Spanische Apokalypse
Bei Aposento handelt es sich um eine im Jahre 1990 gegründete Todesmetall-Kapelle aus der spanischen Grossstadt Logroño. Nach einem längeren Unterbruch kehrten die Jungs 2012 aus der Versenkung zurück und sind seither fleissig im Geschäft. Mit «Conjuring The New Apocalypse» steht nun die Geburt einer neuen Höllenbestie bevor.
Das Werk wird als drittes Studioalbum in die Diskographie-Geschichte der Iberer eingehen. Die Veröffentlichung soll – wie bereits bei den beiden Vorgänger-Scheiben – über das Label Xtreem Music laufen. Ob sie mit diesen zehn Stücken effektiv eine neue Apokalypse beschwören können, werden die bevorstehenden Hördurchläufe sicherlich zeigen.
Aposento – Conjuring The New Apocalypse
Zum Aufwärmen wird während beinahe vier Minuten das «Liber Al Vel Legis». Das sei eine Offenbarungsschrift eines britischen Okkultisten, die anfangs des 20. Jahrhunderts erschienen ist. Musikalisch dient den Herren unverkennbar der US-amerikanische Death Metal respektive dessen erste Gehversuche als Inspirationsquelle. Vergleichbare Akteure wären unter anderem Malevolent Creation, Morbid Angel oder selbstverständlich Cannibal Corpse. Die schwerfälligen Riffs haben einfach etwas Boshaftes an sich, Trommler Gabri Valcázar lässt es richtiggehend «tschäddere» und Fronter Mark Bersek ist mit einem ultra-fiesen Stimmorgan ausgestattet. Das bewegt sich teilweise ja schon fast im Bereich des Röchelns. Im letzten Drittel wird in den Dampfwalzen-Modus gewechselt und die Nackenmuskeln geraten ordentlich ins Schwitzen.
«Heretics By The Grace Of God» ruft die Ketzer auf den Plan. Manolo Sáez und Eduardo Martínez lassen ihre Saitenköniginnen surren. Das Tempo bleibt hoch und auch bezüglich des «Knüppel-Levels» sind keine Änderungen auszumachen. Hier ist ebenfalls nach 03:35 Minuten bereits wieder Ende Feuer. Ich hege allmählich den leisen Verdacht, dass das Liedgut der Spanier nicht unbedingt für Langstreckenläufe geeignet ist.
Bei den Namen der einzelnen Stücke verlangen die spanischen «hombres» von ihrer Zuhörerschaft einen gesunden Grad an Allgemeinbildung. Da kann ich normalerweise zwar einigermassen mithalten, aber für diesen Fall musste dann trotzdem gezwungenermassen die Recherche-Maschinerie angeworfen werden. «Kadosh – Spitting On The Trisag» scheint nämlich gegen eine christliche Hymne – das sogenannte Trisagion – zu schiessen. Wieder etwas gelernt! Dementsprechend diabolisch wird die Botschaft übermittelt. Hass und Verachtung sind deutlich spür- respektive hörbar.
Als Nächstes wird Samhain behandelt. Gemeint ist damit das ursprüngliche Fest – und keinesfalls der moderne Kürbislaternen-Abklatsch. Hütet euch vor den Irrlichtern! In den Mythologien werden ihnen oftmals negative Aspekte nachgesagt. Manche unvorsichtigen Seelen sind ihretwegen in Wäldern oder Sümpfen verloren gegangen. «Samhain – The Night Of Ignis Fatuus» kommt als echter Hochgeschwindigkeitsexpress daher, der sich jedoch nach rund zweieinhalb Minuten schon wieder in Luft aufgelöst hat. Hier muss man sich mit dem Sammeln von Eindrücken effektiv verflucht beeilen.
Weiter geht die Reise mit einem baskischen Mythos: «Akerbeltz». Diese Gestalt ähnelt einer schwarzen Ziege und soll ein Abbild des Leibhaftigen höchstselbst darstellen. Offenbar verfügt sie sowohl über positive Eigenschaften (wie beispielsweise als Beschützer der Tierwelt) als auch über eine düstere Seite, mit der freilich nicht gut Kirschen essen angesagt ist. Der Track selbst brettert wie ein gigantischer Bulldozer durch die Gegend – langsam, aber gleichwohl überaus destruktiv. Ab der zweiten Hälfte wird das Gaspedal allerdings komplett durchgedrückt.
