«Misery» war unser Mittelfingersong
Beyond The Black polarisieren – etwas, das sich auch mit ihrem vierten Studiowerk „Horizons“ nicht gross ändern dürfte. Wir haben uns mit Sängerin Jennifer Haben über die erste Singleauskopplung „Misery“, Autokinokonzerte sowie ihre geplante Tournee zusammen mit Amaranthe unterhalten – und während unseres dreissig Minütigen Telefoninterviews auch sehr oft gelacht.
Metalinside (Sandro): Zuallererst ganz herzlichen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst! Wie man in den Sozialen Medien sehen konnte, warst du unlängst in den Ferien. Konntest du dich etwas erholen?
Jennifer: Ja, eigentlich schon. Die letzte Zeit war eine sehr grosse Achterbahnfahrt für mich (lacht). Es gab so vieles, an das man sich gewöhnen resp. damit auseinandersetzen musste. Und dann kam ja auch unser neues Album mit dazu. Familiär war letzte Woche auch so einiges los, das war auch wieder irgendwie Achterbahn. Aber langsam aber sicher geht es – und ich habe ja auch kommende Woche wieder Urlaub – daran mangelt es aktuell sicher nicht (lacht).
MI: Ich kann mich noch erinnern, wie du zu Beginn der Corona-Phase mal erwähnt hast, dass dich das ständige Scannen der Umgebung stark stresst. „Komme ich jemandem zu nahe, kommt mir jemand zu nahe“ – hat sich das in der Zwischenzeit etwas gelegt?
Jennifer: Genau. Das hat sich unterdessen ein wenig gelegt, alles ist auch irgendwie etwas normaler geworden. Und die Leute… da konnte man sich auch nicht wirklich gross dagegen wehren, weil viele halt auch einfach drauf geschissen haben, wenn man das so sagen darf (lacht). Und nach den ersten Lockerungen kehrte dann ja auch wieder etwas Normalität ein. Klar passe ich noch immer auf und ärgere mich auch hin und wieder, wenn jemand jetzt wirklich sehr nahe bei mir steht, aber es bringt ja auch nichts, wenn du die ganze Zeit nur mit schlechter Laune rumläufst. Ich denke, man muss da für sich seine Balance finden.
MI: Gab es auch den einen oder anderen Lichtblick?
Jennifer: Definitiv. Gerade am Anfang dieser ganzen Pandemie ist künstlerisch so viel passiert, Dinge, die so halt niemals zustande gekommen wären – was ich ehrlich gesagt auch total interessant fand. Viele haben sich enorm angestrengt, was auf die Beine zu stellen. Und plötzlich hatte auch jeder Zeit, was ich auch speziell in unserer ganzen Promo-Phase sehr stark gespürt habe. Kein „Du, sorry, das geht jetzt grad nicht, wir müssen das leider verschieben“, da die Leute ja zu Hause waren – was ich auch noch irgendwie cool fand. Aber natürlich lässt das über die Zeit hinweg etwas nach. Und es kommt eben noch hinzu, dass wir als Musikbranche kein allzu schönes Los gezogen haben, denke ich mal, da wir zu den letzten gehören werden, die zur Normalität zurückkehren können. Ich bekomme halt auch mit, dass sehr viele zumindest ein bisschen deprimiert sind, da sie nicht wissen, wie es das nächste Jahr weiter gehen wird. Man munkelt halt auch, dass die Festivalsaison nächstes Jahr nicht so sein könnte, wie man es sich wünscht, sprich die ganz grossen Festivals noch keine Chance hätten, und das wäre natürlich sehr, sehr hart.
