Schwermetallische und rockige «Samichläuse»
Werte Leserschaft, legt bitte die Mandarinen und Nüsse beiseite. Ein neuer Konzertbericht will studiert werden! Gleich mehrere Herren mit roten Zipfelmützen und schneeweisen Bärten wagten sich am Samstagabend in die Lenzburger Honigwein-Taverne. Das Publikum muss offenbar artig gewesen sein, denn anstatt «Fitzen» für den Popo gab’s die volle Dröhnung Schwermetall und Hard Rock auf die Lauscher.
Irgendwie wollen wir alle doch (mindestens) einmal unsere inneren Rebellen zum Leben erwecken und in die Freiheit entlassen. Man sympathisiert gerne mit denjenigen, welche sich gegen irgendwelche Systeme auflehnen oder Ungerechtigkeiten bekämpfen. Im Star Wars-Universum hat dies beispielsweise das Galaktische Imperium schmerzlich zu spüren bekommen. Allerdings müssen wir in der Schweiz angesiedelten Konzertfanatiker zur Ausübung von Widerstand nicht gleich in Raumschiffe steigen und planlos im Weltall herumdüsen. Dazu genügt nämlich bereits ein Besuch im aargauischen Lenzburg. Dort setzt die Crew der Met-Bar alles daran, damit die furchteinflössende Aussage «Ohne Kunst und Kultur wird’s still» keinesfalls zur Realität wird. Dass das gewährleistet werden kann, müssen sie jedoch anstrengende und harte Massnahmen in Kauf nehmen (wie diese im Detail aussehen, könnt ihr übrigens im Review zu Dreams In Fragments und Inishmore genau nachlesen).
Pünktlich zur Türöffnung, die auf 19 Uhr angesetzt ist, treffen wir am Ort des Geschehens ein. Der Einlass verläuft – trotz dem schriftlichen Festhalten der einzelnen Personalien – schnörkellos. Somit sitzen wir auch schon rasch an einem der Tische und diskutieren bei ein paar finnischen Blondinen über irgendwelche Weisheiten und sonstigen Schwachsinn. Die Inspektion des Merchandise-Angebotes liegt ebenfalls drin. Man könnte fraglos von der altbekannten «Ruhe vor dem Sturm» sprechen. Der Plan sieht zwar lediglich eine Band vor, aber dafür darf sich diese an einer ausgiebigen Auftrittszeit erfreuen.
Fire Rose
Um 20.20 Uhr tönt’s plötzlich verdächtig nach Intro. Das heisst Bier aussüffeln, Blase leeren und danach nix wie hin zur Bühne. Huch?! Haben Fire Rose vor ihrem Gig etwa noch schnell einen Kostümverleih geplündert? Da stehen vier lustig anzusehende Nikoläuse und grinsen uns an. Einzig Drummer Daniel scheint den Fasnachtsgelüsten seiner Kollegen entkommen zu sein und darf in Alltagsklamotten ran an die Felle. Möglicherweise ist er ja die einzig vernünftige Persönlichkeit innerhalb des Quintetts. Halb so wild, denn amüsant sind die Outfits allemal. Einfach bitte nicht allzu sehr durchschwitzen! Vielleicht müsst ihr sie morgen Abend nochmals anziehen. Irgendwelche Familien würden euch garantiert gerne engagieren, um ihre Kinder zum Lachen zu bringen. Wer weiss?
Ich Held… schon wieder zu viele Zeilen für Äusserlichkeiten vergeudet. Das passiert mir Schelm doch sonst eher bei weiblichen Protagonisten. Dabei gibt es überhaupt keinen Grund, um den musikalischen Aspekt komplett auszuklammern. Zumal immer mehr Bestandteile der Verkleidungen ins Publikum fliegen. Die feurigen Rosen geben Gas und können die Zuhörerschaft problemlos mitreissen. Überzeugende Performance! Fronter Philipps Mähne wird dank Ventilator wunderprächtig in Szene gesetzt. Sollte unser jährlicher Sirenentest eines Tages fehlschlagen, könnte er mit er seinem Stimmorgan sicherlich aushelfen. Ich setze bei Bedarf sonst gerne ein entsprechendes Empfehlungsschreiben auf. In Bezug auf den Gesang findet sich aber leider auch ein Haar in der sonst superfeinen Suppe. Selbst der bandeigene Mischer, der mit einem Tablet durch die Gegend flitzt, scheint nicht zu merken, dass Philipp ab und an eine Spur zu dominant rüberkommt. Da haut’s einem beinahe das Trommelfell raus! Auf der Gegenseite gehen die «backing vocals» blöderweise ziemlich unter. Behebt dieses Problem beim nächsten Mal und dann können wir wirklich zurecht von einer völlig lupenreinen Darbietung sprechen.
Soundtechnisch sind Fire Rose für Personen geeignet, die zu Liedgut von Krokus, Iron Maiden oder Edguy (ohne unendliche Sammet-Ansagen) jubeln und feiern. Stücke wie «Fire ‘N’ Ice», «We Are Wild» und «Devil On High Heels» sind verdammt rockige Kaliber. Kuschlige Geschichten oder Party-Kracher (ich sage nur «Tequila») haben die Jungs ebenfalls in ihrem Repertoire. In diesen 90 Minuten wird einem einiges geboten. Da wird man im Anschluss gerne dafür besorgt sein, dass sowohl die Kassen der Band als auch diejenige der Location noch den einen oder anderen Zustupf erhalten. Absolut verdient!
Das Fanzit – Fire Rose
Die nächste «Met-Bar-Rebellion», welche am Ende als Erfolg eingestuft werden konnte. «Sold Out»-Status, fantastische Band und angenehme Gäste – was will man mehr? Die angesprochene Thematik mit der Gesangsabmischung war effektiv der einzige Wermutstropfen. Nichtsdestotrotz bleiben Fire Rose eine äusserst empfehlenswerte Truppe.