Corona als Spielverderber
Eigentlich hätte das neue Album von Comaniac schon im Frühjahr das Licht der Welt erblicken sollen, aber leider kam genau zum Veröffentlichungstermin der Lockdown. Somit wurde der Veröffentlichungstermin verschoben, obwohl das Album natürlich schon vertriebsbereit gewesen wäre auf Ende März.
Abgesehen davon ist der Druck auf die Formation aus meiner Sicht im Vorfeld hoch, hat man mit dem letzten Album doch bereits einen Meilenstein gesetzt und durfte seither doch eine grosse Anzahl Konzerte und Festivals spielen und auf grösseren Touren mitziehen. Dies führt auch dazu, dass man natürlich einige Anhänger mehr im Schlepptau hat als noch bei der damaligen Plattentaufe des Vorgängers in der Kettenbrücke Aarau.
Comaniac reach the next Level …
Die Band um Jonas Schmid hat ihre Hausaufgaben aus meiner Sicht definitiv gemacht und wird sich mit dieser dritten Veröffentlichung auf ein neues Level katapultieren. Bereits der erste Track und gleichzeitig Titelsong „Holodox“ zeigt wohin die neue Reise geht.
Die Band wirkt im musikalischen Gesamtgefüge kompakter, erfahrener und vor allem auch technischer unterwegs. Aus meiner Wahrnehmung wurde der ganze technische/progressive Teil mehr in den Mittelpunkt der Musik gestellt. Dies macht die Songs sehr variabel und überraschender. Hohe Geschwindigkeit (wie gewohnt), scharfe Riffs und Melodie sowie irrsinnige Taktwechsel ziehen mich als Hörer sofort in den Bann. Es wird – jedenfalls zu Anfang – wirklich nie langweilig. „The New Face of Hell“ ist weniger auf Gesang als auf die Saitenfraktion ausgerichtet, coole Parts, geiler Song.
Auch die folgenden Songs sind auf einem hohen Niveau und es gibt nicht einen davon, der nicht das Prädikat Fucking Swiss Technical Thrash verdient hat. Mich überzeugt vor allem die Art und Weise wie die Songs aufgebaut und arrangiert wurden. Die eingebauten Richtungswechsel lassen viele der Songs sehr kurzweilig erscheinen obwohl die meisten Songs mit um die vier bis fünf Minuten zu Buche schlagen.
Jonas Schmid an vorderster Front gibt den Songs noch das gewisse „Etwas“ mit, mit seinen kritischen und nachdenklich stimmenden Texten, vermag er aufzurütteln und setzt seine Stimme von Geschrei bis zu melodiösen Parts sehr unterschiedlich ein.
Sprachlos in Toffen …
Das vorliegende Album zeigt einmal mehr, was mit Erfahrung und Willen alles machbar ist. Die Jungs von Comaniac haben ihren Weg bis heute in unglaublich schnellen und grossen Fussstapfen genommen. Und trotzdem sind die Herren musikalisch wie auch persönlich auf dem Boden geblieben. Sonst wäre es nicht möglich ein solch abwechslungsreiches Album rauszuhauen. Und mir ist klar vielleicht wiederhole ich mich hier, aber das vorliegende Album macht mich einfach sprachlos. Es ist einfach ein Meisterwerk. Ich frage mich wieso? Ich glaube es sind die Werte, welche ich auch aus der Musik von Comaniac spüre: überlegte Musik, kein einfaches drauflosknüppeln, musikalische Feinheiten, ohne den Thrash-Anteil gross in den Hintergrund zu rücken, den Mut was zu riskieren und trotzdem authentisch zu bleiben, das Level der Musiker, sei es Gesang, Saitenfraktion oder Schlagzeug.
Anspieltipp sicher auch „Under The Gun“. Einer der „normalsten“ Songs auf der ganzen Scheibe. Auch der letzte Song „Bittersweet“ hat seinen Reiz. Hier versuchen sich Comaniac nämlich an einem Song, der in die Balladensparte gehört. Und auch das gelingt. Hört man Jonascomancoman während dem grossen Teil des Albums nur schreien, zeigt er hier, dass es auch anders geht. Ich staune sowieso über das grosse Facettenreichtum des Gesangs.
Das Fanzit Comaniac – Holodox
Vielleicht, weil es endlich wieder eine Schweizer Band ist, die es geschafft hat, vielleicht, weil ich zu fest beeinflusst bin, vielleicht weil ich diese Art von Musik liebe, vielleicht weil ich mit solchen eher technischen und progressiven Songs mehr anfangen kann als mit andere Musik, aber vielleicht auch, weil sie es einfach verdient haben: Ich ziehe den Hut vor dieser Meisterleistung. Comaniac da habt ihr was ganz Famoses vom Stapel gelassen. Bleibt so hungrig, bleibt so bodenständig, kreativ und verschiedenartig. Das neue Album wird einen speziellen Platz in meiner Sammlung erhalten.
Trackliste Comaniac – Holodox
- Holodox
- The new Face of Hell
- Art is Dead
- Head of the Snake
- Narcotic Clan
- Legend Heaven
- Love and Pride
- Under the Gun
- Bittersweet