Zudem fühlt man sich von staatlicher Seite her nicht so richtig, richtig unterstützt, muss ich sagen, und das schwingt halt auch ein wenig mit. Aber man versucht trotz allem, hier und da was aufzubauen, einfach etwas zu machen, das vielleicht weiter hilft. Zum Beispiel steht ja momentan dieses Festival mit Sarah Conner und Bryan Adams im Raum. Wenn das zustande kommt, wäre das natürlich Klasse, da sie die ersten wären, die was Grösseres starten würden. Dies könnte eine Art Startschuss für weitere solche Unterfangen sein. (Das besagte Konzert, das ursprünglich für den 4. September 2020 geplant war, wurde in der Zwischenzeit auf den Spätherbst verschoben – Anm. des Autors) Es passiert wirklich vieles, aber es kommt eben aus der Branche selbst. Also Lichtblicke schon, aber langsam merkt man halt auch, dass man irgendwie aufpassen muss, nicht den Boden unter den Beinen weggezogen zu bekommen.
MI: Die Branche war in der Tat äusserst kreativ unterwegs, seien es nun eure Autokinokonzerte oder auch das virtuelle Wacken World Wide. Wie war das für euch?
Jennifer: Vor den Autokinokonzerten hatte ich wirklich… nicht gerade Schiss vor, aber doch ein wenig Respekt, weil ich absolut nicht wusste, was da auf uns zukommt. Zudem haben wir auch ein bisschen gemerkt, dass die Art von Auftritt für die Community nicht unbedingt das Allerliebste ist. Es gab zwar viele, die sich enorm gefreut haben, dass überhaupt wieder irgendetwas passiert, aber ich denke, es gibt andere Musikgenres, zu denen diese Art von Show eher passt. So haben wir uns im Vorfeld schon gefragt, wie das wohl werden wird. Aber als wir dann dort waren, das war so geil (lacht). Wir haben ja lange keine Live-Shows mehr gespielt, und dann geht man auf die Bühne, man hört das Hupen… Irgendwann bin ich dann zwischen den Autos hindurch durchgelaufen und konnte den Leuten ins Gesicht schauen, wie sie sich ohne Ende gefreut haben. Also das war schon… (überlegt) Ich sag mal, es hat sich wie ein normales Konzert angefühlt, natürlich auch mit dem Hintergrund, dass man genau wusste, dass es nicht anders geht, und deshalb hat man es auch angenommen. Aber ich weiss nun auch, dass sowas zumindest für uns kein Konzept für die Zukunft wäre, beziehungsweise wenn denn alle Konzerte irgendwann mal wieder stattfinden können, es wohl keinen gäbe, der behaupten würde, dass das ein guter Ersatz für einen normalen Gig wäre. Aber wir haben uns natürlich extrem gefreut, dass wir so zumindest Release-Shows spielen konnten – und halt auch ein paar Leute zu sehen, die sich total darüber gefreut haben, das war eigentlich das Schönste.
Und Wacken, das war einfach nur crazy (lacht). Also da rein zu kommen, in dieses Studio und wie das aufgebaut war – alles klein und voller Kameras, keine richtige Bühne halt. Wir haben uns selber ja auf einem grossen Bildschirm gesehen, und erst da wurde uns bewusst, wie die Zuschauer zu Hause das erleben. Es war echt spannend, sich während des ganzen Konzertes selber zu beobachten (lacht). Auch den ganzen Applaus gab’s nur im Stream zu hören, bei uns hat sich das eher so abgespielt: Zuerst komplette Power von der Band, und dann komplette Stille (lacht). Ich kannte das ja bereits von den Livestreams, die wir von zu Hause aus gemacht hatten, aber da hatten wir eigentlich immer mit Akustikgitarre gespielt, so dass der Unterschied nicht so krass war wie hier jetzt. Und zwischendurch wurden ja auch noch irgendwelche Bilder von Leuten, die zu Hause mitgefeiert haben, eingeblendet. Das Ganze war echt total geil, und ich könnte mir gut vorstellen, dass – wenn man genügend Vorlauf hat, um visuell etwas Grösseres auf die Beine zu stellen, so mit abstürzenden Flugzeugen oder so – dass man das tatsächlich ein, zweimal pro Jahr durchführen könnte. Genau, das waren so meine Eindrücke von diesen speziellen Sachen. Hab ich jetzt viel geredet… (lacht)
MI: Ich werde mich sicher nicht beschweren (lacht). Kommen wir auf euer neues Album „Horizons“ zu sprechen. Ihr habt da als erste Single ja „Misery“ ausgekoppelt, welcher für mich irgendwie der „normalste“ Song des gesamten Albums ist. Und vielleicht auch – bitte sei mir jetzt nicht böse – etwas plattgebügelt daher kommt. Was waren die Gründe, ausgerechnet diesen Track als ersten zu releasen?
