Qualität statt Quantität
Im Grunde teilen Armored Saint dasselbe Schicksal vieler US Metal Bands, denen Anfang der 90er Jahre finanziell und promotionstechnisch das Genick gebrochen wurde. Keine davon schaffte den erhofft grossen Sprung, einige aber konnten sich sozusagen durch eine Renaissance in der Neuzeit mit Kultstatus bereichern.
Armored Saint waren nie fleissige Lieferanten, was das Veröffentlichen von Studioalben angeht, wohl aber von aller Beginn weg eine berüchtigt gefeierte Liveband. Was nicht heisst, dass ihre Alben nur mässig wären – im Gegenteil. Selbst unter langjährigen Fans der Band ist man sich beispielsweise nicht einig, welches nun von den vier ersten Platten die Beste ist. Das wiederum spricht für ihre musikalische Diversität, und dies innerhalb eines Genres, das eigentlich nicht viel Spielraum für Experimente zulässt. Traditioneller Heavy Metal, so wie ihn Armored Saint spielen, ist simpel gestrickt. Aber es kommt bekanntlich nicht darauf an, was man spielt, sondern wie man es spielt.
«Punching The Sky» ist seit dem Comebackalbum «La Raza» (2010) die dritte Langrille innerhalb von 10 Jahren. Besonders der Vorgänger «Win Hands Down» (2015) knüpfte mit unverbrauchter Frische an die alten Tage an und machte eindrücklich klar, wie bekömmlich gut gereifter Wein sein kann. Und «Punching The Sky» knüpft genau dort an. Vom ersten Ton an versetzen die Kalifornier den Zuhörer mit einem Dudelsackintro in Trance, um im Anschluss mit ‹Standing On The Shoulders Of Giants› ein Feuerwerk abzubrennen, wie es Armored Saint vorbildlich beherrschen: Pumpende Drums, jagender Groove, unwiderstehliche Riffs und ein Sänger, der sich die Lunge aus der Brust schreit – so klingt traditioneller Heavy Metal im Jahr 2020. Und mit ‹End Of The Attention Span› wird sogleich nachgelegt und die Nackenmuskeln in Bewegung gebracht, bevor dann mit ‹Bubble› und ‹My Juristiction› einen Gang zurückgeschaltet wird.
Die angesprochene Reife von Armored Saint ist aber nicht einfach ein Recyclieren von altem Material, vielmehr ein modernes Konstrukt, das durch ein solides Gerüst der 80er gefestigt wird. Die Band versteht es, die Vorteile einer besseren Produktion und die technisch fortgeschrittenen Möglichkeiten gekonnt und dezent zu Nutze zu machen. So klingt ein ‹Do Wrong To None› trotz den Industrial-Elementen nicht fremd, sondern immer noch 100% nach Armored Saint. Dasselbe gilt auch für das psychodelisch angehauchte ‹Unfair›. Für den Rest spielen die Gepanzerten Heiligen ihre gewohnten Trümpfe grosszügig im gewohnt rifforientierten Hard’n’Heavy-Sektor aus und tun das mit phänomenaler Handarbeit und einem gewaltigen John Bush, der hier Mitte 50 jedem Jungspund die Hosen auszieht.
Das Fanzit Armored Saint – Punching The Sky
Auch der 8. Output von Armored Saint lässt einmal mehr keine Wünsche offen – für Old School Metaller und Fans der Band ein Fest für die Ohren. «Punching The Sky» ist ein abwechslungsreiches Stück Traditional Metal geworden, das sich zwar unter dem Strich vom bärenstarken «Win Hands Down» geschlagen geben muss, aber jenes Album zu toppen wäre nun wirklich grössenwahnsinnig gewesen. Jedenfalls würde es nicht erstaunen, «Punching The Sky» Ende Jahr in diversen Bestenlisten weit oben zu sehen.
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Trackliste Armored Saint – Punching The Sky
- Standing On The Shoulders Of Giants
- End Of The Attention Span
- Bubble
- My Jurisdiction
- Do Wrong To None
- Lone Wolf
- Missile To Gu
- Fly In The Ointment
- Bark, No Bite
- Unfair
- Never You Fret