Einchecken im „No-Tell Hotel“
Es ist im letzten Jahr etwas ruhig geworden um die Jungs der Black Diamonds. Doch nun melden sie sich zurück – stärker denn je!
Neuer Gitarrist, neuer Plattenvertrag, neues Album (siehe Review): Die Ruhe vor dem Sturm? Die Werbetrommel wird jedenfalls seit Wochen kräftig gerührt. Mehrere Videoclips kann sich der geneigte Zuhörer bereits anschauen und –hören, die Vorfreude auf den neuen Silberling ist enorm.
Im Zusammenhang mit dem Release dieses Silberlings haben Nicky und ich uns (leider nur virtuell) mit Fronter Mich Kehl und Basser Andi Barrels zusammengesetzt um herauszufinden, was sich im St. Galler Rheintal alles getan hat in den letzten gut 12 Monaten.
Während wir noch auf Mich warten müssen (der ist familiär noch eingespannt), quatschen wir mit Andi über alte (Crown Of Glory Plattentaufe) und ganz alte (Transit-Reunion) Zeiten. Über Lottogewinne, Kokainhandel und alternative Aktivitäten in den aktuellen Zeiten. Bierchen dürfen dabei nicht fehlen…
Schliesslich ist auch der Frontmann eingeloggt, dem ist mittlerweile ein stattlicher Bart gewachsen. Nach ein paar technischen Schwierigkeiten schaffen wir es schlussendlich, dass wir endlich Informationen zum „No-Tell Hotel“ aus erster Hand erfahren können!
Das letzte Jahr
MI (Kaufi): Zuerst mal guten Abend zusammen und herzlichen Dank für die Zeit die Ihr Euch nehmt für Metalinside! Viel ist passiert, seit dem letzten Konzert im Februar 2020 in der Musigburg?
Mich Kehl (MK): Oh ja! Wenn ich so zurück denke… das letzte Konzert noch mit Dee… Und was jetzt in diesem Jahr passiert ist, ist schon krass. Was sich im Leben innerhalb eines Jahres ändern kann… Die Musik ist vielleicht nicht mehr genau die gleiche wie vorher, aber ja: Drei Bandmitglieder sind immer noch dabei, dazu ein Neuer. Und der hat schon vieles bewirkt. Was wir schon erlebt haben als Black Diamonds und was er nun auch dazu beiträgt, das bringt uns wirklich nochmals auf ein anderes Level.
Ist echt krass, ein Jahr zurück zu denken. Nachdem Dee gesagt hat, dass er geht… (überlegt) Gedanken waren da, wie es weitergehen soll. Wir waren schon mal an diesem Punkt, ob wir den ganzen Bettel hinschmeissen sollen. Aber wir waren mit dem Songwriting schon so weit – für Andi und mich war es eigentlich klar: Die Songs müssen raus! (lacht) Es gibt kein Aus der Black Diamonds, das kommt nicht in Frage! Egal wie – wir bringen diese Scheibe raus, auf welche Art auch immer. Und jetzt stehen wir an diesem Punkt: Wir stehen kurz vor dem CD Release! Und es freut uns unglaublich, es ist krass was im Moment abgeht. Es sind alle voll mit dabei, Chris hat sich super in die Truppe integriert und ich glaube, Andi ist genauso froh, dass es so rausgekommen ist. Und nochmals: Was aktuell passiert, ist grandios. Das haben wir so auch noch nie erlebt. Was Metalapolis, das neue Label, für uns macht…
Der neue Gitarrist
MI: Mich, Du hast es bereits angetönt: Ihr habt mit Chris Johnson relativ rasch einen Ersatz für Dee gefunden. Erzählt mal was über ihn. Was ist er für ein Typ, was ist seine Rolle, wo hat er früher gespielt und vor allem: Hat er schon respektive noch Einfluss nehmen können aufs Songwriting?
