Unter dem roten Mond
Als das letzte Album von Excelsis erschien, feierte die Band just ihren zwanzigsten Geburtstag. Dass die Emmentaler Drachentöter 2020 bereits ein Vierteljahrhundert existieren, lässt also den Schluss zu, dass ganze fünf Jahre vergangen sind, bis wir nun endlich Bluetmond hören dürfen. Als Ausgleich – oder vielleicht auch nur als Folge von ungezügelter Kreativität – dauert der neuste Streich der Truppe satte 71 Minuten. Es gibt also einiges an musikalischem Nachschub.
Doch es haben sich in der Zwischenzeit einige Dinge verändert im Hause Excelsis. Wer unseren Konzertbericht vom Februar gelesen hat, wird schon ahnen, was jetzt kommt (und wer nicht, kann ihn hier nachlesen). Seit ebendiesem Konzert ist Lüku neues Mitglied der Drachentöter. Obwohl er wegen seinen Gastauftritten auf vergangenen Alben kein Unbekannter ist, hat seine Aufnahme in die Band deren Klang nachhaltig beeinflusst. Einerseits bringt er mit der Schalmei ein völlig neues Instrument mit und andererseits steht er Frontmann Münggu mit seinen Stimmbändern bei. Die beiden Stimmen ergänzen sich denn auch hervorragend: Während Münggus Gesang mit dunkler Leidenschaft für Kraft sorgt, garnieren Lükus Klänge die Musik mit ihrem melodiösen und hymnischen Charakter. Für langjährige Fans tönt das Duett im ersten Augenblick ungewohnt, aber es dauert nicht lange, bis die zwei den Hörer überzeugt haben. Neben Schalmei und Dudelsack brettern derweil die Gitarrenriffs über dem druckvollen Bass und dem atmosphärischen Keyboard, immer wieder von kurzen Sequenzen unterbrochen in denen die Leadgitarre die Führung übernimmt oder eines der exotischeren Instrumente zum Zuge kommt. Bluetmond lebt richtig von diesen kleinen aber feinen Spielereien; ein Zwischenteil mit Maultrommel hier, etwas Talerschwingen kurz vor dem eruptiven Gitarrensolo da. Damit erzeugt die Band Spannung und erschafft interessante Nischen innerhalb ihrer Songs, die dem Hörer auf der Reise immer wieder Anhaltspunkte bieten. Sei es der Ohrwurm „Münnebärg“ oder das unheilvolle „ohni Reui“, das Material ist stark komponiert und energetisch vorgetragen. Einzig „Rache“ walzt seinen Refrain zu sehr aus und fällt gegenüber dem Rest ab. Bei insgesamt zwölf Tracks abgesehen von Prä- und Interludium fällt das aber nicht ganz so stark ins Gewicht.
Bluetmond ist erneut ein Konzeptalbum geworden. Natürlich, möchte man sagen, sind Excelsis doch mittlerweile bekannt dafür, Sagen und Erzählungen aus der Schweiz entsprechend aufzubereiten. Diese Art Geschichten zu erzählen, ist eine ihrer grössten Stärken. Das zeigt sich auch in den Feinheiten der textlichen Struktur. Nach dem Intro, das als Vorwort verstanden werden kann, spannen Excelsis im ersten Song eine Rahmenhandlung auf, die erst im Laufe des zweiten Stückes in die eigentliche Handlung übergeht. Ganz zum Schluss referenziert der Text dann nochmals das hinterlassene Vermächtnis der Protagonisten: die Geschichte selber.
Wie eine gute Erzählung ein spektakuläres Finale hat, steigern sich auch Excelsis im Verlaufe des Albums immer weiter, bis sie schliesslich mit den besten drei Liedern den Schlussakkord anstimmen. Das sind drei echte Höhepunkte, die nochmals alles beinhalten, was Bluetmond ausmacht. „Mühlirad“ zeugt von den Songs innewohnender Kraft, Kompaktheit und Druck. „d Chräjie“ steht exemplarisch für den hymnischen Grundtenor, welcher der Musik auf dem Album zugrunde liegt. „s Vermächtnis“ verkörpert die starken Melodien sowie das Faible von Excelsis, eine Geschichte stimmungsvoll zu erzählen. Und nachdem Münggu ganz zum Schluss noch ein letztes Mal „dasses oich nie wird verloh“ ins Mikrofon flüstert und die Musik danach verklingt, ist es plötzlich ganz still und leer im Raum. Wie wenn man ein gutes Buch beendet und die liebgewonnenen Protagonisten entschwinden. Genau so will ein Konzeptalbum beendet werden.
Das Fanzit zu Excelsis – Bluetmond
Excelsis kreieren auf Bluetmond ganz viele schöne und hörenswerte Momente. Dabei verlangt das Album dem Hörer aufgrund seiner dichten, intensiven Produktion jedoch einiges ab. Doch wer sich auf die Reise durch die Geschichte einlässt, wird mit einem Feuerwerk an Details und Melodien belohnt. Damit verdienen sich die Emmentaler Drachentöter mehr als redlich 9 Punkte.
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