es wie bereits erwähnt quasi ein Doppellead, was man meiner Meinung nach auch recht gut hört. Die beiden ersten Veröffentlichungen – „World’s End“ und „Rise“ – kann man gut als Blueprint von Illumishade nehmen. „World’s End“ ist ein typischer Heavy-Song, progressiv – er wurde von der Band ausgearbeitet und ist mit dem Orchestralen zu dem gewachsen, was er jetzt ist; aber dennoch kommt er aus meiner Ecke. Und dann gibt es mit „Rise“ den klassischen, balladesken Titel, der in seinem Herzen ganz klar Fabiennes Song ist. (Zu Fabienne) Du bist eher eine klassische Songwriterin, wenn man es so sagen darf: Old School – Klavier und Gesang, mehr braucht es nicht. Im Anfangsstadium habe ich ihn etwas „ausgekleidet“. Unterdessen ist es aber so, dass Mirjam und ich das zusammen machen. (Zu Mirjam): Du hast daran denselben Anteil wie ich, da die ganze Orchestration derart reichhaltig daher kommt, dass es zu einem nicht mehr wegzudenkenden Markenzeichen dieser Band geworden ist. Dein Input wirkt, als wenn unsere Ideen noch koloriert, eingefärbt würden – „ausformuliert“ trifft es wohl am ehesten.

MI (Sandro): Und wie passt da die dritte Single „Crystal Silence“ hinein?

Jonas: Hinter „Crystal Silence“ verbirgt sich eigentlich eine lustige Geschichte. Es war der letzte Song, den wir noch offen hatten. Er sollte möglichst schnell auf den Punkt kommen, catchy sein, von der Struktur her eher ein Popsong – wie hart er von den Riffs her wird, war noch offen. Fabienne hatte bereits die Gesangsmelodie, wir versuchten, das Ganze umzusetzen – aber irgendwie wollte es einfach nicht hinhauen. Ich habe mich dann für ein paar Stunden zurückgezogen, ihre Melodie genommen, alles andere entfernt und neu gemacht.

MI (pam): So wie damals bei Elu in der Küche des Aufnahmestudios mit „Ambiramus“?

Jonas: Genau. Der fertige Song war eigentlich noch recht nahe an der Preproduction. Es war Fabis Idee plus… – hier haben wir auch wieder dieses Doppelding. Aber insgesamt ist es wohl eher einen von meinen. Ich mag „Crystal Silence“ im Nachhinein irgendwie sehr gerne, er ist super poppig, er hat diese Synthis, die eher in Richtung Sabaton oder Amaranthe gehen. Und dieses Disco-, Elektropopzeugs; was auch klar so gewollt war. Das ist eben auch ein genialer Aspekt an Illumishade: als Kontrast zu „World’s End“, der eher ernst und düster daher kommt, können wir problemlos auch sowas machen. Und es passt wunderbar in unsere Welt, zu den verschiedenen Völkern.

Mirjam: Wir haben im Winter künstlerische Entscheidungen getroffen, wie genau wir solche Dinge einsetzen möchten. Am Anfang war alles eher orchestral, es gab fast keine Synthis, aber das hat sich in der Zwischenzeit ziemlich stark geändert, hin zu ein wenig moderneren Klängen. Und das zeichnet Illumishade eben auch aus, es ist vom Sound her keine Kiste aus dem letzten Jahrhundert, es enthält auch moderne oder weirdy Klänge. Und das passt aus meiner Sicht auch perfekt zur Geschichte unseres Universums, die keine Märchenstunde aus vergangenen Tagen ist, sondern eigentlich im Hier und jetzt oder in der Zukunft spielt.

Fabienne: „Crystal Silence“ war so der Schlussspurt, so der kreative Boost, den man zum Abschluss braucht. Und Jonas ist da einfach genial. Das merkt man auch bei Eluveitie (zu Jonas), wenn’s brennt, dann kommst du einfach auf den Punkt, funktionierst auf Knopfdruck. Das war auch damals bei dieser Situation wieder offensichtlich… Da kommt er nach zwei, drei Stunden mit einem Demo an, und wir alle „wow“. Das ist sowas wie seine Spezialität.