Andi Barrels (AB): Viel Fragen aufs mal! (Lacht) Es ging wirklich sehr schnell mit Chris. Er kam über Susi (die Frau von Drummer Manu Peng) in die Band. Sie kannte ihn von einem Bandprojekt, in dem sie Schlagzeug spielte. Dee’s Abgang war für uns sehr überraschend. Er kam zur Bandprobe und verkündete „Jungs, ich will nicht mehr“ und gab seinen Ausstieg bekannt. Wir sind aus allen Wolken gefallen. Manu ging nach Hause und erzählte das seiner Frau – und die sagte sofort, dass wir Chris anrufen sollen. „Ihr müsst Chris nehmen, das ist so ein cooler Typ! Ruft ihn an!“. Und ich hatte auch schon zig Nachrichten auf dem Handy… (lacht) Auch Chris hatte schon Whatsapp bekommen. Daraufhin haben wir mal einen „Vorspiel-Termin“ abgemacht.
Eine Woche später stand er da. Und wir hatten eigentlich beschlossen, dass wir uns nicht sofort entscheiden. Erst mal schauen, denn wir wollten auch eine Lösung finden mit jemandem, der sowohl musikalisch wie menschlich zu uns passt. Wir hätten für allfällige Konzerte auch Miet-Musiker geholt, falls wir DIE Person bis dann nicht gefunden hätten. Und das Album machen wir zu dritt, ist egal. Dann kommt dieser Chris ins Probelokal. Super sympathisch als Typ, hoi miteinander – und dann spielt er. Und es ging wohl allen gleich: Kiefer = Bodenkontakt.
MK: Ja. Also ich als Rhythmus-Gitarrist, Du Andi als ehemaliger Gitarrist – auch ich hab gesagt: Genial, wie der die Solos runter schreddert, was er drauf hat, sein Wissen ganz allgemein, sein eigener YouTube Channel. Krass, was er draufhat und er hat uns wirklich vom ersten Moment an gepackt. Bleibt noch die menschliche Komponente, die uns eigentlich fast noch wichtiger ist als der Musiker selbst. Er „überzeugt“ aber auch da. Er ist ein rechtes Stück jünger als ich beispielsweise – 15 Jahre um genau zu sein – doch er passt einfach. Er hört unseren Sound, er ist mit dem aufgewachsen, was in den 80ern passiert ist, obwohl er ein „90er Kind“ ist. Schlicht „Einer von uns“! Er hat zwar auch Defizite, beispielsweise bei Guns n‘ Roses, er zieht sich dafür all diese Gitarristen rein…
AB: Paul Gilbert, Yngwie Malmsteen…
MK: Ein Gitarrist halt! Wir mussten gar nicht mehr überlegen, es war an diesem Abend glaubs für alle grad klar.
AB: Steigst Du ein? Ja, bin dabei! (lacht)
MK: So schnell wie Dee ausgestiegen ist… Wir hätten nie gedacht, dass wir so schnell wieder jemanden haben. Innerhalb einer Woche wussten wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Er ist melodiös, als Gitarrist technisch sensationell und so hat er sich im Songwriting schon auch noch mit einbringen können. Wir haben schon die Richtung durchgegeben, wie es etwa klingen soll. Ich bin mal mit ihm hingesessen, Andi hat mit ihm was gemacht, so haben wir uns etwas aufgeteilt. Und das was wir jetzt haben, das gefällt wirklich ALLEN, denn alle haben daran gearbeitet. Und so soll es doch auch sein.
Sicher, es ist noch in den Startlöchern, ist klar. Aber wenn ich heute die Songs höre… Ich kann sie länger oder öfter anhören als teilweise Dinge, die wir auf „Once Upon A Time“ gemacht haben. Aber ich habe jetzt schon das Gefühl, dass da etwas anderes passiert ist. Wir haben schon etwas anders geschaffen als das, was die Black Diamonds vorher gemacht haben.
AB: Man muss dazu bedenken: Dee hat seinen Austritt gegeben, das war im Januar. Im Februar hatten wir dann ja noch das Konzert mit Crazy Lixx als seinen Abschied. Chris hatte den Job bereits in der Tasche, während wir mit Dee noch weiterprobten um fit zu sein für die letzte Show. Chris hatte zu dieser Zeit bereits einen Teil der neuen Demos erhalten und begonnen, daran zu arbeiten. Er hat uns dann Solo-Ideen zu den Songs geschickt. Leck mich, war das geil! Das gab’s noch nie, echt. Unerwartet. Da denkst du „hör mal rein“, kennst deine Demo-Version – und dann „Boah! Was für ein Solo!“. Das kannten wir so überhaupt nicht.
