Verrückte Welt und aufstrebende Kämpfer in der Ruhmeshalle
Sowohl Shakra als auch Fighter V brachten am Samstagabend jede Menge Rock ins Zürcher Oberland. Das Publikum im Hall Of Fame-Club kam in den Genuss zweier überzeugender und sackstarker Performances. These erfolgreich bestärkt: Wir Schweizer haben definitiv fantastische Bands in unseren Reihen.
Also doch – nach einer eineinhalb Jahre andauernden Bühnenabstinenz wagen die Emmentaler Shakra das Bühnen-Comeback. Nach gefeierten Auftritten in Solothurn und Luzern verschlägt es die Herrschaften heute nach Wetzikon. Festivitäten dürften auch im Laden von Pasquale Salatino zum Thema werden, denn die Gruppe zelebriert einerseits ein Vierteljahrhundert Existenz und anderseits die allerneuste Platte «Mad World». Kollege Kaufi hat sich das Album ausgiebig zu Gemüte geführt (seine Analyse findet ihr hier). Manchmal frage ich mich schon, ob Musiker gewisse Dinge im Urin haben. Der Scheiben-Titel passt – leider – hervorragend zu diesem Jahr. Unsere Welt und die Mehrheit ihrer Bewohner sind momentan aus «Seuchen-Gründen» wahrlich ständig am Durchdrehen. Einfach krank, was hier teilweise abgeht… Immerhin können wir unsere Sorgen aufgrund der bevorstehenden Konzerte für ein paar Stunden vergessen.
Konzerte? Weshalb Plural? Tja, ohne Support-Act läuft selbstverständlich nix. Für dieses Aufwärm-Programm sind die vielversprechenden Fighter V aus Hergiswil zuständig. Viele prophezeien diesen Jungs eine grandiose Karriere. Meines Erachtens völlig zurecht. Sie machen den melodiösen Rock der 80er Jahre fraglos erneut salonfähig.
Bei diesem scheusslichen Herbstwetter flüchten wir gerne rasch ins Innere der Location. Viele vertraute Gesichter sind mit von der Partie. Trotzdem hat man die Ruhmeshalle bei Gigs von Shakra durchaus schon besser gefüllt erlebt. Bedauerlicherweise raubt das «Light-Beer-Virus» einigen die Freude an den spassigen Abschnitten des Lebens… Allerdings bin ich guter Dinge, dass die anwesenden Fans von A bis Z für mächtig Stimmung sorgen werden.
Fighter V
«Heat Of The City» markiert um 20 Uhr einen dynamischen Auftakt ins Set der fünf Kämpfer. Die kitschigen Keyboard-Klänge von Felix aktivieren umgehend die Zeitmaschine (oder wahlweise den DeLorean von Doc Brown) und bringen einen zurück zu Crockett und Tubbs nach Miami oder an die Strände Kaliforniens, wo gerade C. J. Parker und Mitch Buchannon in x-facher Verlangsamung an uns vorbei sprinten. Mit «Frontline» geht’s rasant weiter. Die Gesangsleistung von Dave – der optisch inzwischen immer mehr einer jungen Version von Jon Bon Jovi ähnelt – ist abermals hammermässig! Zudem bleibt er weiterhin das fleischgewordene Lederjacken-Phänomen. Wissenschaftlern ist es nach wie vor ein Rätsel, dass der Kerl trotz ausgiebigem Bewegungsradius in dieser Kluft nie komplett in Schweiss ertrinkt.
Regelmässige HoF-Gäste dürften möglicherweise eine Veränderung festgestellt haben. Richtig! Die Crew hat offenbar die Bühne etwas erhöht. Dadurch können wirklich alle die Protagonisten bestens sehen. Eine absolut gelungene Bastelei. Diesem Lokal gehen die Ideen glücklicherweise niemals aus. Fighter V erleben ebenfalls ein Novum. Plötzlich fliegt eine fette Männerunterhose (oder wohl eher «Oma-Schläuche») nach vorne. Das hätten sie also noch nie gehabt. Ach, kommt schon Jungs; bei Groupies soll man nicht wählerisch sein.
