Die Ruhrpott-Thrash-Legende Sodom ist zurück!
Wir sind uns wohl alle einig, 2020 ist ein richtiges Seuchen-Jahr. Keine Festivals, kaum Konzerte und auch sonst lief nicht grad vieles nach Plan. Worüber man sich aber definitv nicht beschweren kann ist die Qualität der Thrash Metal Releases. Bands wie Testament, Onslaught, Havok oder Shrapnel – um nur ein paar Beispiele zu nennen – haben dieses Jahr sehr gute bis hervorragende Alben veröffentlicht. Ob die Herren aus dem Pott da mithalten können? Ihr erfahrt es im folgenden Review.
Die letzten Jahre standen bei Sodom im Zeichen einiger Veränderungen. Als Bandleader Tom Angelripper 2018 mit Gitarrist Bernemann und Drummer Makka die komplette Besetzung entliess, waren viele Fans eher skeptisch – ich inklusive. Mit Frank Blackfire kam dann aber ein alter Bekannter aus gloriosen „Agent Orange“-Zeiten zurück, zudem wurde mit Yorck Segatz ein zweiter Gitarrist in die Band aufgenommen. Das Schlagzeug übernahm vorerst Husky von Asphyx.
In dieser Besetzung wurden einige sehr gute Konzerte gespielt, unter anderem auf der Headbangers Ball-Tour 2018, der 70‘000 Tons Of Metal 2019 (siehe Bericht) oder am Baden in Blut Open Air (Bericht). Ebenso veröffentlichte die Truppe mit „Partisan“ 2018 und „Out Of The Frotnline Trench“ 2019 zwei EPs. Diese waren beide zwar alles andere als schlecht, komplett abgeholt haben sie aber zumindest mich nicht. Nach einem weiteren Wechsel an den Drums – Toni Merkel kam für Husky in die Band – Erscheint nun der erste Longplayer seit 2016 und „Decision Day“.
Genesis XIX – Das Album
Los geht es mit „Blind Superstition“, welches älteren Sodom-Fans bekannt vorkommen dürfte. Dieses Intro wurde bereits beim Live-Album „Mortal Way Of Live“ von 1988 als Auftakt verwendet, meines Wissens bisher aber nie im Studio aufgenommen. Direkt danach folgt mit „Sodom & Gomorrha“ ein erstes, dickes Ausrufezeichen. Ich wäre mehr als nur erstaunt wenn der Song nicht einen festen Platz in der Setliste bekommen würde, sobald Konzerte endlich wieder möglich sind. Was für ein Brett!
„Euthanasia“ schliesst direkt da an. Ein weiterer schneller Thrash-Hammer. Sägende Gitarren, Schlagzeuggewitter und richtig angepisste Vocals von Tom. Was will man mehr? Der folgende Titeltrack „Genesis XIX“ war bereits auf der „Out Of The Frontline Trench“ zu hören, wurde aber ganz offensichtlich fürs Album noch einmal neu aufgenommen. Nicht nur das die Spielzeit nun mit 7 Minuten 20 Sekunden nochmals etwas länger ist als bei der Erstveröffentlichung, irgendwie klingt in meinen Ohren auch das Schlagzeug etwas fetter, und Angelrippers Vocals sind variabler.
Mit „Nicht Mehr Mein Land“ folgt zum ersten Mal seit längerem wieder ein Song von Sodom mit deutschen Lyrics. Ich hatte in Zeiten von Reichsbürgern, der AFD und selbsternannten Querdenkern gewisse Befürchtungen aufgrund des Titels. Diese werden aber glücklicherweise nicht bewahrheitet. Tom besingt zwar den Verlust von Freiheit und die steigende Ignoranz, ohne aber dabei explizit politisch zu werden. Musikalisch find ich das Stück mit seinen Tempowechseln sehr gelungen, ein weiterer Höhepunkt.
„Glock´n´Roll“ besticht wiederum durch viel Speed und famose Gitarrenarbeit, gepaart mit einem eingängigen Refrain. Kann ich mir ebenfalls sehr gut auf einer Bühne vorstellen, die Nackenmuskeln bekommen schon beim Zuhause hören etwas Training. „The Harpooneer“ ist wiederum ein langer Track und brauchte bei mir ein paar Durchgänge, geht aber nach mehrmaligem Anhören auch gut rein. „Dehumanized“ beginnt eher langsam und schleppend, nimmt dann aber nach gut einer Minute an Fahrt auf. Sicher eher einer der unauffälligeren Titeln des Albums, aber ebenfalls alles andere als Schlecht, ebenso wie „Occult Perpetrator“. Von Letztgenanntem bleiben vor allem die groovigen Gitarren und der Refrain mit richtig hohen Screams von Tom hängen.
Mit „Waldo & Pigpen“ folgt ein weiteres Highlight. Mit über sechseinhalb Minuten Spielzeit wieder ein längeres Stück, welches aber keinen Moment Langeweile aufkommen lässt. Geile Gitarren, richtig gelungene Vocals, super Drums – und vor allem auch richtig spannendes Songwriting. Für mich einer der besten Momente auf der ganzen Platte.
Das Abschlussdoppel bilden zwei eher kürzere Tracks, beides Garanten für heftige Moshpits! „Indoctrination“ (wurde bereits vor Release als Single veröffentlicht) kommt richtig punkig daher, inklusive Gangshouts im Refrain. Der Rausschmeisser „Friendly Fire“ schliesslich ist ein typisches Sodom-Stück mit richtig geilen Gitarren im Refrain und ein würdiger Abschluss für dieses Album.
Das Fanzit Sodom – Genesis XIX
Sodom muss sich mit „Genesis XIX“ kein bisschen vor der wahrlich guten Thrash-Konkurrenz 2020 verstecken! Auf etwas über 55 Minuten Spielzeit zeigt das Quartett wieder einmal mehr als eindrücklich was es kann. Dazu kommt eine wirklich fette Produktion. Die beiden Gitarren sind perfekt aufeinander abgestimmt, Toms Bass setzt super Akzente und die Drums klingen ebenfalls immer so wie sie sollen. Last But Not Least: der Gesang von Tom Angelripper klingt für mich so geil wie schon lange nicht mehr.
Klar, so richtig überraschend ist auf dem Album wenig. Wer die Band schon immer Scheisse fand wird wohl auch mit dieser Scheibe nicht plötzlich zum Fan. Für eingefleischte Sodomaniacs bietet die LP aber alles was es für ein geiles Sodom-Album braucht. Ich würde sogar sagen „Genesis XIX“ reiht sich ziemlich weit oben in einer Diskografie ein, welche sowieso keinen wirklichen Ausfall beinhaltet. Willkommen zurück!
Ab Release reinhören und portofrei (vor-)bestellen
Tracklist Sodom – Genesis XIX
01.Blind Superstition
02. Sodom & Gomorrah
03. Euthanasia
04. Genesis XIX
05. Nicht Mehr Mein Land
06. Glock N‘ Roll
07. The Harponeer
08. Dehumanized
09. Occult Perpetrator
10. Waldo & Pigpen
11. Indoctrination
12. Friendly Fire
Line-Up Sodom
Tom Angelripper – Bass, Gesang
Frank Blackfire – Gitarre
Yorck Segatz – Gitarre
Toni Merkel – Schlagzeug