Reinkarnation der speziellen Art
Für einmal führt uns unsere musikalische Entdeckungsreise nach Slowenien, ein Land in Zentraleuropa, das unter anderem für seine Berge, Skigebiete und Seen bekannt ist. Sowie Musik der nicht ganz so sanften Gangart, wie SkyEye mit ihrem zweiten Album „Soldiers Of Light“ eindrücklich unter Beweis stellen.
SkyEye wurden 2014 gegründet, releasetechnisch stehen bislang eine EP sowie der 2018 erschienene Longplayer „Digital God“ zu Buche – beide übrigens in Eigenregie veröffentlicht. Nach einem der Resonanz von Kritikern und Fans zufolge als überaus gelungen zu bezeichnenden Auftritt am EMFA Streaming Festival (August 2020) wurde das deutsche Label „Reaper Entertainment“ auf das musizierende Quintett aufmerksam und bot den Jungs einen weltweiten Plattenvertrag an. So schnell kann’s gehen.
Und mal ehrlich, verdient haben es SkyEye alleweil, denn ihr am 25. Juni 2021 erscheinendes Opus „Soldiers Of Light“ haut so richtig rein und dürfte wohl alsbald von führenden Physiotherapeuten weltweit als allerfeinstes Genickmuskeltraining empfohlen werden (für Risiken und Nebenwirkungen… Beipackzettel… ihr kennt das ja – und nein, Metalinside.ch lehnt jede Haftung für Zerrungen und dergleichen kategorisch ab).
Neue Luftschutzsirenen braucht das Land
Doch schön der Reihe nach. SkyEye stehen für kraftvollen Gesang, eingebettet in fette Gitarrenriffs und druckvolle Schiessbudenarbeit – alles zusammengenommen ergibt sich daraus dieser charakteristische Heavy-Metal-Sound, der einen an die ganz Grossen dieses Genre wie Iron Maiden, Saxon oder Judas Priest denken lässt. Stimmakrobat Jan Leščanec klingt zudem speziell in den kräftigeren Passagen dermassen nach Bruce „Air-Raid-Siren“ Dickinson zu seinen besten Zeiten, dass es zuweilen fast schon etwas unheimlich wird. Auch die melodischen Twin-Gitarrenläufe dürften AnhängerInnen der Eisernen Jungfrauen nicht unbekannt sein – Plagiatsvorwürfe sind jedoch keinesfalls angebracht, dafür ist ihr Sound dann halt doch zu eigenständig.
Songtechnisch geht es nach einem stimmigen Intro – „The Arrival“ genannt – erstmal für drei Stücke in die Vollen – oder um es in den Worten von Megadeth auszudrücken: „Take No Prisoners…“. Straight nach vorne, melodisch, ausgeklügelt, und über allem thront die Stimme von Bruc…. ähhm, Jan. Track Nummer fünf, „Brothers Under the Same Sun“, nimmt zu Beginn erst mal etwas Tempo raus – einmal kurz durchatmen, bevor der Puls alsbald wieder nach oben schnellt. Mit knapp zehn Minuten Spielzeit sicher keine leichte Kost, die sich im Mid-Tempobereich breitmacht und atmosphärisch irgendwie an den epischen Maiden-Liedern zu orientieren scheint – ok, die Latte liegt hier bekanntlich sehr hoch, wird aber nur leicht gerissen. Anyway, auch so eine wirklich sehr gelungene Nummer!
Seite zwei der Scheibe – so man sich denn für die Vinyl-Ausgabe entscheidet – beginnt mit einem rein instrumentalen, orgelklängeschwangeren Track – thematisch perfekt passend zum nachfolgenden „Son Of God“, bei welchem nebst einem ruhigen Intermezzo erneut gehörig aufs Gas gedrückt wird. Mit „Detonate“ folgt dann das wohl härteste Stück des Albums, das mit seinem staccatoartigen Groove direkter, weniger facettenreich daherkommt und sich so von den restlichen Songs deutlich unterscheidet – ein Teil, das sich gerade live in ein gehöriges Metallgewitter entladen dürfte.