«Noli Me Tangere» stammt aus dem Lateinischen und bedeutet in etwa so viel wie «Rühr mich nicht an!». Berührungen und Zärtlichkeiten werden während dieser Nummer kaum ausgetauscht. Ich könnte mir dafür gut vorstellen, dass es dabei in einem Moshpit ordentlich zur Sache gehen würde. Gabri versetzt seine Schiessbude erneut in den Baller-Modus.
Nun driftet die ganze Angelegenheit wegen «Vamachara – The Left Hand Path» sogar in den Sektor der hinduistischen Philosophie ab. Uns werden treibende Rhythmen vor den Latz geknallt, die zum intensiven Herumwirbeln der eigenen Haarpracht einladen. Phasenweise schimmert aus musikalischer Sicht ab und an eine Dosis Six Feet Under durch – wenn auch ohne die groovigen Passagen. In der zweiten Liedhälfte platziert der Fünfer gekonnt ein paar packende Breaks.
«Revelation777» zaubert mir ein Fragezeichen auf die Stirn – also zumindest der Titel. Von einer Band aus der Todesmetall-Sparte erwarte ich hier eigentlich eine Anpreisung und Verherrlichung der dreifachen Sechs. Die 777 repräsentiert eher das Gegenteil und steht unter anderem für Perfektion und Vollkommenheit. Am Ende bleibt das alles Spekulation. Oder habt ihr wirklich befürchtet, dass jetzt eine Ballade erklingen wird? Nix da. Aposento metzeln sich weiterhin unbehelligt durch die Reihen ihrer Widersacher. Mit einer Spielzeit von 04:34 Minuten dröhnt übrigens gerade die längste Komposition der Platte aus den Boxen.
Zu «The Dweller On The Threshold» hat Xtreem Music Anfang April dieses Jahres ein Lyric-Video auf YouTube platziert. Abermals spielen die Spanier ihre Stärken souverän aus. Marks Stimme versetzt mich ein weiteres Mal ins Staunen. Wenn sich die Herrschaften eines Tages auf eine Schweizer Bühne verirren, werde ich diesem Abriss mit Freude beiwohnen. Bei einem längeren Set könnte der Gig jedoch aufgrund der partiell repetitiven Hymnen etwas öde werden (so zumindest meine Befürchtung).
Den Schlusspunkt markiert «Doomsday – The Metanoia Of Redemption Process». Es werden nochmals zackige Saitenakrobatik und altbekanntes Schlagzeug-Geknüpple ausgepackt. Das geht wiederholt voll auf den Nacken! Da kann der Tag des Jüngsten Gerichts ja ruhig kommen.
Das Fanzit Aposento – Conjuring The New Apocalypse
Wer sich und seine Gehörgänge sowieso schon immer gerne einmal durch den Fleischwolf drehen lassen wollte, dürfte mit diesem Silberling das optimale Mittel dafür gefunden haben. Oldschool-Todesmetaller werden einiges zu jubeln haben. Das Gegrunze und Geröchel von Frontmann Mark Bersek ist wahrhaftig nix für schwache Nerven. Die schwerfälligen, garstigen Riffs und der hämmernde Trommel-Beschuss erledigen dann den Rest. Bedauerlicherweise kommt «Conjuring The New Apocalypse» nach der Halbzeitpause ein bisschen ermüdend daher – trotz der mehrheitlich kurzen Spielzeiten der einzelnen Songs. Die aufgrund dessen teilweise aufkommende Langeweile (beziehungsweise das Gefühl des Ertrinkens in einer dickflüssigen Masse) hätte man entweder durch das Weglassen gewisser Tracks oder mit einer vermehrt abwechslungsreicheren Song-Struktur im Zaum halten können.
Empfehlenswerte Hörproben: «Liber Al Vel Legis», «Akerbeltz», «Vamachara – The Left Hand Path»
Tracklist Aposento – Conjuring The New Apocalypse
- Liber Al Vel Legis
- Heretics By The Grace Of God
- Kadosh – Spitting On The Trisag
- Samhain – The Night Of Ignis Fatuus
- Akerbeltz
- Noli Me Tangere
- Vamachara – The Left Hand Path
- Revelation777
- The Dweller On The Threshold
- Doomsday – The Metanoia Of Redemption Process
Line Up – Aposento
- Mark Bersek – Gesang
- Manolo Sáez – Gitarre
- Eduardo Martínez – Gitarre
- Manu Reyes – Bass
- Gabri Valcázar – Drums