Ein fast perfekter Abend
Die Innerschweizer Crown Of Glory laden ein zur Taufe ihrer bockstarken neuen CD. Da lässt man sich nicht lange bitten – auf nach Langenthal!
Crown Of Glory sind im Moment vielleicht grad wirklich die Schweizer Band der Stunde. „Ad Infinitum“, am Tag zuvor via Plattenläden auf die Fans losgelassen, ist ein Werk, welches garantiert aufhorchen lässt (siehe Review). Und hoffentlich einen gehörigen Popularitätsschub für den Sechser mitbringt! Die CD-Taufe findet im Old Capitol in Langenthal statt. Und damit die Fans nach einer durchaus möglichen feuchtfröhlichen Party nicht noch heimfahren müssen, nutzen viele die Möglichkeit einer vergünstigten Übernachtung im nahe gelegenen Hotel Meilenstein. Da haben Crown Of Glory übrigens auch ihren ersten Videoclip zum neuen Album gedreht…
Auch meine bessere Hälfte Nicky – heute als Fotografin im Einsatz – und ich machen Gebrauch von diesem Angebot. Noch im Hotel treffen wir die ersten bekannten Gesichter. Heute könnte es wohl irgendwie zu einer Familien-Reunion kommen… Doch erstmal ist noch stärken angesagt. Ich mache mich gefasst auf einen schweisstreibenden Abend. Somit gilt es, früh genügend zu trinken…
Das Old Capitol entpuppt sich als kleiner, aber feiner Laden. Sieht mir von der Bauweise mit Balkon und so aus wie ein ausgemustertes Kino. Aus bekannten Gründen darf der Club nicht ganz gefüllt werden. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn auch wenn es am Ende voll ist: Es ist nicht ZU voll. Der Einlass geht trotz Registrierungspflicht einigermassen zügig vonstatten, nur bei mir dauerts länger, weil ich mein Handy im Hotel gelassen habe. Brauche ich ja auch nicht an einem Konzert. Naja – irgendwann bin ich auch drin. Und dann heisst es: Leute begrüssen! Man trifft viele Leute, die man seit Monaten nicht mehr gesehen hat – und alle sind völlig giggerig auf Live Musik!
Mit über 20 Minuten Verzögerung (Fronter Heinz erklärt später, dass sie warten wollten, bis wirklich ALLE Fans Einlass gefunden haben – stark!), geht’s endlich los. Ein Videoclip von der letztjährigen Rocknacht Tennwil (siehe Review) wird gezeigt, dazu knallt vom aktuellen Werk „Let’s Have A Blast“ aus den Boxen. Die freudige Unruhe der Fans ist spürbar und als Crown Of Glory endlich die kleine Bühne betreten, werden sie fast euphorisch empfangen. Hier und heute kann ja so (fast…) nichts schiefgehen!