Jennifer: Ich muss sagen, dass „Misery“ sich für mich nicht so „glattgebügelt“ anfühlt. Ich nehme dir das aber sicher nicht übel, weil das ja sowieso Geschmacksache ist. Aber ich finde, dass gerade dieser Song anders ist als alles, was wir bisher gemacht haben. Wir haben da bewusst Popverse geschrieben, da wir ja immer in der Kritik standen, wir seien zu sehr Pop oder was weiss ich. Das war eigentlich so ein Mittelfingersong, den wir da gemacht haben…
MI: Wieso erstaunt mich das jetzt nicht wirklich…
Jennifer: (lacht) Es kommt eben auch immer darauf an, in welchem Kontext man so ein Lied hört. Aber im Kontext von Beyond The Black war das für uns erst mal so ein Ding „Hey Leute, wir zeigen euch mal, was Pop ist, danach können wir uns dann gerne über alles Weitere unterhalten“ (lacht herzhaft). Eines unserer Ziele für dieses Album war eben auch, dass wir genau das machen wollten, auf das wir Bock haben, und nicht erst gross darüber nachzudenken, was denn nun wohl die Leute hören möchten. Und „Misery“ war der erste Song, den wir geschrieben und auch veröffentlicht haben. Er hatte die Aufgabe, bei den Fans genau dies auszulösen, dass sie frei werden von dem, was sie von uns erwarten. Quasi Freistil oder so.
Aber ich kann auch sehr gut nachvollziehen, dass man sich zu Beginn damit vielleicht etwas schwer tut. Ich kenn das von mir ja auch. Als eine meiner Lieblingsbands auf ihrem neuen Album auf einmal eine 180°-Wende vollzogen hat, dachte ich zu Beginn auch „Ou, ich weiss jetzt wirklich nicht, ob ich das noch mag“ (lacht). Aber ich habe dieser Band eine Chance gegeben – oder besser: mir eine Chance gegeben, diesen neuen Sound wiederholt anzuhören und versuchen zu verstehen, was diese Band damit bezwecken möchte. Und schlussendlich hab ich mir dieses Album dann viel öfters angehört als alles zuvor. Und ich denke, genau das passiert jetzt auch mit „Misery“. Klar können wir damit nicht alle abholen, aber bei vielen scheint es funktioniert zu haben.
MI: Stichwort Mittelfinger: Ihr geht ja zusammen mit Amaranthe auf Tournee. Und Amaranthe ist ja auch ne Band, die von einigen eher etwas belächelt wird oder auch schon mal die Nase gerümpft wird. War das vielleicht auch etwas die Idee dahinter, dass ihr mit denen zusammenspannt, so à la „Jetzt bekommt ihr Pop im Doppelpack“?
Jennifer: Ich mag solche Insider-Infos, ich finde das eigentlich immer ganz geil (lacht). Ich kenne jetzt niemanden, der Amaranthe ebenfalls als zu poppig eingestuft hätte. Ich höre sie selbst sehr gerne, wenn ich Sport mache, da passt das einfach perfekt. Und ich finde auch die Stimme von Elize unfassbar gut, auch live! Die Stimmen der Jungs sind natürlich auch klasse, aber ich bin da wohl etwas Frauenstimmen-fixiert (lacht). Deswegen habe ich mir diesbezüglich eigentlich gar keine Gedanken gemacht. Aber natürlich hat man ein Gefühl, ob sowas passt oder nicht. Trotzdem wird es wohl so einige im Saal haben, für die wir ein unbeschriebenes Blatt sind – oder sogar Amaranthe nicht kennen… wobei, das wohl eher nicht (lacht). Aber aus meiner Sicht ist es ein enorm tolles Package und ich freue mich total, dass das mit dieser Co-Headlinertour klappt – also hoffentlich klappt, man weiss ja nie, das kann sich von Tag zu Tag ändern. Aber noch sind wir guter Dinge und arbeiten darauf hin, dass alles funktioniert, wenn wir dann loslegen können.
