Eidgenössisch diplomierter Symphonic Metal
Mit dieser Bezeichnung bewarb die Aargauer Truppe Deep Sun in den Sozialen Medien ihr Konzert in der Met-Bar. Ob man sich allerdings auch ohne Studium-Abschluss an dem Gig erfreuen konnte, wird in den nachfolgenden Zeilen verraten.
Dutti: Die Strecke von Winterthur nach Lenzburg etabliert sich bei mir immer mehr zu einer fixen Route. Wenn dann obendrein noch eine Band aus dem symphonischen Sektor in der Honigwein-Schenke zu Gast ist, gibt’s für mich als riesiger Liebhaber dieses Genres eh kein Halten mehr. Vom Sound her weisen Deep Sun nämlich glasklar Parallelen zu Nightwish, Epica und Co. auf und sind damit zurzeit – zumindest gemessen an meinem musikalischen Horizont – in unseren helvetischen Gefilden ein Unikum.
Am Bahnhof läuft uns bereits Tastenklimperer Tom Hiebaum über den Weg. Bei einem kurzen Wortwechsel kristallisiert sich schnell heraus, dass er in einer verdammt essenziellen Mission unterwegs ist. Neue Batterien für das «In-Ear»-System müssen her! Oha, das sind ja strenggenommen nicht gerade rosige Vorzeichen für die heutige Darbietung. Zum Glück haben sie es noch rechtzeitig bemerkt.
Ein paar Minuten später treffen wir schliesslich am Ort des Geschehens ein. Die Location sei offenbar lediglich sechs Tickets von einer «Sold-Out»-Veranstaltung entfernt. Kommt Leute, das schaffen wir! Ich bin völlig optimistisch, dass diese Eintritte ebenfalls noch Abnehmer finden werden. Der Anteil von bekannten Gesichtern ist wieder einmal fantastisch. Aufgrund dessen wird man ständig irgendwo in Gespräche verwickelt. Metalinside-Boss pam taucht ebenfalls auf. Wiedersehen macht definitiv Freude!
pam: Genau, das macht es. Hi Dutti & Co. Schön, euch wieder mal zu sehen und mit euch anzustossen. Mit den Jungs (mit dem Mädel bisher nicht), war ich immer wieder mal in Kontakt in Zusammenhang mit deren «Swiss Metal Alliance» Tourneen und gemeinsame Cruises auf der 70’000 of Metal … und doch hab ich es bisher nie an ein Konzert von ihnen geschafft. Nachdem ich von Tom im Vorfeld freundlicherweise auf den heutigen Auftritt von Deep Sun in der Met-Bar aufmerksam gemacht wurde, konnte ich jetzt einfach nicht mehr ablehnen. Und wenn dann Frau auch grad noch will, dann ist es doch auch grad ein schöner Familienausflug und Ehepflichten erfüllt.
Etwas gespannt bin ich aber schon, ob sie mich live überzeugen können. Die aktuellsten Songs hauen mich nicht unisono komplett vom Hocker. Das Debora singen kann hat sie auf dem Vorgängeralbum «Race Against Time», welche in meiner Sammlung vorhanden ist, mehrfach und sehr eindrücklich bewiesen. Aber bei z.B. «Worship The Warship» werde ich einfach nicht mehr warm mit ihrer Stimme oder der Stimmlage … drum bin ich auch mit etwas gesunder Skepsis da. Mal schauen und vor allem hören, wie das alles im Live-Gewand daherkommt und ich kenne jetzt ja auch nicht grad den ganzen Backkatalog. Kleiner Spoiler? Nachdem Konzert findet man uns beim Merch-Stand wieder …
Deep Sun
Dutti: Um 21.15 Uhr stürzen wir uns mit der Verehrung des Kriegsschiffs («Worship The Warship») in den musikalischen Teil des Abends. Spätestens beim nachfolgenden Track «Race Against Time» wird klar, dass irgendetwas von technischer Seite her nicht hundertprozentig stimmt. Tobias Brutschi – der mit vollem Elan auf seine Felle eindrischt – nimmt einen zu dominanten Part in der ganzen Geschichte ein. Seine Drums lassen die anderen Instrumente förmlich verblassen. «Droht» jetzt möglicherweise ein 95-minütiges Trommel-Solo? Nein, denn glücklicherweise kann das Ruder mit der Zeit herumgerissen und korrigiert werden.
Das Gros der Augen und Ohren in den Publikumsreihen beschäftigt sich primär mit Frontdame Debora Lavagnolo. Ihr Opern-Gesang ist schlichtweg der ultimative Hühnerhaut-Garant. Überragend! Des Weiteren staune ich abermals darüber, wie locker und elegant sie mit ihren hohen Hacken durch die Gegend stolzieren kann. Wo andere wohl tendenziell mit Knöchelbrüchen zu kämpfen hätten, bekundet die Musikerin auf dem Bühnen-Laufsteg überhaupt keine Mühen. Mit ihren Ansagen führt sie zudem charmant durch den Abend.
Mein persönliches Highlight folgt dann in Form von «Des Königs Krieger», welches extra meiner Wenigkeit gewidmet wird. Ich hatte eben irgendwann einmal erwähnt, dass mir noch ein Live-Erlebnis mit dieser Hymne fehlt. Danke dafür, Deep Sun! Eine hammermässige Nummer. Die Band vermag nämlich auch mit deutschsprachigen Stücken zu punkten. In diesem Sinne: «Auf in den Kampf!»
