Allen Widrigkeiten zum Trotz
Konzerte zu organisieren ist in diesen Tagen wahrlich kein Zuckerschlecken. Veranstalter kriegen laufend irgendwelche Handschellen und Fussfesseln verpasst. Glücklicherweise lassen sich jedoch nicht alle davon komplett ausbremsen. Aufgrund dessen konnten am Dienstagabend die Melodic Metaller von Lotrify ihren Anhängern im Zürcher Kater einheizen. Dass dieser Auftritt erste Sahne gewesen ist, werden die nachfolgenden Zeilen fraglos erläutern.
Vorab muss ich unbedingt (mindestens) eine Lanze für eine der rockigsten Bars der Limmatstadt und die beiden Inhaber Nelly und Dani brechen. Durstige Kehlen und sich nach lauter Gitarren-Musik verzehrende Gehörgänge werden im Kater gleichermassen verwöhnt. Für die Beziehung zwischen diesem Etablissement und meiner Wenigkeit entpuppt sich die sonst so verhasste Pandemie je länger je mehr als echter Glücksfall. Wir haben wahrlich zueinander gefunden. Böse Zungen mögen vielleicht behaupten, dass ich mir meinen Status als Stammgast «ersoffen» habe. Egal – soll die Gerüchteküche doch ihre Süppchen kochen. Verschiedene Events, wie beispielsweise die AC/DC-Listening-Party zu «Power Up» oder die mit viel Todes- und Schwarzmetall angereicherte Black Friday-Sause, waren wirklich jedes Mal einen Besuch wert. Das Motto #jedesbierzählt hat mich inspiriert. Diese elende Krise lässt leider niemanden kalt. Deswegen haben meine Kollegen und ich etliche Liter köstliches Pale Ale und Erinnerungslücken fördernde «Lemmys» in uns hineingeschüttet. Im «süffigen Pfoten-Tier» fühlt man sich eben schlichtweg wohl und wird stets hervorragend bedient. Jederzeit gerne wieder!
Ein Konzert mitten unter der Woche? Oha. Ich weiss schon fast nicht mehr, wie sich das anfühlt. Aber der werte Herr Beck macht’s möglich und hat die in Baden beheimatete Truppe Lotrify in seinen Laden gelotst. Trotz drohendem neuen Ungemach aus der bundesrätlichen Ideenschmiede kann die ganze Geschichte stattfinden. Die Regeln und Vorgaben müssen allerdings unbedingt eingehalten werden! Maximal 50 Gäste sind gestattet, die Konsumation darf ausschliesslich im Sitzen erfolgen und sobald man herumstolziert oder vor der Bühne steht, gilt die inzwischen bestens bekannte Maskenpflicht. Die Musiker werden extra auf ein zweiteiliges Set zurückgreifen, so dass die Leute in der Pause Zeit finden, um ihren Durst zu stillen oder draussen kurz frische Luft zu schnappen.
Lotrify – «1. Halbzeit»
Punkt 20 Uhr dröhnt das Intro aus den Boxen, welches bereits für erste Lacher sorgt: Ein metallischer Remix der feurigen Ansprache des US-amerikanischen Fernsehpredigers Kenneth Copeland gegen COVID-19. Na dann, «halleluja»! Anschliessend übernehmen die «Lotrifösen» mit «Resurrection» das Kommando – und zwar mit viel Rumms und Wumms! Es herrschen unglaublich enge Platzverhältnisse auf der Bühne. Einzig Trommler Sergey und seine Schiessbude scheinen genügend Raum zu haben. Klampfer Yannick wagt sich ab und an hinter ins Publikum. Die Künstler kommen ebenfalls nicht um die «Gesichts-Windeln» herum. Mit Ausnahme von Sacha, aber der hat aufgrund seiner gesanglichen Verpflichtungen logischerweise eine Sonderbewilligung. Wegen «Spuck-Gefahr» muss er sich jedoch ein bisschen im Hintergrund aufhalten. Das Mitsingen auf unserer Seite klappt übrigens auch mit Maske ausgezeichnet. Zudem scheint mit «Bring It On» ein nigelnagelneuer Track am Start zu sein. Klingt vielversprechend.
Setlist – Lotrify – «1. Halbzeit»
- Resurrection
- Floating Fall
- Something To Nothing
- Ill-Minded
- Xenophobic
- Bring It On
- One Kind
Bierpause
Nach 45 Minuten bitten die Akteure zum Pausen-Hopfentee. Einmal rasch hinsetzen, den eigenen Tank wieder auffüllen und mit Kumpels über das Dargebotene plaudern. Alle sind bei bester Laune – und das macht definitiv Freude. Live-Musik müsste effektiv endlich einmal als offizielles Heilmittel eingestuft werden. Hoffentlich könne wir sie bald wieder ohne diese mühseligen Hindernisse geniessen.
Lotrify – «2. Halbzeit»
Um 21.15 Uhr pfeift der Schiedsrichter zur zweiten Hälfte an. Jep, heute Abend läuft tatsächlich Champions League in der Glotze, aber unsere Aufmerksamkeit gilt eindeutig dem musikalischen Schaffen von Lotrify. Die Herrschaften haben ihre Outfits mittlerweile mit schwarzen Nikolausmützen aufgewertet. Saitenhexer Umi setzt sogar auf einen fetten Bart. Deshalb soll er fortan den Namen «Umichlaus» tragen. Die Zuhörerschaft bleibt hochmotiviert und glänzt sowohl mit herumfliegenden Mähnen als auch fetzigen Luftgitarren-Einlagen. Zum Abschluss folgt das populäre Scooter-Cover zu «Maria (I Like It Loud)». Zweifelsohne ein Partygarant! Inzwischen ist die Hymne in Tat und Wahrheit zu einem kompakten Gemisch aus Melodic, Death und Power Metal herangereift. Ein würdiges Finale!
Setlist – Lotrify – «2. Halbzeit»
- Prophecy
- Welcome To Reality
- Collateral Damage
- The Fence
- Split The Pit
- Maria (I Like It Loud) (Scooter-Cover)
Das Fanzit – Lotrify
Dank dem grandiosen Einsatz von allen Beteiligten konnten wir einen hammermässigen Abend im Kater erleben. Lotrify rocken – dies haben sie erneut eindrücklich unter Beweis gestellt. War das eventuell der allerletzte Gig dieses Jahres? Das wird sich wohl noch zeigen…