MI: Richtiges Teamwork, das neue Album!
AB: Ja! Vieles der Songs war da, die Solos sind eigentlich sein Werk. Bei wenigen Passagen haben wir gefragt, ob er was anderes probieren kann und bei ganz wenigen Passagen haben wir ihm auch Ideen vorgegeben, was wir uns vorstellen würden. Doch meistens haben wir ihn einfach machen lassen.
No-Tell Hotel
MI: Sprechen wir also mal über dieses No-Tell Hotel! Ein spezieller Titel… Muss man sich das vorstellen wie Las Vegas? What happens in Vegas stays in Vegas? Also was in diesem Hotel passiert, bleibt in diesem Hotel?
AB: Das trifft es ziemlich gut. Die Idee begann mit dem Songtitel. Ich hab im irgendeinem Buch etwas gelesen über ein „No-Tell Motel“. In meinen Tagträumen dachte ich, dass ich das grösser, glamouröser will. Keine schäbige Absteige, einfach bämm: Luxus! Dazu will ich einen Song machen. Dann habe ich den Vorschlag als Titel mal gebracht und das fand allgemeine Zustimmung. So entstanden dann rasch die ersten Zeilen und schlussendlich war es diese Idee mit Las Vegas, welche uns dann auch zu diesem Album Cover geführt hat. Wir haben uns vorgestellt: Neon, Vegas, cooles Ambiente, 80er Jahre…
MI: Nicky meint, dass es auch nach Miami South Beach passen könnte: Art Deco Style…
AB: Nicky, unser Hotel ist so gross – es ist Vegas! (schallendes Gelächter)
MK: Lustig war, dass Andi mit dieser Idee ankam, aber es hat ihm vom Sound her noch nicht so gepasst, er war sich nicht sicher. Doch ich fand es „huere geil“! Dass der es dann zum Album Titel schaffte… nun ja, du schreibst die Songs, kennst die Titel und versuchst die irgendwie unterzubringen. Was ist ein cooler Titel für so ein Album? Was spricht an? Wir hatten zuerst eine andere Idee, an der wir lange herum diskutiert haben. Schlussendlich war es dann dieses „No-Tell Hotel“. Du verpackst die Songs in Charaktere, die sich in diesem Hotel aufhalten. Es hat einfach gepasst, auch mit dem Artwork, dass wir dann bekamen.
MI: Ich hab das Album mittlerweile rauf und runter gehört, ich kenne es in der Tat in- und auswendig. Was mir aufgefallen ist: Nach zwei, drei Durchläufen war eine gewisse Skepsis da. Doch mit jedem weiteren Hören wurde es besser. Da gibt es Songs, die wachsen wirklich fast mit jedem Durchgang. Spätestens als „Lonesome Road“ mit dem Videoclip erschien, hat’s mich gepackt. Der Track ist ein ganz grosses Highlight des Albums! Irgendwie melancholisch… Was ist die Message, die Story dahinter? Auch im Zusammenhang mit den Bildern aus der Vergangenheit und der Kindheit, die man im Clip sieht?
MK: Der Song war eigentlich meine Idee. Die Anfangsakkorde, die ich da spiele, hatte ich schon was weiss ich wie lange in petto. Diese Akkorde haben mich daran erinnert… Wie Du sagst: Das Melancholische, Nachdenkliche, aber auch das Freudige… Uns fehlten irgendwie am Ende noch Songs für das Album, dann habe ich diese Idee Andi gezeigt. Er fand’s geil und fragte mich, was ich mir vorstelle. Ich sehe da diese Strasse, auf der du durch das ganze Leben gehst. Und bei uns ist das so: Wir sind in diesem Dorf, das da im Clip zu sehen ist, aufgewachsen. Ich hab da Autofahren gelernt, ich bin mit dem Kindervelo darauf gefahren – das ist die Geschichte dahinter. Wenn ich jetzt das Video anschaue: Es berührt mich immer wieder. Das ist genau das, was ich vorhin sagte: Ich kann die Songs hören, es ist geil, es macht Spass, es erzählt eine – wahre – Geschichte und das kommt beim Zuhörer und bei denen, die das Video schauen an.