MI: Zwei meiner Lieblingsbands gemeinsam on Stage erleben zu dürfen wird sicher der Hammer. Apropos Stimme von Elize Ryd: Euer gemeinsames Duett „Wounded Healer“, das passt wirklich wie die Faust aufs Auge. Ihr habe den Song ja auch in Wacken gespielt, und dabei hast du den gesamten Gesangspart alleine bestritten. Hattet ihr nicht die Idee – wie Within Temptation das zum Beispiel bei „Paradise (What About Us?)“ mit Tarja machen – Elize irgendwie mit einzubinden?
Jennifer: Doch, die Idee hatten wir. Wir wollten sie eigentlich als Hologramm mit rein nehmen, aber das war in der kurzen Zeit alles leider nicht mehr so richtig möglich, wie auch die Umsetzung einiger weiterer Ideen. Das ist ja auch das, was ich vorhin bereits erwähnt hatte: Wenn man für so nen Stream ein Jahr Vorlauf hat oder so, dann kann man richtig coole Sachen machen. Das Gute ist aber auch, dass wir auf der kommenden Tour ja auf das Hologramm verzichten können, da Elize dann live dabei sein wird (lacht).
MI: Wie lief generell das Songwriting zu „Horizons“ ab? Auf was habt ihr speziell Wert gelegt?
Jennifer: Es war für uns enorm wichtig, dass wir uns fürs Songwriting nochmals mehr Zeit nehmen konnten als bei „Heart Of The Hurricane“ – obschon wir da mit dem Zeitbudget im Grossen und Ganzen bereits happy waren. Als wir letztes Jahr damit begannen, versuchten wir auch neue Sachen auszuprobieren. So sind wir zum Beispiel als komplette Band mit einem neuen Produzenten zusammengesessen – dabei entstanden dann Songs wie eben „Misery“ oder „Paralyzed“. Wir sind gewisse Dinge einfach bewusst anders angegangen. Und ich denke, dieser zusätzliche Vorlauf hat uns enorm dabei geholfen, dass wir keine wirklich grossen Kompromisse eingehen mussten. Das ist ja immer das Thema – keine Kompromisse machen, weil gegen Ende hin wird es ohnehin immer stressig, dies und das muss noch geändert werden… und genau für solche Dinge hatten wir dann auch mehr Zeit. Dann waren wir auch noch ein paar Wochen bei Elephant Music, mit denen wir ja bereits seit einer Ewigkeit zusammen arbeiten und konnten von denen auch noch etwas mehr Zeit als sonst üblich abknappen (lacht). Ja, das Wichtigste war schon die Zeit, glaube ich.
MI: Gibt es einen Song auf dem neuen Album, der dir besonders am Herzen liegt? Auf den du besonders stolz bist?
Jennifer: (Überlegt) Also es gibt zwei Songs, die ich da nennen möchte. Zum einen ist das „I Won’t Surrender“. Der ist eigentlich recht spät entstanden. Es war mein klares Ziel, ein bisschen positivere Messages rüber zu bringen, zum einen, weil wir einfach positive Menschen sind, zum anderen aber auch, weil ich das gerade in dieser Zeit total wichtig finde. Zudem wollte ich in den Liedern nicht von meinen persönlichen Erlebnissen erzählen, sondern was wir in den letzten Jahren als Band gelernt haben. Von daher war auch schon aussen vor, dass ich textlich nochmals in dieselbe Richtung gehen würde wie 2016, weil das für mich eigentlich auch zur Vergangenheit gehört. Ich weiss nicht wie, aber der Song kam scheinbar zu mir (lacht). Ich sass so da und wollte eigentlich eine Uptemponummer schreiben, und trotzdem kam dann am Ende irgendwie diese Ballade raus. Ich hab das mit Fly – also Martin Fliegenschmidt – geschrieben, einem Songwriter, der auch gerade bei Balladen super ist, vielleicht ist es auch deswegen so entstanden. Zudem hat wahrscheinlich auch die ganze damalige Situation da mit hinein gespielt. Aber es war wirklich so, dass ich eigentlich was ganz anderes schreiben wollte und dieses Lied eben zu uns kam. Der Song bedeutet mit persönlich enorm viel, weil er mich selber überrascht hat.
