Vive la France et que la terre tremble
Gerade kürzlich hat unser Ober-Metalinsider pam verlauten lassen, dass unsere Nachbarn im Metal so viele bekannte Bands nicht liefern können (hier nachzulesen). Diesem Umstand wollen wir nun Rechnung tragen und die Gelegenheit nutzen, um euch ein Album direkt aus der französischen Hauptstadt vorzustellen: Par le Sang Versé von Véhémence.
Es gibt diese Alben, über die man per Zufall einige Zeit nach ihrer Veröffentlichung stolpert und sich irgendwann dabei ertappt, wie man immer wieder auf die Bandcamp-Seite zurückkehrt, um die Musik anzuhören. Allerspätestens dann ist es natürlich an der Zeit, das entsprechende Werk zu bestellen und seiner Sammlung einzuverleiben. Genau das ist mir passiert bei Par le Sang Versé.
Véhémence – Par le Sang Versé
Medieval Black Metal nennt das Trio seinen Musikstil und beim vorliegenden Album (erschienen auf Antiq Records) handelt es sich um das zweite Werk der Band. Dieses startet fulminant mit singenden Gitarren und treibenden Trommeln in „Epopée – Par le Sang Versé“. Sofort fällt auf, dass Véhémence grosses Augenmerk auf melodiöse Leads setzt und spätestens wenn der Chor einsetzt, reiten die Gedanken gemeinsam mit dem besungenen Ritter durch die mondscheinhelle Nacht. Die in französischer Sprache gehaltenen Texte beschäftigen sich, wie bereits die Songtitel vermuten lassen, mit mittelalterlichen Geschichten von Burgen und Rittern. Keine Erzählungen von historischen Gegebenheiten, sondern vielmehr Geschichten von der verzauberten Lichtung im Wald, dem Schatz im Burggraben oder dem letzten Ausfall der Kavallerie aus der belagerten Burg: „et la terre tremble sous la dernière chevauchée!“
Musikalisch äussert sich das eher subtil, aber wer die Ohren spitzt, findet an allen Ecken und Enden Melodiefragmente, akustische Einsätze und diverse Instrumente, die eine mittelalterliche Stimmung aufkommen lassen. Trotzdem handelt es sich bei Par le Sang Versé mitnichten um ein Folk Metal Album. Vielmehr haben wir es hier mit sehr melodischem Black Metal zu tun, der viel Wert auf Atmosphäre legt und des Öfteren eine gewisse Erhabenheit ausstrahlt. „Passage dans les Douves“ ist ein Musterbeispiel für diesen Charakterzug der Musik. Auf der anderen Seite geht es in „La Sorcière du Bois Lunerive“ am anderen Ende des Spektrums düsterer zu und her, wobei Véhémence den Melodien auch hier stets viel Platz einräumen. Viel Abwechslung bringt zudem das Schlagzeug mit seinem positiv auffallenden Spiel in die Songs ein und über all dem stehen die harschen aber gut verständlichen Vocals. Allerdings könnte das eine oder andere Lied noch etwas mehr auf den Punkt komponiert sein. Die Kompositionen ufern manchmal beinahe etwas aus in all ihrer Verspieltheit, wobei sich die Kritik da bereits auf einem sehr hohen Niveau bewegt. Aufgelockert wird die Tracklist mit den allgemein sehr langen Songs durch zwei kurze, rein akustische Zwischenspiele, die eine wunderbare Entspannung in den Hörfluss bringen. So als würden die Protagonisten der erzählten Geschichten zwischen all den Abenteuern, die sie erleben, einfach mal an einem sonnigen Tag durch ein kleines Wäldchen schlendern.
Solche akustischen Teile sind auch in verschiedene Songs eingeflochten und hier brilliert insbesondere „La Fronde des Anges“, in dem das Psalterium (eine Urform des Hackbretts) eine wunderschöne Melodie spielt. Dieser Song ist derjenige, der mich gleich zu Beginn gefesselt hat und deshalb ist er auch mein uneingeschränkter Anspieltipp für einen ersten Eindruck.
Zu guter Letzt unterstreicht ein Blick auf das wunderschöne Albumcover die vermittelte Stimmung perfekt. Genau so, wie das Artwork aussieht, hört sich das Album an. Wir haben es hier also mit einem gelungenen Gesamtkunstwerk zu tun.
Das Fanzit zu Véhémence – Par le Sang Versé
Mit Par le Sang Versé ist Véhémence ein verspieltes Werk gelungen, das mit sehr melodiösem Black Metal zu punkten weiss. Durch eine Vielzahl an Details, die von den Texten über Instrumentierung und Melodiefragmente bis hin zur visuellen Aufmachung der CD sämtliche Aspekte dieser Veröffentlichung durchdringen, schafft es die Band in der Tat, ihren selbst proklamierten Bezug zum Mittelalter zu vermitteln und einen ganz eigenen Stil zu entwickeln. Mehr als verdient kriegt das Album von mir sehr gute 8.5 Punkte!