MI: Mich erinnert es musikalisch sehr stark an die alten „Heartbreak Station“-Zeiten von Cinderella. Gleiches gilt auch für „Hand In Hand“. Bin das jetzt nur ich, oder darf man Cinderella durchaus zu Euren Einflüssen zählen?
MK: Es ist so lustig, dass du das sagst. Grad „Hand in Hand“ ist bei jemand anderem komplett in der Kritik gestanden. Ich weiss nicht ob Cinderella oder Nicht-Cinderella. Ich höre auch viele Sachen raus, bei denen ich denke, dass wir hier etwas weggepickt haben und auch dort etwas. All diese Interpreten, die Musiker, deren Sound du gehört hast – das kommt alles irgendwie immer zum Vorschein.
MI: Ich hab das jetzt nicht mal auf die Melodien bezogen, sondern schlicht auf die Spielweise, die Spielart. Mich erinnern diese Songs einfach schwer an die erwähnte Ära von „Heartbreak Station“.
AB: Ist noch interessant, denn die Grundideen zu beiden Songs sind von Mich.
MK: Das stimmt. Aber das ist nicht bewusst oder mit Absicht. Das gab’s aber auch schon beispielsweise bei „Love, Lies, Loneliness“. Da gab es Leute, die haben gesagt dass es Parts drin hat, die wie bei Europe tönen. Das war mir aber nicht bewusst, als wir den Song aufgenommen haben, das habe ich erst realisiert, als mir das zugetragen wurde.
AB: Ich find’s einen coolen, einen schönen Vergleich.
MK: Absolut.
AB: Es ist noch lustig… Wir haben das immer den „Queen-Teil“ genannt, diesen Part nach dem akustischen Intro. Diese mehrstimmigen Gitarren, das ist so „Brian May Style“. Das entstand aber auch nicht, weil wir sagten „Wir machen einen Queen-Teil“. Das war irgendwie ein Zufall, und wir haben es danach entsprechend aufgebaut. Das Zeugs hat dann eine eigene Richtung angenommen. Wir sagen noch oft zu uns: „Ist das cool?“ „Ach komm, da machen wir noch was anderes“. Ich gehe jetzt auf einen ganz anderen Song: „My Fate“. Der hat als „Thursday“ angefangen und hat unzählige Runden in der Demo-Schlaufe gedreht. Der wurde schon so oft totgesagt, und trotzdem haben wir ihn nie losgelassen und immer wieder dran gearbeitet. Wir wussten, dass er irgendetwas hat, und am Ende konnten wir noch so viel rausholen. Auch Chris mit seiner Solierung hat da Einfluss gehabt. Ich würde mal sagen, dass Dee eine andere Art hatte, Solos zu spielen. Dee war der Blues-Rocker, Chris hingegen hat das Flair, dass er nochmals eine „singende Melodie“ in den Song bringt. Dadurch wird es mehr zur Einheit: Die Gitarre mit dem Song. Und das ist genau das, was Cinderella erfolgreich getan haben: Sie haben Solos gemacht, die voll zu den Songs gepasst haben.
MK: Es ist schon fast eine Ehre, dass du uns mit Cinderella „vergleichst“. Ich liebe Cinderella und was sie gemacht haben. Ich hab die so viel gehört.
MI: Ich bin bis heute abartig glücklich, dass ich Cinderella noch live gesehen habe… Dezember 1988, als sie im Hallenstadion die Scorpions an die Wand klatschten… (Gelächter)
AB: Ich hab sie im Jahr 2011 am „Shout It Out Loud“ Festival noch gesehen, Nähe Düsseldorf war das…
Balladen und Radio-taugliche Songs
MI: Aber reden wir wieder über Aktuelles. Balladen… Ich bin bekanntlich kein Fan davon. Grundsätzliche Frage: Müssen Balladen für Glam Bands überhaupt sein? (Gelächter)
AB: Die besten Radiosongs waren schon immer die Rockballaden! Der Rest wird im Radio meistens eh nicht gespielt. Sowohl „Anytime“ wie auch „Hand In Hand“ haben ihre Berechtigung. „Hand In Hand“ ist eine schöne Liebeserklärung, „Anytime“ ist dafür fast das Gegenteil. Eigentlich ein trauriger Moment, jemand geht aus deinem Leben und du merkst dass du nie Zeit hattest für diese Person, obwohl du eigentlich wolltest. Und plötzlich ist es zu spät.