MI (pam): Hat das zur Verfügung stehende Geld auch für echte Orchesteraufnahmen ausgereicht oder allenfalls für einzelne Instrumente?

Mirjam: Letzten August habe ich effektiv für jeden Song ein orchestrales Arrangement mit einem kleinen Streichorchester gemacht und im Studio aufgenommen. Das lag drin, aber sonst arbeite ich relativ viel mit eigenen Sounds, auch mit Aufnahmen von richtigen Instrumenten, deren Klang ich nachträglich bearbeite. Zudem kommen noch viele synthetische Klänge und Soundeffekte hinzu, atmosphärisch, nicht nur orchestral. Das Ganze ist nicht abhängig davon, ob wir auf ein perfektes Orchester zurückgreifen können.

Jonas: Wir verfügen natürlich nicht über ein Budget wie Epica oder so, aber andererseits hört sich das Endergebnis nicht grundlegend anders an. Top Leute kann man eben nicht mit Geld aufwiegen, das zeichnet unsere Band eben aus. Jedes Glied in der Kette ist perfekt besetzt. Und wenn man „World’s End“ als allerersten Song anschaut, die Resonanz, die wir als neue Band damit erlangen konnten… Klar haben wir von Eluveitie viel Erfahrung mitbringen können, aber rein musikalisch ist Illumishade eine neue, andere Welt, und als Produkt überzeugt es in meinen Augen total.

MI (Sandro): Gerade bei der ersten Single „World’s End“ gab es in den Kommentaren ja immer wieder Vergleiche mit Dream Theater. Könntet ihr euch damit identifizieren?

Jonas: Absolut! „World’s End“ war so ein kreativer Boost von mir, der in einem Rutsch entstand. Und beim Refrain ist mir erst später aufgefallen, dass es typisch Dream Theater – like klingt. Das kam einfach irgendwie aus meinem Unterbewusstsein. Wenn man all unsere Einflüsse anschaut, dann kommt sowas wohl auch nicht wirklich überraschend.

MI (pam): Ist „World’s End“ quasi ein Trademark-Song von Illumishade, welcher so ziemlich alle Komponenten enthält, welche man auch bei den restlichen Tracks erwarten darf?

Fabienne: Wir haben uns sicher etwas dabei überlegt, als wir den als ersten rausgehauen haben.

Mirjam: Es ist definitiv ein extrem vielseitiger Song, der ganz verschiedene Facetten von uns zeigt. Und er lädt einen auch in unser Universum ein, finde ich.

Jonas: Vielleicht ist er das, vielleicht vereint er all unsere Welten. Aber momentan sind wir wohl alle einfach zu nahe dran, um das objektiv beurteilen zu können. Aber er entspricht sicher auch am Meisten unserem Bandnamen, der Lichtblick, aber auch ganz klar die Tiefen, die Schatten….

MI (pam): Jetzt habe auch ich es geschnallt, was es mit dem Bandnamen auf sich hat… Licht / Schatten…

Fabienne: Ich hatte halt so eine Idee mit diesen Licht- und Schattengeschichten in der Story, einfach mit den Kontrasten. Einerseits liebe ich Balladen, all das kitschige Zeugs, andererseits singe ich aber auch gerne so härtere Sachen. Es sind wie zwei Seiten von mir, und ich dachte, das muss man ins Gesamtkonzept mit einfliessen lassen. Ich denke, das merkt man bereits bei den ersten beiden Songs, die wir veröffentlicht haben. Da sind die Kontraste sehr offensichtlich, und ich fand, dieses hell/dunkel, hart/sanft sollte sich auch im Bandnamen widerspiegeln.

Jonas: Eigentlich hat es ja auch noch mit einer Sprache zu tun – Finnisch, oder?

Fabienne: (Zu Jonas) Kannst du dich noch erinnern, als wir damals das Elu-Studio gestrichen haben, da kamen wir irgendwie auf Eislandschaften zu sprechen. Ich habe dann nachgeschaut, was „Schneesturm“ in anderen Sprachen heisst, und da stiess ich auf „Lumisade“ oder so ähnlich, was aus dem Finnischen stammt, genau. Daraus entstand dann der Bandname, welcher meiner Meinung nach wirklich gut zu uns passt. Die Geschichte handelt ja auch von Licht resp. dem Schatten, der dann Überhand nimmt – eben „World’s End“. Die ganzen Kontraste spiegeln sich sowohl in der Story als auch in der Musik wider.