„Emergency“ und „Something“: Mit diesem Doppelschlag startet das musikalische Programm. Zwei der Highlights auf „Ad Infinitum“. Bei „Something“ vermisst man die Stimme von Seraina Telli – schade, dass Dead Venus heute selber eine Show spielen. Das Live Duett wäre garantiert der Hammer gewesen. Doch so bleibt alles bei Hene hängen – und er liefert einen sauguten Job ab! Ich merke dafür sehr schnell, dass ich einen gehörigen Mangel an Nackenmuskel-Training vorzuweisen habe…
Angetrieben vom mehrheitlich im Dunkeln agierenden Drummer Lukas Soland und Basser Jonas Lüscher (der bei Divertimento als Double von Manu durchgehen könnte!), lässt der Sechser mit dem schnellen „Infinitiy“ den nächsten neuen Track auf die Leute los, bevor mit „The End Of The Line“ der erste Ausflug in die Vergangenheit folgt. Auch „The Hunter“ ist vom letzten Werk „King For A Day“, hier zeigt sich dann auch deutlich, dass die Fans mit dem älteren Material deutlich besser vertraut sind. Klar – „Ad Infinitum“ ist erst einen Tag alt, und die wenigsten hatten wie ich die Möglichkeit, das Werk schon ein paar Wochen vorher ausgiebig zu testen…
Zuerst als Intro – und jetzt voll auf die Zwölf: „Let’s Have A Blast“! Die Hitze steigt, der Nacken schmerzt, während Crown Of Glory mit dieser Hymne von A bis Z überzeugen. Auch das folgende „Make Me Believe“ ist stark und gefällt mir live einen Zacken besser als auf CD. Die Spielfreude ist bei den Jungs sichtbar (gut, bei Keyboarder Oli Schuhmacher ist’s schwierig – der arme Kerl bekommt am absolut wenigsten Schweinwerfer-Licht ab…), speziell die Saitenfraktion hat ständig ein zufriedenes Grinsen im Gesicht. Fronter Heinz sorgt dafür nun für eine kleine Verschnaufpause…
„Surrender“. Die Ballade ist angesagt. Ja, sie ist wirklich nicht übel, ich gebe es ja zu. Die ersten Publikumsreihen werden gleich zu Beginn mit Wunderkerzen versorgt, damit auch entsprechendes Feeling im Saal aufkommt. Allerdings scheinen einige davon „Ladehemmung“ zu haben, so dass die Zuhörer beinahe mehr mit „Wunderkerzen anzünden“ beschäftigt sind als mit „Ballade geniessen“. Irgendwie ein schräger Moment, der wohl nicht ganz so geklappt hat wie angedacht.
Danach wird die CD getauft – schliesslich ist das der Grund, warum sich hier die Fans versammelt haben! Oder so… Doch zuvor bedankt sich Hene, stellvertretend für die Band, bei ganz vielen Leuten, welche Crown Of Glory unterstützen, ihnen helfen, sie supporten, fotografieren und einfach wichtig sind für die Jungs. Schöne Geste!
Doch nun genug geschwätzt. Musik ist Trumpf, und schliesslich hat man noch lange nicht alles gehört von „Ad Infinitum“! „Glorious Nights“ zum Beispiel, aber der wird dann wohl am Ende kommen… Zuerst gibt’s jetzt „Master Of Disguise“, direkt gefolgt vom schlicht sensationellen „Emporium Of Dreams“. Während sich nun auch langsam meine Stimme verabschiedet, sind leider genau in diesem Moment die kleinen Soundprobleme wirklich hörbar: Hene’s Stimme ist in der Tat etwas leise abgemischt. Ein kleiner Punkt, der nach der Show von einigen Fans angesprochen wird. Doch abgesehen davon ist’s der nächste musikalische Höhepunkt!
„One Fine Day“ zeigt mir dann deutlich auf, dass ich mit dem älteren Material insgesamt längst nicht so vertraut bin, wie a) mit „Ad Infinitum“ und b) ich sollte. Aufgrund der Publikumsreaktionen ist dies offenbar ein absoluter Favorit unter den Hardcore Fans – zu denen darf ich mich offenbar (noch) nicht zählen. Persönlich hätte ich lieber „Morpheus Dream“ oder „The Raven Flight“ gehabt, aber jetzt werde ich spitzfindig. Hauptsache eine „Glorious Night“ folgt noch!
„What I’m Made Of“ ist die erste Single des aktuellen Silberlings, seit Ende Mai veröffentlicht. Und den kennen nun wirklich alle scheinbar in- und auswendig! Sackstark, und wenn mir nicht ein lieber Kollege kurz vorher mal ein Bier gebracht hätte, würden meine Stimmbänder hier wohl kapitulieren. Und die Musiker haben Spass, weil sie sehen, wieviel Spass die Zuschauer haben. So soll es sein!
