U.D.O. Steelfactory Tour 2019
So, 22. Dezember 2019

U.D.O., Amalgama

Konzerthaus Schüür (Luzern, CH)
29.06.2020
U.D.O. Steelfactory Tour 2019

Von Quecksilber und der Stahlfabrik

Mein persönlicher Live-Jahresabschluss fand 2019 am 22. Dezember in der Luzerner Schüür statt. Um die musikalische Unterhaltung kümmerten sich das deutsche Heavy Metal-Schwergewicht U.D.O. und die russischen Amalgama.

Erst noch im Februar spielten U.D.O. auf ihrer ausgedehnten Tour zum neuesten Silberling «Steelfactory» im Z7 in Pratteln. Zudem durfte ich dem Auftritt am Rockharz beiwohnen. Beide Male überzeugte die Band mit einer kompromisslos guten Show. Und heute?

Amalgama

Bevor wir diese Frage beantworten können, ist erst noch Amalgama an der Reihe. Nicht nur mir scheint die Band völlig neu zu sein. Und schon beim Intro wünscht sich dann wohl der eine oder andere, die Zeit vorstellen zu können. Ein Disco-Beat vermischt sich langsam mit symphonischen Klängen und ein Typ im Clown-Kostüm tanzt herum.

Es präsentiert sich ein witziges Gemisch an Figuren: ein Sänger in Uniform, ein wenig spektakulärer Bassist, ein stilistisch umso interessanterer Gitarrist, ein neben dem Drumset von Sven Dirkschneider in die Ecke gepferchter Schlagzeuger und der erwähnte Clown, der an Keyboard und Keytar für Party sorgt. Soundtechnisch haben wir es aber nicht mit Party Metal zu tun, viel mehr geht der die Musik in Richtung Hard Rock / Melodic Metal. Zwischendurch werde ich zum Beispiel an ein abgespecktes Axxis erinnert, oder während der Ballade ein wenig an die Scorpions.

Doch egal, wie ernst die Musik scheint, ich bin mir nicht sicher, wie ernst sich die Band wirklich nimmt. Der Auftritt hat eine stark alberne Seite, und trotzdem wirkt es nicht so, als wäre dies Absicht. Auch aus dem Namen der Truppe werde ich nicht wirklich schlau. Ist mit Amalgama wirklich die Quecksilber-Legierung respektive das Metalllöseverfahren gemeint? Authentisch wirkt hingegen das gebrochene Englisch des Sängers, der gegen Ende erzählt, dass dies ihre letzte Show mit ‘Udo Band’ sei und immer wieder mal für ein Spässchen aufgelegt ist.

Nach dem Accept-Cover «Burning» (was für ein geschickter Schachzug!) unterstreicht ein russischer Party-Beat ab Konserve den Auftritt. Mit Jack Daniel’s für die Band und CD und Merchandise fürs Publikum geht der erste Teil des Abends zu Ende.

U.D.O.

So viel vorweg: Auch wenn der heutige Abend zur selben Tour gehört wie die beiden eingangs erwähnten Auftritte, gibt es in der Setlist eine reichliche Durchmischung. Natürlich werden die von der Band für wichtig befundenen neuen Tracks und alte Klassiker gespielt. Doch nur schon das gelegentliche Austauschen einzelner Nummern hält die Performance frisch und knackig. Udo Dirkschneider und seine Truppe beweisen in dieser Sache immer wieder ein begabtes Händchen, hat dies doch auch zu Dirkschneider-Zeiten mit den Accept-Songs gut funktioniert.

Die Schüür ist erstaunlich leer. Wie schon am Rockharz lässt sich die Band davon allerdings nicht beeindrucken und erfreut sich am Kopfnicken, Kopfschütteln und Händerecken der Besucher. Die Musik kommt wie immer sehr druckvoll rüber und lässt wirklich keine Wünsche offen. Seien es die schneidenden Gitarrenriffs, die rauen Vocals Udos oder die von der gesamten Band im Chor gesungenen Passagen, da geht einfach nichts schief!

Die Zeit reicht heute neben einem Solo jedes Musikers für achtzehn Tracks. Ganz gelungen finde ich das Bass-und-Schlagzeug-Solo (welches eigentlich ein Duett ist). Während diesem erinnert Udos Sohnemann Sven Dirkschneider uns höflich daran, dass wir morgen Montag alle arbeiten müssen, er aber nach diesem letzten Auftritt der Tour Ferien habe.

Auch diese Band punktet – neben der Musik – mit einer erstaunlichen Sympathie und Authentizität. So erwähnt Fronter Udo, dass sie die Schüür das letzte Mal 2002 bespielt haben und meint ’Wir werden immer jünger… Die Band! Nicht ich!’ Und vor dem über 30-jährigen «Independence Day» meint er mit einem Blick zu seinem Sohn ‘Da warst du ja noch gar nicht da’. Dieser verliert übrigens während «Vendetta» bei einem seiner unzähligen Tricks einen Stick. Dem verlegenen Lächeln und dem bis Song-Ende anhaltenden Kopfschütteln zufolge passiert ihm das nicht oft.

Zu einzelnen Songs Worte zu verlieren, fällt mir nicht ganz einfach. Schliesslich ist der Auftritt von A bis Z absolut überzeugend. Hervorzuheben wäre zum Beispiel das früh gespielte «Metal Machine», welches wie eine stampfende Büffelherde oder eben eine gewaltige Metallmaschine daherkommt. Neue Songs wie das sackstarke «Hungry and Angry» vermögen ebenfalls zu überzeugen und auch den Zugabeblock könnte man weit in den Himmel loben.

Setliste U.D.O.

  1. Tongue Reaper
  2. Make The Move
  3. Pain
  4. Wrong Side Of Midnight
  5. Metal Machine
  6. Independence Day
  7. Gitarrensolo
  8. Rose In The Desert
  9. Vendetta
  10. Rising High
  11. Gitarrensolo
  12. In The Darkness
  13. I Give As Good As I Get
  14. Timebomb
  15. Drum Solo / Bass Solo
  16. Hungry And Angry
  17. One Heart One Soul
  18. Man And Machine*
  19. They Want War*
  20. Break The Rules**
  21. Animal House**

*Zugaben

Das Fanzit – U.D.O.

Accept, U.D.O., Dirkschneider… Egal, was Udo Dirkschneider so treibt, er hinterlässt Spuren. Dies ist auch beim neuesten Werk «Steelfactory» und der dazugehörenden Tour der Fall. Der heutige Gig in der leider ein wenig zu leeren Schüür ist ein mehr als würdiger Tour- und Jahresabschluss.


Wie fandet ihr das Konzert?

29.06.2020
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