MI (Sandro): Wenn ihr Illumishade in irgend eine musikalische Schublade stecken müsstet, welche wäre das?

Jonas: Illumicore! (alle lachen) Wir bedienen uns halt wirklich so ein bisschen bei der ganzen Rockgeschichte. „Rise“ zum Beispiel klingt nicht wirklich nach den 70er Jahren, könnte aber eine Rockballade dieser Epoche sein. Und dann haben wir „World’s End“ und andere Sachen, die eher aus den Zehnerjahren stammen, so Prog-Metal eben… es ist wirklich nicht einfach…

Mirjam: Ich denke, es ist auch nicht wirklich unser Ziel, uns einem bestimmten Genre unterzuordnen.

Fabienne: Genau, das überlassen wir den Journalisten (lacht).

Jonas: Die Geschichte hat ja auch gezeigt, dass viele heute geläufige Begriffe von Journalisten geprägt wurden. Es ist normalerweise nicht die Band, die sagt, wir machen dies oder das. Das ist eben auch das Spannende an solchen Interviews, da kann man Jahre später darauf zurückblicken und schauen, wie ein neuer Begriff entstanden ist. Vielleicht passiert uns das ja auch.

MI (Sandro): Fabienne, ich habe auf Facebook gesehen, dass Anna Murphy (Ex-Eluveitie, jetzt Cellar Darling) deine Vocals abgemischt hat.

Fabienne: Genau, sie arbeitet unter anderem ja auch als Tontechnikerin. Zur Aufnahme meiner Backing Vocals durften wir das Studio von Tommy Vetterli (u.a. Ex-Coroner, -Kreator, -Stephan Eicher; Musikproduzent) benutzen. Es ist natürlich super, mit einer derart erfahrenen Sängerin zusammen arbeiten zu können und an den Vocals zu feilen. Sie ist ohnehin eine tolle Künstlerin und kommt nochmals aus einer anderen Ecke als ich, so dass wirklich sehr coole Ideen dabei herauskamen.

MI (Sandro): Die Beschreibung der Stämme auf eurer Homepage, sowie auch die Art und Weise, wie ihr euch generell dort präsentiert, erinnern mich stark an Phantasiespiele à la «Das Schwarze Auge». Ich nehme an, dies wurde nicht zufällig so aufgezogen und wird in der Zukunft noch das eine oder andere nach sich ziehen. Illumishade, The Card Game?

Jonas: (lacht) Das ist der Plan. Klar, wir möchten natürlich auch den Weg für völlig neue Ideen ebnen, und es wäre toll, auch solche Leute abholen zu können. Die Ideen sind da, aber die Umsetzung liegt wohl noch etwas in der Ferne…

Mirjam: Es ist in der Tat auch für uns Musiker toll, in solch einem Open World – Setting arbeiten zu können. Es gibt so vieles, das unsere Konzeptwriterin noch weiter entwickeln kann. Es sind noch so viele Ideen vorhanden, so dass wir uns nie die Frage stellen müssen, wovon denn nun das nächste Album handeln soll.

MI (Sandro): Ihr seid auf der Homepage alle einem gewissen Stamm zugeordnet. Widerspiegeln die beschriebenen resp. den einzelnen Musikern zugeordneten Charaktere auch die Eigenschaften der jeweiligen Personen selbst?

Mirjam: Entwickelt wurden diese Völker von Fabienne, Tamara sowie unserer Konzeptwriterin, ebenso wie das Quiz, welches auch auf unserer Homepage zu finden ist – und von uns allen auch absolviert wurde.

Jonas: Der Masterplan dahinter ist schon, dass jedes Bandmember auch ein bisschen das Rolemodel eines bestimmten Stammes ist. Von daher sind die Bandmitglieder auch auf dieser Ebene schlicht nicht austauschbar.

MI (Sandro): Wenn man sieht, wie gross und durchdacht diese Welt, ja eigentlich alles ist, so fragt man sich, was da noch alles kommen wird.