Hene macht sich jedoch gleich „unbeliebt“, er sagt „den letzten“ Song an. Jaja, wer’s glaubt… „Pathfinder“ (der erste Song vom 2007er Album „A Deep Breath Of Life“) beschliesst nach 95 Minuten den Hauptteil der Show. Es gilt noch zu erwähnen, dass mir der Pfadfinder live deutlich besser gefällt als auf Konserve – ein starkes Finish.
Es folgen die Zugaben. Eine glorreiche Nacht kann ja nicht ohne die neue Hymne „Glorious Nights“ enden, oder?? Doch zuerst stellt Hene die einzelnen Bandmitglieder vor, bevor er erklärt, warum sie das alles tun. (Yess! „Glorious Nights“! Hibbel…) Und dass die Fans ihre „Inspiration“ sind! Ok, auch gut… Und das ist wirklich so: „Inspiration“ ist von den „alten“ Songs das absolute Highlight! Mein Nacken und meine Stimme sind sich diese Belastungen nicht mehr gewohnt. Verdammt…
Das Ende ist nun wirklich nah. Mit „The Calling“ wird das Triple vom „Deep Breath“-Album vervollständigt. Crown Of Glory verabschieden sich unter grossem Jubel von den Fans. Zu meinem grenzenlosen Entsetzen allerdings ohne „Glorious Nights“ gespielt zu haben! Das, liebe Freunde, schreit noch nach einer Erklärung… Nichtsdestotrotz ist nach gut 105 Minuten die Show zu Ende und man sieht überall nur glückliche (und verschwitzte!) Gesichter! Und jetzt mal zur Tränke…
Das Konzert ist zu Ende, aber es sind wenige, die wirklich sofort nach Hause gehen. Viele haben wie anfangs angetönt ein Hotelzimmer gebucht, es war auch mal noch von einer After Show Party im „Meilenstein“ die Rede. Also keine Eile und so quatschen wir mit vielen alten und neuen Bekannten. Andi Barrels von den Black Diamonds ist einer davon, auch Urs Lüscher von der Rocknacht Tennwil ist hier. Und alle sind sie begeistert, was Crown Of Glory hier gezeigt haben! Hene, Markus, Hungi, Jonas, Oli und Lukas sind derweil im Foyer angekommen und schreiben fleissig Autogramme. Und die Erklärung für das Fehlen von „Glorious Nights“ will mir Kusi dann beim Bier noch geben…
Es ist lange nach Mitternacht, als Nicky und ich uns mal auf den Weg ins Hotel machen. „Bis später“ sagt man zu den meisten Leuten – doch dies wird nicht eintreffen. Als wir im Hotel ankommen, sehen wir grade zwei Polizisten rausgehen. Die sind uns eigentlich egal, uns interessiert die Hotelbar! Doch die ist geschlossen, wie uns freundlich-säuerlich mitgeteilt wird. Scheint so, als ob die Gesetzeshüter hier die Party beendet haben, bevor sie beginnen konnte. Na toll… Gitarrist Hungi erzählt am nächsten Tag, dass viele schlussendlich einfach vor dem Eingang noch ein paar Bier vernichtet haben…
Das Fanzit – Crown of Glory (Plattentaufe)
Ein Konzert. Es ist fast wie früher. Fast wie NORMAL. Jedenfalls so, wie es immer sein SOLLTE! Crown Of Glory liefern einen restlos überzeugenden Auftritt ab, das neue Material tätscht live wie auf CD. Die Jungs und die Fans haben Spass – was will man mehr? Ausser „Glorious Nights“… Aber das ist ein anderes Kapitel. Gell Kusi! 😉 Ansonsten: Vielen Dank an alle Beteiligten für einen ganz tollen Abend!
Setliste Crown of Glory
- Emergency
- Something
- Infinity
- The End Of The Line
- The Hunter
- Let’s Have A Blast
- Make Me Believe
- Surrender
- Master Of Disguise
- Emporium Of Dreams
- One Fine Day
- What I’m Made Of
- Pathfinder
- Inspiration*
- The Calling*
*Zugaben