Metallisches Ausrufezeichen aus dem Sarganserland
Divension sind eine fünfköpfige Kapelle aus Sargans. Ursprünglich gingen die Jungs 2005 als Slayer-Cover-Band an den Start. Doch irgendwann kam der Wunsch auf, ein eigenes Ding zu erschaffen und durchziehen. Stilistisch bewegen sich die Ostschweizer in den Bereichen Melodic Death und Thrash Metal.
Der nächste Schritt ist nun logischerweise der Debütsilberling. Das Herumdoktoren an diesem Werk nahm allerdings einige Zeit in Anspruch. Doch nun ist es bald soweit! «Conquer The Dying Sun» soll voraussichtlich am 16. Januar 2021 das Licht der Welt erblicken. Am gleichen Tag* würde zudem ebenfalls die Plattentaufe auf dem Plan stehen. Interessierte Personen sollten sich den Austragungsort «Werdenberger kleintheater fabriggli» ruhig schon einmal irgendwo notieren (*natürlich schlägt auch hier das Virus zu … neues Datum ist aktuell der 15. Mai 2021 – mehr Infos).
Zuerst wollen wir jedoch selbstverständlich wissen, was das Album zu bieten hat. Können ein paar Musiker aus dem Sarganserland wirklich eine sterbende Sonne erobern?
Das Album – Divension – Conquer The Dying Sun
Mitreissende Dresch-Riffs leiten den Opening-Track «Misguided Youth» ein. Das Quintett knüppelt sich mit ordentlich Schmackes durch die Gegend. Aufs Headbangen verzichten? Nope, das ist hier schlichtweg unmöglich. Das Stimmorgan von Domo Bösch bringt exakt die optimale Mischung von Aggression und Rüpelhaftigkeit mit. So mögen das die Thrash-Jünger! Ausserdem werden «Gang-Shouts» eingesetzt. Ein flotter Einstieg in die Platte!
Der wilde Ritt wird anschliessend etwas arg abrupt gestoppt, denn «Nobody Will Find You» startet sanft und gemächlich. Dies soll nur der Anfang einiger überraschender Elemente bilden. Lupenreiner Klargesang und Tempo-Variationen gehören ebenfalls dazu. Eine verdammt facettenreiche Angelegenheit. Stellenweise wecken gewisse Abschnitte bei mir Erinnerungen an Omnium Gatherum. Dieser Vergleich macht deutlich, dass Divension Melodien problemlos beherrschen. Aufgrund des entspannten, beinahe schon progressiven Ausstieges schliesst sich am Ende der Kreis der Nummer. Überzeugende Sache! Einzig die Platzierung nach dem durchwegs harten und rasanten Opener wirkt nicht hundertprozentig geglückt.
«Face This» – also bei diesen zwei Worten rechne ich – ohne überhaupt einen Ton gehört zu haben – mit einem donnernden Schlag in die Kauleiste. Und so kommt es dann auch. Abermals wird der wuchtige Thrash-Hammer ausgepackt. Leonardo Vetsch und Mastermind Roger Baumgartner bringen ihre Saitenköniginnen mittels geschickter Handhabung munter zum Kreischen. Domos Stimme weist Parallelen zu derjenigen von Tomas Lindberg (At The Gates) auf. Ich meine aber damit die besseren Zeiten des Schweden. Heutzutage vermag der Cap tragende Nordmann meines Erachtens insbesondere während Live-Performances bedauerlicherweise nicht mehr von A bis Z zu überzeugen.
«Crossroads Are Questions» – eine spannende Aussage, der man aber durchaus beipflichten kann. Die Wahl des richtigen Weges kann einen nämlich zünftig ins Grübeln bringen. Diese Situation kennen wir sicherlich alle, oder? Musikalisch treffen wir hier zu Beginn auf ein gelungenes Piano-Intro. Dieses muss allerdings schon bald der Melodic Death-Fraktion Platz einräumen. Erneut wird auf unterschiedliche Gesangsarten zurückgegriffen. Der gefühlvolle Refrain sticht speziell hervor und bleibt direkt in den Gehörgängen kleben. Wie? Ihr möchtet diese Jungs in eine Genre-Schublade zwängen? Viel Glück bei dieser schier unlösbaren Aufgabe.
Der Hochgeschwindigkeitsexpress rollt bei «Escape (From My Thoughts)» unaufhaltsam weiter. Die Spielzeit vergeht wie im Flug. Schon wieder ein Titel, mit welchem man sich ausgezeichnet identifizieren kann. Gerade im himmeltraurigen und verkackten 2020 war die Flucht vor den eigenen Gedanken, die einem das Hirn zermürben, ein allgegenwärtiges Thema.
Mächtige und majestätische Riffs lullen einen während «Dark Future» umgehend ein. In Sachen Gesangsvariationen wird ein weiteres Mal aus dem Vollen geschöpft (inklusive Growls). Angesiedelt ist das Lied im Mid-Tempo-Sektor. Einflüsse von Iced Earth lassen grüssen. Irgendwie können in dieser Komposition beinahe pro Durchlauf neue Elemente entdeckt werden.