Jonas: Das stimmt, jeder macht sich da auf seine Weise Gedanken. Ein Thema dabei sind sicher die Liveshows, wie lange der Slot sein wird, den wir in Bezug auf Eluveitie haben werden. Das ist etwas, das wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht so genau abschätzen können. Eine weitere Herausforderung wird zudem sein, genügend Content für die Auftritte vorweisen zu können. Aktuell haben wir vom Album her so 35 – 40 Minuten, das heisst, wir brauchen noch weitere Songs. Vielleicht machen wir da noch das eine oder andere Cover, nur müssen diese dann auch irgendwie in unser Welt passen. Möglicherweise wagen wir uns an einen Klassiker, mal sehen. Und was die Zukunft von Illumishade generell betrifft… Alles, was wir bisher gemacht haben war cool, aber danach muss was anderes nachkommen, etwas Moderneres oder was auch immer.

Fabienne: Wie du richtig gesagt hast, ist sowohl musikalisch wie auch storymässig so viel vorhanden, dass uns die Ideen sicher nicht so schnell ausgehen werden. Man könnte zum Beispiel ein Album auch mal einem Stamm widmen. Was ich aber auch enorm wichtig finde, ist diese Interaktivität, wie zum Beispiel das Tribe-Quiz. Unsere Zuhörer sollen sich mit unserer Welt verbunden fühlen, ein Bestandteil davon werden können. Wie bei diesem YouTube-Post, den wir gestern gemacht und die Leute dazu aufgefordert haben, die vier Leitsätze selbst aufzunehmen und uns zuzusenden. Wir mischen die dann ins Album hinein, so dass nicht nur die Band, sondern alle Bestandteil dieser Welt sein können.

Mirjam: Für uns ist es wirklich wichtig, dass sich die Leute mit diesen Tribes identifizieren und in diese Welt eintauchen können. So gibt es zum Beispiel für jeden dieser Stämme einen eigenen Kanal auf Facebook und Instagram, so dass man sich untereinander austauschen kann, was wiederum die Interaktivität fördert. Das möchten wir in Zukunft noch ausbauen, so dass wirklich eine Community entsteht, und die Fans ein aktiver Bestandteil unserer Welt werden können.

MI (Sandro): Dieser Einbezug der Fans zieht sich bei euch ja quasi wie ein roter Faden durch das ganze Projekt. Auch die bei der Crowdfunding-Geschichte ausgeschriebenen Belohnungen find ich zum Teil sehr speziell resp. auch sehr persönlich. Gesangs- resp. Gitarrenstunde, Sushi-Essen, VIP Wohnzimmer-Konzert. Ihr gebt nicht einfach nur eine unterschriebene CD, sondern auch etwas von euch selbst. Was versteht ihr persönlich unter dem Begriff „Fan“?

Fabienne: Liebe, Support…. OK, Liebe ist vielleicht ein etwas grosses Wort… Interaktion…

Jonas: Das mag jetzt etwas doof klingen, aber ich denke dabei speziell auch an mich selber. Während eines sehr grossen Teils meiner musikalischen Erziehung war ich immer ein riesiger Fan von einem oder auch mehreren Künstlern, an denen ich mich orientiert habe, und von denen ich mich inspirieren liess. Und das bin ich auch jetzt noch. Was sich wohl irgendwie absurd anfühlt, wenn man selbst in einer Band spielt, die für andere eine Inspiration sein kann. Wenn ich an das Wort „Fan“ denke, dann sehe ich darin auch noch immer mich, wie ich mit 14 Jahren war. Ich denke, das ist ein wichtiger Part. Wenn jemand Fan von mir ist, dann ist das cool, aber selbst bin ich es halt auch noch immer. Und ganz toll finde ich eben auch dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, das in der Metal- und Rockszene so ausgeprägt vorhanden ist. Das Credo lautet stets „wir sind zusammen da“, nicht: ihr seid dort, wir sind hier oben.

Mirjam: Was mich fasziniert ist der Drive, den das ganze bereits jetzt aufgenommen hat. Ein Fan zum Beispiel hat sich vom Tribe-Symbol, zu dem er gemäss Quiz gehört, ein Accessoire gemacht, ein anderer sich ein Tattoo stechen lassen. Das ist unglaublich und motiviert einen extrem.

