Epica – Omega (Cover Artwork)
Fr, 26. Februar 2021

Epica – Omega

Symphonic Metal
23.02.2021
Epica – Omega (Cover Artwork)

Omega beziehungsweise «Oh mein Gott!»

Excellence. Power. Intelligence. Creativity. Ambition. – oder kurz Epica. So beginnt die Beschreibung der Band auf der Homepage ihres Labels Nuclear Blast. Eine durchaus passende Charakterisierung, die aber auch gleichermassen Erwartungen schürt. Mit ihren bisherigen Alben haben die niederländischen Meister der packenden Symphonien die Messlatte konstant immer wieder eine Stufe höher platziert.

Längst zählt die Truppe zu den heissesten Anwärtern auf den Genre-Thron. Oder haben sie ihn inzwischen vielleicht sogar bereits klammheimlich erobert? Der Liga-Krösus Nightwish wankt jedenfalls. Within Temptation sind derweil in moderne, elektronische Gefilde abgedriftet und dem talentierten Duo Delain und Beyond The Black fehlen dann doch noch ein paar Höhenmeter bis an die Spitze. Selbstverständlich gilt diese persönliche Einschätzung meinerseits keinesfalls als sakrosankt. Die Geschmäcker und Meinungen dazu sind bekanntermassen verschieden. Ausserdem gibt es da draussen tonnenweise junge und hungrige Kapellen (wie beispielsweise Aurium), die sich vor den populären Grössen nicht zu verstecken brauchen.

Doch wollen wir den Fokus nun zurück auf Epica und deren achte Studioplatte lenken. «Omega» soll am 26. Februar 2021 erscheinen und bildet den Abschluss der metaphysischen Trilogie, welche ebenfalls die beiden Vorgängerwerke «The Quantum Enigma» (2014) und «The Holographic Principle» (2016) umfasst. Versprochen werden uns in den Promo-Unterlagen pompöse, kolossale und atemberaubende Hymnen mit Hühnerhaut-Garantie. Übertriebendes Marketing-Geschleime oder absolut verdientermassen getätigte Aussagen? Finden wir es heraus!

Das Album – «Omega»

Getreu nach dem Vorbild des griechischen Alphabets beginnt die musikalische Reise mit dem Intro «Alpha – Anteludium». Das Orchester führt erste Aufwärm- und Dehnübungen durch, um für den bevorstehenden Marathon bestens gewappnet zu sein. Direkt im Anschluss folgt der Startschuss in Form von «Abyss Of Time – Countdown To Singularity». Die Masse stürmt los und zieht den Hörer ohne zu zögern mit. Ein Auftakt nach Mass, der umgehend für weit geöffnete Münder sorgt. Einfach «episch»! Das Sextett macht seinem Namen abermals alle Ehre! Wilde Keyboard-Parts, Soprangöttin Simone Simons und Growl-Biest Mark Jansen im kontrastreichen Duett, genügend Abschnitte fürs muntere Schwingen der eigenen Haarpracht und Chöre – jep, dieses Gesamtpaket hat sich definitiv gewaschen!

Der Skelettschüssel («The Skeleton Key») öffnet danach die Tür zum Gebiet des Film-Soundtracks. Eine weitere Disziplin, in welchen die Holländer stets zu brillieren wissen. Die chorische Unterstützung wird gar auf Kinderstimmen ausgeweitet. Meines Wissens ein echtes Novum in Epica-Kreisen – aber ein verdammt effektives! Dieses Stück weist übrigens etliche Parallelen zu Nightwish auf. Phasenweise können die beiden Symphonic-Giganten hier kaum voneinander unterschieden werden. Oder geht das bloss mir so?