Und der zweite Track ist „Human“ – und das vor allem, weil ich in dem Lied ganz am Anfang schon so viel gesehen habe, wo alle anderen nur meinten: „Ach nee, der ist schon bisserl Bruch“ (lacht laut). Aber ich habe an dem Song festgehalten: „Nein Leute, wir probieren das aus und am Schluss kann man den sonst immer noch abwählen. Ich muss da jetzt einfach dran bleiben und es so machen, wie ich mir da vorstelle. Das wird mega!“ Und am Ende waren wir dann alle irgendwie baff. (lacht) Und darauf bin ich selber unheimlich stolz.
MI: Angenommen, du müsstest jemandem anhand eines Songs erklären, das ist Beyond The Black, so klingen wir, welchen würdest du wählen? Welches ist quasi euer Trademark-Song?
Jennifer: Neeee (lacht) Nee, ich glaube… (überlegt) Vielleicht „Wounded Healer“ – halt etwas, das nicht so extrem ist. Die Styles unserer Songs sind immer so unterschiedlich, dass man das eigentlich nicht in einem Song zusammen bekommt. Deswegen… Wir haben ja die Balladen, die für mich wie auch Beyond The Black sehr wichtig sind, und dann gibt es halt trotzdem so Sachen wie „Halleluja“, das wirklich extrem ist – oder „Freedom“, das nochmals komplett was anderes ist. Von daher kann man meiner Meinung nach nicht sagen, der oder der ist es. Vielleicht meine Stimme, das ist das einzige, das sich in allen Songs wiederfindet (lacht). Aber ansonsten… irgendetwas im Midtempobereich, aber auch da gibt es viel zu viel Unterschiedliches…. „In The Shadows“ kann man vielleicht trotzdem noch immer als unsere Hymne bezeichnen, wenn man denn so möchte.
MI: Betreffend „extrem“: Was mir auf „Horizons“ ebenfalls auffiel, ist, dass praktisch keine Growls mehr vorhanden sind, mal abgesehen von in „Welcome To My Wasteland“. Chris singt, die gutturalen Laute fehlen aber weitestgehend. Hatte das einen speziellen Grund oder hat sich das beim Songwriting einfach so ergeben?
Jennifer: Das hat sich im Prinzip so ergeben. Ursprünglich waren schon mehr Growls angedacht, wir haben auch viel damit rumprobiert, aber uns dann doch zusammen dafür entscheiden, es so zu versuchen. Chris singt halt einfach auch mit so viel Attitude in seiner Stimmfarbe, das find ich so geil. Daher hatten wir dann im Endeffekt das Gefühl, dass das so eigentlich noch viel ausdrucksstärker klingt als die Growls – das war der Grund. Also nicht, weil wir vom Klang her irgendwie weicher werden wollten, sondern einfach weil seine Stimmfarbe da voll rein passt. Er singt ja auch erst, seit er bei Beyond The Black ist, so richtig auf der Bühne. Und Chris nimmt jetzt auch Gesangsunterricht – er fängt gerade erst an, seine Stimme zu schulen und sagt auch jedes Mal, dass er viel dazu lerne und er merke, wie sich das entwickelt. Seine Ausdrucksfähigkeit wird immer stärker und das finde ich total geil.
MI: Du warst letztes Jahr bei „Sing My Song“ mit von der Partie. Hat diese Erfahrung deine Beziehung zur Musik in irgendeiner Form beeinflusst, zum Beispiel, dass du gegenüber anderen Musikrichtungen noch offener geworden bist?