Jonas: Und das bei noch so wenig Content. Würdest du dir ein Tattoo stechen lassen, wenn du erst einen Song dieser Band kennst? Wobei man an dieser Stelle sicher anfügen darf, dass es auch eher schwierige Momente gibt – gerade du, Fabienne, kennst das von uns allen wohl mit Abstand am besten. Die Enttäuschung eines Fans kann auch heavy sein…

MI (Sandro):  Du meinst jetzt eher negatives Feedback, oder?

Jonas:  Genau… Wenn dich jemand total super findet und beim nächsten Album denkt, was macht ihr denn da für einen Sch… Das Thema ist dann eher, wie nahe man sowas an sich heranlässt. Oder was wir gerade von Eluveitie her kennen ist, dass jemand schreibt „hey, ihr habt mir durch eine sehr schwere Zeit geholfen“ und das dann auch extrem detailliert beschreibt. Auf der einen Seite ist das eine Ehre, man fühlt sich gut, andererseits fragst du dich halt auch: was mache ich damit? Wie viel ist noch gesund, auch für mich, wie viel von dem lasse ich an mich heran, wie viel Abstand muss ich da wahren. Und: Was kann ich mit meiner Aussage bewirken? Das ist etwas sehr Sensibles, Heikles, und man muss sich sehr genau überlegen, was für Auswirkungen das haben kann.

Fabienne: Man ist auch ein wenig wie ausgestellt…

Jonas: Du kennst das natürlich nochmals auf einem völlig anderen Level.

Fabienne: Es prasseln einfach Kommentare auf dich ein, auch solche, die dich treffen und dir weh tun. Damit umzugehen musste ich gerade am Anfang bei Elu wirklich lernen. Ich kann es in einer gewissen Weise ja auch nachvollziehen; ich wäre auch kritisch, wenn nach zehn Jahren meine Lieblingssängerin geht und jemand Neues nachkommt. Aber für mich, die in deren Fussstapfen tritt, war das schon heavy. So von 0 auf 100…

Jonas: Und dann gibt es auch die Art von Kommentaren, bei denen du dich fragst, wieso nimmst du dir in deinem Leben die Zeit, einen solchen Frust abzulassen.

Fabienne: Und andererseits kommt auch so viel Positives rein, all die Nachrichten, die wir im Bezug auf Illumishade erhalten haben. Das alles tut enorm gut und pusht einen extrem.

Mirjam: Das ist wirklich krass. Ich erlebe sowas zum ersten Mal und es motiviert einen wirklich enorm.

MI (Sandro): Ist es in der heutigen Zeit nicht etwas gar mutig, ein Konzeptalbum heraus zu bringen? Oftmals wird recht wahllos von Song zu Song geskipt, was gerade in diesem Kontext schade wäre.

Jonas: Die Gefahr ist sicher da, klar, ich meine, wir schwimmen voll gegen den Strom, im Jahr 2020 ein Konzeptalbum zu veröffentlichen…

Fabienne: Das Wichtigste aus meiner Sicht ist aber auch, dass die Songs in sich funktionieren. Wenn sich jemand gar nicht mit unserer Konzeptwelt auseinandersetzen möchte, dann ist das absolut ok, da jeder Titel auch für sich alleine stehen kann. Und für all jene, die etwas tiefer in unsere Welt eintauchen möchten, ist dieser übergeordnete Bogen mit der Geschichte und allem anderen dahinter natürlich eine tolle Sache. Klar, ich bin auch nicht unbedingt jemand, die sich stundenlang Zeit für ein Album nimmt, ob das nun gut oder schlecht ist, sei dahingestellt. Aber ich denke, Metal ist noch so ein Genre, das so etwas zulässt. Die Leute kaufen noch viel CDs, Merch, und nehmen sich auch noch richtig Zeit, um in ein Album einzutauchen.

Jonas: Genau, gerade die Prog-Szene im Speziellen, an die wir zu einem Teil auch andocken können. Und was bei Illumishade aus meiner Sicht halt auch wirklich cool ist: Wenn man das Album nun einfach Song für Song durchskipt, so gibt es recht viele Songs, die bei 1:30 völlig anders klingen als bei 4:50.