In den ersten Augenblicken von «Death Inspiration» sind läutende Glocken zu hören. Dann folgt ein Schrei, den man jedoch lieber weggelassen hätte… Klingt äusserst schief und schmerzt in den Ohren. Bitte nicht mehr wiederholen, danke! Bedeutet das etwa «Ende Gelände»? Nicht ganz. Das Stück nimmt konstant Fahrt auf und mausert sich – trotz missratenem Start – zu einem soliden Thrash-Geknüpple. Das abschliessende Gelächter ist hingegen ebenfalls ein Fall für die Tonne.
Mit «Virtual Flash» werde ich hingegen unglücklicherweise überhaupt nicht warm. Da fehlen scheinbar die Berührungspunkte. Dafür enthält der gesprochene Part am Schluss eine wichtige Botschaft. In Zukunft werden wir sehen, ob unsere moderne Technologie wirklich Freund oder eher Feind werden wird.
Über acht Minuten dauert «Up From Grave» und ist somit zweifelsohne eines der längeren Kaliber der Scheibe. Der treibende Rhythmus wird von der groben Kehle des Fronters begleitet. Hin und wieder lassen zudem «clean vocal»-Passagen grüssen. Die Gitarren-Fraktion demonstriert ebenfalls ihr gesamtes Können. Saubere Arbeit – obschon der ganz grosse Knall oder «Wow»-Effekt ausbleibt.
Zu Beginn des finalen Viertels des Albums begegnet uns «Distant Soul». Dominik Gisler drischt mit viel Elan auf seine Felle ein. Generell platziert die ganze Equipe den Fuss auf dem Gaspedal. Aufgrund dessen entsteht eine schwungvolle, melodiöse Todes-Hymne, wie sie Kenner des Genres mögen und lieben. Drosselungen tauchen lediglich vereinzelt auf; bringen aber freilich Abwechslung in die Bude. Ausserdem sind die Soli von Roger und Leonardo grosses Kino. Da scheint wohl mindestens jemand ein Bewunderer von Insomnium zu sein.
Der nächste Kopfnicker hört auf den Namen «Jigsaw (Hand Of Doom)». Erstmals ist phasenweise der Bass von Connor Rothmund deutlich zu hören. Beim Singen wird erneut fleissig variiert. Das driftet ja beinahe in die Bereiche des Heavy oder Power Metal ab. Der Kontrast zwischen «Gut» und «Böse» funktioniert jedenfalls. Einen Hauch dreckiger und wuchtiger dürfte die Geschichte allerdings ungeniert sein. So etwa im Stil des kurzen Breaks in der zweiten Song-Hälfte. Sehr stark!
Das Epos haben sich die Herrschaften für die Finalissima aufgespart, denn der Titel-Track («Conquer The Dying Sun») knackt sogar die 13-Minuten-Marke. Da zaubern Divension ein verflucht grosses Karnickel aus dem Hut. Eine völlig willkommene Überraschung! Die sphärischen Parts wandern effektiv auf den Pfaden von Alcest (den unangefochtenen Meistern dieses Fachs). Die Sarganser drücken jedoch nicht einfach auf «Copy-Paste», sondern lassen eindeutig ihre eigenen Ideen in das Konstrukt einfliessen. Die Melo Death-Puzzleteile bleiben nämlich keinesfalls auf der Strecke. Ein Schlussspurt mit Ausrufezeichen! Dank der lodernden Flammen kann man sich während des Outros prächtig entspannen und nochmals richtig geniessen.
Das Fanzit Divension – Conquer The Dying Sun
Richtet eure Augen und Ohren gen Osten unseres Landes, werte Freude. Die Gruppe Divension und ihr Erstlingswerk «Conquer The Dying Sun» werden unumstösslich für Furore sorgen. Die Zusammenführung von Thrash und Melodic Death Metal gelingt dem Fünfer ziemlich souverän. Die CD bietet bärenstake Unterhaltung und macht wahrhaftig Laune. An gewissen Details kann – wie so oft im Leben – sicherlich noch herumgeschraubt werden, aber die Band ist nichtsdestotrotz bereits jetzt schon auf einem unglaublich guten Weg. Wir sind gespannt, was die Zukunft bringen wird.
Empfehlenswerte Hörproben: «Nobody Will Find You», «Crossroads Are Questions», «Dark Future», «Conquer The Dying Sun»
Tracklist Divension – «Conquer The Dying Sun»
- Misguided Youth
- Nobody Will Find You
- Face This
- Crossroads Are Questions
- Escape (From My Thoughts)
- Dark Future
- Death Inspiration
- Virtual Flash
- Up From Grave
- Distant Soul
- Jigsaw (Hand Of Doom)
- Conquer The Dying Sun
Line Up – Divension
- Domo Bösch – Gesang
- Leonardo Vetsch – Gitarre
- Roger Baumgartner – Gitarre
- Connor Rothmund – Bass
- Dominik Gisler – Drums