Klänge aus längst vergangenen Tagen
Blackmores Entscheidung, seine Hard-Rock-Karriere im Jahr 1997 gegen ein Leben mit mittelalterlicher Folk-Akustik einzutauschen, dürfte bei einigen wohl noch immer auf Unverständnis stossen. Und doch: Seit bald einem Vierteljahrhundert verzaubern Ritchie Blackmore und Candice Night als „Blackmore’s Night“ mit an Renaissancemusik angelehnte Songs die Fangemeinde. Ihr neustes Opus „Nature’s Light“ wird daran nichts ändern.
Sind „Blackmore’s Night“ eigentlich Metal? Diese Frage ist berechtigt, doch wenn denn das Preisschild „Blackmore“ draufsteht, ist man gerne geneigt, für einmal über den geistigen Gartenzaun zu steigen und musikalisches Neuland zu betreten. Das illustre Duo hat sich seit seiner Gründung im Jahre 1997 dem Renaissance-orientierten Folk-Rock verschrieben, bei welchem die Instrumentierung mit Tamburin, Schalmei, Gitarre etc. weitgehend dem traditionellen Ansatz folgt, jedoch auch immer mal wieder neuzeitliche Klänge wie Keyboards in ihre Melange aus Pop und Rock mit einfliessen lässt. Man könnte es etwas salopp ausgedrückt auch Mittelalter-Pop nennen.
Nature’s Light
Geboten werden auf Studioalbum Nummer 11 eingängige, zumeist radiotaugliche Kompositionen, welche leicht ins Ohr gehen und auch diesen mittelalterlichen, verträumten (oder verklärten) Flair versprühen. Insbesondere beim Intro des in eher langsamerem Tempo gehaltenen Titelsongs wähnt man sich zum Beispiel bei geschlossenen Augen auf einem altehrwürdigen Markt, wo gerade der Hofstaat des Königs Einzug hält. Auch das schmissigere „Feather In The Wind“ mag Akzente zu setzen, derweil die den Silberling abschliessende Ballade „Second Element“ zum Träumen einlädt. Highlight der Scheibe ist aus meiner Sicht aber „Four Winds“, das seine ganz grossen Momente im Refrain hat und auch sonst klar heraussticht.
Als beinahe schon obligates „Lass uns doch einen Klassiker neu interpretieren“-Beiwerk steht das allseits bekannte „Wish You Were Here“ von Rednex parat, welches man – speziell im Gegensatz zu „Moonlight Shadow“ vom Vorgänger – fast schon notengetreu intoniert (und ich mir ein „Zum Glück“ nicht verkneifen kann. Ernsthaft, für die auf „All Our Yesterdays“ aus dem Jahre 2015 verewigte Version des Oldfield-Gassenhauers werde ich mich wohl nie erwärmen können).
Mit „Darker Shade of Black“ und „Der Letzte Musketier“ hat das Duo zudem zwei Instrumentalnummern im Gepäck, bei welchen insbesondere das extrem gefühlvolle „Dark Shade“ – gerade auch dank der tragenden Violinenklänge sowie dem sphärischen Backgroundgesang – Hühnerhautfeeling erzeugt. Beim „Musketier“ lässt der Meister dann sein unbestreitbares Können zumindest ein wenig aufblitzen – auch wenn man im Stillen ahnt, dass Herr Blackmore trotz seiner 75 Jahre vermutlich noch immer zu grösserem Saitenzauber in der Lage wäre. Und in Sachen Gesang macht Candice ohnehin niemand so schnell etwas vor, vermag die Ehefrau von Altmeister Blackmore mit ihrer überragenden Stimme doch ganze Burgsäle auszukleiden.
Im Käfig gefangen
So ist es denn weniger das „Wie“, sondern eher das „Was“ – oder konkret das vorliegende Songmaterial, das zwar über weite Strecke zu gefallen respektive sogar zu begeistern weiss, aber aus meiner Sicht halt auch den einen oder anderen Hänger aufweist (ich nenn hier mal „Going To The Faire“). Zudem dürfte es nach bald 25 Jahren auch nicht mehr so einfach sein, bahnbrechend neue Akzente in einem Genre zu setzen, das von seinem historischen Hintergrund her wohl nicht unendlich viel Innovation zulässt. Ein Art Käfig, in dem aber auch Bands anderer metallener (und nicht nur dort) Stilrichtungen gefangen sein dürften.
Um auf die anfängliche Frage zurück zu kommen: Auch wenn der Name Blackmore für immer mit Bands wie Deep Purple und Rainbow respektive dem Sound, für den die beiden Combos einmal standen, verwoben sein wird, so ist „Blackmore’s Night“ doch alles andere als Metal. Aber eine Erweiterung des eigenen Horizontes hat bekanntlich noch nie geschadet.
„Nature’s Light“ erscheint am 12. März 2021 in mehreren Formaten bei earMUSIC. Darunter ist eine streng limitierte 2CD Hardcover Mediabook Edition inklusive einer Bonus-CD mit neun sorgfältig ausgewählten musikalischen Highlights aus Blackmore’s Nights umfangreichem Backkatalog. Zudem wird „Nature’s Light“ als CD Digipak Edition sowie gleich zweimal auf Vinyl erhältich sein – in einer streng limitierten 180g 1LP Gatefold Edition auf gelbem Vinyl und einer 180g 1LP Gatefold Edition auf schwarzem Vinyl.
Das Fanzit Blackmore’s Night – Nature’s Light
„Nature’s Light“ von „Blackmore’s Night“ (reimt sich) hinterlässt bei mir einen etwas zwiespältigen Eindruck. Einerseits punktet das Duo dank einigen tollen, eingängigen Stücken mit Ohrwurmcharakter, andererseits hat man sich bei anderen Songs dann auch schnell einmal etwas sattgehört. Fans werden wohl blind zugreifen, alle anderen sollten den wohligen Klängen aus einer längst vergangenen Zeit zumindest eine Chance geben.
Anspieltipps: Four Winds, Feather In the Wind, Nature’s Light, Wish You Were Here
Reinhören und Media-Book (2CDs) portofrei bestellen
Trackliste Blackmore’s Night – Nature’s Light
- Once Upon December
- Four Winds
- Feather In the Wind
- Darker Shade of Black (Instrumental)
- The Twisted Oak
- Nature’s Light
- Der Letzte Musketier (Instrumental)
- Wish You Were Here
- Going To The Faire
- Second Element
Line Up – Blackmore’s Night
- Ritchie Blackmore – Gitarre
- Candice Night – Gesang