Die hervorragend gelaunte Zuhörerschaft bevorzugt eindeutig actionreiche Angelegenheiten. Deswegen wird kurzerhand «Abandon Cyberspace» dem doch eher gemächlicheren «Das Erbe Der Welt» vorgezogen. Doch Tobias kommt schon noch zu «seiner» Ballade (pam: Hehe, das war wirklich sehr coole Aktion. Da grad gute Stimmung herrschte, konnte man diese nicht mit einer Ballade killen. Respekt, das macht eine gute Live-Band aus. Und ja, einen Song später wünschte sich dann der Drummer die Ballade …). Diese kleine Verschnaufpause hat sich das Trommel-Biest effektiv verdient. Zu Beginn des Schlussspurts haut der Fünfer mal eben problemlos einen 15-Minuten-Brocken raus. Jep, bei «The Raven» steckt freilich besonders viel Nightwish drin (pam: Für mich noch mehr bei «Frozen Sea» … da musste ich unweigerlich an «Forever Yours» mit der Göttin Tarja denken … das ist schon fast ein Ritterschlag für Deep Sun. So gefällt mir die Hammerstimme von Debora am besten. Das ist ein Empfehlungsschreiben nach Kitee …). Dazu lässt man die Haare nur allzu gerne fliegen. Eine Erinnerung an die «Good Old Times» darf selbstverständlich keinesfalls fehlen. Die Aktualität dieses Titels lässt sich momentan wirklich nicht anzweifeln… Da Besucher vehement eine Zugabe fordern, besiegeln die Symphonic Metaller ihre erfolgreiche Performance zum Schluss mit «Heroes» (pam: Jedoch erst nach einem sehr geilen Basssolo. Angelo slappte auf seine Basssaiten mit einer höheren Kadenz als unser Sechstklasslehrer an unsere Löffel – und das will was heissen. Da habe ich Hühnerhaut, aber nicht wegen den Ohrfeigen …Übrigens, das Intermezzo verlangte Tobias, der nach dem Räbler «Goold Old Times» einen Krampf im Oberschenkel hatte. Learning des Abends, kaum hat der Drummer ein Mikro, hört man diesen nur noch Jammern 😉 ).
Das Fanzit – Deep Sun
Dutti: Für Anhänger von symphonischen und opernhaften Klängen war der heutige Abend ein echter Genuss (auch für Personen ohne Diplom). Trotz technischer Schwierigkeiten zu Beginn haben Deep Sun dennoch einen mitreissenden Auftritt aufs Parkett gezaubert – und das in einer gut besuchten Met-Bar! Ein richtig fieser Growler würde der Truppe ab und an sicherlich nicht schaden. Aber das ist lediglich eine kleine «Aufmotzungs-Idee» meinerseits.
pam: Der Einstieg von «Worship The Warship» hat meine Skepsis gegenüber diesem Song bestätigt … aber 3 – 4 Lieder später hat der Wind nicht nur mit der besseren Soundqualität gedreht. Holy Symphonic Moly, dann hatten sie auch mich im Sack – grad mit Songs wie «Riders Of Death». Das ist Symphonic Metal vom Feinsten und ja, ab und zu kann man Nightwish nicht verstecken (siehe oben mit «Frozen Sea»). Aber was mir am meisten gefällt, ist die Ausstrahlung der Band. Pascal ist am Dauersmilen, Debora ist die Frontdame, die es braucht, Angelo verblüfft mit genialsten Bass-Spielereien, so dass keiner einen zweiten Gitarristen vermisst, Tobias der Sprücheklopfer hinter der Schiessbude – einzig Tom könnte ein bisschen mehr Präsenz vermittteln, aber ich sag jetzt mal, ganz der Tuomas oder schlichtweg der kleinen Bühne geschuldet.
Und kurz vor Schluss einen 15-Minüter mit «The Raven» auszupacken, zeugt von Selbstbewusstsein. Und der Song hat zwar gewisse Längen, aber das Opernfinale von Debora überkompensiert alles (wenn man schon bei der Opernstimme sind, «Circle Of Witches» wäre noch das i-Tüpfelchen gewesen). Der Rest war dann nur noch Bonus. Mehr als Bonus bzw. Kredit erhält von mir die Band, dass man komplett auf Samples verzichtet – was ja grad im Symphonic Metal sehr selten ist – da kann man natürlich auch den einen oder anderen Fehler nicht Kaschieren, aber DAS macht eine Live-Show auch aus.
Und ja, die aktuelle Scheibe „Das Erbe der Welt“ war dann nach dem Konzert beim Merchstand noch gekauft. Deep Sun, gerne bald wieder Mal. Dann wünsche ich mir «Circle Of Witches».
Dutti: Zukunftspläne sind momentan zwar eine heikle Angelegenheit, aber theoretisch würden weitere Begegnungen mit Deep Sun in diesem Jahr durchaus möglich sein. Dafür solltet ihr euch beispielsweise die zweite Ausgabe des Swiss Rock & Metal Festivals in Amriswil vormerken, welche am 31. Oktober im Pentorama über die Bühne gehen soll. Exakt zwei Wochen zuvor könnten die Abenteurer unter euch ausserdem in die Westschweiz nach Orbe (VD) pilgern. Im Rahmen einer exklusiven Headliner-Show wird dort nämlich die finnische Kapelle Stratovarius auftreten. Und einer der vier (!) Support-Slots konnte von den «tiefstehenden Sonnen» aus dem Kanton Aargau ergattert werden.
Setlist – Deep Sun
- Worship The Warship
- Race Against Time
- Insurrection Of Technology
- Des Königs Krieger
- Riders Of Death
- Flight Of The Phoenix
- Abandon Cyberspace
- Das Erbe Der Welt
- Vertigo
- Frozen Sea
- The Believer
- Relentless Resistance
- The Raven
- Good Old Times
- Heroes*
*Zugabe