MK: Kaufi, du sagst „Glam Rocker“. Gut, wir schminken uns, ziehen uns auch entsprechend an, dennoch sehe ich uns eher als „Hardrocker“, Melodic Hard Rock. Ich habe schon das Gefühl, dass es das braucht, auch für die weiblichen Fans. Das ist ein wichtiger Punkt! Und die holst du halt auch damit, dass du etwas Gefühle auspackst. All die Grossen, Bon Jovi, Guns n‘ Roses – die haben alle auch diese Balladen draufgehabt. Und wir haben schon das Gefühl, dass das einfach dazu gehört.
MI: Legitim! „Saturday“ – wer hatte die Idee zu diesem saugeilen Videoclip? (Gelächter) Ist wirklich gut gemacht!
AB: Danke! „Saturday“ war eigentlich als „Lyric-Video“ angedacht. Dann war ich eines Abends bei einem Kollegen und der hat mir da Adobe Photoshop und was noch dabei ist, gezeigt. Ich konnte seine Lizenz mit nutzen und hab dann das Programm „Character Animator“ entdeckt, fand das geil und wollte etwas damit machen. Es sind danach zig Stunden draufgegangen, am Ende war das Lyric Video nicht mehr nur ein Lyric Video – und es ist cool geworden.
MK: Auch der Song ist cool geworden!
MI: Absolut! Eine Live-Granate! Wobei auch hier: Ich brauchte mehrere Durchläufe, bis es klickte…
AB: Ich finde das cool. Meistens ist das ja besser, als wenn ein Song „ZACK“ macht und nach dreimal Hören wird’s schon „Hmmm“.
MK: Und man entdeckt immer wieder was, ich finde diesen Aspekt noch spannend. Ein Songaufbau ist meistens irgendwie „Intro – Strophe – Refrain – Strophe – Solo – Bridge“… Aber man kann es kleinen Dingen spannend machen. Tonlagen ändern, spezielle Dinge reinbringen. Das Wortspiel „S – A – T – UR – DAY“, das macht’s interessant. Man hört mal auf den Text, man hört, was die Gitarre macht… Wir spielen nie die gleichen Sachen. Wenn man’s dann hört, entdeckt man eben immer wieder mal etwas Neues.
AB: Wenn wir jetzt vergleichen mit „Once Upon A Time“… Seit diesem Release war die Tour mit H.E.A.T. und die Tour mit Crystal Ball. Und da haben wir beide Male viel mitgenommen. Gerade bei H.E.A.T.: 40 Minuten Set und viele Songs, die 5 Minuten dauern. Das ist etwas, was uns geblieben ist: Die Songs müssen kürzer werden! Es darf durchaus auch mal einen 5-Minüter dabei haben, aber es soll nicht die Regel sein. Ansonsten spielst du nur noch 7 oder 8 Songs. Irgendwann stehst du auf der Bühne und denkst, es wäre egal wenn der Song fertig wäre, dann könnten wir den nächsten machen.
MI: Ist noch speziell…
AB: Ja. Und ich habe jetzt aber das Gefühl, dass wir mit dem neuen Album bei allen Songs etwas mehr auf den Punkt gekommen sind. Wir machen heute weniger Geplänkel und weniger Wiederholungen im Gegensatz zu früher.
MI (Nicky): So kann man dann bei Konzerten mehr Lieder geniessen!
AB: Ja, genau das ist es. Es gibt ja die Regel, dass ein Radio-Song 3 Minuten irgendwas dauern „darf“. Wir haben jetzt nicht gezielt 3-Minuten Songs gemacht. Aber 5 Minuten ist zu viel. Wenn wir früher drei oder vier Strophen Text gemacht haben, so musste es dieses Mal weniger sein. Kürzen auf das Wesentliche.
MI: Naja, von wegen „Radio“, „Single“, „3 Minuten“… Du kennst Tobi Sammet? Der hat mit Avantasia zum Schrecken aller auch einen 12-Minüter als Single rausgehauen…. (Gelächter) Aber die werden ja so oder so nicht gespielt.
