Snarky Puppy - Volkshaus Zürich 2019
Do, 28. November 2019

Snarky Puppy, Michelle Willis

Volkshaus (Zürich, CH)
28.05.2020
Snarky Puppy - Volkshaus Zürich 2019

Genre-Puzzle mit Snarky Puppy

Snarky Puppy sind wahrlich keine Nur-Rock-Band. Dieser dient ihnen lediglich als einen von ganz vielen Einflüssen, welche sie in ihrem Jazz Fusion gekonnt kombinieren. Im November besuchten sie die Schweiz im Rahmen der «Immigrance»-Tour im Volkshaus Zürich.

Bei Snarky Puppy kann man sogar darüber streiten, ob es sich um eine Band oder doch eher um ein Ensemble oder ein Kollektiv handelt. Nicht weniger als 40 Musiker haben im Laufe der Zeit bereits am Projekt um den Kopf Michael League mitgewirkt. Live hingegen sind nie alle dabei. Auch jetzt, auf der aktuellen, über ein halbes Jahr dauernden Tour wechselten die Musiker sich ab.

Als ich den Saal des Volkshauses circa fünf Minuten vor Beginn der ersten Vorstellung betrete, ist dieser noch ziemlich leer. Dies sollte sich jedoch spätestens in der Pause ändern.

Michelle Willis

Im Vorprogramm steht heute die britisch-kanadische Singer / Songwriterin Michelle Willis, welche man nicht nur von eigenen Projekten, sondern auch als Mitmusikerin von Grössen wie David Corsby und Becca Stevens kennt. Okay, das hat jetzt wirklich nicht mehr viel mit Rock oder gar Metal zu tun. Gut ist es trotzdem! Zusammen mit den je nach Song anwesenden Michael League (Bass), Bobby Sparks (Orgel), Keita Ogawa (Perkussion) und Mike Maher (üblicherweise Trompete, jetzt Gesang) von Snarky Puppy sorgt die mittig positionierte Keyboarderin für gute Stimmung. Musikalisch führt ihr Set von ruhigeren, poppig angehauchten Passagen über Soli der verschiedenen Akteure zu jazzig-funkigen und rhythmisch ausufernden Stellen. Da ich Michelle Willis zuvor nicht gross auf dem Schirm hatte, müsste ich ihre Musik in Zukunft wohl mal genauer auschecken. Für den Moment fällt es mir schwer, zu erkennen, wieviel auf den sie selber respektive den Einfluss der anderen Musiker zurückgeht.

Als weitere musikalische Komponente kommt auch das Publikum ins Spiel, sei es beim rhythmischen Mitklatschen oder aber beim Mitsingen von «I Hope You Wake Up Real Soon». Wir wüssten schon, an wen wir diese Zeile richten wollen, meint sie. Neben dem David-Crosby-Cover «Janet» und der einen oder anderen Rhythmus-Stelle gehört diese Mitsingrunde zu einem meiner persönlichen Highlights des Warm Ups. Trotzdem freue ich mich darauf, dass es beim nächsten Auftritt ein bisschen fetziger werden wird.

Snarky Puppy

Da viele Instrumente schon auf der Bühne positioniert waren und Michelle selber nicht allzu viel abräumen muss, dauert die Umbaupause überhaupt nicht lange. Zu kurz, nach meinem Geschmack, denn die Zeit reicht nicht einmal, um an der Bar ein kühles Bier zu holen. Kein Wunder allerdings, wenn ein Teil der Bartender am Handy rumdaddelt anstatt die Kunden zu bedienen…!

Schon während dem Auftritt von Michelle Willis füllte sich der Saal beachtlich. Doch jetzt, als Snarky Puppy bereits spielen, ist es kaum mehr möglich, sich weiter vorne als das Mischpult zu platzieren. Dank der Übertragungen von Nahaufnahmen auf die Leinwand sehe ich jedoch auch von hinten gut, was auf der Bühne läuft. Ich begebe mich des Platzes wegen sogar wieder ein bisschen weiter zurück.

Das Publikum, welches ich von hier aus gut beobachten kann, könnte diverser nicht sein: Von edel gekleideten Anzug- und Abendkleid-Trägern über einige Metalheads und Hipsters zu ‘normalem’ Donnerstagabend-Ausgang-Volk lässt sich alles ausmachen. Die Mädels sind teilweise aufgetakelt wie Fregatten, um an dieser Stelle die weisen Metkrieger Feuerschwanz zu zitieren. Auffallend sind zudem die vielen Trekking-Rucksäcke und übergrossen Handtaschen, welche heute zugelassen wurden. Sind denn ungewünschte Angriffe hier weniger wahrscheinlich als z.B. an einem Prog Metal-Konzert wie vor einiger Zeit mit Opeth? Und braucht wirklich jeder der Rucksack-Träger seine mitgebrachten Utensilien? Etwas muss man den heutigen Besuchern jedoch lassen: Die allermeisten machen wohl selber Musik und überzeugen selbst bei rhythmischen Verschiebungen mit präzisem Klatschen. Hut ab!

Doch kommen wir endlich zur Musik! Die amerikanische Formation präsentiert eine breite Palette an Stilen aus ihrem Repertoire und scheut auch nicht mehrere Minuten andauernde Soli. Besonders gut in Erinnerung geblieben sind mir der Beginn mit dem Gitarrensolo von Chris McQueen sowie das Drums / Percussion-Duett von Jason Thomas und Keita Ogawa, welches zeitweise von Justin Stanton an den Keys untermalt wird. Zur Ruhe kommt im ganzen Saal gar nichts; stillstehen kann keiner.

Wo viele Musiker sind, gibt es auch viele weitere Projekte. So informiert Michael League das Zürcher Publikum über weitere Baustellen der einzelnen Mitglieder. Unter anderem erwähnt er Forq, welche er selbst mitbegründete und bei welchen die heute anwesenden Jason Thomas und Christopher McQueen dabei sind. Im Zuge der angebrochenen Informationsflut erzählt er zudem vom GroundUP Music Festival in Miami, bei welchem er als Programmorganisator eine wichtige Rolle spielt. Dabei lässt er es sich nicht nehmen, einige sarkastische Anmerkungen gegen den Schweizer Winter rauszulassen. Auch informiert er über die Aufnahme dieses drittletzten Auftritts der siebenmonatigen Tour. Keine 24 Stunden später soll man für ’ten bucks’ eine professionelle Aufnahme des heutigen Gigs herunterladen können. Auch an Thanksgiving werden die dafür Zuständigen noch in der Nacht die verschiedenen Ton- und Bildspuren abmischen.

Beendet wird das Set dann mit den beiden meistbekannten Stücken, «Lingus» und «Shofukan».

Das Fanzit

Zweifel daran, ob ein Metal-Fanzine über Snarky Puppy berichten sollte, sind absolut berechtigt. Für einen Bericht sprechen jedoch zwei Gründe: Die zahlreichen Einflüsse im sich nicht definieren lassenden Genre-Mix und die Tatsache, dass neben mir auch noch andere Metalheads anwesend waren. Sowohl Michelle Willis als auch der Hauptact sorgten mit musikalisch anspruchsvollen Stücken für einen abwechslungsreichen, in Erinnerung bleibenden Abend!

Setliste Snarky Puppy

  1. Even Us
  2. Semente
  3. Bad Kids To The Back
  4. Ready Wednesday
  5. Intelligent Design
  6. While We’re Young
  7. Tio Macaco
  8. Chonks
  9. Lingus*
  10. Shofukan*

*Zugaben


Wie fandet ihr das Konzert?

28.05.2020
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