Feurige Rocker
Der auf dem Cover abgebildete Phönix verrät es bereits: Etwas Neues hat sich aus der Asche erhoben. Gemeint ist in diesem Zusammenhang die Hard Rock-Gruppe RimFire aus dem Kanton Obwalden. Bis Anfang November des vergangenen Jahres trieb der Fünfer noch als Creeper sein Unwesen. So habe ich sie auch am Metal Scar-Festival in Sachseln kennengelernt. Da eine populäre englische Band aus dem Punk-Sektor auf denselben Namen hört, haben sich die Helvetier nun jedoch für eine Identitäts-Anpassung entschlossen.
Möglicherweise gab’s auch Konflikte mit dem erfolgreichen Videospiel «Minecraft». Dort figurieren «Creeper» als fiese, grüne Monster, die dem Spieler auf die Pelle rücken und schlimmstenfalls explodieren. Aber genug von diesem Ausflug in meine Nerd-Welt. Fokussieren wir uns lieber auf die Musik.
Die Zentralschweizer haben fleissig geackert und können aufgrund dessen am 29. August 2020 mit ihrem Debüteisen «Long Time» an den Start gehen. Am gleichen Tag würde das Teil übrigens im Garage Club in Giswil getauft werden (sofern es die uns allen inzwischen garantiert mächtig auf den Sack gehenden Umstände zulassen). Was die sieben Nummern mit unseren Gehörgängen alles anstellen, werde ich in der nachfolgenden Plattenkritik gerne unter die Lupe nehmen.
Das Album – «Long Time»
Keine Ahnung, was man da in den ersten Sekunden von «Shadow In The Dark» im Hintergrund hört. Aktuell schwanke ich zwischen einem Schaf oder einem verpeilten Typen. Bei den kurz darauffolgenden Riffs setzt allerdings umgehend der akustische Genuss ein. Sobald der Gesang von Dominik Ming – der sich bevorzugt in den oberen Ton-Regionen austobt – zum Zug kommt, fallen sämtliche Zweifel an der Inspirationsquelle der Herrschaften direkt weg. Guns N’ Roses sagen freundlich «Hallo!». Die Vorteile von RimFire? Tickets für ihre Gigs sind sicherlich immens günstiger und einen mit Diva-Allüren vollgepumpten Axl Rose sucht man bei ihnen vergebens. Dass die Jungs zudem eine unterhaltsame Show auf die Beine stellen können, haben sie mir auch schon bewiesen.
Für das nächste Lied («Snakebite») wurde bereits ein Clip auf YouTube platziert. Anschauen wird wärmstens empfohlen. Das trieft an allen Ecken und Enden vor Rock-Elementen. Unter anderem kann ein schnittiger Schlitten bestaunt werden. Laune macht das Ding ebenfalls und ist damit ein heisser Kandidat für künftige Setlists. Saiten-Liebhaber werden ausserdem mit einem fetzigen Gitarren-Solo verwöhnt.
«Pain Has Left» rockt euch die Socken weg! Das Quintett erhöht damit minim die Kadenz. Bewegung in den Publikumsreihen dürfte bei diesen Rhythmen vorprogrammiert sein. Dominik erreicht mit seinem Stimmorgan teilweise erneut ungeahnte Höhen. Schade nur, dass der Spass bereits nach nicht einmal drei Minuten sein Ende findet.
Dafür handelt es sich beim nachfolgenden «Ghost» um ein längeres Kaliber. Ich verspüre anfangs freilich gewisse Country-Vibes. Für eine Truppe Motorradfahrer, die gerade einem Sonnenuntergang entgegen braust, wäre dies garantiert der perfekte Soundtrack (à la «Sons Of Anarchy, falls euch diese Serie ein Begriff sein sollte). Ich bin davon überzeugt, dass obendrein einige Stücke von RimFire den Weg in unsere Radiostationen finden könnten. Im Gegensatz zu irgendwelchen Death oder Black Metal-Krachern, ist ihre Mucke schon eher für eine breitere Masse geeignet.
Bei der nächsten Komposition ist bereits der Name ein Spektakel: «Milf Machine». Eine rasante Angelegenheit, die zum munteren Kopfnicken einlädt. Gerne mehr davon, werte Herren. Wir werden voraussichtlich bald in den Genuss eines Musikvideos dazu kommen, denn dieses wird fleissig mit Teasern beworben. Augen und Ohren offenhalten!
Der Fünfer hat zweifelsohne das Flair für Melodien aus der rockigen Ecke – und das stellen sie mit «Long Time Ago» ein weiteres Mal unter Beweis.
Die finale Nummer heisst «Smoking Blood» und animiert nochmals alle zum Schwingen der Tanzbeine. Ein bockstarker Abschluss, bei welchem sämtliche Akteure alles aus sich herausholen. Well done!
Das Fanzit RimFire – Long Time
Da wandelt jemand eindeutig auf den Pfaden der legendären Guns N’ Roses. «Long Ago» bildet ein stabiles Fundament, auf welchem RimFire künftig ein äussert stabiles Häuschen hinzaubern können. Durch die Adern der Obwaldner fliesst glasklar jede Menge Hard Rock! Der gute Debütstreich ist platziert; doch was können die Herrschaften noch verbessern? Etwas mehr Abwechslung beim Song-Material würde garantiert nicht schaden. Des Weiteren ist die ganz grosse «Wow»-Hymne bisher ausgeblieben. Vielleicht liegen beim nächsten Werk ebenfalls ein paar zusätzliche Lieder drin, so dass ein längeres Hörvergnügen sichergestellt werden kann. Nichtsdestotrotz haben die Zentralschweizer wahrhaftig den richtigen Weg eingeschlagen.
Empfehlenswerte Hörproben: «Snakebite», «Ghost», «Smoking Blood»
Tracklist RimFire – «Long Time»
- Shadow In The Dark
- Snakebite
- Pain Has Left
- Ghost
- Milf Machine
- Long Time Ago
- Smoking Blood
Line Up – RimFire
- Dominik Ming – Gesang
- Roman Stalder – Lead-Gitarre
- Sämi Degelo – Rhythmus-Gitarre
- Roger Wolfisberg – Drums
- Stephan Bucher – Bass