AB: Aber das ist cool!
MK: Bei denen ist ja ein Song fast ein Musical…
MI: Der Vergleich mit euch hinkt natürlich gewaltig, keine Frage.
MK: Wir haben schon pragmatisch gedacht. Wir wollten es kürzer halten, kurz und intensiv.
MI: Womit sich der Kreis schliesst: „Saturday“ ist mit 3:14 der kürzeste Track auf dem Album!
Gesetzlos
MI: Es gibt noch einen Song, über den ich sprechen muss. Als ich den das erste Mal hörte, da poppte die Frage auf: Jungs, habt ihr etwas viel Rednex gehört, als ihr „Outlaw“ gemacht hat? (schallendes Gelächter. Mich verdreht einen Moment die Augen und alle lachen sich krumm) Dieser Song brauchte am längsten bei mir. ABER: Mittlerweile finde ich den richtig geil! Zugeben: Er passt nicht unbedingt in das Schema, aber es gibt zig andere Bands, die einen „Klamauk-Song“ (ich nenne es jetzt mal so) gemacht haben und es hat funktioniert. Ist hier ebenfalls zweifellos der Fall!
AB: Ich glaube ein Album, welches in das Schema dieses Songs passt, würde niemanden interessieren. Ein ganzen Album mit Songs in dieser Richtung – das würde nicht funktionieren. Ich musste lange Überzeugungsarbeit leisten… (Gelächter)
MK:… vor allem bei mir! (Gelächter) Ich hab gesagt, das geht nicht, das tönt wie Bonanza… (schallendes Gelächter)
AB: Da sind Wörter wie „Chilbi“ und „Zirkus“ gefallen… (Gelächter)
MK: Wir haben lange daran gebastelt, wirklich gebastelt. Der überzeugende Moment für mich war, als wir den Refrain hatten. Den fand ich wirklich geil, also hab ich es akzeptiert. Der Song ist auch gewachsen. Wir haben’s gehört, wir haben’s abgeändert, das Intro verkürzt und und und, bis das entstanden ist, was jetzt „Outlaw“ ist. Mir gefällt er jetzt auch, weil er genau so ist wie er ist. Aber man muss offen sein und dich auf das Abenteuer einlassen. So gesehen passt der Song zum „No-Tell Hotel“ wie auch „Anytime“. Einer erzählt eine traurige Geschichte, der andere ist ein Cowboy, der im Hotel die entsprechende Stimmung verbreitet. Genau darum passt es einfach. Ja, es ist anders. Und ich hab auch gesagt „Das sind nicht wir“. Heute sage ich: „Doch, das sind wir!“. Ich bin gespannt, wie wir den live dann präsentieren… (lacht)
MI: Ich gehe aber mal davon aus, dass ihr den nur bei Headliner Shows ins Programm nehmen würdet?
AB: So weit sind wir noch nicht. Ein Set zu kürzen auf 40 Minuten: Ehrlich gesagt graut es mir schon jetzt davor! (Gelächter)
MI: Einfache Lösung: Nur noch 100 Minuten Headliner Shows! (Gelächter)
AB: Öhm, ja! Cool!
MK: Das wird das Schwierigste sein. Dem einen gefallen diese Songs, dem anderen jene…. Sich für acht Songs entscheiden müssen, so ein Set zusammenstellen, das ich echt schwer! Und mit dieser Scheibe wird es noch viel schwieriger…
AB: Ja, es hat natürlich jetzt noch mehr Material und gewisse alte Tracks kann man nicht weglassen…
MI: * hust * Not Going Home… * HUST *
AB: (lacht) Hab‘ davon gehört, dass das jemandem gefällt…
MI: Rein hypothetische Frage: Nehmen wir mal an, ihr würdet eine grössere Headliner Tour spielen mit 25, 30 Shows. Würdet ihr eine Setliste machen für die Tour, oder würdet ihr einen Teil, vielleicht zwei, drei, fünf Songs auswechseln?