Bei der nächsten Nummer poppt ein beliebter Baustein auf, der von Gruppen aus dieser Sparte des Öfteren eingesetzt wird. Die Rede ist von orientalischen Melodien und Klängen. In den meisten Fällen ein absoluter Volltreffer. Das gilt auch für «Seal Of Solomon». Die «Metallisierung» von «Tausendundeine Nacht» hat einfach ihren Reiz. Hinzu kommt eine grandiose Gesangsleistung von Simone. Allfällige Zweifel an ihrem Stimmorgan werden rigoros ausgemerzt. Sie ist nebenbei erwähnt eine der Damen aus dem metallischen Sektor, welcher ich schon unglaublich lange die Treue halte. Ob sie allerdings von ihrem Glück (oder Unglück) weiss, ist dann wieder ein komplett anderes Kapitel…

Mutter Erde – respektive der Mythologie hauptsächlich als «Gaia» bezeichnet – ist Thema des darauffolgenden Songs. Dieses Mal können Ähnlichkeiten zu Leaves’ Eyes festgestellt werden. Die mächtigen Chöre im Gemeinschaftsverbund mit der rothaarigen Frontfrau lassen meine Körperhärchen bolzengerade in die Höhe schnellen. Eine solch aufrechte Haltung kann man wahrscheinlich sonst nur in der Rekrutenschule beobachten, wenn ein hasserfüllt bellender Leutnant die angehenden Soldaten «ins Achtung chlöpft». Die Lyrics erwecken ab und an einen wehklagenden Eindruck. Als ob sich Epica stellvertretend für uns alle bei der Natur für den teilweise fahrlässigen Umgang mit ihr entschuldigen möchten und Besserung für die Zukunft geloben. Stimmig umgesetzt und obendrein wesentlich angenehmer als irgendwelche Parolen aus dem Hause Greta Thunfisch ähm ‘tschuldigung… Thunberg.

Orientabstecher zum Zweiten! Dieses Gebiet soll ja nicht ausschliesslich Myrath oder Orphaned Land vorbehalten sein, oder? Das Klangspektrum von «Code Of Life» schlängelt sich behände durch den heissen Wüstensand. Dieser Rhythmus geht problemlos ins Blut über. Erneut vermag die Kindergesangsgruppe grossartig aufzutrumpfen. Gewisse Filme oder Videospiele wären sicherlich dankbare Abnehmer für diese Komposition gewesen.

«Freedom – The Wolves Within» zählt zu denjenigen Singleauskopplungen, die mit einem Videoclip auf YouTube vertreten sind. Das volle Animationsprogramm zum Mitnehmen! Im Fokus stehen ein weisser und ein schwarzer Wolf, die Gut und Böse verkörpern sollen. Diesem Konflikt kann niemand entkommen. Ein inneres Ringen, welches jeder von uns mindestens einmal in seiner Existenz durchlebt. Der Kontrast zwischen klar vorgetragenen und gegrunzten Zeilen eignet sich erwartungsgemäss ausgezeichnet zur Inszenierung dieser Angelegenheit. Nichtsdestotrotz sind ein paar Durchläufe von Nöten, bis die Nummer richtig zündet.

«Kingdom Of Heaven Part 3 – The Antediluvian Universe» bildet den Abschluss einer Trilogie, deren anderen beiden Teile auf den Silberlingen «Design Your Universe» (2009) und «The Quantum Enigma» (2014) zu finden sind. Das dritte Puzzleteil bringt beinahe eine Viertelstunde auf die Uhr. Niederknien und geniessen! Bei diesem überragenden «Blockbuster-Monstrum» ziehen Epica wahrlich alle Register. Da mutiert jeder Maiskolben freiwillig zu Popcorn. Speziell in Mark und Lead-Klampfer Isaac Delahaye dürfte diese monumentale Kreation sonderbare Gefühle hervorrufen. Während des Schreibprozesses verstarben innert kürzester Zeit ihre Grossmütter… Ehrensache, dass dieses Lied den zwei Damen gewidmet ist. Irgendwo werden sie voller Stolz vom Himmel aus auf ihre Enkel herabblicken und diese Hommage garantiert zu schätzen wissen.

Diesen Brocken muss man zuerst einmal verdauen. Die jetzt erklingende Ballade namens «Rivers» eignet sich prächtig für dieses Vorhaben. Zurücklehnen und den Zauber von Simone wirken lassen. Gefühlsdosis par excellence. Klavier und Kinderchor runden das Ganze sauber ab. So funktioniert optimales Durchatmen. Eine weitere Hörempfehlung!

