Während dieser Dämmerung wird abgerechnet
In den walisischen Foel Studios haben die britischen Schwarzmetaller Winterfylleth in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Chris Fielding ein neues Eisen geschmiedet. Total wurden acht Stücke auf dem Silberling verewigt. Während der Vorgänger eher in akustischen und folkloristischen Gefilden angesiedelt ist, soll es auf «The Reckoning Dawn» wieder deutlich härter zur Sache gehen.
Am 08.05.2020 wird das Ding über das Label-Duo Candlelight/Spinefarm Records erhältlich sein. Der Bandname stammt übrigens aus dem Altenglischen und bedeutet «Oktober». An der letztjährigen Ausgabe des Dark Troll Festivals haben meine Kollegen und ich die Herren kurzum in «Winter-Filet» umgetauft (scheint wahrscheinlich ein hungriger Augenblick gewesen zu sein…). Doch genug vom Mampfen gesprochen. Nun müssen die Ohren ran. Konzentriertes Lauschen ist gefragt!
Das Album – « The Reckoning Dawn»
«Misdeeds Of Faith» gibt die angestrebte Richtung schnörkellos vor. Grobe Riffs und Blastbeat-Salven dominieren die Szenerie. Hinzu kommt das fiese Gekrächze von Chris Naughton. Weiterhin ist der Einsatz der Backing Vocals, die chorische Allüren aufweisen, äusserst gelungen. Der dazugehörige Clip auf YouTube fängt aufgrund der ausgewählten Bilder die düstere Stimmung des Liedes optimal ein.
Das Quintett setzt tendenziell auf grössere Brocken. Die Mehrheit der Tracks knackt nämlich locker die 6-Minuten-Grenze. Das gilt auch für «A Hostile Fate (The Wayfarer Pt. 4)». Erneut wird ordentlich geknüppelt. Rotierende Haare dürften an den kommenden Konzerten der Briten zweifelsohne garantiert sein. Vor meinem geistigen Auge spielt sich eine Wanderdung durch finstere Wälder und entlang von weiten Mooren unter einem wolkenverhangenen Himmel ab. Das ist wahrlich der optimale Soundtrack für eine solche Sache. Vergleiche mit Auðn aus Island sind absolut legitim. Gegen Ende sorgen abermals die Hühnerhaut auslösenden Backing Vocals für den Höhepunkt und rufen gleichzeitig gewisse Erinnerungen an Moonsorrow wach.
Die längste Nummer der Platte hört auf den Namen «Absolved In Fire». Hier müssen beim Reinhören freilich gleich ein paar Zeigerumdrehungen investiert werden. Der entspannende, akustische Einstieg könnte geradeso gut auf dem 2018er-Werk «The Hallowing Of Heirdom» zu finden sein. Nichtsdestotrotz ist dieser Part freilich gelungen. Nach circa zweieinhalb Minuten wird schliesslich wieder mehr Fahrt aufgenommen. Der Song durchläuft eine konstante Steigerung. Völlig zurecht eine der empfehlenswerten Hörproben.
Position vier gehört dem Titel-Track. Hier lassen die Herrschaften gelegentlich melodiöse Elemente in die Liedgut-Struktur einfliessen – ein kluger Schachzug und eine willkommene Abwechslung. Parallelen zu Truppen wie Agalloch, Enslaved oder Imperium Dekadenz sind klar erkennbar.
Die Melodie-Schiene wird bei «A Greatness Undone» sogleich beibehalten. Ausserdem taucht ungefähr in der Hälfte erneut eine akustische Sequenz auf. Generell würde ich Winterfylleth eigentlich hauptsächlich eher in der Atmospheric Black Metal-Sparte als im reinen Schwarzmetall ansiedeln. Trotzdem haben sie die Verknüpfung dieser beiden Stilrichtungen fraglos souverän im Griff.
Eine Verschnaufpause muss zwischendurch sein und diese tritt auf diesem Silberling in Form des Intermezzos «Betwixt Two Crowns» auf. Anderthalb Minuten entspannen bei ruhigen Klängen ist angesagt. Dafür wird im Anschluss bei «Yielding The March Law» direkt wieder mit der grossen Kelle angerührt. Messerscharfe Riffs, Blastbeat-Dauerfeuer und raues Gekrächze – das regt die Nackenfitness umgehend an. Wie so oft lässt der Männerstimmen-Chor die Körperhärchen in die Höhe schnellen.
Beim finalen «In Darkness Begotten» werden nochmals sämtliche Register gezogen. Das Quintett spielt seine Stärken ein allerletztes Mal gekonnt aus und sorgt damit für einen mitreissenden Album-Abschluss.
Das Fanzit Winterfylleth – The Reckoning Dawn
Mit ihrem siebten Streich «The Reckoning Dawn» werden Winterfylleth eindeutig für Furore sorgen. Die Stimmung, welche die einzelnen Hymnen hervorrufen, ist fantastisch. In komplett überzeugender Manier reichern die Briten ihren Black Metal mit Melodie und viel Ambiente an. In einer Burgruine (wie beispielswiese auf dem im Einstieg erwähnten Dark Troll Festival) oder während eines Spaziergangs durch karge Landschaften erzielen die Kompositionen sicherlich die optimale Wirkung.
Empfehlenswerte Hörproben: «A Hostile Fate (The Wayfarer Pt. 4)», «Absolved In Fire», «The Reckoning Dawn», «Yielding The March Law»
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Tracklist Winterfylleth – The Reckoning Dawn
- Misdeeds Of Faith
- A Hostile Fate (The Wayfarer Pt. 4)
- Absolved In Fire
- The Reckoning Dawn
- A Greatness Undone
- Betwixt Two Crowns
- Yielding The March Law
- In Darkness Begotten
Line Up – Winterfylleth
- Simon Lucas – Drums
- Chris Naughton – Gitarre/Gesang
- Nick Wallwork – Bass/Backing Vocals
- Dan Capp – Lead-Gitarre/Backing Vocals
- Mark Deeks – Keyboards/Synthesizer/Backing Vocals