Ballade anyone? In dem mit sanften, akustischen Saitenklängen beginnenden und sich im weiteren Verlauf zu einer wahren Powermetal-Kiste hochschraubenden „Eternal Starlight“ zeigt sich Sänger Jan Leščanec stimmlich von seiner ruhigeren, dezenteren Seite, die sich auffallend von der ansonsten dickinsonschen Klangfarbe unterscheidet.
Too Much Is Never Enough – manchmal eben schon
Den Abschluss bildet das knapp fünfzehnminütige „Chernobyl“, welches mit den Klängen einer Kinderspieluhr beginnt, alsbald aber unheilvoll wabernd und drohend in eine schnellere Gangart verfällt und über die volle Länge gesehen einen kunterbunten Mix aus langsameren, eindringlichen und harten, treibenden Abschnitten bildet – wobei die Stärken dieses Tracks zumindest für mich bei den schnelleren Passagen liegen. Man merkt, dass sich SkyEye hier offenbar an den legendären Epen ihrer britischen Vorbilder orientieren (ich denke speziell an Übersongs wie „Rime of the Ancient Mariner“, „Alexander The Great“ oder „Paschendale“), dabei auch nicht gnadenlos scheitern, aber halt doch etwas zu viel von allem in den Song zu packen versucht haben. Beileibe nicht schlecht, sogar gut, aber eben nicht legendär.
Produziert wurde das Ganze im Sommer 2020 von Grega Smola Crnkovič, welcher dem Album einen druckvollen, erdigen Sound verleiht. Das Mastering übernahm Boban Milunović, der einigen durch seine Arbeit mit Combos wie Graveworm, Belphegor oder Jack Frost ein Begriff sein dürfte. Für das Cover-Artwork schlussendlich zeichnet Aleksandar Živanov verantwortlich, welches die Band mit folgenden Worten kommentiert:
„Es gibt im Moment so viel Bullshit in der Welt und tatsächlich sind schockierende, verzerrte und negative „Breaking News“ profitabler und verbreiten sich schneller als die Wahrheit und der gesunde Menschenverstand. Traurigerweise können wir heutzutage sehen, dass die Wahrheit stirbt, die Welt zerfällt und wir, das Volk, sind gespaltener denn je. Deshalb müssen wir das Licht zurück in unser Leben lassen. Die Fackel von SkyEye leuchtet in der Dunkelheit, um mit Musik die Schatten aus dem Leben der Menschen zu vertreiben.“
Das Fanzit SkyEye – Soldiers Of Light
Ich kann mich beim Fanzit für einmal kurz fassen – wer melodiösen Heavy Metal mit viel Drive und Spielfreude mag, bei Iron Maiden der alten Schule („Powerslave“ und so) keine Elefantenpickel bekommt und Rütlischwur-mässig verspricht, den Teil mit den Halsmuskeln sachte angehen zu lassen, dem sei „Soldiers Of Light“ von SkyEye wärmstens empfohlen! Von meiner Seite gibt es hier eine klare Kaufempfehlung – und das nicht nur für Maidenheads.
Anspieltipps: King Of The Skies, Soldiers of Light, Constellation, Eternal Starlight
Trackliste SkyEye – Soldiers Of Light
- The Arrival
- King of the Skies
- Soldiers of Light
- Constellation
- Brothers Under the Same Sun
- In Saecula Saeculorum
- Son of God
- Detonate
- Eternal Starlight
- Chernobyl
Line Up – SkyEye
- Jan Leščanec – Vocals
- Grega Stalows0ky – Guitar
- Primož Lovšin – Bass
- Jurij Nograšek – Drums
- Marko Kavčnik – Guitar
Video SkyEye – Soldiers Of Light (Official Video)