Nach dieser Verschnaufpause sind die Batterien selbstverständlich wieder aufgeladen und bereit für neue Abenteuer. Tempo und Härtegrad werden auf «Synergize – Manic Manifest» abermals angezogen. Trotzdem schaffen es die Künstler regelmässig, in den richtigen Augenblicken gewisse Variationen mit einfliessen zu lassen. Diese Aktion erhalten den Spannungsbogen jederzeit aufrecht. Ein weiterer Beweis für die beeindruckenden Fähigkeiten dieser Equipe. Haben sie mit dieser Scheibe etwa den Zenit erreicht? Oder befinden sich da noch ein paar zusätzliche Pfeile im Köcher?

Das Album hat jedenfalls noch zwei Lieder in petto: Das flotte «Twilight Reverie – The Hypnagogic State» (ach, immer diese komplexen Titel…) kombiniert sämtliche Stärken und Erfolgsfaktoren des Sechsers. Dank Chor und Orchester verschmilzt alles zu einem fesselnden Gesamtkunstwerk. Im Anschluss schliesst sich der Kreis mit «Omega – Sovereign Of The Sun Spheres». Die Läufer können zum Schlussspurt ansetzen und der Ziellinie entgegensausen. Ein «Feuerwerk-Finale» der ersten Güteklasse!

Das Fanzit Epica – Omega

Ihr wollt «Omega» mit einem passenden Ausdruck beschreiben? Dann ist «Oh mein Gott!» möglicherweise die ideale Wahl. Epica haben es geschafft! Mit diesem phänomenalen Eisen sind sie endgültig an der Spitze des Symphonic-Olymps angekommen. Dank konstant herausragender Leistungen lastet seit jeher ein enormer Druck auf dieser Band – und trotzdem konnten sie erneut in überzeugender Manier abliefern. Dieses Mal sogar mit einem besonders riesigen Ausrufezeichen! Allenfalls ist diese Platte DER alles andere in den Schatten stellende Meilenstein in der bald zwei Dekaden dauernden Karriere der Niederländer. Das dürfte in Zukunft wirklich schwierig zu übertreffen sein. Bombastisch, sensationell, episch, spektakulär, bahnbrechend… – mein «Superlativen-Vorrat» ist fast gänzlich aufgebraucht.

Ein finaler Querverweis sei gestattet, denn Metalinside-Kollege Sandro hatte Gelegenheit, mit der ehrenwerten Simone Simons ein paar virtuelle Worte zu wechseln und sie über «Omega» auszuquetschen. Für Fragen allgemeiner beziehungsweise persönlicher Natur blieb ebenfalls Platz. Das Interview könnt ihr euch hier zu Gemüte führen.

Empfehlenswerte Hörproben: «Abyss Of Time – Countdown To Singularity», «Gaia», «Kingdom Of Heaven Part 3 – The Antediluvian Universe», «Rivers», «Omega – Sovereign Of The Sun Spheres»

Ab Release reinhören und Digibook mit 2 CDs portofrei (vor-)bestellen

Tracklist Epica – «Omega»

  1. Alpha – Anteludium
  2. Abyss Of Time – Countdown To Singularity
  3. The Skeleton Key
  4. Seal Of Solomon
  5. Gaia
  6. Code Of Life
  7. Freedom – The Wolves Within
  8. Kingdom Of Heaven Part 3 – The Antediluvian Universe
  9. Rivers
  10. Synergize – Manic Manifest
  11. Twilight Reverie – The Hypnagogic State
  12. Omega – Sovereign Of The Sun Spheres

Line Up – Epica

  • Mark Jansen – Rhythmusgitarre/Orchestrierung/Growls
  • Coen Janssen – Keyboard/Klavier/Orchestrierung
  • Simone Simons – Gesang
  • Ariën van Weesenbeek – Drums/Backing Vocals
  • Isaac Delahaye – Leadgitarre/Growls
  • Rob van der Loo – Bass

Video Epica – Abyss Of Time


Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 9/10



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23.02.2021
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