AB: Wir haben jetzt ein Set gemacht für die CD Release Party. Mit Chris haben wir bis jetzt ja noch keine Show gespielt. Wir haben ein paar Dinge der älteren Scheiben schon mal mit ihm angeschaut, aber da haben wir ausgewählt. Wir wollen aber schon etwas mehr Material haben, damit wir wechseln können und flexibel sind. Jeden Abend die gleiche Show machen – ich glaube, das wollen wir nicht.
MK: Ich würde auch sagen: Wenn das wirklich so eine stattliche Anzahl Shows gäbe, dann muss da etwas Abwechslung rein. Du kannst ja zwei oder drei Sets proben oder gewisse Songs hier oder dahin schieben. Es gibt ja auch Fans, die mehrere Konzerte besuchen…
MI: Ach was! Sowas gibt es?? Tatsächlich?? (schallendes Gelächter)
Ein Blick zurück
MI: Werfen wir aber nun mal rasch einen Blick zurück. Euch gibt’s seit über 15 Jahren. Was erachtet Ihr als die grössten Highlights Eurer bisherigen Karriere?
MK: (studiert)
AB: Für mich die Tour mit H.E.A.T. und das Bang Your Head!
MK: Ich wollte gerade sagen: Die Tour mit H.E.A.T., das Bang Your Head und Rock The Ring. Diese drei Dinge. Aber ich kann mich nicht entscheiden… Für mich war es immer ein Traum auf einer grossen Bühne zu spielen, das hat das Bang Your Head gegeben. Ein weiterer Traum war eine Tour – das hatten wir mit H.E.A.T. Aber das BYH… wenn du da auf dieser Bühne stehst… Für mich war das überwältigend! Ich würde sagen, das war für mich das Grösste. Die Tour war auch sensationell, klar. Aber das Open Air Feeling auf dieser Bühne…
MI: Speziell auch unter den damaligen Bedingungen! (Anm. Kaufi: Die Black Diamonds wurden einen Tag vor der Show angefragt, ob sie den Opening Slot beim BYH für die ausgefallenen Kickin‘ Valentina übernehmen können)
AB: Auch das Rock The Ring auf der B-Stage war speziell, da hat’s auch Leute fast ohne Ende gehabt…
Der neue Plattendeal
MI: Ihr habt ja vor kurzem einen Plattendeal mit Metalapolis unterschrieben. Was kann euer Label nun Gutes tun für Euch?
AB: Wir hatten mit AOR ein gutes Label, die haben einen guten Job gemacht mit dem Release und dem Vertrieb des Albums. Aber beim Vertrieb war dann halt fertig. Mit Metalapolis haben wir nun ein Label, welches uns Shows buchen kann. Wir erhalten Support und Beratung mit der ganzen Online-Präsenz. Sie lassen uns komplette musikalische Freiheit, aber sie versuchen das Beste aus uns rauszuholen und auf dem Markt zu verkaufen. Ich finde es sehr cool mit ihnen zusammen zu arbeiten. Es ist nicht so, dass jeder einfach sein Ding macht, sondern es ist ein miteinander. Ich bin in täglichem Kontakt mit dem Label wegen irgendwelchen Sachen. Das ist schon etwas, das hatten wir vorher noch nie. Ich denke, sie haben schon die Möglichkeit, uns noch einen Schritt weiter zu bringen.
MI: Jetzt fehlen eigentlich nur noch die Konzerte…
MK: Ja. Sie sind dran, und es ist was geplant im Herbst. In welchem Rahmen das möglich sein wird… Wir sind jedenfalls gespannt und unsere Fans dürfen das auch sein! Wenn wir starten können, dann richtig! Und das ist jetzt alles auf dem Label aufgebaut. Wir hätten da keine Chance reinzukommen, da braucht es Leute wie sie und sie ermöglichen uns das.
AB: Wenn wir ehrlich sind: Das letzte Konzert da mit Crazy Lixx, das ist eigentlich auf Metalapolis zurückzuführen. Es war irgendwie ein „Wir schauen sie nochmals an bevor wir ihnen einen Vertrag geben“-Konzert.
MI: Naja, nach DIESEM Konzert stand dem ja nichts mehr im Wege… Jungs, ganz herzlichen Dank für das unterhaltsame Gespräch! Hat Spass gemacht!
AB / MK: Danke Dir!