Songdienlich!
Bei „Reflections“ handelt es sich um das fünfte Album der aus dem deutschen Gütersloh (NRW) stammenden Progressive-Power-Metal-Band Assignment. Und wie bereits auf den Vorgängern bleibt das Quintett seinem Credo „Metal ohne Grenzen“ treu – nie wird ein bestimmtes Stilelement um seiner selbst willen eingesetzt, stets steht der Song respektive die darin zu transportierende Gemütslage im Mittelpunkt.
Die Wurzeln von Assignment reichen bis ins Jahr 1994 zurück. Nach der Gründung durch Gitarrist Goran Panić dauerte es jedoch satte 10 Jahre, bis mit „Progressive Changes“ der erste Longplayer der Combo das Licht der Welt erblickte (immerhin hatte man 1996 resp. 1997 mit zwei Demos ein erstes Lebenszeichen von sich gegeben). Goran ist übrigens das einzige Bandmitglied, das ununterbrochen im Line-Up vertreten war – sowie wohl auch der Grund, wieso diese bemerkenswerte Truppe noch immer existiert. Nebst Keyboarder Gert Sprick und Sänger Diego Valdez, der wie Bassist Heiko Spaarmann auf dem Vorgänger „Closing The Circle“ seinen Einstand gab, sind neu Drummer Michael Kolar (ex-Victor Smolski’s Almanac, Horsemen) plus Gastsängerin Inés Vera-Ortiz (Inner Stream, Black Oceans) mit von der Partie.
Musikalisch bewegen sich die Gütersloher auf einem erstaunlich hohen Level. Dabei scheinen die insgesamt zehn Songs nicht gross einer Art rotem Faden zu folgen, sondern schmiegen sich wie bereits eingangs erwähnt eng an die jeweilige Thematik respektive die darin vermittelte Grundstimmung an. So folgt denn auf das instrumentale, mit viel Dramaturgie in Szene gesetzte „Trilogia Balkanica“ ein schneller, schon etwas in Richtung Speed schielender Metal-Track namens „Mercyful Angel“, welcher dem Songtext folgend – es geht um die Bombardierung serbischer Stellungen durch die NATO vor 20 Jahren – wild und wütend daher kommt und vor Aggressivität nur so strotzt (Die NATO-Mission wurde teilweise auch unter dem etwas zynisch anmutenden Namen „Merciful Angel“ geführt – „Mercyful“ wurde dabei im Songtitel bewusst falsch geschrieben und ist hier als kleine Hommage an die Band „Mercyful Fate“ gedacht).
Stimmgewaltig…
Am anderen Ende der Skala findet sich „Endlessly“, ein eher ruhiges Duett von Diego Valdez und Inner Stream-Sängerin Ines Vera-Ortz, welches aber ebenso durch emotionalen Tiefgang, verspielte Breaks sowie zuweilen fast schon poppige Parts zu gefallen weiss – keine leichte Kost, die da serviert wird. Und irgendwo dazwischen thront der geniale Titelsong „Reflections“, der sanft, von weiblichem Gesang und osteuropäischen Klängen unterlegt beginnt, sich alsbald aber zu einer mitreissenden Midtempo-Nummer hochschraubt, in der zwar einiges an Progressivität steckt, welche jedoch nie zum Selbstzweck verkommt. Kompositorisch wie auch gesanglich ein Leckerbissen!
Überhaupt kann die Leistung von Diego Valdez nicht hoch genug gewürdigt werden. Was der aus Argentinien stammende Shouter hier abliefert, ist einfach nur Extraklasse. Egal ob melodisch weich oder wütend rau, stets sitzen die Töne punktgenau und verleihen dem gesamten Album eine enorme Variabilität.
Die weiteren Songs fügen sich unisono in das mit der für mich genau richtig dosierten Prise Bombast in das auditive Gesamtkunstwerk mit ein, die eingeflochtenen Synthieklänge dienen dabei der Untermalung und nicht primär der Songausgestaltung, ebenso wie die technisch anspruchsvollen Gitarrensoli.
… und durchdacht
Auch textlich gibt „Reflections“ einiges her: So wirft „Corporate Men“ einen Blick auf das menschliche Verhalten in der heutigen Geschäftswelt – wie weit würdest du gehen, um auch nur ein bisschen Anerkennung zu bekommen, oder einen finanziellen Vorteil zu erlangen? „Reflections“ handelt von Menschen, wie zum Beispiel dem Vater von Gitarrist Goran, die durch Armut gezwungen waren, ihr Heimat zu verlassen, um in einem anderen Land etwas Geld zu verdienen. „Endlessly“ besingt die Verbindung zwischen Vater und Tochter, die Gefühle und Konsequenzen, wenn eine Familie auseinanderbricht – und wie Kinder unter diesen Entscheidungen leiden, die sie selbst nicht treffen konnten und durften.
Produziert wurde „Reflections“ im Übrigen von Assignment selbst, für Mix und Mastering zeichnet Pascal Thüring vom Klanglounge Studio in Osnabrück verantwortlich (und die Drums wurden in den Rock Studios in Bielefeld aufgenommen). Durch diesen Do-It-Yourself-Ansatz mag vielleicht nicht alles so oberperfekt und geschliffen rein daher kommen, wie man es von anderen, leider nur allzu oft zu glatt polierten Werken her kennt, doch tun diese leichten Ecken und Kanten hier und da dem äusserst positiven Gesamteindruck keinerlei Abbruch , sondern lassen das Ganze aus meiner Sicht nur noch nen Tick authentischer rüber kommen.
Das Fanzit Assignment – Reflections
Assignment scheinen momentan noch unter dem Radar vieler Metal-Fans zu fliegen – es bleibt zu hoffen, dass ihr neues, bei Massacre Records veröffentlichtes Album dies ändern wird. Denn viel zu eigenständig – und ja, auch selbstbewusst – kommt ihr mitunter fünftes Studioalbum „Reflections“ daher! Weniger ist eben doch zuweilen mehr – eine Binsenweisheit, die sich auch im Prog Metal – Umfeld bewahrheitet!
„Reflections“ ist ein Juwel, welches entdeckt werden will – so sind denn wohl auch mehrere Durchläufe nötig, bevor sich die ganze Vielfalt dieses Werkes vor einem entfaltet. Wer mit Bands wie Dream Theater, Fates Warning oder Symphony X etwas anzufangen weiss, könnte auch an Assignment Gefallen finden. Mir hat die Scheibe auf alle Fälle enorm viel Spass gemacht – Daumen hoch!
Anspieltipps: Mercyful Angel, Corporate Men, Reflections, Submission, Endlessly
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Trackliste Assignment – Reflections
- Trilogia Balkanica
- Mercyful Angel
- Obsession
- Corporate Men
- Reflections
- Submission
- Timeline
- Endlessly
- Unknown Hero
- Silent Nation
Line Up – Assignment
- Diego Valdez – Vocals
- Goran Panić – Gitarren
- Heiko Spaarmann – Bass
- Gert Sprick – Keyboards
- Michael Kolar – Drums
Gastmusiker
- Inés Vera-Ortiz (Inner Stream, Black Oceans) – Leadvocals auf „Endlessly“
- Maria Jose „Ledy“ Pot – Backing Vocals & Chorstimme
- Marco Ahrens (Poverty’s No Crime, Silent Nation) – zusätzliche Leadgitarre auf „Mercyful Angel“ und „Silent Nation“