Fabienne: (zu Mirjam) Wie hörst du Musik, nimmst du dir Zeit?

Mirjam: Ich habe weder CD-Player, noch Stereoanlage oder Plattenspieler – einfach Spotify. Aber ich höre schon bewusst hin und lasse das ganze Album durchlaufen, speziell wenn es sich um ein Konzeptalbum handelt. Aber klar, zum Teil hast du auch deine Lieblingslieder, die du in eine Playlist schmeisst und dann random durchhörst.

MI (Sandro): Habt ihr euch auch schon mal überlegt, mit wem ihr am liebsten auf Tour gehen möchtet?

Fabienne: Nightwish (lacht), also Floor Jansen. Der Rest ist mir eigentlich egal, Hauptsache Floor, die bewundere ich!

Jonas: Wir haben letzthin darüber gesprochen. Ich denke, Dream Theater, Devin Townsend und eben Illumishade würden gut zusammenpassen.

Mirjam: Das würde passen, auch von der Klangwelt her. Generell wäre es wie das Eintauchen in ein Universum, was recht cool wäre.

Fabienne: Und Nightwish (lacht).

MI (Sandro): Fabienne, könntest du dir vorstellen, bei einem Format wie „Sing My Song“ mitzumachen?

Fabienne: Das habe ich mir noch gar nie überlegt…  Floor Jansen war bei sowas ziemlich viel unterwegs… Eine gute Frage… „Sing meinen Song“ finde ich persönlich etwas wirklich Cooles, von dem her wäre ich sicher nicht abgeneigt… Ich weiss jetzt gar nicht, was ich sagen soll (lacht).

MI (Sandro): Noch zu etwas komplett Anderem – angenommen, ihr hättet die Möglichkeit, eine Rolle in einem Film zu übernehmen, was würdet ihr wählen? Was wäre euer liebstes Genre, wo würdet ihr euch am liebsten sehen?

Fabienne: In einem Illumishade-Film, der in ein paar Jahren erscheinen wird (lacht).

Mirjam: Ein Gastauftritt in einem „Herr der Ringe“ – Filme wäre genial.

Jonas: Ich wäre gerne der neue Thor. Klar, ich müsste vorher schon so zwei Jahre ins Gym oder so, aber ich würde mich selbst schon gerne mal mit Special Effects etc sehen; herumfliegen, das fände ich cool.

MI (Sandro): Zum Abschluss noch ein paar Worte an eure Fans?

Jonas: Kommt einfach alle an unsere Plattentaufe (lacht).

Fabienne: Es ist toll, dass viele in unsere Welt eintauchen und Teil davon sein möchten.

Jonas: Voll, und ich denke, da ist auch mal ein riesiges Dankeschön angebracht.

Fabienne: Auch, dass ihr euch die Zeit nehmt und euch da hinein denkt, auch wenn das mit den Stämmen manchmal doch etwas kompliziert ist (lacht). Und auch ein riesiges Danke für das super Feedback, das wir erhalten haben.

Mirjam: Enter our world.

Jonas: (zu Fabienne) Jetzt kannst du deine Sprüche noch sagen.

Fabienne: Learn what is before you… (die ganze Truppe kringelt sich vor Lachen)

Falls ihr ebenso wie wir darauf brennt, euch das Endergebnis dieser musikalischen Schöpfungsgeschichte reinzuziehen, so streicht den 15. Mai 2020 in eurem Kalender fett an. Dann nämlich erscheint das Erstlingswerk von Illumishade – oder die Masterarbeit von Fabi, ganz nach Lesart halt 🙂

Am 22. Mai steigt im Werk 21 in Zürich zudem die grosse Plattentaufe-Party – abhängig natürlich davon, wie es mit der Corona-Krise weiter geht. Und bis dahin können auf Facebook und Instagram fortlaufend neue Facetten dieser mystischen Welt aus Licht und Schatten erforscht werden – Eins steht fest: langweilig wird es dabei sicher nicht! 

 

Video Illumishade – World’s End

/ 12.04.2020
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