Jennifer: Offen war ich gegenüber anderen Musikgenres eigentlich schon immer… (überlegt) Ich würde sagen, es hat mich insofern beeinflusst, dass ich mit Text…. Ich habe eine noch nähere Beziehung zu Texten gewonnen, als ich das bereits vorher hatte. Früher war ich eher auf die Musik fixiert, die war irgendwie das Wichtigste für mich – klar, ich habe, als ich noch klein war, grösstenteils englische Musik gehört und dann eh meistens den Text nicht verstanden (lacht). So kam es dann, dass ich den Fokus mehrheitlich auf die Musik gelegt hatte. Aber bei „Sing My Song“ ist man viel tiefer auf die Texte eingegangen. Was mich da enorm beeindruckt hat war, wie jemand eine eigene Story in den Song von jemanden anderen reinlegen kann – mir war das zuvor nicht so bewusst. Und ich denke, dass „Horizons“ dadurch nochmals mehr Tiefgang bekommen hat, eine klarere Linie, würde ich mal sagen.
MI: Die halbe Stunde ist leider schon fast um – lassen wir dich doch mal meinen Part übernehmen: Gibt es eine Frage, die du gerne mal beantworten möchtest, dir aber noch nie jemand gestellt hat?
Jennifer: (lacht) Das ist ne gute Frage (lacht herzhaft). So eine Frage wollte ich immer mal gestellt bekommen. (überlegt) Aber ich hab keine Antwort (lacht herzhaft) Was ich aber schon immer mal gerne sagen wollte ist, dass ich es total geil finde, mit Leuten oder Journalisten zu sprechen, die auch tatsächlich Interviews lesen, die ich gegeben habe (lacht). Man kann so viel tiefer in Sachen einsteigen, wenn das Gegenüber bereits Antworten von mir kennt und sich Gedanken dazu gemacht hat. Oder wenn man bereits zwei Interviews oder so geführt hat, dann kennt man sich bereits ein bisschen. Das finde ich natürlich auch viel spannender, als zum zehntausendsten Mal zu erklären, woher der Name „Beyond The Black“ kommt (lacht). Man merkt dann halt schon definitiv den Unterschied – ich mag es einfach, wenn man etwas tiefer in so ein Gespräch einsteigen kann, wie hier zum Beispiel.
MI: (etwas verlegen) Das hört man natürlich gerne, danke. Und wenn man bei einem Gespräch wie diesem hier so viel lachen kann, dann macht es natürlich auch von meiner Seite her umso mehr Spass. Ihr werdet am 27. April 2021 in Zürich und tags darauf dann in Lausanne zusammen mit Amaranthe auftreten – so es denn möglich sein wird. Hast du noch eine spezielle Message an eure Schweizer Fans?
Jennifer: Ich kann nur sagen, ich freu mich extrem, wenn das alles stattfinden wird. Wenn wir Horizons endlich mal richtig live feiern und wir so richtig Party machen können. Und ich bin mir sehr, sehr, sehr sicher, dass dieses Package echt wunderbar wird, dass wir auf dieser Tour so richtig viel Spass haben werden – weil, das ist mir auch sehr wichtig. Und vor allem, dass man sich wieder zusammen freuen kann, denn das ist es, was ich am meisten vermisse. Und ich hoffe, dass die Leute spüren, dass wir so richtig Bock drauf haben. Und bis dahin sollen alle durchhalten und positiv bleiben im Kopf, das ist ganz wichtig. Und hoffentlich bleiben alle gesund!
MI: Jennifer, ganz herzlichen Dank für dieses sehr spannende und offene Interview! Es gibt sicher noch die eine oder andere Frage, die mir auf der Zunge liegt oder sich aus unserem Gespräch ergeben hat. Eventuell können wir ja nächsten April ja da weiter machen, wo wir jetzt aufgehört haben.
Jennifer: Ja, so machen wir das! Vielen, vielen Dank!
MI: Dann hoffentlich bis bald, und dir wunderbare Ferien nächste Woche!
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