Eine Hommage an den kürzlich verstorbenen Eddie Van Halen darf natürlich keinesfalls fehlen. In Sachen Eskalations-Stufe bin ich zweifelsohne sehr gut dabei. Das ändert sich auch nicht beim darauffolgenden «Runaway». Vermisst hier wirklich jemand Bon Jovi? Ausnahmsweise ein Abstecher in fremde Gefilde, denn sonst setzt der Fünfer brav auf seine eigenen Kompositionen. Dazu gehört unter anderem «There She Goes». Eine überragende Ballade, die mich persönlich aus aktuellen Gründen aber volles Rohr aus der Bahn wirft. Drecks Gefühle…! Egal. Munter weiterrocken, oder? Dass Liebe gefährlich sein kann, bestätigen die Musiker im Anschluss mit «Dangerous». Wahre Worte, Freunde.
Nach 45 Minuten folgt der Abschluss in Form von «Turn It Up!». Das ist ein Tastengeklimper-Porno auf ganz hohem Niveau. Das Publikum feiert jedenfalls engagiert mit. Meinetwegen hätten die Kämpfer ungeniert noch ein paar Runden im Ring dranhängen können. Ich freue mich bereits auf das nächste Wiedersehen!
Shakra
Der Headliner ist gefordert – so viel dürfte klar sein. Doch wer ab dem ersten Ton mit einer solchen Dominanz auftritt, muss sich effektiv keine Sorgen machen. Alter Falter! Das ist ja der «füdliblutte» Wahnsinn! Shakra reissen mal eben in bestechender Manier die Hütte ab. Breit grinsend und volle Spielfreude. Frontmann Mark stachelt die Meute stets mit viel Elan an. Bei diesem Fuchs flippen eindeutig nicht bloss die Hühner aus. Seine Stimme wirkt gestärkt und kann mit allen Nummern (egal, ob alt oder neu) souverän umgehen.
Mit Cyril hat die Truppe einen neuen Bassisten in ihren Reihen. Schön zu sehen, dass der ehemalige Maxxwell-Mann das Grimassen schneiden überhaupt nicht verlernt hat. Seine Feuertaufe hat er bereits vor ein paar Tagen gemeistert und auch am heutigen Abend gibt’s an seiner Leistung nix zu bemängeln. Das gilt allerdings ebenso für seine Mitmusiker. Thom an der Lead-Gitarre ist eine regelrechte Riff-Maschine. Der haut einfach unermüdlich mitreissende Soli raus und tut so, als ob dies die einfachste Sache der Welt wäre. «Affentittengeil!»
Auch die Berne zollen Eddie Van Halen Respekt und hauen dazu ein kurzes «Ain’t Talkin‘ ‚Bout Love»-Cover raus. Der Fokus liegt jedoch verständlicherweise klar auf ihren eigene Hymnen. Material gibt’s glücklicherweise mehr als ausreichend. Da sind unzählige Hits dabei, die einen ununterbrochen jubeln lassen. Seit Jahren ist diese Kapelle ein sicherer Wert und genau das stellt sie mit dieser knapp zweistündigen Machtdemonstration abermals eindrücklich unter Beweis. «Aues geyli Sieche!»
Das Fanzit – Shakra, Fighter V
Ein erstklassiger und rockiger Abend in Wetzikon! Wie gewohnt hat die Soundqualität gepasst und die charmanten Bar-Mädels haben fleissig dafür gesorgt, dass keine Kehle zu lange trocken bleibt. Es kamen sicherlich etwas weniger Gäste als sonst vorbei, aber der Klub war trotzdem anständig besucht. Auf das nächste Vierteljahrhundert mit Shakra würde ich meinen, oder? Cheers! Und den Jungs von Fighter V gehört sowieso die Zukunft.
Setlist – Fighter V
- Heat Of The City
- Frontline
- Fighter
- Can’t Stop The Rock
- Runaway (Bon Jovi-Cover)
- There She Goes
- Dangerous
- City Of Sinners
- Turn It Up!