Was lange währt…
Es gibt Bands, die der treuen Gefolgschaft quasi im Jahrestakt Album um Album um die Ohren hauen – andere gönnen ihren Fans eine etwas längere Verschnaufpause, streuen vielleicht noch eine Tournee ein um danach gestärkt ins Studio zurückzukehren. Und dann gibt es Black Knight.
Das letzte Studiowerk dieser aus Amsterdam stammenden und 1981 gegründeten Formation datiert nämlich auf 2007 – satte dreizehn Jahre später möchte man es mit dem dritten Longplayer „Road To Victory“ nun nochmals so richtig wissen. Von der Urformation, welche zwei Demos sowie zwei Studioalben („Tales From The Darkside“ (1999) / „The Beast Inside“ (2007)) veröffentlichte, ist lediglich noch Schlagzeuger Rudo Plooy mit von der Partie. An seiner Seite stehen Gitarrist Gert Jan Vis (3rd Machine), der bereits in den Neunzigern zur Band gehörte, Bassist Ron Heikens (Profound), welcher ebenfalls seit einigen Jahren an Bord ist, sowie Ruben Raadschelders (Gitarre) und Sänger David Marcelis (Lord Volture, Thorium), die 2017 zur niederländischen Gruppe stiessen.
„Road To Victory“ soll nun also richten, was in den vergangenen knapp 40 Jahren nicht so recht gelingen wollte. Der dem Silberling den Namen gebende Track haut dann auch gleich von Beginn an so richtig rein: ein geiles Saitenintro, treibende Riffs, die mich an Maiden der alten Tage zurück denken lassen sowie der druckvolle Gesang von David Marcelis lassen keinen Zweifel aufkommen, dass hier Heavy Metal der Alten Schule im Fokus steht. Der Anfang der Bridge erinnert mich zudem sehr stark an Judas Priest (Night Crawler), womit zwei der dominantesten Einflüsse bereits genannt wären. Das anschliessende „Legend“ ist von ähnlichem Kaliber, wiederum entlädt sich ein krachendes Gitarrengewitter über der Zuhörerschaft. Besonders in der ersten Strophe meint man, den jungen Bruce Dickinson hinter dem Mikrofon zu haben. Und der gesprochene Mittelteil lässt „SDI“-Erinnerungen (Bonfire) in mir aufsteigen.
Eine folgenschwere Entscheidung
Während die ersten beiden Songs klar dem klassischen Heavy Metal zuzuordnen sind, geht „Pendragon“ eher in Richtung Power Metal. Der leicht hymnenhafte Refrain sowie die erneut tolle Gitarrenarbeit machen so richtig Laune. Der eingeschobene „Oh Oh“ – Block jedoch zielt offensichtlich auf kommende Liveauftritte ab und zieht diesem alles in allem wirklich starken Track leider vorübergehend etwas den Stöpsel – hätte aus meiner Sicht nicht unbedingt sein müssen. „Thousand Faces“ ist ein rhythmisch starkes, nicht ganz so vehement nach vorne stürmendes Stück mit einem melodiösen, tragenden Refrain, der leicht in den Gehörgängen hängen bleibt.
Das zumindest aus meiner Sicht musikalisch interessanteste Lied der Scheibe ist „My Beautiful Daughters“, das von vielen Breaks und Rhythmuswechseln durchzogen ist. Die Gitarrenläufe tendieren gerade in der zweiten Strophe schon fast in Richtung Speed Metal, David Marcelis Gesang wechselt des Öfteren hin zu grellen Screams, welche sich zuweilen fast zu überschlagen drohen. Und im instrumentalen, eher ruhigen Mittelteil kann sich die Saitenfraktion so richtig austoben, bevor dann wieder harte, schnelle Riffs das Zepter übernehmen.
„Crossing The Rubicon“ ist die obligate Ballade der Platte. Gitarre und Vocals dominieren auch hier, wobei letztere im Refrain schon beinahe Kiskeesk (wenn auch einige Halbtöne tiefer) daherkommen. Bemerkenswert finde ich zudem, dass sich der Gitarrenpart gegenüber dem Gesang schon fast etwas dominant hervortut. Noch kurz zum Songtitel: Der römische Konsul Julius Cäsar hatte im Jahr 49 vor unserer Zeitrechnung, um seine Stellung gegenüber Pompejus zu behaupten, mit seinem Heer den Grenzfluss Rubikon überschritten, der die Provinz Gallia cisalpina vom eigentlichen Italien trennte. Die Überquerung entfachte einen Bürgerkrieg, in dessen Folge Cäsar an die Macht kam. Noch heute steht der Ausdruck „den Rubikon überschreiten“ dafür, sich unwiderruflich auf eine riskante Handlung einzulassen resp. eine folgenschwere Entscheidung zu treffen.
Black Knight – es kann nur einen geben
„Primal Power“ dreht dann wieder mächtig auf, fette Riffs, hohes Tempo und peitschende Drums sowie die Stimme von David Marcelis lassen wahrscheinlich nicht nur bei mir Erinnerungen an Judas Priest wach werden. Auch das abschliessende „The One To Blame“ weiss dank den bereits mehrfach erwähnten Stärken dieser Combo zu gefallen. Bei diesem Song handelt es sich übrigens um eine neu arrangierte und aufgenommene Version des ursprünglich anno 1986 auf einem Demo-Tape veröffentlichten „I’m The One To Blame“.
Gemastert wurde „Road To Victory“ von Jacob Hansen in den Hansen Studios (Dänemark) – entsprechend ist auch das Klangerlebnis: Klarer, druckvoller Sound, so wie es eben sein muss!
Nebenbei: Wer nach dem Plural der Band sucht (so wie ich dies anfangs tat; also „Black Knights“), landet in Rap / Hip-Hop Gefilden. Ein Grund mehr, stets auf den korrekten Numerus zu achten *g*
Das Fanzit Black Knight – Road To Victory
Die neue Scheibe von Black Knight klingt, als sei sie einer Zeitkapsel aus den guten alten 80er Jahren entsprungen – mehr Retro geht kaum. Ehrlicher, kraftvoll vorgetragener Heavy Metal, bei dem man sich irgendwie fragt, wieso diese Band nicht schon viel früher mehr Scheinwerferlicht auf sich zu ziehen vermochte. Und wer immer auf eine musikalische Fusion von Maiden und Priest gehofft hat, kann hier zumindest erahnen, wie so etwas möglicherweise klingen könnte.
Ob sich Black Knight nun tatsächlich auf der Strasse zum Triumph befinden, wie es der Albumtitel suggeriert, wird sich zeigen – das Zeug dazu hätte dieses Opus allemal.
Anspieltipps: Road To Victory, Thousand Faces, My Beautiful Daughters, Primal Power
Trackliste Black Knight – Road To Victory
- Road To Victory
- Legend
- Pendragon
- Thousand Faces
- My Beautiful Daughters
- Crossing The Rubicon
- Primal Power
- The One To Blame
Line Up – Black Knight
- David Marcelis – lead & backing vocals
- Ruben Raadschelders – lead & rhythm guitars
- Gertjan Vis – lead & rhythm guitars
- Ron Heikens – bass guitar
- Rudo Plooy – drums